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Die öffentlichen Abgaben in Deutschland

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Autor: Julius Wolf
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Titel: Die öffentlichen Abgaben in Deutschland
Untertitel:
aus: Handbuch der Politik Zweiter Band: Die Aufgaben der Politik, Achtes Hauptstück: Die öffentlichen Lasten und Schulden, A. Lasten, 38. Abschnitt, S. 83−107
Herausgeber: Paul Laban, Adolf Wach, Adolf Wagner, Georg Jellinek, Karl Lamprecht, Franz von Liszt, Georg von Schanz, Fritz Berolzheimer
Auflage:
Entstehungsdatum: {{{ENTSTEHUNGSJAHR}}}
Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Dr. Walther Rothschild
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Erscheinungsort: Berlin und Leipzig
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38. Abschnitt.


Die öffentlichen Abgaben in Deutschland.
Von
Vom Geh. Regierungsrat Dr. Julius Wolf,
Professor der Staatswissenschaften an der Technischen Hochschule Berlin.


I. Die finanzwirtschaftliche „Arbeitsteilung“ zwischen Reich und Einzelstaaten.
II. Die Abgaben des Reiches.
1. Das „System“.
A. Zölle und Aufwandsteuern.
B. Steuern vom Produktionsaufwand (sogenannte „Verkehrssteuern“).
C. Einkommenergänzungssteuern.
2. Entwicklung und Entwicklungstendenzen.
III. Die Abgaben der Einzelstaaten.
1. Die Abgabenkategorien.
A. Allgemeine Einkommensteuer.
B. Ertrags- und Spezialeinkommensteuern.
C. Sogenannte Verkehrssteuern.
D. Verbrauchssteuern.
2. Die Abgabensysteme der Einzelstaaten.
A. Preussen.
B. Bayern.
C. Sachsen.
D. Württemberg.
E. Baden.
F. Elsass-Lothringen.
3. Entwicklung und Entwicklungstendenzen im Abgabensystem der Bundesstaaten.

[84]

IV. Die Gemeinde-Abgaben.
1. Das System.
2. Entwicklung und Entwicklungstendenzen im Abgabensystem der Gemeinden.
V. Abschliessende Würdigung des Abgabensystems von Reich, Staaten und Gemeinden.

I. Die finanzwirtschaftliche „Arbeitsteilung“ zwischen Reich und Einzelstaaten.

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Die Natur des Deutschen Reichs als eines Bundesstaats, dessen Gliedstaaten sich ihrer finanziellen Autonomie nie ganz begeben haben, bringt es mit sich, dass eine Aufteilung der möglichen Einnahmequellen zwischen ihm und seinen Gliedern stattfindet. Dabei ergibt sich, ganz ähnlich wie bei anderen Bundesstaaten (Vereinigte Staaten von Amerika, Schweiz), eine solche Aufteilung als die naturgemässe, d. h. „technisch“ zweckmässige, welche die Zölle und die Verbrauchssteuern dem Reiche überantwortet – da Zölle an den Reichsgrenzen eingehoben werden und nach Staaten verschiedene Verbrauchssteuern leicht Binnenzollschranken bedingen –, die sogenannten direkten Steuern dagegen, deren Erhebung nach verschiedenen Massstäben in den Bundesstaaten möglich ist, ohne die Freizügigkeit der Waren zu gefährden, grundsätzlich den Bundesstaaten vorbehält. Nach diesem Schema wurde die Besteuerung im Deutschen Reiche eingerichtet. Aus verwandten Gründen wurde die Besteuerung des Verkehrs in Mobiliarwerten dem Reiche zugewiesen, die Besteuerung des Immobiliarwerteverkehrs den Einzelstaaten überlassen. Einzelne Abweichungen von der Regel ergaben sich allerdings aus politischen Konstellationen oder aus der Besonderheit bestimmter Steuern. So gibt es auch einige Verbrauchssteuern der Einzelstaaten, Bier- und Weinsteuern in Süddeutschland, eine Fleischsteuer in Sachsen, Baden, andererseits hat das Reich auch an den Immobiliarverkehr letzthin die Hand gelegt.

Das Resultat, das sich aus dieser Aufteilung der Steuern usw. ergibt, wird aber letzten Endes durch das System der sogenannten Matrikularbeiträge und Ueberweisungen in etwas verändert. Ursprünglich waren im Deutschen Reiche – vgl. Art. 70 der Reichsverfassung – die sogenannten Matrikularbeiträge d. h. die Beiträge der Einzelstaaten an das Reich, die da erhoben werden im Verhältnis zur Bevölkerungsziffer der ersteren, nur als Notbehelf gedacht. Die Hoffnung, ihrer in Bälde dank eigner Steuereinnahmen des Reiches entraten zu können, erfüllte sich auch noch im ersten Jahrzehnt des neuen Reiches. Ein Verzicht auf die Matrikularbeiträge erfolgte trotzdem nicht. Politische Gründe gaben wieder den Ausschlag: Matrikularbeiträge gewähren, da sie jährlich neu bewilligt werden müssen, dem Reichstage neben dem Ausgabebewilligungs- ein Einnahmebewilligungsrecht: auch dieses Einnahmebewilligungsrecht wollte der Reichstag sich nicht nehmen lassen. So wurde denn, um Beiträge der Einzelstaaten trotz genügender Ergiebigkeit der Einnahmequellen des Reichs erforderlich zu machen, beschlossen, gewisse Einnahmen des Reichs den Bundesstaaten zuzuführen. Es wurde daraus ein System von Schiebungen, wie es in gleicher Künstlichkeit ausserhalb des Deutschen Reiches nie bestand.[1] Es hat an Durchsichtigkeit dadurch nicht gewonnen, dass seit 1909 kraft Vereinbarung mit den Regierungen der Reichstag die Matrikularbeiträge bis auf weiteres zu keinem höheren Satz als 80 Pfg. pro Kopf umlegt. Die Natur der letzteren als eine Massnahme, deren Beruf darin besteht, dem Reichstag ein politisches Recht zu erhalten, ist damit noch deutlicher geworden.

Neben Abgaben jeder Art spielen in den Bundesstaaten auch die sogenannten Erwerbsanstalten als Einnahmequelle eine Rolle. In den kleineren Staaten handelt es sich in der [85] Hauptsache um den alten Domanialbesitz, d. h. Domänen, Forsten, auch Bergwerke. In den grossen Bundesstaaten, in Preussen, Bayern, auch Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, haben die Staatseisenbahnen den Domanialbesitz in Hinsicht der volkswirtschaftlichen Bedeutung und Ergiebigkeit in den Hintergrund gedrängt. In Bayern und Württemberg spielt weiter das diesen Staaten vorbehaltene (von den anderen Bundesstaaten an das Reich abgetretene) Post- und Telegraphenregal eine Rolle.

Der Reinertrag der „Erwerbsanstalten“ in engerem Sinn, d. h. ohne Staatseisenbahnen, war in den Voranschlägen für 1912 im Reiche mit 135 Millionen (Roh-Ertrag 837 Millionen), der der Reichseisenbahnen mit 26,6 Millionen (Rohertrag 142 Millionen) Mark in Aussicht genommen. In den Budgets der grössten Bundesstaaten waren als Reinertrag pro 1912 eingestellt:[2]

Staatseisenbahnen      andere Erwerbseinkünfte
Millionen Mark
Preussen 540 118
Bayern 94 52
Sachsen 45 15
Württemberg 21 21
Baden 30 5

Insgesamt werden Reichs- und Staatsbedarf in Deutschland zu rund ¾ durch Abgaben jeder Art, zu rund ¼ durch die Einnahmen der Erwerbsanstalten gedeckt.

II. Die Abgaben des Reiches.

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1. Das System.

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Bereits wurde ausgesprochen, dass unter den Abgaben des Reichs A) die Zölle und die Aufwandsteuern i. e. S. die grösste Rolle spielen. Daneben kommen mit gleichfalls sehr hohen Erträgen B) die Steuern vom sogenannten Mobiliarverkehr in Betracht. Weiterhin hat das Reich sich in jüngerer Zeit immer neu C) Steuern „zugelegt“, die, hauptsächlich aus Forderungen der neueren Sozialpolitik geboren, besonders leistungsfähige oder besonders anstössige Einkommen treffen sollen über die von den Einzelstaaten erhobenen Einkommensteuern hinaus und die demgemäss als Spezialeinkommenssteuern oder Einkommensergänzungssteuern zu behandeln sind.[3] Hierher gehören die Erbschafts-, die Tantiemen-, die Wertzuwachs-, bezw. an ihrer Statt seit der Finanzreform von 1913 die Vermögenszuwachssteuer, übrigens auch ihrer steuerlichen Absicht, wenn schon nicht ihrer Einrichtung nach, die Börsensteuer.

A) Zölle und Aufwandsteuern.

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Von den Abgaben, die durch das Reich zur Erhebung kommen, bringen die Zölle etwas über zwei Fünfel. So war für 1912 ihr Ertrag mit 699 Mill. budgetiert bei einer Gesamteinnahme (im ordentlichen Etat) von 1735 Millionen Mark, 1913 sollen sie 721 Millionen Mark [86] bringen aus einer Gesamteinnahme von 2489 Millionen, worin jedoch der nur vorübergehend zu erhebende Wehrbeitrag mit 417 Millionen Mark enthalten ist. Früher, vor der Reichsfinanzreform von 1909, war der verhältnismässige Ertrag der Zölle höher: 52 bis 53% gegen die heutigen (pro 1912) nur 43%. Haben die Zölle mehr als die anderen Abgaben als Belastung vorzugsweise der Masse der Bevölkerung zu gelten, so wäre jenen Quoten zu entnehmen, dass die Masse eine gewisse Entlastung erfahren hat. Doch hätte das nur für die jüngere Zeit zu gelten, denn der Zollertrag pro Kopf war 1891: 8.11, 1901: 9.15, 1911: 11,82, 1912: 11,65 Mark und kurz nach Gründung des Reichs, 1871/75, als die Einfuhr noch gering war und die Zölle (in der Freihandelsperiode) wenig betrugen, sogar nur 2,87 Mark.

Der Ertrag der Zölle – im Rechnungsjahr 1911 insgesamt 779 Millionen + 106 Millionen Mark in Anrechnung gebrachte Einfuhrscheine – wird hauptsächlich aufgebracht durch

Nahrungs- und Genussmittel mit (in 1911) nicht weniger als 723 Mill.
davon Getreide
282 Mill.
Kaffee
109 Mill.
Tabakblätter
103 Mill.
Mineralöle mit 82 Mill.

Nahrungs- und Genussmittel zusammen mit Mineralölen brachten also rund 800 Millionen von 885 Millionen.

Von den insgesamt eingeführten, bezw. von den daraus zollpflichtigen Waren war der Zoll

bei Rohstoffen für industrielle Zwecke einschl. Halbfabrikate 3, bezw. 15 Prozente des Werts
bei Fabrikaten 9, bezw. 16 Prozente des Werts
bei Nahrungs- u. Genussmitteln 19, bezw. 21 Prozente des Werts
überhaupt 8, bezw. 18 Prozente des Werts

Nahrungs- und Genussmittel können also gemeinhin als mit einem Zoll von 1/5 ihres Wertes belegt gelten. Getreide zahlt Zoll zu ¼ des Werts, schwankend nach dem Jahrespreise, 1912 erreichte der Zoll 23 Prozent.

Von den Aufwandsteuern, die zur Erhebung gelangen, ist die fürs Reich ergiebigste die Branntweinsteuer. In den Etat pro 1912 ist sie mit 195, in jenen pro 1913 mit 195,5 Mill Mark eingestellt. Effektiv hat sie im Betriebsjahr 1911/12 bereits 203 Mill. Mark erbracht.

Die Branntweinsteuer zerfiel nach der Regelung von 1909 in eine Branntwein-Verbrauchsabgabe als eigentliche Steuer und eine sogenannte Betriebsauflage, die nicht als Steuer, sondern als Zwangsbeitrag zur Förderung des Brennereigewerbes gedacht war. Die „Verbrauchsabgabe“ betrug 1.05 und 1.25 M pro Liter Alkohol, je nachdem die Erzeugung im Rahmen des sogenannten Kontingents erfolgt oder jenseits desselben. Der Staffelung lag die Absicht zu Grunde, die Produktion in engeren Grenzen zu halten und auf diese Weise der Brennerei für ihr Fabrikat sicheren Absatz und bessere Preise zu verschaffen. Diese Rücksichtnahme erfolgte hauptsächlich im Hinblick auf die Bedeutsamkeit der Brennerei für den Kartoffelbau, dessen Rentabilität im Osten und Süden Deutschlands mit der Brennerei steht und fällt. Es ist klar, dass, wenn der im Rahmen des Kontingents erzeugte Branntwein den Trinkbedarf nicht zu befriedigen vermag, der Konsum für den gesamten Branntwein einen Preis bewilligen muss, welcher dem Produzenten den höheren Steuersatz einbringt. Es war dies die sogenannte „Liebesgabe“, unter diesem Namen Gegenstand heftiger Anfechtung durch die nicht agrarischen Parteien.[4] Insgesamt berechnete sie sich vor der Reform der Steuer in 1912 auf 36½ Millionen Mark, die also die Brenner über die Steuer hinaus vom Konsumenten erhoben.

Durch die Novelle vom 14. Juni 1912 wurde die Kontingentierung für alle Bundesstaaten ausser Bayern, Württemberg und Baden aufgehoben. Für sie gibt es also nur einen Einheitssatz der Steuer in Höhe von 1,25 M. Ganz unverändert hat die Novelle aber auch für die süddeutschen Staaten die Verhältnisse nicht gelassen. Sie kürzte vielmehr wesentlich die Spannung zwischen dem Steuersatz für kontingentierten und nicht kontingentierten Spiritus. Die gegenwärtigen Sätze [87] für Kontingentspiritus sind 1.17½ bezw. 1.20 M. Der erstere Satz gilt für die landwirtschaftlichen, der zweite für die gewerblichen Brennereien.

Die neben der eigentlichen Branntweinsteuer erhobene sogen. Betriebsauflage ist eine Mehrbelastung 1. der Gross- gegen die Klein- und 2. der gewerblichen gegen die landwirtschaftliche Brennerei und ist in diesem Sinn ebensowohl eine soziale wie wieder eine agrarpolitische Einrichtung. Sie wird nach einer Skala erhoben, die mit 4 Pfg. pro Liter Alkohol bei einer Jahreserzeugung von nicht über 50 Hl. beginnt und bis 14 Pfg. pro Liter bei 3000 Hl. Erzeugung ansteigt. Die gewerblichen Brennereien haben dann noch weitere 4 Pfg. Steuer pro Liter zu entrichten.

Die Einnahmen aus der Betriebsauflage werden besonders gebucht und in der Hauptsache – seit der Novelle von 1912 fliessen 16 Mill. M. in die Reichskasse – zur Zahlung von Bonifikationen bei der Ausfuhr von Branntwein, sowie bei Verwendung desselben zu gewerblichen Zwecken über die Steuerfreiheit hinaus verwendet. In beiden Fällen wird also eine Prämie gewährt (bei der Ausfuhr mit 18 Mark pro hl., bei der gewerblichen Verwendung mit 9 oder 18 Mark), um diese Art der Verwendung von Spiritus nach Möglichkeit zu steigern und den inneren Markt zu entlasten.

Die Reineinnahme aus der Branntweinsteuer ist aus den in Zusammenhang mit der Würdigung der Matrikularbeiträge entwickelten Gründen politischer Natur nicht für das Reich beansprucht, vielmehr den Einzelstaaten im Masse ihrer Bevölkerung überwiesen.

Die Biersteuer ist keine einheitliche Reichssteuer. Vom Reiche wird das Bier nur im sogenannten Brausteuergebiet, d. h. Norddeutschland mit Hessen, besteuert; dagegen ist in Bayern, Württemberg, Baden und zur Zeit noch in Elsass-Lothringen die Besteuerung des Biers der Landesgesetzgebung vorbehalten. Der Ertrag der Steuer geht hier in die Kassen der Einzelstaaten, dafür haben diese Ausgleichungsbeträge an die Reichskasse zu entrichten.

Erhebungsform der Biersteuer in Nord- und Süddeutschland mit Ausnahme von Elsass-Lothringen ist die Malzsteuer und zwar als Steuer vom Gewicht des verwendeten Malzes. Ihr Satz ist überall gestaffelt im Sinne der Begünstigung der kleineren Betriebe und zwar geht er im norddeutschen Brausteuergebiet von 14, in Bayern von 15 bis 20 Mark pro Doppelzentner Malz, in Württemberg, Baden und (rechnungsweise) Elsass-Lothringen von bezw.14 Mark 30 Pfennigen, 15 und 15 Mark bis 22, 22 und 23 Mark.

Der Ertrag der Biersteuer (einschliesslich Bierzoll) war im deutschen Zollgebiet im Rechnungsjahr 1911/12 nicht weniger als 237 Millionen Mark. Diese 237 Millionen verteilten sich mit 145 Mill. auf das Brausteuergebiet, 56 Mill. auf Bayern, 15 Mill. auf Württemberg, 12 Mill. auf Baden, 8.4 Mill. auf Elsass-Lothringen.

Während die Branntweinsteuer im Betriebsjahr 1911/12 auf den Kopf der deutschen Bevölkerung 3.19 M. erbrachte, wurden aus dem Bier pro Kopf 3.30 M. gezogen.

An Getränkesteuern wird für Rechnung des Reichs noch eine Schaumweinsteuer erhoben. „Stiller“ Wein hat sich bisher der Besteuerung entzogen gegen die Absichten der Reichsregierung infolge regional organisierter Widerstände, so dass also, während Bier und Branntwein, das Getränk auch der Armen, heute im Deutschen Reiche als mit einer ansehnlichen Steuer belegt gelten müssen, von dem Getränk der Wohlhabenden, das der Wein zumal in Norddeutschland ist, bisher nur der Schaumwein unter eine Reichssteuer gebracht erscheint. Der Reichstag hat zweimal, 1893/94 und 1908, den Entwurf eines Weinsteuergesetzes gesehen, beide Male aber, das letzte Mal trotzdem es sich nur um Besteuerung der Flaschenweine handeln sollte, denselben verworfen. Der Schaumwein dagegen ist seit 1902 einer Steuer unterstellt, welche seit 1909 für die (normale) Flasche bei einem Preis derselben bis 4 Mark 1 Mark, bei einem Preis von 4–5 Mark 2 Mark, bei einem Preis der Flasche von über 5 Mark 3 Mark beträgt. Der Ertrag der Schaumweinsteuer war im Rechnungsjahr 1911/12 11.6 Millionen Mark, an Eingangszoll von fremdem Schaumwein wurden in der gleichen Zeit 3.3 Millionen Mark erhoben.

Nächst den Getränkesteuern spielt finanziell die Zuckersteuer die grösste Rolle. Sie wird als Fabrikatsteuer erhoben und beträgt 14 Mark pro Doppelzentner Zucker. Längere Zeit war eine Herabsetzung dieses Satzes auf 10 M. in Aussicht genommen und für einen späteren Zeitpunkt, [88] zuletzt für 1914 gesetzlich festgelegt, 1913 wurde diese Zusage anlässlich der Deckung der Wehrvorlagen zurückgenommen. Der Ertrag der Zuckersteuer war im Betriebsjahr 1911/12 157 Millionen Mark gleich 2.37 M. pro Kopf, so dass diese Steuer die Bevölkerung weniger belastet als je die Branntwein- und die Biersteuer. Allerdings trifft sie ein Genussmittel, das gleichzeitig als Nahrungsmittel anzusprechen ist.

Als „ruhender Pol in der Erscheinungen Flucht“ hat sich die Salzsteuer erwiesen, die, von allen Finanzreformen unberührt, heute noch nach dem für den norddeutschen Bund erlassenen Salzsteuergesetz von 1867 erhoben wird, zum Satz von 12 Mark pro Doppelzentner. Seinerzeit zum Gegenstand heftiger Anfeindungen, da sie einen schlechterdings unentbehrlichen Verbrauchsgegenstand versteuere, gemacht, sind diese Angriffe mit dem zunehmenden Wohlstand der Verbraucher, und da andere Steuern diese wesentlich stärker belasten, fast vollständig verstummt. Der Ertrag der Salzsteuer war im Rechnungsjahr 1911/12 59 Millionen, das sind 90 Pfg. pro Kopf. Aus den weiter oben mitgeteilten Ziffern erhellt, dass die Belastung aus dem Titel der Bier- und Branntweinsteuer 3½ und fast 4 mal, aus dem Titel der Zuckersteuer 2½ mal so gross ist.

Von „grossen“ indirekten Steuern wird vom Reiche des weitern eine Tabak- und Zigarettensteuer erhoben. Nachdem der Reichstag der einzig rationellen Erhebungsform für erstere, der Banderolensteuer,[5] auch gelegentlich der letzten grossen Reichsfinanzreform unter dem Einfluss der Interessenten in weitem Bogen ausgewichen ist, wird die Tabaksteuer in Deutschland noch jetzt, wie seit 1879, als Materialsteuer, wenn auch nicht wie bis dahin in der rohesten möglichen Form, als sogenannte Flächensteuer umgelegt; die Steuer wird vom Gewicht des im Inland produzierten Tabaks erhoben, jetzt mit 57 Mark pro Doppelzentner für Tabakblätter in verarbeitungsreifem Zustande und zum niedrigeren Satze von 45 Mark speziell für Tabakblätter, die zur Herstellung von Zigarettentabak dienen. Zigaretten unterliegen dafür noch einer Sondersteuer, die für solche zum Kleinverkaufspreis bis 1.5 Pfg. pro Stück 0.2 Pfg. und progressiv ansteigend schliesslich für Zigaretten im Preise von über 7 Pfg. 1.5 Pfg. pro Stück beträgt. Die Zigarettensteuer ist als Banderolensteuer eingerichtet.

Beim Tabak bringt indess der Zoll wesentlich mehr ein als die Steuer. Letztere ertrug im Erntejahr 1911/12 nicht über 11.4 Millionen Mark, während der von eingeführten Tabaken erhobene Zoll 72 Millionen Mark erreichte. Auf den Kopf der Reichsbevölkerung wären das 1.97 Mark. Hierzu kommt jedoch noch der Ertrag der Zigarettensteuer mit 34.5 Millionen im Rechnungsjahr 1911/12 gleich 0.53 M. pro Kopf, so dass aus dem Tabak insgesamt 118 Millionen, d. h. pro Kopf 2.50 M. aufgebracht wurden, womit die Besteuerung des Tabaks sich gegenwärtig als ungefähr so ergiebig ausweist wie die Zuckersteuer.

Junge, erst neu geschaffene Steuern durch die Reichsfinanzreform von 1909 sind die Zündwaren- und die Leuchtmittelsteuer. Die Zündwarensteuer wird von Zündhölzern mit 1½ Pfg. pro 60 Stück, die Leuchtmittelsteuer von elektrischen Glühlampen, von Glühkörpern für Gasglühlicht- und Kohlenlampen, von Brennstiften für elektrische Bogenlampen usw. erhoben. Der Ertrag der Zündwarensteuer war 1911/12 21 Millionen, der der Leuchtmittelsteuern im gleichen Jahre 15 Millionen Mark.

Die lange Reihe der Reichsaufwandsteuern wird abgeschlossen durch den alten Spielkartenstempel und die Fahrkarten-, wie die Kraftfahrzeugsteuer, endlich durch den neuerdings eingeführten Versicherungsstempel.

Der Spielkartenstempel wird seit 1878 mit 30 und 50 Pfg. pro Spiel erhoben, sein Ertrag war im Rechnungsjahr 1911/12 2 Millionen.

Die Fahrkartensteuer, unter Freilassung der vierten Klasse zu einem Satz erhoben, der z. B. bei einem Fahrpreis von 10 bis 20 M. in der dritten Klasse 40, in der zweiten 80, in der ersten 160 Pfg. beträgt und der sonach in der dritten 3% des Preises erreicht, in der ersten 10% überschreitet, trug im Rechnungsjahre 1912 24 Millionen Mark.

[89] Die Kraftfahrzeugsteuer beträgt für Krafträder 10 M., für Kraftwagen steigt sie progressiv mit der Zahl der Pferdekräfte, Wagen von 6 Pferdekräften haben z. B. 25 M., solche von 30 Pferdekräften nicht (jenem Satz entsprechend) 125, sondern 450 M. Steuer zu entrichten; der Ertrag der Steuer war im Rechnungsjahre 1912 4.2 Millionen Mark.

Der Reichsversicherungsstempel ist den Deckungsvorlagen von 1913 zu danken. Er ist für die Mobiliarfeuerversickerung mit 15/100, für die Immobiliarfeuerversicherung mit 1/20 vom Tausend der Versicherungssumme eingeführt, für die Einbruchsdiebstahl- und Glasversicherung beträgt er 10 vom Hundert der Prämie, bei der Transportversicherung ½ und 1 vom Hundert derselben, endlich bei der Lebensversicherung ½ vom Hundert. Versicherungen bis zu 3000 M. Versicherungssumme sind dabei von der Steuer frei.

Die letztgenannten Steuern sind Steuern mit Zwittercharakter, d. h. teils Konsumsteuern, teils Steuern (Geschäftsreisende! Geschäftsautomobile! Versicherung der Produktionsstätten! Transportversicherung!) von einem Aufwand, der einen Bestandteil der Geschäftsunkosten bildet und insofern kein Verbrauch aus dem Einkommen ist. Insoweit die Fahrkarten- und Kraftfahrzeugsteuer nicht den Reisegenuss, sondern Geschäftsaufwendungen treffen, und gleiches für den Versicherungsstempel gilt, hätten diese Steuern im Sinne der in Wissenschaft und Verwaltung eingelebten, wenn auch wohl zum Absterben verurteilten Terminologie als „Verkehrssteuern“ zu gelten, im übrigen sind sie, wie gesagt, Konsumsteuern, zum letzten Teile aber Vermögenssteuern besonderer Art, insoweit sie nämlich Rücklagen (Lebensversicherungen!) belasten.

B) Steuern vom Produktionsaufwand (sogenannte „Verkehrssteuern“).

[Bearbeiten]

Der Begriff der Verkehrssteuern ist strittig. Unter Verkehr wird die Personen- und Sachenbeförderung, der Nachrichtenverkehr, also die Mitteilungsbeförderung, aber auch der Abschluss bestimmter Geschäfte, insbesondere Kreditgeschäfte, die mit dem Beförderungsdienst nichts zu tun haben, verstanden. Das sind an sich verschiedene Tatbestände. Vornehmlich die letzte Kategorie war ins Auge gefasst, als Lorenz von Stein für die in ihrem Betrage besonders hochgeratenen, zumal neueren, im „Zeitalter des Verkehrs“ geschaffenen „Gebühren“ den Namen Verkehrssteuern vorschlug. Hier sind unter Verkehrssteuern solche Steuern behandelt, welche im Unterschiede zu den Aufwandsteuern, die da die Einkommensverwendung treffen, die Geschäftsunkosten erhöhen. Doch ist diese Bezeichnung nur supplementär für sie herangezogen. Da Steuern dieser Art den Preis der Waren steigern, kommen sie in ihrer Wirkung den indirekten Steuern gleich. Nur dass die indirekten Steuern im engeren Sinn, die sogenannten Aufwandsteuern, nach den Objekten des Aufwandes, den „Waren“, die sie treffen, gegliedert sind, die sogenannten Verkehrssteuern nicht. Uebrigens hat der Name „Verkehrssteuern“ für diese Steuern kaum als glücklich gewählt zu gelten. Dass es auf eine Besteuerung des Verkehrs bei ihnen nicht abgesehen ist, wurde bereits angedeutet. Es handelt sich um eine Besteuerung von Akten im Dienste der Produktion von Wert, bezw. Einkommen. Will man von den Aufwandsteuern als Konsumtionssteuern sprechen, hätten die Verkehrssteuern sonach als Produktionssteuern zu gelten. Doch könnte diese Bezeichnung zu Missverständnissen verleiten, so dass sich letzten Endes die Unterscheidung in Steuern vom „Konsumtionsaufwand“ als die gemeinhin sogenannten Aufwandsteuern und in Steuern vom „Produktionsaufwand“, bisher Verkehrssteuern genannt, empfiehlt.

Eine erste Gruppe solcher Verkehrssteuern wird von Frachtbriefen und Connossamenten, bis Ende 1916 auch von Zahlungsinstrumenten (Schecks), weiterhin von Kreditinstrumenten (Wechseln), dann beim Kauf von Geldsorten des Auslandes (Münzen, Banknoten usw.) an der Börse, hier äusserlich als Bestandteil der sogenannten Börsensteuer erhoben Der Ertrag der Steuern von Frachturkunden war 1912 19, von Schecks 3.2, von Wechseln 20.4 Millionen.

Eine von dieser Gruppe unterschiedene zweite Kategorie stellen jene Verkehrssteuern dar, die speziell für Benutzung der besonderen Vorteile, welche die Gesellschaftsform den Unternehmungen bietet, durch die Besteuerung der Gesellschaftsverträge jeder Art, bei Gründung und Kapitalausstattung von Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften [90] mit beschränkter Haftung, offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, Gesellschaften des bürgerlichen Rechtes und Genossenschaften erhoben werden. Nach dieser Richtung sind insbesondere 1913 unter Uebernahme preussischer „Gebühren“ Reichssteuern geschaffen worden, z. B. von Aktiengesellschaften bei ihrer Gründung mit 4½% des Grundkapitals, von Gesellschaften m. b. H. gemeinhin mit 3% vom Stammkapital, für offene Handels- und Kommandit-Gesellschaften mit 0.1% des Wertes der Einlagen. Daneben Steuern auf das Einbringen von nicht in Geld bestehendem Vermögen in eine Aktiengesellschaft, Kommanditaktien-, Aktiengesellschaft oder G. m. b. H. mit ⅔% und anderes mehr von geringerer Bedeutung.

Eine dritte Kategorie solcher Steuern vom „Produktionsaufwand“ sind die Steuern, die bei Aufbringung von Kapital durch Ausgabe zirkulations- und börsenfähiger Wertpapiere zu entrichten sind, Steuern, die gegenwärtig mit 2% von Schuldverschreibungen der Aktiengesellschaften, mit 1% von Schuldverschreibungen ausländischer Staaten und anderer ausländischer öffentlicher Körper, mit ½% von Schuldverschreibungen inländischer Kommunen usw. erhoben werden. Soweit von öffentlichen Körpern gezahlt, erhöhen sie auch die Produktionskosten (der Leistungen) dieser, was aber ihrem Charakter als Steuern vom Produktionsaufwand nicht Abbruch tut.

Diese Steuern sind zum grossen Teile 1913 neu geregelt, Erträge sind auf der neuen Basis noch nicht zu buchen. Auf der früheren Basis trugen die Steuern von Wertpapieren 1912 zusammen 55.7 Mill. M.

Eine vierte Kategorie von Steuern auf den Produktionsaufwand sind jene, die ein Einkommensobjekt versteuern, indem bei Übertragung (Erwerb) von Vermögens- („Kapitals-“!) Stücken bestimmungsgemäss vom Käufer eine Abgabe gefordert wird. Hierher fällt die Börsen Steuer, nicht in ihrem Kern, aber insoweit sie auch Anlagekäufe unter die Steuer nimmt (von Aktien, Renten- und Schuldverschreibungen mit 2 bis 10 pro Mille), weiters die Steuer von Grundstücksübertragungen, durch welche das Reich neuerdings mit den Einzelstaaten, die solche Besitzwechselsteuern, wenn auch allgemein zu sehr niedrigen Sätzen, seit Alters besassen, in Konkurrenz tritt. Vermöge dieser Besitzwechselgebühr, welche die Reichsfinanzreform von 1909 dem Reiche brachte (⅔% des Werts bei Grundstücksübertragungen, jetzt zunächst bis 31. März 1917) hat sich das Reich auf das Gebiet der Immobiliarverkehrsbesteuerung, das bis dahin den Einzelstaaten vorbehalten war, begeben.

Steuern von der Umwandlung, „Anlage“ von Ersparnissen in Kapital, die sie repräsentiert, trifft diese Abgabenkategorie das Einkommen nicht durch Erhöhung der Warenpreise, aber durch Verminderung seiner Substanz und schlägt dadurch die Brücke zu den Einkommens- und Einkommensergänzungssteuern, die nunmehr zu behandeln sind.

Finanziell kommt unter diesen Steuern hauptsächlich die auf Anlage oder Besitzwechsel von Kapital in Grundstücken in Betracht, die Abgabe von Grundstücksübertragungen erreichte 1912 38.6 (1910 45.2) Millionen.

C) Einkommensergänzungssteuern.

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In der Regel gleichfalls unter dem Titel „Verkehrssteuern“, aber mit noch geringerem Rechte, werden die jetzt folgenden Angaben gebucht, bei denen es sich um eine Belastung teils von Gelegenheitseinkommen, teils von ständigen Einkommen, aber besonderer Art, teils um Steuern, die in dem Gelegenheitseinkommen gleichzeitig eine Einkommensverwendung treffen, handelt. Ihre Zuzählung zu den Verkehrssteuern verdanken sie teils der Tatsache, dass sie in Stempelform erhoben werden, teils dem Umstande, dass das bisherige wissenschaftliche System der Steuern für sie keine andere Möglichkeit des Unterbringens hatte. In der Steuerlehre galt und gilt: „Was man nicht deklinieren kann, sieht man als eine Verkehrssteuer an.“

Eine Mittelstellung zwischen Spezialeinkommenssteuer und Aufwandsteuer nehmen zunächst die „Steuern vom Glücksversuch“ ein. Als solche hat ein Teil der Börsensteuer, jener, der auf spekulative Transaktionen, nicht auf Anlagekäufe, fällt, sowie die Steuer von Lotterieloosen, zu gelten. Durch beide Steuern, zumal durch die Börsensteuer will man den aleatorischen Gewinn treffen, jedoch ist bekanntlich der spekulativen Transaktion der Gewinn [91] nichts weniger als sicher, so dass in Wirklichkeit durch die Steuer bloss der Glücksversuch getroffen wird. Es handelt sich hier um einen „konsumtiven“ Aufwand, insofern durch denselben der aleatorische Trieb befriedigt wird, aber doch um einen „Aufwand“, welcher gleichzeitig eine „Kapitalsanlage“ darstellt.

Verhältnismässig hoch von den zwei hier in Frage kommenden Steuern ist die Lotterielossteuer, verhältnismässig niedrig die Börsensteuer, diese unter dem Zwang der Verhältnisse, da sie gleichzeitig auf Effektivgeschäfte fällt und Effektivgeschäfte sich äusserlich von Differenzgeschäften nicht unterscheiden. Ueberdies spielt im Verhältnis zum Lotterielos das Spekulationsgeschäft an der Börse immer noch die produktivere Rolle, schafft mit dem Ergebnis jederzeitig leichterer Bedarfsbefriedigung zusätzliches Angebot und Nachfrage.[6]

Die Steuer von Lotterielosen (20% vom Nennwert bei inländischen, 25% bei ausländischen Losen) trug 1912 nicht weniger als 50.3 Millionen. Wieviel aus dem Gesamtertrag der Börsensteuer auf spekulative Transaktionen zu rechnen ist, ist unbestimmbar.

Handelt es sich hier um Steuern mit Zwittercharakter, wenn auch im Wesentlichen um solche auf den Glücksversuch, so sind unzweideutige Einkommens-Ergänzungssteuern die Erbschaftssteuern, die Tantiemensteuer, weiter die Vermögenszuwachssteuer von Grundstücken und auch die Zinsbogensteuer.

Die Erbschafts- (und Schenkungs-) Steuer, in der letzten Reichsfinanzreform viel umstritten – hier schieden sich die Wege der Parteien und über die Nichtbewilligung der Reichserbschaftssteuer auf legitime Deszendenten und Ehegatten fiel der vierte Reichskanzler –,[7] wird vom Reiche gegenwärtig als rudimentäre Erbschaftssteuer bei Erbschaften, die an entfernte Verwandte, an Nichtverwandte, sowie an Aszendenten gehen, und von Deszendenten insoferne es sich um uneheliche, später legitimierte, sowie um Stief- und Adoptivkinder handelt, erhoben. Ihre Sätze sind nicht niedrig zu nennen, beträgt doch der Normalsatz für Geschwister und Geschwisterkinder, auch Eltern 4, der Satz für Schwiegerkinder und Abkömmlinge zweiten Grades von Geschwistern (Grossneffen usw.) 6 und bei weiterer Verwandtschaft und Nichtverwandtschaft 8 und 10% und erfahren diese Sätze einen Zuschlag, der mit 1/10 (des Normalsteuersatzes) bei Ueberschreitung von 20 000 Mark Erbschaftswert beginnt und volle 15/10 bei Ueberschreitung der Million erreicht. Die Steuer kann also in den verschiedenen Steuerklassen 10, 15, 20 und 25% betragen. Sie wetteifert dadurch bereits mit den Steuersätzen der Länder, die ihre Erbschaftssteuer zur höchsten Entwickelung gebracht haben, und doppelt auffällig war unter solchen Umständen die Freilassung der Deszendenten. Indess gibt es, wie unten des Näheren nachzuweisen, einzelne, wenn schon wenige Einzelstaaten in Deutschland, die Deszendentensteuern erheben (Hansa-Städte und Elsass-Lothringen). Im übrigen sind neuerdings die Deszendenten durch die Vermögenzuwachssteuer von 1913 zur Steuer genommen.

Von dem Ertrag der Reichserbschaftssteuer fällt an die Bundesstaaten ¼, auch haben sie das Recht, Zuschläge zu dieser zu erheben.

Die der Erbschaftssteuer zu gebende Begründung ist strittig. Für uns ist die Erbschaftssteuer eine Spezialsteuer auf Gelegenheitseinkommen, im besonderen auf Konjunktural- oder Glücks-„Einkommen“: Die „Konjunktur“ ist der Erbanfall. Der Erbschaftssteuer ist übrigens eine Steuer von Schenkungen unter Lebenden angegliedert.

Der Ertrag der Reichserbschaftssteuer (im Voranschlag für 1912 und 1913 43.5 und 47 Mill.) war 1911 volle 59.9 Millionen. Die zur Versteuerung kommende Erbschaftsmasse war 1911 818 Mill. Mark, davon 285 Millionen Erbschaften von Geschwistern, 238 Millionen von Geschwisterkindern, [92] nahezu 170 Millionen Erbschaften von Nichtverwandten. Schenkungen unter Lebenden wurden 1911 im Betrage von 62 Millionen Mark zur Steuer genommen.

Wie die Reichserbschaftssteuer ist auch die Tantièmensteuer der Stengel’schen Reichsfinanzreform von 1906 zu danken. Sie sieht ihren Rechtsgrund darin, dass die Tantième, das Aufsichtsratseinkommen, leichter (ob mit geringerer Leistung oder nur mit geringerem Arbeitsaufwand, lässt sich generell nicht beantworten!) gewonnen erscheint als das Arbeitseinkommen und sich in diesem Sinn wieder, mindestens zu einem Teile seines Betrags, als Glückseinkommen darstellt. Die Bezüge der Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften u. dgl. sind darnach einer besonderen Abgabe (über die Einkommensteuer hinaus) zu vollen 8 vom Hundert unterworfen. Der Ertrag der Steuer, die seltsamerweise gleichfalls unter „Reichsstempelabgaben“ geführt wird, war 1912 6.5 Millionen Mark, was ein steuerpflichtiges „Aufsichtsratseinkommen“ in Deutschland von rund 80 Mill. Mark ergibt.

Gleichfalls eine Einkommensergänzungssteuer, wenn auch nicht vom Glücks-(„Konjunktural-“)Gewinn, sondern einfach von Einkommen aus Mobiliarvermögen ist die Talonsteuer von den Zinsbogen der Wertpapiere, mit 1% des Nennwerts der Wertpapiere, wenn dieselben Aktien sind, mit ½%, wenn dieselben Renten- und Schuldverschreibungen, mit 1/5%, wenn sie Schuldverschreibungen von Kommunen sind, und mit Befreiung der Zinsbogen von Renten- und Schuldverschreibungen des Reiches und der Bundesstaaten. Die Normaldauer der Zinsbogen ist 10 Jahre (falls die Bogen Zinsscheine für einen längeren als zehnjährigen Zeitraum enthalten, erhöht sich die Steuer um ein Zehntel für jedes fernere Jahr), sodass sich die Steuer beispielsweise für Aktien auf jährlich 1/10 Prozent vom Werte solcher und bei einem Ertrag der Aktien zu 5% mit 2% des Ertrages berechnet. Bei 1¼ oder 1½% allgemeiner Vermögenssteuer (vgl. Preussen) würde dieselbe, soweit es sich um Aktienerträge handelt, durch die Talonsteuer eine reichliche Verdoppelung erfahren. Der Ertrag der Talonsteuer war 1911 11.7, 1912 10 Mill. M.

Anstelle der seit 1911 erhobenen Wertzuwachssteuer von Grundstücken ist im Reiche 1913 eine allgemeine Vermögenszuwachssteuer getreten. Dieser Steuer unterliegt aller Vermögenszuwachs, der binnen 3 Jahren 10 000 M. übersteigt, bei einem Gesamtvermögen von über 20 000 M. Die Begründung des Gesetzes hebt hervor, es solle der „Vermögenszuwachs im weitesten Sinne“ zur Steuer genommen werden, und nach ihr umfasst der Vermögenszuwachs folgende 4 Hauptgruppen:

a) den Vermögenserwerb auf Grund von Rechtstiteln, die dem Erbrecht angehören, sowie auf Grund von unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden,
b) den Vermögenserwerb durch Spekulationsgewinn und infolge sonstiger Glückszufälle (z. B. Lotteriegewinn),
c) die Erhöhung des Vermögenswertes durch eine Wertsteigerung einzelner Vermögensgegenstände, z. B. Grundstücke, Wertpapiere, (Konjunkturgewinn, Wertzuwachs im engeren Sinne),
d) die Vermögensbildung aus erspartem Einkommen.

Die Kategorien a, b, c weisen wissenschaftlich gesehen auf eine Besteuerung von zu Kapital gemachtem, „Vermögen“ gewordenem Konjunktureinkommen hin,[8] die Gruppe d rafft alles übrige Vermögen gewordene Einkommen zusammen; insgesamt liegt also eine Vermögenssteuer vor, die ihren Rechtsgrund zum Teile aus der besonderen Art der Einkommen, die sich zum Vermögen „niederschlagen“, zu nehmen trachtet. Nicht zu übersehen ist, dass nach dem Gesagten die Vermögenszuwachssteuer auch eine Erbschaftssteuer in sich schliesst, insofern die Erbschaft während der dreijährigen Periode, auf die hin der Vermögenszuwachs konstatiert wird, nicht etwa wieder verloren worden ist.

Der Tarif der Vermögenszuwachssteuer ist etwas kompliziert. Es werden 6 Stufen unterschieden: bis zu 50 000 M., über 50 000 bis 100 000 M., über 100 bis 300 000 M., über 300 bis 500 000 M., über 500 000 bis zu 1 Million M. und über 1 Million Mark Zuwachs. In der untersten Stufe ist der Steuersatz 0.75% des Zuwachses, er steigt mit jeder Stufe um je 0.15% des Zuwachses, [93] erreicht also in der obersten Stufe den Satz von 1½%. Hierzu treten aber noch Zuschläge nach der Höhe des steuerbaren Gesamtvermögens. Sie erfassen alle steuerbaren Vermögen, deren Gesamtwert über 100 000 M. hinausgeht, und zwar in 10 Stufen, deren Grenzen bei 200 000, 300 000, 400 000, 500 000, 750 000, 1 Million, 2 Millionen, 5 Millionen und 10 Millionen Mark liegen. Für die niedrigste Stufe über 100 000 bis 200 000 M. Gesamtwert des steuerbaren Vermögens ist der Zuschlag 0.1% des Zuwachses. Er erhöht sich mit jeder weiteren Stufe um 0.1%, erreicht also in der obersten Stufe 1% des Zuwachses.

Von dieser Steuer wird für jedes Jahr des Veranlagungszeitraumes ein Drittel erhoben. Als Ausgangswert bei der erstmaligen Schätzung gilt derjenige Wert des steuerbaren Vermögens, der auf Grund des Wehrbeitragsgesetzes (cf. unten) für den 31. Dezember 1913 festgestellt worden ist.

Eine besondere Behandlung innerhalb des Vermögenszuwachssteuergesetzes erfahren die Erbschaften. Vorweg zu nehmen ist, dass das Gesetz auch alle diejenigen Erbschaften erfasst, welche bereits der Reichserbschaftssteuer unterliegen. Auch das geschärfte soziale Empfinden unserer Zeit gestattet van der Borght[9] hierzu die Frage, „ob es nicht doch des Guten etwas zu viel ist.“ Dass das Vermögenszuwachssteuergesetz zugleich eine Besteuerung der Erbschaften, insbesondere auch des „Kindeserbes“ ist, wurde allerdings sowohl in der Begründung als in den Verhandlungen als ein Vorzug desselben hervorgehoben. Der Staatssekretär des Reichsschatzamtes führte im Reichstag aus, der Vermögenszuwachs durch Erbfolge wäre nicht in der Form erfasst, die der Erbschaftssteuer so viele Feinde geschaffen habe, sondern mit niedrigeren Sätzen und in einer milderen und vollkommeneren Form. Alle bisherigen Erbschaftssteuergesetze hätten drei grosse Mängel: die Erhebung der Steuer setze im Moment tiefer Trauer ein, oft beim Tode des Ernährers, die Erbschaftssteuer könne nicht auch das Vermögen des Erben selbst berücksichtigen, während es doch seine Steuerfälligkeit mit entscheide, und kein Erbschaftssteuergesetz regele die Besteuerung der Schenkungen unter Lebenden, wie sie namentlich beim mobilen Kapital sehr leicht vorkommen mit der Absicht einer Umgehung der Erbschaftssteuer, in einigermassen befriedigender Weise. Der Staatssekretär setzte hinzu: Alle drei Fragen löse die periodisch einsetzende, das Vermögen nach seinem jeweiligen Stand berücksichtigende Zuwachssteuer in denkbar einfachster und glücklichster Weise.

Ob die Vermögenszuwachssteuer als Reichssteuer von Bestand sein wird, muss trotzdem als zweifelhaft bezeichnet werden. Der Eingriff in die Finanzhoheit der Einzelstaaten, den sie bedeutet, scheint nicht verwunden zu sein.

D) Wehrbeitrag.

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Eine Einkommensergänzungssteuer ist auch der nur zu einmaliger Erhebung bestimmte 1913 beschlossene sogenannte „Wehrbeitrag.“

Der Wehrbeitrag ist eine einmalige Vermögenssteuer für einen bestimmten Zweck. Sie soll betragen bei einem Vermögen bis

50 000 M. 0.15 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 50 000 M. 0.35 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 100 000 M. 0.5 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 300 000 M. 0.7 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 500 000 M. 0.85 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 1 000 000 M. 1.1 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 3 000 000 M. 1.3 v. H.
von den nächsten angefangenen oder vollen 5 000 000 M. 1.4 v. H.
von den höheren Beträgen 1.5 v. H.

[94] Vermögen bis zu 10 000 M. sind frei, bei einem Einkommen von nicht mehr als 2000 M. geht die steuerfreie Vermögensgrenze bis 50 000 M. und bei einem Einkommen von mehr als 2000, aber nicht über 4000 M. auf 30 000 M. Jedoch tritt neben diese Vermögenssteuer eine Einkommenssteuer, beginnend bei einem Einkommen bis zu 10 000 M. mit 1 vom Hundert und ansteigend bis 8 vom Hundert bei einem Einkommen von mehr als 50 000 M. Als Einkommen gilt der auf Grund des Landeseinkommensteuergesetzes als solches festgestellte Betrag. In den Bundesstaaten ohne Einkommensteuer trifft die Landesregierung Bestimmungen über die Ermittelung des Einkommens. Von dem festgestellten Einkommen wird, wenn gleichzeitig ein Vermögensbeitrag pflichtig ist, ein Betrag abgezogen, der einer 5%igen Verzinsung des abgabepflichtigen Vermögens entspricht. Abgabenfrei sind die Einkommen von nicht über 5000 M.

Vermöge der Einsetzung des „steuerfreien Existenzminimums“ mit 5000 M. bleibt die grosse Masse, zumal der Arbeiter, von der Wehrsteuer frei, nur die Schicht der mit mittleren Einkommen Ausgestatteten und der Wohlhabenden, wie Reichen hat als durch sie betroffen zu gelten. Die Einnahmen aus dem Wehrbeitrag sind ausschliesslich zur Deckung der Kosten zu verwenden, die auf Grund der Heeresverstärkungsvorlage von 1913 entstehen.

Bemerkenswert sind die Hinterziehungsstrafen, mit denen der Wehrbeitrag ausgestattet ist. Sie sind weit schärfer als bisher in Deutschland üblich. Der Entwurf hatte nur Geldstrafen vorgesehen, wenn auch solche zu hohem Betrage. Kommission und Plenum des Reichstages haben noch eine Gefängnisstrafe bis zu 6 Monaten zugefügt, auf die neben der Geldstrafe (dem zwanzigfachen Betrage des gefährdeten Wehrbeitrags) im Falle der Absicht der Hinterziehung erkannt werden kann, wenn der gefährdete Beitrag nicht weniger als 10% des geschuldeten Wehrbeitrags, mindestens aber 300 M. erreicht oder wenn der Wehrbeitragspflichtige Vermögen vom In- ins Ausland gebracht hat in der Absicht, dieses Vermögen der Veranlagungsbehörde zu verheimlichen. Einen gewissen Ausgleich bietet die gleichzeitig erklärte Straffreiheit für bisher unter der Staatssteuer hinterzogene Vermögens- oder Einkommensbeträge, wenn sie bei Gelegenheit der Veranlagung zur Wehrsteuer oder in der Zwischenzeit seit Inkrafttreten des Gesetzes bei der Veranlagung zu einer direkten Staats- oder Gemeindesteuer deklariert werden.

2. Entwicklung und Entwicklungstendenzen im Reichsabgabensystem.

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In der Entwicklung der Reichsabgaben der letzten Jahre ist, wie schon eingangs bemerkt, als auffallend das verhältnismässige Zurücktreten der Einnahmen aus Zöllen und Aufwandsteuern gegenüber jenen aus Verkehrs- und Einkommensergänzungssteuern zu verzeichnen. Das ist allerdings ein ganz „natürlicher“ Vorgang. Er ergibt sich als notwendig aus der schon in meiner „Reichsfinanzreform“ mit Nachdruck hervorgehobenen Tatsache, dass das Reich insofern in einer „Zwickmühle“ ist, als ein aus dem allgemeinen Wahlrecht hervorgegangener Reichstag direkte Steuern und Durchsetzung der Steuerprogression an allen Ecken und Enden, für welche vor allem die direkten Steuern ein Mittel sind, bevorzugen muss, während aus Rücksicht auf die Bundesverfassung, bezw. die Bundesstaaten, wie aus steuertechnischen Gründen das Reich auf die indirekten Steuern hingewiesen bleibt. Der Begehr nach direkten statt indirekten Steuern und der Kampf um solche mit den Bundesstaaten wird sich im Reiche noch oft wiederholen und gleichzeitig wird der Ausbau der indirekten Steuern verhältnismässig zurückbleiben.[10] Übereinstimmend damit konnte es im Reich zur Errichtung von Monopolen, die eine schärfere Heranziehung des Konsums zulassen, bisher überhaupt nicht kommen. Da das Reich indirekte Steuern nicht will, die direkten aber mindestens im wesentlichen den Einzelstaaten vorbehalten bleiben müssen, war auch die Finanzpolitik der Verlegenheit, die das Reich wiederholt trieb, indem es ohne innere Not, d. h. unter Verzicht auf eine stärkere Erschliessung indirekter Steuerquellen Schulden kontrahierte, durchaus „logisch“, d. h. durch die Verhältnisse bedingt, und wird gleichfalls aller Wahrscheinlichkeit nach, zumal wenn die Verhältnisse des Geldmarkts einer Schuldenwirtschaft günstiger geworden sind, wieder neu aufleben. Insofern aber aus einer anderen inneren Notwendigkeit [95] heraus der Löwenanteil bei Aufbringung der Reichseinnahmen immer noch den Zöllen und Verbrauchssteuern verbleiben muss, so wird hier im Laufe der Zeit mindestens ein Austausch sozialpolitisch anstössigerer gegen sozialpolitisch minder anstössige indirekte Steuern, bezw. Zölle erfolgen. Vor allem dürfte der Getreidezoll mit seinen bald 300 Millionen Ertrag in dem bisherigen Umfang früher oder später gefährdet sein. Wie Ersatz dafür zu schaffen, ist, zumal bei besonders starker Besetzung der äussersten Linken im Reichstag, gleichfalls eine Frage, die, wenn auch rein finanzpolitisch besehen, nicht allzu schwer zu lösen, doch vermöge der Direktiven und Nötigungen, die ein Volksparlament der gedachten Art in sich schliesst, wieder eines der schwierigsten Probleme darstellt, dessen Lösung sich ohne Krisen sicher nicht vollziehen wird. An Finanzkämpfen wird es dem Reich sonach auch in Zukunft nicht fehlen, vermöge des Widerstreits der von den politischen Gewalten in Reich und Bundesstaaten gesuchten und der ihnen zugebilligten und aus steuertechnischen Gründen zuzubilligenden besonderen Steuergattungen, kürzer vermöge des Umstandes, dass das Reich stets nach direkten Steuern, die den Einzelstaaten im Interesse ihrer Erhaltung vorbehalten bleiben müssen, begehren wird unter Vernachlässigung der indirekten Steuern, die auch jetzt noch weitgehende Entwicklungsmöglichkeiten haben.[11]

III. Die Abgaben der Einzelstaaten.

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1. Die Abgabenkategorien.

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Das Abgabensystem der Einzelstaaten, längere Zeit in Umbildung begriffen, hat jetzt fast überall in Deutschland in den Grundzügen zweifellos auf sehr lange hinaus die endgültige Gestalt gewonnen. Den entscheidenden, wenn auch nicht den ersten Anstoss für diese Umbildung hat die aus wissenschaftlichen Ideen schöpfende Miquel’sche Steuerreform in Preussen gegeben, die, unter Verzicht auf die Ausnutzung der alten Ertragssteuern – Grund-, Gebäude-, Gewerbesteuer – für den Staat die Einkommensteuer, ergänzt durch eine Vermögenssteuer, zum Rückgrat des preussischen Steuersystems machte. In diese Richtung gingen und geht nun auch die Umbildung des Steuersystems der anderen Bundesstaaten, wenn auch nicht mit dem gleichen Radikalismus, insofern ausserhalb Preussens der Weg des völligen Verzichts des Staates auf die älteren Ertragssteuern – sicherlich mit Recht – nur vereinzelt beschritten worden ist.

Die Abgaben der Einzelstaaten gliedern sich offiziell in A) Allgemeine Einkommensteuern, B) anderweitige direkte Steuern, C) sogenannte Verkehrssteuern, D) die Erbschaftssteuer, E) Verbrauchssteuern. Die vier letzten Steuerkategorien treten aber der Einkommensteuer gegenüber immer mehr zurück. Nach den letzten Daten –zusammengestellt in den unterm 31. Mai 1913 vom Reichskanzler dem Reichstag vorgelegten „Materialien zur Begründung der Entwürfe von Gesetzen über einen einmaligen ausserordentlichen Wehrbeitrag und betreffend Aenderungen im Finanzwesen“ – waren – gemeinhin in 1912 – im Budget der Bundesstaaten am Gesamtaufbringen beteiligt

A) Allgemeine Einkommensteuer mit 547 Mill. M. = 54.9% der gesamt. Steuereinnahm.
B) Anderweitige direkte Steuern mit 210 Mill. M. = 21.1% der gesamt. Steuereinnahm.
C) Sogenannte Verkehrssteuern mit 106 Mill. M. = 10.7% der gesamt. Steuereinnahm.
D) Erbschaftssteuer mit 23 Mill. M. = 2.3% der gesamt. Steuereinnahm.
E) Verbrauchs- u. Aufwandsteuern mit 110 Mill. M. = 11.0% der gesamt. Steuereinnahm.

A) Allgemeine Einkommensteuer.

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Die allgemeine Einkommensteuer spielt eine geradezu ausschlaggebende Rolle im Abgabenwesen Preussens und Sachsens. In Preussen bringt sie 71 v. H. aller Staatssteuereinnahmen, in Sachsen 74 v. H. Geringer sind ihre Erträge in Süddeutschland. In Bayern ist sie überhaupt erst jetzt, d. h. von 1912 an zur Einführung gelangt, in Württemberg und Baden, wo sie seit längerer [96] Zeit besteht, bringt sie rund 40%. Dagegen ist sie in den deutschen Kleinstaaten, Herzog- und Fürstentümern, vielfach zu noch ausschlaggebenderer Bedeutung als in Preussen und Sachsen gediehen, so ruhen in Sachsen-Weimar 84% der gesamten Abgabensumme auf ihren „Schultern.“ Noch höher geht ihr Anteil in den beiden Reuss und in Schaumburg-Lippe. Pro Kopf der Bevölkerung der deutschen Bundesstaaten fordert sie bei einer gesamten Staatssteuerlast daselbst von insgesamt 15.33 Mark 8.42 Mark.

B) Spezial-Einkommens- und Ertragssteuern.

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Eine Ergänzungssteuer auf Vermögenseinkommen findet sich in 9 Staaten, die den Uebergang von der alten Objektbesteuerung zum System der Personalbesteuerung am gründlichsten vollzogen haben, in Preussen, Sachsen, Baden, Hessen, Sachsen-Weimar, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Gotha und Schaumburg-Lippe. Die Kapitalrentensteuer, die in 7 Staaten erhoben wird, bringt nur in Bayern, Württemberg und Elsass-Lothringen grössere Erträgnisse. Die Grund- und Gebäudesteuern sind in Preussen und einigen anderen Staaten den Gemeinden überwiesen, dagegen haben sie in Bayern, Sachsen und Hamburg noch eine grosse Bedeutung. Von den andern direkten Steuern liefert namhafte Erträgnisse die Gewerbesteuer, welche besonders in Bayern, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, Lübeck und Elsass-Lothringen stark ausgebildet ist. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer wird durch Zuschläge zur Reichserbschaftssteuer in Hessen, den Hansastädten und Elsass-Lothringen erhoben, ausserdem als Steuer von Abkömmlingen und zum Teil auch von Ehegatten in den Hansastädten und Elsass-Lothringen.

C) Sogenannte Verkehrs- (Geschäftsaufwands-) Steuern.

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An Verkehrssteuern werden in den Bundesstaaten im wesentlichen nur eine Umsatzsteuer von Grundstücken und Stempelsteuern erhoben. Diese Steuern liefern vor allem in Preussen, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen und Braunschweig höhere Erträge, die Stempelsteuern insgesamt 8.21, die Umsatzsteuer 2.32% des gesamten Staatssteuerertrags.

D) Verbrauchssteuern.

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Verbrauchssteuern werden in einigen süddeutschen Staaten erhoben. Unter ihnen ist die Brau- (Bier-) Steuer die wichtigste. Diese liefert in Bayern 47 v. H., in Württemberg 25 v. H., in Baden 22 v. H., in Elsass-Lothringen 18 v. H. des Gesamtsteuerertrags. In Norddeutschland tritt hier an die Stelle der Landessteuer die Reichssteuer. Neben der Brausteuer spielt hauptsächlich die Schlachtsteuer in Sachsen eine Rolle. Die andern einzelstaatlichen Aufwandsteuern zählen nicht. Es handelt sich hier im wesentlichen um Luxusabgaben und um die Hundesteuer, die, in Preussen, Sachsen, Württemberg den Kommunen überlassen, in Bayern nahe an 2% des Gesamtstaatssteuerertrags aufbringt.

2. Die Abgabensysteme der Einzelstaaten.

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A) Preussen.

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Der Aufstieg zu der die Situation „beherrschenden“ Höhe von heute ist für die Einkommensteuer in Preussen ein allmählicher gewesen, auf dem Wege über die Klassensteuer, über die sog. klassifizierte und dann die richtige, aber zunächst auf ganz unzureichenden Grundlagen erhobene Einkommensteuer. Miquel hat an Stelle der letzteren, neben welcher noch die Ertragssteuern erhoben waren, eine in ihren Ermittelungen halbwegs zuverlässige, die gegenwärtige Einkommensteuer gesetzt. In Zusammenhang mit der Erhebung des Wehrbeitrags, bei welchem Anlass Steuerfreiheit für die bisherigen Hinterziehungen gewährleistet wurde, dürfte die Einkommensteuer zu abermals grösserer Zuverlässigkeit gedeihen, um späterhin freilich –sobald der durch sehr hohe Steuerstrafen geschützte Wehrbeitrag nicht mehr erhoben wird – in der Sicherheit der Erfassung der steuerpflichtigen Einkommen wieder etwas zu verfallen, wenn nicht die für den Wehrbeitrag erhobenen Steuerstrafen durch die einzelstaatlichen Einkommensteuern übernommen werden.

Einkommen bis 900 Mark sind unter der Staatssteuer in Preussen steuerfrei, die Steuerskala beginnt bei über 900 Mark mit 0.63% und erreicht bei rund 10 000 Mark Einkommen 3, sowie bei über 100 000 Mark 4%. Durch Gesetz von 1909 ist behufs [97] Ermöglichung der Aufbesserung der Beamtenbesoldungen ein Zuschlag zur Steuer eingeführt, der für physische Personen bei 1200 bis 3000 Mark Einkommen 5%, bei 3000 bis 10 500 Mark Einkommen 10%, bei 20 500 bis 30 500 Mark 20 und bei über 30 500 Mark Einkommen 25% erreicht, so dass die Staatssteuer effektiv für die geringsten steuerpflichtigen Einkommen 0.63%, für die Einkommen von 30 000 Mark 3⅔% und für die Einkommen von über 100 000 Mark Einkommen 5% beträgt. Kinderreiche Familien gemessen Ermässigung, auch sonst wird bei Einkommen bis 12 500 Mark auf persönliche Verhältnisse Rücksicht genommen. Die Veranlagung erfolgt auf Grund jährlicher Deklaration der Steuerpflichtigen und der Prüfung dieser durch Veranlagungskommissionen. Doch wird angenommen, dass bisher noch erhebliche Einkommensteile der Steuer entfremdet wurden.[12] Es ist vor allem der Einführung der Selbstdeklaration auch für die Vermögen zum Zwecke der Erhebung des Wehrbeitrags und etwa auch einer anderen Zusammensetzung der Einkommensteuer-Einschätzungskommissionen vorbehalten, neue Garantieen vollständigerer Erfassung der Einkommen zu schaffen.

Die Vermögenssteuer ist als Zusatzsteuer, „Ergänzungs“-Steuer zur Einkommensteuer für das aus Vermögen (von über 6000 Mark) fliessende Einkommen gedacht und beträgt nach Klassen ½‰ (an der unteren Grenze jeder Klasse, z. B. von 6–8000 Mark 3 Mark). Bei einem Vermögensertrage von 4% berechnet sie sich darnach von diesem mit 1¼, bei einem Ertrage von 5% mit 1% desselben. Doch wird seit 1909 auch hier ein, fürs erste vorübergehend gedachter, Zuschlag von 25% erhoben.

Die Ertragssteuern sind mit Einführung der neuen Einkommens- und Vermögenssteuer in Preussen als Staatssteuern in Wegfall gekommen, d. h. sind den Gemeinden überwiesen. Neben Einkommens- und Vermögenssteuer werfen in Preussen einzig die Stempelsteuern und etwa noch die Erbschafts- und Schenkungssteuer erheblichere Summen ab.

B) Bayern.

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Bayern ist Preussen in der Reform seiner direkten Steuern in sehr langem Zeitabstande gefolgt. Schon 1880/81 von der Regierung geplant, ist die Einführung der Einkommensteuer daselbst erst durch Gesetz von 1910 gelungen, gleichzeitig wurden die Ertragssteuern zu Ergänzungssteuern umgebildet und demgemäss in ihren Sätzen reduziert. Die neuen Steuern traten 1912 ins Leben. Doch ist die weitere Umbildung des Steuersystems vorbehalten, sie soll bis Ende 1918 abgeschlossen sein und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie unter Ersetzung auch der reduzierten Ertragssteuern (Grund-, Haus-, Gewerbe-, Kapitalrentensteuern) durch eine Vermögenssteuer nach preussischem Muster vor sich gehen wird.

Die neue bayerische Einkommensteuer – in Kraft seit 1. Januar 1912 – zieht die Einkommen von 600 Mark an zur Steuer heran mit bis zu 5 v. H. ansteigenden Sätzen.

Bayern verfügt auch über eine grosse indirekte, ihm (wie den andern süddeutschen Bundesstaaten) bei der Reichsgründung vorbehaltene Steuer, jene vom Bier. Seit alters hier vom Malz erhoben, beträgt die Steuer ziemlich in Uebereinstimmung mit den norddeutschen Sätzen 15 bis 20 Mark pro Doppelzentner Malz, ansteigend mit der Grösse der Brauereien. Neuerrichtete Brauereien zahlen (ohne Zeitgrenze), 25% mehr.

C) Sachsen.

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Hat Bayern als letzter der grossen Bundesstaaten die allgemeine Einkommensteuer zur Einführung gebracht, so kann Sachsen den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, darin sogar Preussen vorangegangen zu sein, indem es fast 15 Jahre vor diesem sein direktes Steuersystem auf die Basis der allgemeinen Einkommensteuer unter Abschaffung der Ertragssteuern bis auf eine, die Grundsteuer, stellte.

Die Einkommensteuer, seit 1878 wiederholt Gegenstand der Umbildung, lässt die Steuerpflicht bereits bei über 400 Mark Einkommen beginnen, unter Anwendung allerdings des niedrigen [98] Steuersatzes von ¼%, sie steigt bis 5% bei 100 000 Mark. Neben ihr steht seit 1902 eine Vermögenssteuer, wie in Preussen mit ½ vom Tausend erhoben, aber erst mit 12 000 Mark beginnend.

D) Württemberg.

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Württemberg hat 1903 durch eine Steuerreform sein Steuersystem auf eine ähnliche Grundlage gestellt wie zuletzt Bayern, d. h. neben einer allgemeinen Einkommensteuer sind die Ertragssteuern zu ermässigten Sätzen stehen geblieben. Nur wird an Stelle der Vermögenssteuer eine Kapitalsteuer erhoben.

Die allgemeine Einkommensteuer beginnt bei Einkommen von 5000 Mark mit 0.40%, erreicht bei 30 000 Mark 4, bei 100 000 Mark 4½ und bei 200 000 Mark 5%. Mit dem Etat für 1909/10 wurde eine 12prozentige Erhöhung dieser Sätze vorgenommen.

Wie Bayern erfreut sich Württemberg auch einer autonomen Biersteuer, jedoch zu niedrigeren Sätzen als die norddeutsche und bayerische, nämlich in Höhe von 8 Mark pro Doppelzentner Malz für kleine Brauereien und bis auf 12½ Mark ansteigend (während in Norddeutschland das Maximum des Steuersatzes 20, in Bayern 19 Mark beträgt). Württemberg „ergänzt“ seine Biersteuer durch eine Wein- und Obstweinsteuer zu 11 und 8% des Ausschankerlöses.

E) Baden.

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Nahezu ebensolange wie Sachsen, nämlich seit 1884, im Besitz einer allgemeinen Einkommensteuer, hat Baden seine Ertragssteuern in partielle Vermögenssteuern übergeführt. Die Einkommensteuer, wie in Preussen mit 900 M. beginnend, hat einen nach Budgetperioden mobilen Steuerfuss, der die Steuer ungefähr auf der Höhe der preussischen hält. Die unter Benutzung von Ertragssteuer-Katastern erhobene Vermögenssteuer kennt kein allgemeines steuerfreies Vermögensminimum, ist dagegen im Unterschiede zu den Vermögenssteuern anderer Bundesstaaten progressiv in ihren an sich schon hohen Sätzen. Der Ertrag der Vermögenssteuer ist unter diesen Umständen ein ausnahmsweise hoher, nicht wie z. B. in Preussen 1/6, sondern mehr als die Hälfte jenes der Einkommensteuer.

Auch Baden verfügt über ein Biersteuerreservat, die Steuer ist wie im Reiche und in Bayern und Württemberg als Malzgewichtssteuer und ziemlich zu den Sätzen Württembergs, also zu niedrigeren als in Norddeutschland und in Bayern erhoben. Dazu kommt noch eine Weinsteuer wie in Württemberg.

F) Elsass-Lothringen.

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Elsass-Lothringen ist neben den beiden Mecklenburg der einzige Reichsteil, in dem die Einführung einer Einkommenssteuer noch aussteht. Doch ist eine solche auch hier in Vorbereitung. Bisher war das Steuersystem durch Ertragssteuern beherrscht, die jedoch in den 25 Jahren von 1884 bis 1901 durchweg einer gründlichen Reform unterzogen worden sind. Nach Einführung der Einkommensteuer sollen dieselben ähnlich wie in Bayern und Württemberg zu Nebensteuern gemacht werden.

Bemerkenswert ist die von Frankreich übernommene, in ihren Sätzen verhältnismässig hohe Erbschaftssteuer, sowie eine Spezialsteuer von ausländischen Gelegenheitsarbeitern mit 5 bis 15 Mark jährlich nach den Tagesarbeitsverdiensten.

Auch Elsass-Lothringen verfügt über eine Bier- und Weinsteuer. Erstere wird hier nicht wie sonst überall in Deutschland als Malzsteuer, sondern als Steuer von der Leistungsfähigkeit der Werkvorrichtungen erhoben zu einem Satze, der pro hl mit 2.30 Mark für starkes Bier, mit 58 Pfg. für Dünnbier angesetzt ist.

3. Entwicklung und Entwicklungstendenzen im Abgabensystem der Bundesstaaten.

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Die „Entwicklung“ im Abgabensystem der Bundesstaaten ist durch den Sieg der allgemeinen Einkommensteuer auf der ganzen Linie gekennzeichnet. Sie wird in Kürze mit Ausnahme der beiden Mecklenburg sämtliche deutsche Bundesstaaten (mit Einschluss des Reichslandes, wo sie [99] im Anzuge ist) erobert haben. Die allgemeine Einkommensteuer trug in den deutschen Bundesstaaten 1904 erst 294 Millionen, 1912 dagegen (immer nach den Voranschlägen) 547 Millionen Mark und die Vermögenssteuer 1904 43 Millionen, 1912 83 Millionen Mark. Das ist eine Steigerung des Ertrags binnen nur 8 Jahren bei der Einkommensteuer um fast 80, bei der Vermögenssteuer sogar um fast 100%. Bringt die Einkommensteuer heute bereits mehr als die Hälfte (1910 55%) sämtlicher bundesstaatlicher Abgaben, so ist der Zeitpunkt wohl abzusehen, wo sie mit ⅔ an denselben beteiligt sein wird. Ihr zur Seite ist die Vermögenssteuer auf dem Eroberungszug durch die Bundesstaaten begriffen. 1904 erst mit 6,77%, 1910 mit 7.88% an dem Abgabenertrag beteiligt, geht sie den 10% mit Sicherheit entgegen. Das Vordringen dieser beiden Prinzipalsteuern erfolgt im wesentlichen auf „Kosten“ 1. der Ertragssteuern, 2. der Verkehrs-, 3. der Verbrauchssteuern.

Ob der Ersatz der alten Ertragssteuern durch die Einkommens- und Vermögenssteuer nicht zu radikal war und hier nicht einer Doktrin zu weitgehende Opfer gebracht wurden, kann übrigens Gegenstand der Kontroverse sein. Der alte Satz des Franzosen Parieu „Tout vieil impôt est bon“ gilt zumal für jene Objektsteuern, die sich im Werte der Objekte längst kapitalisiert und dank dem Besitzwechsel für die heutigen Besitzer amortisiert haben.

Was die indirekten Steuern in den Bundesstaaten betrifft, so wird deren Position im Wesentlichen durch die süddeutschen Biersteuern gehalten. Daneben spielt noch die Weinsteuer der drei Staaten des deutschen Südwestens und die Schlachtsteuer in Sachsen eine Rolle.

Eine „Stärkung“ hat die Position dieser Steuern letzthin durch die Erhöhung der Biersteuer, in welcher Bayern dem norddeutschen Brausteuerverein folgte, erfahren.

Das System der bundesstaatlichen Steuern dürfte nach allgemeiner Basierung derselben auf Einkommen- und Vermögenssteuer auf lange hinaus wenig grundsätzlichen Änderungen unterworfen sein. Hier also verhältnismässige Ruhe, gegenüber der steten Bewegung im Reiche, wo eine „Finanzreform“ der andern folgt und nach dem früher Gesagten folgen muss. Nur insofern die Wellenkreise dieser Bewegung im Reiche die Einzelstaaten treffen, sind auch diese in Unruhe und in die Notwendigkeit versetzt, gelegentlich nach neuen Ertragsquellen Ausschau zu halten.

Zur Würdigung der bisherigen Entwicklung auf die Einkommen- und Vermögenssteuer hin ist zu sagen, dass sie den Forderungen der Sozialpolitik weitgehend Rechnung trägt. Sind doch die alten Ertragssteuern im Unterschiede zur modernen Einkommensteuer nichts weniger als progressiv gewesen, wie sie ja auch steuerfreie Existenzminima, Rücksichten auf die Kinderzahl, Berücksichtigung anderweitiger persönlicher Verhältnisse nicht kannten und ihrer Technik gemäss nicht kennen konnten. Ihre Ersetzung durch die Einkommen- und Vermögenssteuer bedeutet also Verdrängung eines wenn nicht anti-, so jedenfalls asozialen Steuersystems durch ein entschieden soziales.

IV. Die Gemeinde-Abgaben.

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1. Das System.

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Angesichts des steigenden Umfangs der kommunalen Auf- und Ausgaben bei im allgemeinen bereits durch Staat und Reich in Anspruch genommenen Steuerquellen stellt das System der Gemeindeabgaben schon seit längerer Zeit und heute wieder eines der schwierigsten Probleme der Finanzpolitik dar.

In Preussen als solches bereits kurz nach Gründung des Reiches anfangs der 70er Jahre empfunden und bezeichnet und von Miquel Anfang der 90er Jahre in Zusammenhang mit seiner Staatssteuerreform einer vorläufigen – von ihm allerdings endgültig gedachten – Lösung zugeführt, lebt es heute wieder auf, da die Gemeinden mit den ihnen zugewiesenen Abgaben nicht das Auslangen finden, überdies aber diese ihre Abgaben eine Steigerung ihrer Ergiebigkeit fast nicht mehr zu gestatten scheinen.

[100] Das Prinzip, nach welchem die Regelung des Gemeindesteuerwesens erfolgt, ist ein anderes als jenes, das der Besteuerung in Reich und Staat zugrunde liegt. „Ein Teil der Ausgaben der Gemeinden gereicht“, heisst es in der amtlichen Denkschrift, welche von Miquel seinen Entwürfen zur Staats- und Gemeindesteuerreform beigegeben wurde, „gewiss allen Einwohnern mehr oder weniger gleichmässig zum Vorteil; ein anderer Teil der Ausgaben kommt aber ganz oder überwiegend den mit der Gemeinde untrennbar verbundenen Objekten – Grund- und Hausbesitz und Gewerbebetrieb – zugute und erhöht deren Wert oder wird durch sie veranlasst“. Als Gemeindesteuern werden sich darum, meint die Denkschrift, neben allgemeinen Steuern besondere Grund-, Gebäude-, Gewerbesteuern als richtig erweisen.

Nach den solcher Art formulierten Grundsätzen ist die Reform des Gemeindeabgabenwesens in Preussen erfolgt, und wieder hat diese preussische Reform ihre Wirkung auf die anderen Bundesstaaten nicht verfehlt, zumal ja die Reform der Staatssteuern, die gewisse Rückwirkungen auf das Gemeindeabgabenwesen üben musste, sich gleichfalls überall fast nach einem Schema vollzog. Allerdings haben die Gemeindesteuersysteme mehr Widerstandskraft gegen die neueren Refombestrebungen gezeigt und sind infolgedessen von grösserer Verschiedenheit als die Steuersysteme der Einzelstaaten.

In Preussen beruht das Abgabenwesen der Kommunen auf dem Kommunalabgabengesetz v. 14. VII. 1893 und auf Novellen von 1895 und 1906. Die direkten Steuern spielen auch hier wie im Staate die ausschlaggebende Rolle. Auf sie entfallen in den grossen Städten ungefähr 9/10, in den kleineren eher noch mehr der gesamten durch Gemeindeabgaben aufgebrachten Summe. Innerhalb der direkten Steuern werden aber fast 2/8 durch die Zuschläge zur staatlichen Einkommensteuer aufgebracht.

Das steuerfreie Existenzminimum ist bei der Gemeindeeinkommensteuer tiefer angesetzt, bei 420 Mk. gegenüber den 900 Mk. der Staatssteuer. In kleineren Stadtgemeinden wird sie in der Tat „so tief herunter“ erhoben, die grösseren Städte lassen sie in der Regel bei 600 Mk. beginnen.

Neben den Zuschlägen zur Einkommensteuer gelangen Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuern auf Grund staatlicher Veranlagung zur Erhebung. Um das Verhältnis derselben zur Einkommensteuer angemessen zu gestalten, ist bestimmt, dass diese Realsteuern mindestens zu den gleichen und höchstens zu um die Hälfte höheren Prozenten der Veranlagungssätze zu erheben sind als Zuschläge zur Staatseinkommensteuer verordnet werden. Abweichungen von dieser Vorschrift bedürfen der obrigkeitlichen Genehmigung.

Von anderen direkten Steuern werden in den preussischen Gemeinden Wirtschaftskonzessions- und Umsatzsteuern vom Immobiliarverkehr erhoben; die Verbrauchssteuern, die ihnen mit Ausnahme solcher auf Fleisch, Mehl, Backwerk, Kartoffeln und Brennstoffen gestattet sind, spielen – auch für die Biersteuer gilt das, die nach dem Reichsbrausteuergesetz von 1909 65 Pfennig pro hl Vollbier für Rechnung der Gemeinden nicht übersteigen darf – eine sehr geringe Rolle, weiterhin kommen noch Hunde- und Pferdesteuern, sowie Lustbarkeitssteuern in Betracht.

In den drei grössten preussischen Städten, Berlin, Köln, Breslau gestalten sich die Verhältnisse[13] folgendermassen. Es betrugen im Rechnungsjahr 1913 die gemeindlichen Steuerzuschläge zur staatlichen Einkommensteuer

in für Einkommen von über 900 Mark
Berlin 100
Köln 155
Breslau 164

Von je 1000 Mark Gemeindesteuern entfielen auf die

Einkommensteuer Grund- und
Gebäudesteuer
Gewerbesteuer Umsatzsteuer Verbrauchssteuer Lustbarkeits-
steuer
Berlin 453 303 157 44 10 13
Köln 552 198 138 44 13 29
Breslau 554 250 104 32 18 24

[101] Die Einkommensteuer bringt in Preussen mehr als die Hälfte des Gesamtertrags der Gemeindesteuern auf. 1912 war ihr Ertrag 484 Millionen bei einem Gesamtertrag der kommunalen Steuern von 912 Millionen, im besondern gegenüber einem Ertrag der kommunalen Grundsteuern von 229, der kommunalen Gewerbesteuer von 113 Millionen und gegenüber einem Staatssteuerertrag von 336 Millionen.

In Bayern werden für Rechnung der Gemeinden Zuschläge zu sämtlichen Staatssteuern erhoben. Das Zurücktreten der Ertragssteuern, das Vortreten der Einkommensteuer in der letzten Staatssteuerreform hat erstere mehr, letztere weniger für die Gemeinden verfügbar gemacht – auch hier sind die Gemeinden in die in der Staatsbesteuerung geschaffenen Lücken eingetreten –, demgemäss ist der Verteilungsschlüssel zwischen den direkten Gemeindesteuern dahin geregelt, dass, wenn die Grund-, Haus- und Gewerbesteuer mit dem 2½fachen der Staatssteuer, die Kapitalrentensteuer mit dem 1½ fachen, die Einkommensteuer nur mit dem halben Betrage herangezogen wird. Jedoch geschieht das unter besonderer Dienstbarmachung der höheren Einkommen (von 8000 Mk. an) für den Gemeindesäckel durch Unterwerfung derselben unter eine besondere Steuerprogression, so dass die grossen Einkommen verhältnismässig mehr, die niedrigeren weniger zur Gemeindekasse zahlen. Als Verbrauchsabgaben sind solche von Wildpret, Geflügel, Obst, Kaffee, Malz und Bier gestattet.

Völlig selbständig verwalten die Gemeinden ihr Steuerwesen in Sachsen. Demgemäss bringt ein Teil der Städte den Steuerbedarf durch selbständige Einkommens- und Ertragssteuern, ein Teil durch blosse Zuschläge zu den Staatssteuern auf. In manchen Gemeinden bestehen Mietsteuern. Verbrauchssteuern bedürfen besonderer ministerieller Genehmigung.

Württemberg hat Staatssteuerzuschläge, daneben Weinsteuern und an indirekten Steuern in gewissen Fällen Abgaben von Bier, Gas und Elektrizität.

Der Gesamtbetrag der Gemeindesteuern in Deutschland wird für 1912 mit 1378 Millionen M. berechnet, wovon 651 Millionen auf die Einkommensteuer, 308 Millionen auf die Grund- und Gebäudesteuer, 163 Millionen auf die Gewerbesteuer entfallen.

Die Einnahmen der Kreise und Provinzen sind gemeinhin in Deutschland in noch höherem Grade auf Staatssteuerzuschläge gestellt als die der Gemeinden. Sie fallen insgesamt nicht ins Gewicht.

2. Entwicklung und Entwicklungstendenzen im Abgabenwesen der Gemeinden.

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Nachdem die Kommunalabgabenreform Miquels den Gemeinden Preussens finanziell Licht und Luft geschafft hatte, ist man jetzt wieder ungefähr dort angelangt, wo man zur Zeit jener Reform war, nämlich bei Zuschlägen zumal auch zur Einkommensteuer, welche die Grenze des Möglichen bereits hart streifen und die des Rationellen vielfach überschreiten. Die Frage der Ordnung der Gemeindefinanzen ist dadurch neuerlich zu einer brennenden geworden, welche, nachem die Reichs- und Landesfinanzen leidlich in Ordnung gebracht sind, kaum mehr vertagt werden kann. Das „Problem“ präsentiert sich dabei als eines der schwierigsten darum, weil zweifellos andere Wege als bisher werden gegangen werden müssen, um das Ziel einer wirklichen und dauernden Ordnung zu erreichen.

Der Versuch einer Gruppierung der Möglichkeiten der Zukunft ergibt als in Betracht kommend 1. eine Einschränkung der Gemeindeausgaben, doch wäre eine solche dauernd nur möglich bei Übernahme von bisherigen Gemeinde-Aufgaben durch den Staat. Wenn man bedenkt, dass der Schul-Etat in leistungsschwachen Gemeinden Preussens gegenwärtig nicht selten ⅔ der Ausgaben verschlingt,[14] wenn man weiter berücksichtigt, dass bei dem heutigen Wandertrieb der Bevölkerung diese Ausgaben vielfach gemacht werden nicht für die eigene Bevölkerung, d. h. jene, welche den betreffenden Gemeinden verbleibt, sondern für eine solche, die schliesslich in andere Gemeinden [102] auswandert, diese Gemeinden (es handelt sich um die Grossstädte) sonach die Bevölkerung empfangen, nachdem sie auf Kosten der anderen Gemeinden ihre „Zurichtung“ empfangen hat, erkennt man, dass es sich um ein gesamtstaatliches Problem handelt und der Staat früher oder später mit der Forderung, mindestens einen Teil dieser Last auf sich zu nehmen, sich zu beschäftigen haben wird.

Das wäre also die eine der Möglichkeiten.

Die Gemeinden können aber in Preussen auch 2. ihre direkten Steuern ausbauen durch allgemeinere Ausdehnung der Einkommensteuer auf die unteren Einkommensklassen bis 420 Mk. herab, insoweit das nicht bereits geschehen, sie können 3. die Erhebung indirekter Steuern, die ihnen bereits gestattet sind oder solcher, die ihnen durch neues Gesetz zu gestatten wären, erwägen. Beides ist unter sozialem Gesichtspunkte odios,[15] wenn man auch freilich heute in weitesten Kreisen der Wissenschaft, wie der kommunalen Praxis darüber einig ist,[16] dass in der radikalen Abschaffung aller für den Gemeindesäckel irgend ins Gewicht fallenden Verbrauchssteuern zu weit gegangen wurde. Aus diesen beiden Titeln würde aber, wie immer man es anstelle, nicht zu viel zu holen sein. Mehr wohl 4. aus einer Gemeinde-Kapitalsteuer[17] behufs Kompensation der bisher bloss auf den Realbesitz gelegten Ertragssteuern.[18] Indes würde auch diese Steuer, zumal – von anderen Bedenken zu schweigen – ihre technischen Schwierigkeiten nicht unterschätzt werden dürfen,[19] den Stand der Kommunalfinanzen nicht wesentlich und vor allem kaum dauernd zu bessern vermögen. Ebensowenig erscheinen aus sozialen und anderen Gründen 5. die Tarife der städtischen Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke, der Strassenbahnen etc., sowie die verschiedenen kommunalen Gebühren noch wesentlich steigerungsfähig.

Der Staat kommt sonach um die Aufgabe der Übernahme eines Teils der bisher den Gemeinden erwachsenen Aufwendungen (hauptsächlich für die Schule) schwerlich herum. Die ihm hier, wie es scheint, zufallende Aufgabe dürfte aber gleichzeitig mit der anderen in Angriff zu nehmen sein, einen gewissen „Ausgleich“ in dem Finanzstand der verschiedenen Gemeinden herbeizuführen. Die Unterschiede der Leistungsfähigkeit sind heute enorm. Dieselben weisen auf die Notwendigkeit einer „Ausgleichung“ hin, wobei diese ihre innere Rechtfertigung auch daraus holt, dass (wie schon erwähnt) heute die überhoch besteuerten Gemeinden als Auswanderungsgemeinden vielfach die Schullasten für die minder hoch besteuerten Einwanderungsgemeinden tragen.

V. Abschliessende Würdigung des Abgabensystems von Reich, Staaten und Gemeinden.

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Bei Würdigung des Abgabensystems in Deutschland wurde früher häufig der Fehler begangen, die Reichs- und bundesstaatlichen Finanzen, deren Daten leicht zu erheben sind und jedermann zur Verfügung stehen, dem Urteil zugrunde zu legen, ohne die Gemeindesteuern, welche „nicht weniger drücken“, heranzuziehen. Dabei ergab sich ein ganz verkehrtes und infolgedessen völlig unbrauchbares Bild. Es musste darum die Forderung erhoben werden, bei aller Betrachtung des Abgabensystems in Deutschland die gemeindlichen Abgaben nicht als „quantité negligeable“ zu behandeln, sie vielmehr als den anderen Abgaben durchaus gleichwertig in die Rechnung einzustellen.

Die Verwirrung, welche die Bezugnahme auf Reichs- und Staatsabgaben allein mit Vernachlässigung der kommunalen stiften musste, ergibt sich schlagend aus folgender Übersicht:[20]

[103] Auf 100 Mk. direkte Steuer kamen ca. 1907 an indirekter Steuer

bei Nichtberücksichtigung der
Gemeindeabgaben[21]
      bei Berücksichtigung der
Gemeindeabgaben[22]
in Deutschland (Reich und Bundesstaaten) ca. 294 Mk. ca. 094 Mk.
in Frankreich ca. 261 Mk. ca. 190 Mk.
in Grossbritannien ca. 147 Mk. ca. 071 Mk.

Das Bild ist also, je nachdem die Gemeindeabgaben berücksichtigt werden oder nicht, das völlig entgegengesetzte. Im ersten Falle, bei Nichtberücksichtigung der Gemeindesteuern ein ungeheures Überwiegen der indirekten Steuern in Deutschland, fast zum Dreifachen der direkten, im anderen Falle, bei Berücksichtigung der gemeindlichen Abgaben, indirekte Steuern nur ungefähr in der Höhe der direkten, ja sogar weniger wie diese; im ersten Falle in Deutschland sozial ungünstigere Verhältnisse sogar als in Frankreich, dessen indirekte Steuern von „berüchtigter“ Höhe, dessen direkte Steuern verkümmert sind, im zweiten Falle eine Überlegenheit über Frankreich im Punkte der „Steuergerechtigkeit“ um über das Doppelte.

Die hier mitgeteilten Daten gehören der Zeit knapp vor der Reichsfinanzreform von 1909 an. Sie werden die Wahrheit beiläufig aber auch heute sein, wobei freilich nicht zu übersehen, dass diese Berechnungen immer nur den ungefähren Stand der Dinge bezeichnen können. Nach den in der Denkschrift des Reichsschatzsekretärs vom 31. Mai 1913 aus Anlass der Einbringung der Wehr- und Deckungsgesetze von 1913 berechneten Daten – die genaueren Berechnungsgrundlagen werden hier, soweit es sich um Gemeindesteuern handelt, freilich nicht angegeben[23] – kämen, wenn man, wie ich das für erforderlich halte, die Erbschaftssteuer den direkten Steuern, die sogenannten Verkehrsabgaben den indirekten Steuern zuzählt, 1911 auf 100 Mark direkte Steuern an indirekten Steuern

in Deutschland   105 Mark
Frankreich 178 Mark
England 51 Mark

Die Verschiedenheit des Ergebnisses gegen oben resultiert unter anderem aus der konsequenten Zurechnung der Erbschaftssteuern im zweiten Falle zu den direkten.

Die Daten zeigen im übrigen, dass wenn Deutschland im Punkte der Steuergerechtigkeit – die direkten Steuern als Repräsentanten der Steuergerechtigkeit gedacht – Frankreich ausserordentlich überlegen ist, es hinter Grossbritannien darin ausserordentlich zurücksteht. Zur Erklärung muss jedoch gesagt werden, dass es in der Natur der Dinge liegt, dass je mehr ein Land vermöge seiner Einkommensschichtung, d. h. des Ueberwiegens der kleinen Einkommen, der ausgleichenden Gerechtigkeit im Steuerwesen bedürfte, es ihrer desto weniger teilhaftig werden kann, weil desto mehr – vermöge der geringeren Leistungsfähigkeit der oberen Klassen – die Steuern als indirekte umgelegt werden müssen, während je reicher ein Volk, desto ausgiebiger die direkten Steuern an der Last mit tragen können. Diese Wohlhabenden und Reichen sind aber in der Gesellschaftsschichtung Grossbritanniens in ganz anderer Stärke als in Deutschland vertreten.

Das Ziffernverhältnis von direkter und indirekter Steuer sagt überdies lange noch nicht alles zur Bezeichnung des Drucks, der von den Steuern ausgeht. Die einzelnen direkten und indirekten Steuern sind ja von sehr verschiedener sozialer Wirkung. Wie allgemein bekannt, [104] sind z. B. Salzsteuer und Getreidezoll anders zu beurteilen, als Branntwein- oder Biersteuer[24]; der Fall liegt darum ganz verschieden, je nachdem das Schwergewicht der indirekten Steuern bei diesen oder jenen Steuern liegt. Und es ist auch ein anderes, ob eine direkte Steuer bei Einkommen von 3000 oder 1000 oder 500 Mk. beginnt, d. h. die Einkommen darunter freilässt, sowie ob sie die grossen Einkommen zum Zwei- oder Vier- oder Achtfachen der den kleinen gewidmeten Quote zur Steuer nimmt. Mit dem Vergleich einfach der direkten und indirekten Steuern in den verschiedenen Ländern ist es also in der Tat noch nicht getan. Das von der Einkommensteuer freie Existenzminimum ist in England 3200 Mk. gegen 900 Mk. in Preussen, 400 Mk. in Sachsen, dagegen ist allerdings die Progression in den deutschen Bundesstaaten bei Berücksichtigung der Gemeindesteuern[25] (ohne solche nicht!) eine ausserordentlich viel schärfere. Nach dem Gesagten muss es also auch als bedenklich gelten, einfach das Ziffernverhältnis von direkten und indirekten Steuern, ohne weiteren Vorbehalt, zu vergleichen und darauf die Würdigung der Abgabensysteme der verschiedenen Staaten aufzubauen. Da es sehr verschiedene direkte, wie indirekte Steuern gibt, sind die gleichen Ziffern je nach den besonderen Verhältnissen von sehr verschiedener Bedeutung, und mehr als die äussersten Konturen des Bildes der Wirklichkeit werden durch sie nicht geliefert.

Jenes Verhältnis besagt aber auch darum nicht zu viel, weil von der absoluten Höhe der Steuerlast pro Kopf bezw. pro Einkommenseinheit, richtig pro Einheit des Real- (nicht des Nominal-) Einkommens mindestens für den ins Auge gefassten Zweck nicht weniger abhängt, ja im allgemeinen mehr als von der Ziffer der Verteilung (die durch Überwälzungsvorgänge vielfach wieder in Frage gestellt wird, auch bei direkten Steuern).[26]

Was nun die Gesamtsteuerlast betrifft, so wurde sie vor und nach der Reichsfinanzreform von 1909 angegeben

vor 1909[27]   nach 1909
auf Mark pro Kopf
in Deutschland 49,00 62,75
in Frankreich 82,68 96,09
in England 96,09 106,07

Die Ziffern haben nur als Näherungswerte zu gelten. Aber jedenfalls ergibt sich aus ihnen, dass der „Kopf“ in England gegen den „Kopf“ in Deutschland ungleich stärker belastet ist. Die Steuerlast in Frankreich pro Kopf ist gegen die unsere um rund 50%, die in England um rund 70 höher! Indess ist nicht zu übersehen, dass selbst die Ziffern der absoluten Steuerlast nicht „alles“ sagen, da die Zwecke, denen die Einnahmen zugeführt werden, trotz gemeinsamer Züge, welche die Entwicklung derselben in den verschiedenen Kulturstaaten aufweist, immerhin recht verschieden sind.[28] Die Möglichkeit einer statistischen Rücksichtnahme auf sie fehlt allerdings wieder so gut wie ganz. Doch kann gesagt werden, dass sich auch hier die Verhältnisse in Deutschland (vermöge der Aufwendungen für Sozialversicherung, Schulen usw.) als günstig ausweisen.

Was dann die Verteilung der Gesamtsteuerlast auf die verschiedenen Klassen der Einkommensbezieher betrifft, so ist man unter Benützung der sorgfältigen Vorarbeiten zunächst [105] Fr. J. Neumanns,[29] weiterhin Joh. Conrads[30] und W. Gerloffs[31] im Stande (an der Hand typischer Haushaltungsbudgets) für Deutschland eine Rechnung aufzumachen.

Bereits in meinem Buche „Die Reichsfinanzreform“ komme ich zu dem Ergebnis, dass zunächst an reichs-und bundesstaatlichen Steuern in Preussen[32] aufzubringen sind von den Beziehern

kleinster Einkommen, d. h.
solcher von 900–1200 Mk.
      grösster Einkommen, d. h.
solcher von 100 000 Mk.
in Prozenten
indirekte Steuern 4–5 1
direkte Steuern ½–⅔ 4
zusammen 4½–5⅔ 5

so dass Staat und Reich zusammen die Proportionalität der Besteuerung realisieren würden. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei einem Anschlag des Einkommensteuerzuschlags der Gemeinden zu 150%, einem Anschlag, der hinter der Wirklichkeit eher zurückbleibt als sie übersteigt, die Gesamtsteuerlast in Preussen beträgt

für Einkommen
von 900–1200 Mk. von 100 000 Mk.
5-8% 14 %

Im Durchschnitt insgesamt etwa 6½% von kleinsten Einkommen, 14% von grössten Einkommen, das wäre eine Progression, die unter den besonderen Verhältnissen Deutschlands, d. h. angesichts auch der Verwendung, welche die Steuern finden (unter anderem, wie schon erwähnt, zu grossen Beträgen für den Zweck der Sozialversicherung) befriedigen könnte. Jedoch fehlt noch ein Faktor in der Rechnung: Die Rücksichtnahme auf jene Belastung, die von den Zöllen, insbesondere den Agrarzöllen, allerdings nicht zugunsten des Staats, vielmehr der Inlandsproduzenten der mit Zöllen belegten Artikel ausgeht. Hierüber habe ich eingehende Berechnungen gleichfalls in der oben genannten Schrift angestellt. Sie führten zu dem Ergebnis, dass aus dem erwähnten Titel noch etwa eine Milliarde Mark der Steuerlast als „indirekte Steuer“ zuzurechnen sei. Dementsprechend wurde als „letztes Ergebnis“ jener der fundamentalen Frage der Steuerverteilung gewidmeten Ermittlungen ausgesprochen, dass in Preussen

kleinste Einkommen   grosse Einkommen
9–13, im Mittel etwa 11% 15%

an Steuern zu tragen haben.

Kurze Zeit vor dem Erscheinen meiner „Reichs-Finanzreform“ wurde noch von sehr kompetenter Seite ausgesprochen:

„Schwerlich wird die durch die indirekten Steuern, namentlich auch durch die Agrarzölle bedingte Höherbelastung der grossen Volksmasse, der unteren Klassen, für die Reichszwecke durch die einzelstaatliche und kommunale direkte Besteuerung schon genügend kompensiert. Genügend, das heisst in dem Masse, wie es die Minimalforderungen verlangen, welche aus dem anerkannten leitenden Grundsatz der modernen Steuerpolitik, der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit der Klassen, Berufe, Einzelnen folgen. Aber selbst, wenn dieses durch die bisherige gesamte Steuerverfassung in Reich, Staaten, Gemeinden zusammen erreicht würde,

[106]

was ich, besonders auch wegen der Weiterwirkung der Agrarzölle auf die Preise von Getreide usw. im Inland überhaupt bezweifle, so ist eben noch mehr zu verlangen: nämlich dass die mittleren und vollends die oberen Klassen nicht nur mindestens ebensoviel im Verhältnis zu ihrer, namentlich in der Einkommenshöhe liegenden Leistungsfähigkeit im ganzen an Steuern tragen, wie die unteren, sondern dass sie verhältnismässig mehr tragen. Das ist aber bei der immerhin schon eingetretenen bedeutenden Steigerung der Erträge unserer Zölle und Verbrauchssteuern bisher nicht erreicht worden.[33]

Demgegenüber ergab meine Rechnung, dass das Steuersystem von Reich, Staat und Gemeinde kombiniert in Deutschland nicht nur die Proportionalität, sondern auch die vorstehend geforderte, aber fürs erste noch vermisste Progression realisiert,[34] selbst dann, wenn man die nicht dem Staate zufallende Belastung der Konsumenten durch die Zölle in Anrechnung bringt!

Inzwischen ist allerdings die letzte Reichsfinanzreform ins Land gegangen. Es ist aber nicht anzunehmen, dass sie das Verhältnis der Belastung zu ungunsten der kleinen Einkommen verschoben hat. Denn die bundesstaatlichen und Gemeindesteuern, die das Prinzip der Gerechtigkeit besonders stark betonen, und dadurch einen Ausgleich für die umgekehrte Progression der Reichssteuern schaffen, haben in dieser Zeit keine geringere Steigerung als die letzteren erfahren. Ueberdies haben die Deckungsvorlagen von 1913 weitere direkte Reichssteuern gebracht.

Nach alledem darf sogar behauptet werden, dass die Steuerprogression in Preussen heute schon wieder eine schärfere ist als die vorhin auf Grund der Verhältnisse hauptsächlich von 1907 berechnete. Ohne auf das Einzelne der Daten hier näher eingehen zu wollen, kann nämlich nunmehr ausgesprochen werden, dass wenn die Tausend-Mark-Einkommen in Preussen dank der Reichsfinanzreform gegenwärtig mit Steuern von nicht weniger als 12–13%, im Mittel 12½%, belastet sein sollten, die Belastung der Hunderttausend-Mark-Einkommen unter Berücksichtigung aller ins Gewicht fallenden Faktoren im Durchschnitt wohl nahe an 18% geht. Vorausgesetzt ist dabei allerdings ihre Erfassung zum vollen Betrage unter der Einkommens- und Vermögenssteuer. Würden gegenwärtig etwa nur 9/10 (oder nur 4/5) erfasst, so würde der Durchschnittssatz der Steuer für diese sehr grossen Einkommen eine Ermässigung auf ca. 16½% (oder 15) % erfahren müssen. Dies also das bei Berücksichtigung aller möglichen Faktoren, auch solcher, die sonst in die Rechnung nicht einbezogen werden, sich ergebende Bild.

Die „Entwicklung“ geht aber, zumal mit dem Wachstum der Gemeindesteuerzuschläge, mit dem allmähligen Steigen der bundesstaatlichen Einkommensteuerprozente, das von den Gemeinden durch ihre Zuschläge wieder potenziert wird, mit der immer schärferen Erfassung der steuerpflichtigen Einkommen und Vermögen, zweifellos weiter in der Richtung stärkerer Progression, die Differenz der Steuerbelastung zwischen grossen und kleinen Einkommen nimmt nicht ab, sondern wächst, und der Zeitpunkt ist mit ziemlicher Sicherheit abzusehen, wo grösste Einkommen in Preussen-Deutschland durchschnittlich 20% an Steuern, in der Industrie gewonnene und Dividenden-Einkommen sogar noch mehr zu entrichten haben werden.[35] Mit Bezug auf die kleinsten Einkommen sind demgegenüber Tendenzen wirksam, die eher zu einer [107] Abbröckelung der Steuern, mit denen sie belastet sind, als zu einer Häufung führen, so dass diese Darstellung mit einem Ausblick schliessen darf, der die kleinsten Einkommen in einem absehbaren Zeitpunkt mit kaum viel mehr als 10–12% zu den gesamten Steuern genommen und bei Belastung der grössten Einkommen mit 20 Prozent die Steuergerechtigkeit auch nach modernstem Empfinden ausreichend realisiert sieht. Die Kräfte sind seit längerer Zeit am Werke, die diesen Ausblick noch im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts zur Wirklichkeit machen dürften!





  1. Über die Beuteilung, welche die Matrikularbeiträge gegenwärtig in der deutschen Finanzwissenschaft, sowie bei Staatsrechtslehrern und Politikern finden, vgl. Die Zusammenstellung und Kritik bei Julius Wolf, Die Reichsfinanzreform 1909 S. 90 f. und 111, sowie H. Köppe in der Schrift „Die Veredelung der Matrikularbeiträge“ (in den „Finanzwirtschaftlichen Zeitfragen“, herausgegeben von Georg v. Schanz und Jul. Wolf) 1913. Mit Laband und Georg v. Mayr kein unbedingter Gegner der Matrikularbeiträge (die in thesi auch beispielsweise in der Schweiz erhoben werden sollen), obschon das Reich wie die Einzelstaaten im Bedarfsfalle Schulden kontrahieren kann, vermag ich, mindestens als Finanztechniker, d. h. ohne politische Erwägungen heranzuziehen, keinesfalls ein Freund des gegenwärtigen Systems der „Schiebungen“ zu sein. Vgl. hierzu ihre Würdigung bei v. Dewitz, Erbzuwachssteuer als Besitzsteuer, 1912, als „Finanzstörer und ungerechten Belastungsfaktor“ mit dem Ausblick auf ihre endliche Beseitigung.
  2. Es empfiehlt sich von den Voranschlägen auszugehen, da diese in der Regel auf Durchschnittsberechnungen beruhen. Die Würdigung des Ertrags der Staatseisenbahnen betreffend vergl. übrigens Offenberg, Konjunktur und Eisenbahnen 1914.
  3. Zum Verständnis der diesen Steuern hier gegebenen Qualifikation ist auf meine an anderer Stelle, in meiner „Nationalökonomie“ und meinem Buche „Die Volkswirtschaft der Gegenwart und Zukunft“, 1912, getroffene Einteilung der Einkommen zu verweisen, die 1. Arbeitseinkommen, 2. Fruchteinkommen (Kapitalzins), 3. Glücks-(Konjunktural-)Einkommen, 4. Beuteeinkommen unterscheidet. Im Einklang mit dem gemäss dieser Skala „absteigenden“ Rechtstitel verschiedener Einkommen, wie er sich aus modernem ethischen Empfinden ergibt, werden je länger je mehr die Frucht- und Glückseinkommen zusätzlichen Abgaben über die Steuer hinaus, die allen Einkommen (in der allgemeinen Einkommensteuer) auferlegt ist, also Spezialeinkommensteuern, unterworfen. Einkommenergänzungssteuern in diesem Sinn sind für das „Fruchteinkommen“ die Vermögenssteuern, für die Steuern vom Glücks- oder Konjunktural-Einkommen die Erbschaftssteuer, die Wertzuwachssteuer, wohl auch die Wertpapierstempel und (der Absicht nach) die Börsen-Steuer. Die Beute-Einkommen (z. B. Trustgewinne) sind zum Gegenstand besonderer steuerlicher Verfolgung bisher nicht gemacht.
  4. Über den Standpunkt dieser vgl. etwa Gothein, Agrarpolitisches Handbuch 1910 S. 170 ff.
  5. Vgl. darüber die ausgezeichnete Arbeit von Julius Lissner, Die deutsche Tabaksteuerfrage, 1907.
  6. Anderweitige produktive Funktionen von Bedeutung dürften der Spekulation kaum zuzugestehen sein. Vgl. darüber letzthin meine „Volkswirtschaft der Gegenwart und Zukunft“, 1912.
  7. Über den Kampf um die Erbschaftssteuer gelegentlich der letzten Reichsfinanzreform und seine tieferen Gründe vgl. nebst Julius Wolf, Die Reichsfinanzreform, 1909, S. 58 ff. vor allem Adolf Wagner in seiner Schrift „Die Reichsfinanznot und die Pflichten des deutschen Volks wie seiner politischen Parteien. Ein Mahnwort eines alten Mannes“, 1908, und Hans Delbrück in den Preussischen Jahrbüchern, 1908, sowie Strutz, Reichs- und Landessteuern (Finanzw. Zeitfr., herausgeg. von G. v. Schanz und Jul. Wolf) 1913.
  8. Vgl. hierzu die Ausführungen des Vorkämpfers einer allgemeinen Zuwachssteuer, Landrats v. Dewitz, Erbzuwachssteuer als Besitzsteuer 1912, S. 15 ff.
  9. Vgl. das Heft „Wehrbeitrag und Deckungsgesetze vom 3. Juli 1913“ in den Finanzwirtschaftlichen Zeitfragen, herausgegeben von Georg v. Schanz und Jul. Wolf. 1913 S. 46.
  10. Vgl. hierüber Julius Lissner, d. Zukunft der Verbrauchssteuern in Deutschland (Finanzwirtsch. Zeitfragen, 9. Heft) 1914.
  11. Vgl. Strutz, Reichs- und Landessteuern (in den Finanzwirtschaftlichen Zeitfragen, herausgegeben von Georg v. Schanz und Jul. Wolf) 1913 S. 17 und 18 ff., sowie die vorhin genannte Schrift von Lissner in der gleichen Sammlung.
  12. Vgl. hierzu die ruhig abwägende Darstellung des Frhrn. v. Zedlitz u. Neukirch („Zur Frage der Steuerveranlagung“) im „Tag“ v. 7. Dez. 1909.
  13. Vgl. die vom Statistischen Amt der Stadt Elberfeld herausgegebenen Aufstellungen über „Die Gemeindesteuern des Jahres 1913 in den preußischen Grossstädten usw.“
  14. Vgl. Martini, Die Einkommensteuerzuschläge der Gemeinden in Preussen. 1912.
  15. Was nicht hindert, dass ein Ausbau der Gemeindeeinkommensteuer „nach unten hin" bereits erfolgt, vgl. Otto Landsberg, Die Entwicklung des Gemeindeabgabenwesens in den preussischen Städten, in den Schriften des Vereins fiir Sozialpolitik, 127. Band, „Gemeindefinanzen“, 1910. S. 23.
  16. Vgl. selbst Adolf Wagner, Die finanzielle Beteiligung der Gemeinden usw. S. 30 ff., sowie aus der Praxis Ernst Scholz, Das heutige Gemeindebesteuerungssystem in Preussen, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 120. Band. „Gemeindefinanzen“ 1908, S. 304 ff., und Landsberg, a. a. O., S. 30 ff.
  17. Vgl. Ernst Scholz, a. a. O., S. 314 f.
  18. Vgl. Alex. Tille, Die Steuerbelastung der Industrie in Reich, Bundesstaat und Gemeinde. S. 64 ff.
  19. Vgl. Landsberg, a. a. O., S. 40.
  20. Entnommen meinem Buche „Die Reichsfinanzreform“ S. 75 und 82.
  21. Nach Zahn, Die Finanzen der Grossmächte, 1908, und Plenge, Die Finanzen der Grossmächte, in der Zeitschr. f. d. ges. Staatsw. 1908.
  22. Auf Grund der in den „Zusätzen und Berichtigungen“ zu den Denkschriften zur Reichsfinanzreform enthaltenen Nachweisungen berechnet.
  23. Die Denkschrift meint nur ausführen zu sollen: „Die praktische Feststellung der Gemeindesteuern ist freilich bei den meisten auswärtigen Staaten überaus schwierig, weil vielfach das Material fehlt oder lückenhaft ist, Dotationen, Subventionen, Beiträge und dgl. m. hinüber und herüber zwischen den einzelnen Kategorien der öffentlichen Körperschaften vorkommen und ein schwer zu beseitigendes Hindernis bieten, vergleichbare Daten zu gewinnen.“
  24. Vgl. hier auch meine Reichsfinanzreform Beilage III „Die soziale Überlegenheit der Massenluxussteuern über die Steuern auf Notwendiges.“
  25. Vgl. hier u. a. Ballod, „Der Streit um die finanzielle Belastung des deutschen Volkes“, in Conrads Jahrbüchern 1908.
  26. Vgl. u. a. v. Mayr, Zwei Schriften zur Reichsfinanzreform. Zeitschrift für Sozialwissenschaft, Bd. 12, sowie mein Buch, Die Reichsfinanzreform S. 80 und anderwärts.
  27. Vgl. wieder meine Reichsfinanzreform S. 84 unter Anlehnung an die offiziellen Daten.
  28. Ein der grösseren Allgemeinheit vielleicht unerwartetes Ergebnis von auf diesem Gebiete gepflogenen Untersuchungen war (vgl. J. Wolf, Die Reichsfinanzreform S. 86 f.), dass in Deutschland – Reich, Bundesstaaten, Gemeinden – die Ausgaben für die innere Verwaltung und Unterricht fast dreimal so hoch sind wie jene für „Landesschutz“: 48,2% der Gesamtausgaben gegen 17,7%.
  29. Fr. J. Neumann, Zur Gemeindesteuerreform in Deutschland. 1895.
  30. Conrad, J., Zur Finanzreform in Deutschland, Jahrb. f. Nationalökonomie und Statistik, 3. Folge Bd. 36.
  31. Gerloff, Beiträge zur Reichsfinanzreform, in Conrads Jahrbüchern, 3. Folge, Bd. 36 und früher, Verbrauch und Verbrauchsbelastung kleiner und mittlerer Einkommen um die Wende des 19. Jahrhunderts, Ebenda, Bd. 35.
  32. Ich halte diese Berechnung gegenüber gewissen Anfechtungen, die sie gelegentlich, zumal bei Gerloff a. a. O. erfahren hat, aufrecht. Die nähere Begründung ist, in der ersten Auflage dieser Abhandlung gegeben.
  33. Vgl. Ad. Wagner, Die Reichsfinanznot, 1908.
  34. Neuerdings ist man von der gegenteiligen Meinung mehr und mehr zurückgekommen. Dafür verweist man aber mit Vorliebe darauf, dass bei Errechnung des sogenannten freien Einkommens sich andere Progressionssätze oder gar eine umgekehrte Progression ergebe. Mit diesem Hinweis bekennt man sich aber zu einem sehr bedenklichen Steuerideal. Zumindest schliesst er die Forderung ein, dass ein beträchtliches Einkommen von jeder Steuer frei sein muss, ohne doch diese Forderung meinem Urteil nach irgend überzeugend rechtfertigen zu können. Die Folge davon wäre, dass der Staat die grösseren Einkommen in einer Weise in Anspruch nehmen müsste, die die Kapitalbildung und Unternehmerfreudigkeit nicht blos gefährden, sondern nahezu lähmen würde.
  35. Vgl. die jüngsten Zusammenstellungen und Bemerkungen über die verschiedene Höhe der Besteuerung des aus verschiedenen Quellen fliessenden Einkommens in der Denkschrift von Alexander Tille, Die Steuerbelastung der Industrie in Reich, Bundesstaat und Gemeinde, 1911. Allerdings werden hier die Überwälzungen im allgemeinen nicht berücksichtigt.