Deutsche Worte (Die Gartenlaube 1888/13)
[220] Deutsche Worte. Unter diesem Titel hat Otto v. Leixner (Berlin, Otto Janke) eine Sammlung von Skizzen über Litteratur, Kunst und gesellschaftliches Leben veröffentlich, denen sich eine Menge Sinnsprüche in Vers und Prosa anschließt: scharfe Beobachtung von Welt und Menschen prägt sich darin oft in glücklicher Fassung aus; das Ganze durchweht eine edle, dem Gemeinen feindliche Gesinnung. Wir theilen einige Proben aus dieser Spruchsammlung mit:
Menschen, welche mit dem Herzen übereinstimmen, dürfen mit dem Verstande auseinandergehen. In entscheidenden Augenblicken treffen sie doch zusammen.
Der größte Wunsch, den der Mensch hegen kann, ist, einmal nichts zu wünschen und doch fröhlich sein zu können.
Wenn ein Wasser getrübt ist, kann man nicht unterscheiden, ob es seicht oder tief sei. So prägt ein Unglücksfall auch oberflächlichen Menschen oft ein ernsteres Gepräge auf.
Alles läßt sich als Kunst betreiben, auch das Hoffen. Es giebt Hoffnungskünstler. Stets haben sie eine Hoffnung auf der Spule der Phantasie und wickeln, reißt der Faden plötzlich ab, frohgemuth einen andern auf und beginnen das Spiel von neuem. Leider läßt sich diese Fähigkeit nicht durch den Willen erreichen; sie ist angeboren wie die entgegengesetzte: die Gabe alles schwarz zu sehen.
Für sich soll man nicht leben, aber mit sich. Wenn das viele versäumen, so liegt die Ursache vielleicht darin, daß sie sich nach besserer Gesellschaft sehnen.