Deutsche Kunst in Bild und Lied
Was in Liedern und in Bildern,
Tönen oder Farben lebt,
Was zu schaffen und zu schildern
Sich des Künstlers Geist bestrebt,
Alles Schöne wird gefallen,
Das die Sinne leicht besticht;
Doch im Herzen widerhallen
Kann nur, was zum Herzen spricht.
Eh’ die Sonne voll erglühte,
Duften auch die Blumen nicht;
Schönheit ist des Lebens Blüthe,
Wachgeküßt vom Himmelslicht;
Aber kalt sind ihre Triebe,
Und der süße Zauber fehlt,
Bis der warme Hauch der Liebe
Sie mit süßem Duft beseelt.
Rastlos nach der Schönheit ringen
Soll, wer sich der Kunst ergiebt,
Den nur lohnet das Gelingen,
Der aus ganzer Seele liebt’;
Flücht’gen Beifall zu erraffen,
Mühe sich der nied’re Geist,
Mit dem Herzen muß er schaffen,
Wer ein wahrer Künstler heißt.
Preis und Ehre dir vor Allen,
Die von Lieb’ und Schönheit glüht,
Ueberall mußt du gefallen
Jedem innigen Gemüth’,
Die das Herrlichste vollendet,
Stets die falschen Wege mied
Und zum Herzen sich gewendet:
Deutsche Kunst in Bild und Lied!
Schlicht, wie deiner Fluren Zierde,
Treu, wie deines Volkes Sinn,
Giebst du, sonder Ruhmbegierde,
Rein und wahr dein Bestes hin,
Und es spricht aus deinem Streben
Um der warmen Herzen Gunst:
„Kunst ist Lieb’ um Schönes weben,
Lieb’ des Herzens schönste Kunst.“
- ↑ Wir entnehmen dieses reizende Gedicht dem soeben erschienenen dreizehnten Jahrgang des Bach’schen Prachtwerkes: „Die deutsche Kunst in Bild und Lied“. Die Einrichtung und Ausstattung ist die bekannte; der stattliche Band enthält die Beiträge von vierundzwanzig bildenden Künstlern, einundsechszig Dichtern und vier Componisten. Wenn die Gaben der bildenden Kunst nicht durchweg jedem Geschmacke entsprechen, so hat das kritische Auge des Herausgebers, Albert Traeger’s, für den poetischen Theil eine um so strengere Wahl getroffen; namentlich freut man sich, vielen jungen Dichtern zu begegnen, deren Leistungen auch der deutschen Lyrik eine reiche Zukunft verheißen. Das Schwächste findet sich wieder unter den die Bilder begleitenden Versen, und es ist dies die natürliche Folge der Anordnung, daß nicht der Maler ein Gedicht illustrirt, sondern der Dichter ein Bild besingen soll, – und doch giebt’s in der Welt gar viele Dinge, auf die sich mit dem besten Willen kein Vers machen läßt. Das Gelungenste liefert A. Traeger selbst in seiner poetischen Einleitung der Sammlung, einem so gesunden, warmen und kernigen Gedichte, daß man sich frisch und froh an ihm liest. – Bei dieser Gelegenheit wollen wir noch erwähnen, daß von Albert Traeger’s Gedichten abermals eine neue und vermehrte, die achte Auflage erschienen ist. Die Redaction.