Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm
Altes deutsches Lied aus dem Kreise des Heldenbuchs und der Nibelungen, aus dem Dänischen übersetzt von Wilhelm Grimm in Cassel.
Der König Meister Dieterich, der wollt von Bern ausreiten,
Einen Löwen und Lindwurm fande er da, die standen in furchtbarem Streiten.
Sie streiten einen Tag, sie streiten zwei, am dritten Tage zur Nacht,
Da hat der ungestalte Lindwurm den Löwen zur Erde gebracht.
Hilf mir Herr König Dieterich, hilf mir in diesen Leiden.
Um deiner allerhöchsten Macht, befrei mich Herr Dieterich so mild,
Befrei mich um des vergoldeten Löwen, den du führst in deinem Schild.
Komm mir zum Trost König Dieterich, hilf mir bei deinem Namen gut,
Lang stand der König Dieterich, das dünkt ihm wohl gethan:
Ich will helfen dem armen Löw’ wie es auch möge ergahn.
Das war der König Dieterich, auszog er das Schwert so gut,
Er kämpft mit dem Lindwurm, ungestalt sein Schwert stand tief im Blut.
Tief stieß er das Eisen hinein, da zersprang sein Schwert so gut.
Der Lindwurm zog ihn auf seinen Rück, das Roß unter seine Zunge,
So drängt er sich in den Berg hinein, zu seinen elf kleinen Jungen.
Das Roß warf er den Jungen vor, in eine Höhle den Mann,
Eßt nun die geringe Beut, ich will zu schlafen gahn.
Wann ich wieder vom Schlaf erwach, sollt ihr den Mann greifen an.
Der König Meister Dieterich, sucht in dem Berg zur Hand,
Da fand er das gute Schwert, das Adelring ist genannt.
Gott gnade deiner Seel, König Siegfried, hier hast du gelassen deinen Leib.
Ich bin gewesen in manchem Kampf, in Herren Fahrt mit dir,
Nie hab’ ich die Zeit gewußt, wo du bist blieben hier.
Da wollt der König Dieterich prüfen des Schwertes Kraft gut,
Da der junge Lindwurm stehn den Berg in Flammen fach:
Wer hat Schwert Zwietracht gethan, aus seinem eignen Gemach?
Er sagts den Lindwürmern all, zur Höhle sie hingehn:
Weckst du unsere Mutter auf, wie schlimm soll dirs ergehn.
Ich will wecken deine Mutter aus dem Schlaf, einen Traum ihr rufen zu.
Deine Mutter schlug den König Siegfried, den Hochberühmten Mann,
Das will ich an euch allen rächen, mit meiner rechten Hand.
Auf wacht da der alte Lindwurm, ihm ward dabei so bang:
Das bin ich König Dieterich, mich lüstet zu reden mit dir,
Gestern, unter deinem geringelten Schwanz, zogst du mich zum Berg hierher.
Das ist viel besser gethan, wir bleiben dir treu und hold.“
Du hast ermordet so manchen Held, das geziemt sich nimmermehre.
„Hör du König Dieterich, o schlag zu todt mich nicht,
Ich zeig dir deine verlobte Braut, die verlobt im Berge liegt.
Zu oben bei meinem Haupte, da liegen die Schlüssel klein,
Zu oben bei deinem Haupte, da will ich greifen an,
Zu nieden bei deinen Füßen, da will ich lassen ab.
Erst schlug er den Lindwurm, und dann seine elf Jungen,
Doch konnt er nicht aus dem Berg, vor giftigen Würmer Jungen.
Daß er nicht da umkomme, in giftigem Würmer Blut.
Da flucht zuerst König Dieterich, er ward dem Löwen so feind,
Verwünschet sey der Löw’, ihn treffe Fluch und Pein.
Da betrog mich der listige Löw’, Gott bring in Unglück ihn,
Da das hörte der Löwe gut, wie der König so sehr sich beklagt:
„Steh fest du König Dieterich, ich grabe mit starker Macht.“
Der Löwe grub, König Dieterich schlug, der Berg in Feuer sprang aus,
Er hätt’ sich gegrämet zu todt, hätt’ der Löw’ nicht gegraben ihn aus.
Und da er nun gekommen hervor, da trauert er um sein Pferd.
„Hör du König Meister Dieterich, du sollst nicht seyn so in Leid,
Du setz dich auf, ich trage dich sanft, auf meinem Rücken breit.“
Da reis’t er über das tiefe Thal und über die Wiese grün,
Der Löwe und König Diterich, die blieben zusammen beid,
Der eine hatt’ den andern befreit von Kummer und vielem Leid.
So oft der König zu Land ausritt, lief neben ihm der Löwe groß,
Wenn er aber stille saß, legt er das Haupt in seinen Schooß.