Der schlafende Landsknecht
Der schlafende Landsknecht.
Helinandus in chronico, libro 15. |
Als Heinrich, Erzbischof zu Rheims, der König Ludwigs Bruder auf eine Zeit im Sommer über Land reiste, und um Mittag von der Hitz wegen ein Schläflein that, ruhten sich auch einige seiner Landsknechte und schliefen. Die übrigen aber, welche Wacht hielten, sahen aus dem offenen Mund eines der schlafenden Landsknechte ein klein, weiß Thierlein, gleich einer Wiesel, herauskriechen, und gegen dem nächsten Bächlein zu laufen. Am Gestad des Bächleins lief es aber hin und wieder, und könnte nicht über kommen. Da fuhr einer von denen, die dabei standen zu, und legte sein entblößtes Schwert, wie eine Brücke, hin; darüber lief das Thierlein und verschwand. Über eine kleine Weil kam es jenseits wieder, und suchte emsig die vorige Brücke, die mittlerweile der Kriegsknecht weggethan hatte. Also brückte er nun wieder über das Bächlein, das Thierlein ging darauf, näherte sich dem noch aufgethanen Mund des schlafenden Landsknechtes, und kehrte in seine alte Herberg ein. Von Stund an erwachte der Landsknecht. Seine Spießgesellen fragten: was ihm im Schlafe begegnet sey? Er antwortete: „mir träumte, ich wäre gar müd und hellig, von wegen eines gar fernen, weiten Wegs, den ich zog, und auf dem Wege mußt ich zwei Mal über eine eiserne Brücke gehen. – Die Landsknechte [142] heißet die Stelle der Schäftenwald,[1] wie man noch heutiges Tages sehen mag. Der König aber ließ, Christus und der heiligen Marien zu Ehren, daselbst eine reiche Kirche bauen.
Carl hatte eine Sünde gethan, keinem Menschen auf Erden wollt er sie beichten, und darin ersterben. In die Länge aber wurde ihm die Bürde zu schwer, und da er von Egidius dem heiligen Manne gehört hatte, so legte er ihm Beichte ab aller Dinge, die er bis dahin gethan: „außerdem – sprach er – habe ich noch eine Sünde auf mir, die mag ich dir nicht eröffnen, und bin doch in großen Ängsten.“ Egidius rieth ihm, da zu bleiben, bis den andern Morgen; beide waren übernacht zusammen, und keiner pflag Schlafes. Am andern Tage früh bat der König den heiligen Mann, daß er ihn dannen fertigte. Da bat Egidius Gott von Herzen, und eröffnete ihm des Königs heimliche Noth; als er die Messe endete, und den Segen sprach, sah er einen Brief geschrieben ohne Menschenhand, vom Himmel gesandt. Den wies er dem Könige, und Carl las daran: wer seine Schuld inniglich bereut, und Gott vertraut, die fordert er nimmermehr.
Sollte man alle Wunder des Königs erzählen, so wäre lange Zeit nöthig. Carl war kühn, schön, gnädig, selig, demüthig, stät, löblich und furchtlich. Zu Aachen liegt er begraben.
- ↑ Auch Schächtewald und Gluvinkwald von Glevin, Schaft.