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Der projectirte zweite Stadtpark in Wien

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Z.
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Titel: Der projektierte zweite Stadtpark in Wien
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 382
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[378]

Parlamentsgebäude.       Rathhaus.       Universität.
Der projectirte zweite Stadtpark in Wien.

[382] Der projectirte zweite Stadtpark in Wien. (Mit Abbildung, Seite 378–379.) Die zum Theil im Entstehen begriffenen, zum Theil noch projectirten Neubauten Wiens werden nach ihrer Vollendung in der modernen Architectur unbestritten einen hervorragenden Platz einnehmen. Der bedeutendste Complex derselben befindet sich augenblicklich in seinen ersten Anfängen. Er wird durch wahrhaft monumentale Bauten, als: die kaiserlich-königlichen Hofmuseen, das Parlamentspalais, das Rathhaus und die Universität, gebildet werden. Zwei Dioskuren der Architectur, Oberbaurath Hansen, der Vertreter griechischer Baukunst in Wien, und Oberbaurath Schmidt, der Restaurator des Stefansdomes und Repräsentant der reinen Gothik, überboten sich in der Fülle gewaltiger Compositionen, um den letzten Theil der Ringstraße Wiens durch wahrhaft classische Prachtbauentwürfe für alle Zeiten zu verschönern.

Unsere Abbildung zeigt den zweiten neuen Stadtpark Wiens, welcher im westlichen Theile zwischen der innern Stadt und der Josefsstadt belegen ist. Die mächtigen Säulenhallen des Gebäudes zur Linken gehören dem von Hansen construirten Parlamentshause an. Das gewaltige mit einer Säule gekrönte Wasserwerk davor ist der Gabrielli-Brunnen, ein Denkmal, mit dem Kostenaufwand von mehreren hunderttausend Gulden vom Erbauer der Hochquellenwasserleitung, Gabrielli, zur Erinnerung an diese gestiftet. Der gothische Bau mit dem hohen Thurm in der Mitte des Bildes stellt das neue Rathhaus dar, welches von Schmidt entworfen wurde. Dieses durchweg in Steinmetzarbeit aufzuführende Gebäude ist allein auf zwölf Millionen Gulden veranschlagt, wovon zwei Millionen auf die innere Ausstattung fallen.

Die großen Fronten auf der Rechten der Abbildung sind die neuen Universitätsgebäude, über welchen die Thürme der Votivkirche hervorragen, während der Horizont vom Kahlengebirge umsäumt wird. Wir bedauern, daß es wegen Mangels an Raum nicht möglich war, die unmittelbar an das Parlamentsgebäude anstoßenden, vor dem Burgthor gelegenen Museumsbauten dem Beschauer mit vorführen. Diese im edelsten griechischen Stile ausgeführten, auf mächtigen Säulenreihen ruhenden Bauwerke sind ebenfalls von Hansen’s Meisterhand construirt. Wir gedenken noch der prächtigen englischen Gartenanlagen, durch welche der sechs Joch umfassende neue Stadtpark gebildet wird. Es gehörte in der That ein hübsches Quantum von Humanität dazu, in einem der lebhaftesten Stadttheile, in welchem das Territorium einen Werth von circa eintausendsechshundert Gulden (circa tausend Thaler) per Quadratklafter hat, Millionen von Grundwerth gewissermaßen brach liegen zu lassen, indem man sie zur Anlage eines Gartens benutzte und damit lediglich Gesundheitsrücksichten diente. Wenn es eine unumstößliche ewige Wahrheit ist, daß eine Commune eine heiligere Verpflichtung nicht haben kann, als diejenige ist, für die Gesundheit ihrer Bewohner zu sorgen, so wird sie in diesem Falle ebenso gewissenhaft als kostspielig erfüllt. Freilich wäre es wünschenswerth gewesen, daß so riesige Kosten, wie die Decorationen des neuen Rathhaushaues sind, für näher liegende Zwecke, z. B. für die Abhülfe des Mangels an Spitälern, und somit zum Wohle der schwer leidenden Bevölkerung, verwendet würden.
Z.