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Der neue Narziß

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Helmina von Chézy
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Titel: Der neue Narziß
Untertitel: Lustspiel in einem Aufzug
aus: Orphea, Taschenbuch für 1824, Seite 335–367
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Erscheinungsdatum: [1824]
Verlag: Fleischer
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Erscheinungsort: Leipzig
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[Ξ]
VII.
Der neue Narziß,
Lustspiel in einem Aufzug
von
Helmina von Chézy.




[Ξ] Personen:


Der Pachter.
Rose, seine Tochter.
Lieschen, ihre Muhme.
Weltlichtlein, Schulmeister.
Hans.
Schnitter, Schnitterinnen.


Die Scene ist auf dem Dorfe.


[Ξ] Erster Auftritt.

Platz vor der Meyerei, im Hintergrunde Landschaft. Gebirg.

Schulmeister.
Verstockt und undankbar sind diese rohen Bauern,
Vergebens müh’ ich mich – wie bin ich zu bedauern!
Sie höhnen mich nur aus, verkennen meinen Werth;
O, nie im Vaterland wird ein Prophet geehrt.
Und ächt Verdienst erkennt die Welt erst nach dem Tode!
Dicht’ ich nicht wie Horaz? vergebens’ – meine Ode
Verhallt in Oede: ach! dies ganze Heer von Flegeln
Will nichts als Wetterkund’ und neue Bauernregeln;
Zu eng’ ist hier mein Kreis, zu niedrig mein Geschick,
Allein mich fesselt hier des schönsten Mädchens Blick,
Aufwachsen sah’ ich sie, mit ihr wuchs meine Gluth,
Doch mit der Liebe wächst nicht stets der Liebe Muth,
So wie ich sie nur seh, muß ich vor Angst erbeben –
O Rose, stolzes Herz, werd’ ich es je erleben,
Daß du mir günstig bist!

[338] Zweiter Auftritt.

Schulmeister. Pachter.

Pachter.
Sieh da, Gevattersmann!
Wie trifft man Ihn denn hier am schönen Abend an?

Schulmeister.
Ich liebe diesen Ort, er ist geschickt zum Träumen,
Ich wuchs hier auf zugleich mit diesen jungen Bäumen.

Pachter.
Den jungen Bäumen?

Schulmeister.
Ja! sie stehn so schlank noch da,
Und grünen, weit und breit die schönsten die ich sah.

Pachter.
Nun, Er ist schlank genug, doch wer Ihn grün wollt nennen,
Der würde garstig sich die Zunge wohl verbrennen.
Denn Er ist dürr, mein Freund, und trocken oben ein!

Schulmeister.
Die Wissenschaft, der Fleiß!

Pachter.
Was soll uns hier Latein?
Hätt’ Er gelebt, wie ich, bei schwarzem Brod und Biere,
Geschlafen Schlag neun Uhr, frühmorgens auf um Viere,
Gleich in die freie Luft beim ersten Hahnenrufen,
Den Flegel wohl geschwenkt, und wohl gepflügt die Hufen,
Die Scheure wäre voll, ein flinkes Weib im Haus,
Und Kinder frisch und drall, da säh’ es anders aus!

[339]

Nun sind die Augen hohl, die Finger, lang gespalten,
Zum Schlagen stets bereit, die Stirne liegt in Falten,
Schlecht deckt Ihm die Perück den kahlen, hohen Scheitel,
Gevatter, unterm Mond ist alles, alles eitel,
Doch eitles Wissen ist das Eitelste der Welt.

Schulmeister. (bei Seite)
(Was mir der Grobian Sermon am Alltag hält!
Doch schonen muß ich ihn, den künftigen Papa!) –
(laut) Ihr seid so spaßhaft stets, wie ich noch gar nichts sah
Für Euer Alter.

Pachter.
He? ich alt? Ich lernt’, ich dächte,
Bey Ihm das A. B. C.! Der Herr ist mir der Rechte,
Ich alt!

Schulmeister.
Nun habt nur Ruh!

Pachter.
Bin ich nicht frisch und rund?
Und schmecket mir kein Kuß von einem schönen Mund?

Schulmeister.
Was sagt’ er, loser Mann? Ey, Ey, das klingt nicht fein,
Sein Mädchen ist schon groß, kann alle Tage frein!
Wie alt ist Röschen jetzt?

Pachter.
Er rechnet sonst doch fleißig!
Die Tochter sechszehn? Wohl! der Vater acht und dreißig!
Ich hab’, Er weiß es ja, mit zwanzig schon gefreit.
Und jung gefreit, mein Freund, hat Niemand noch gereut.

[340]

Schulmeister.
Nun, lassen wir’s! Doch da Er just beim Freien ist,
So muß ich Ihm gestehn, daß mir zu dieser Frist
Auch der Gedanke schon zum Oeftern aufgestiegen –

Pachter.
Gevatter! laß Er’s seyn! was wird denn Er noch kriegen?
Die Alten sind gar schlau und müssen immer keifen,
Die Jungen wollen nur zu ihres Gleichen greifen.

Schulmeister.
O, Liebe, Freund, die ist ein unbegreiflich Ding,
Sie macht das Alte jung, das Hohe oft gering,
Die zarte Sympathie, das schmachtende Verlangen –

Pachter.
Na! bleib Er nur bei Trost!

Schulmeister.
(Was ist da anzufangen?
Er geht in gar nichts ein!)

Pachter.
Ich bin ein schlichter Tropf,
Und Er ist hochgelahrt, doch treff’ ich auf den Kopf
Den Nagel leicht und gern, wenn ich drauf zu nur schlage.
Was soll die Plage Ihm auf seine alten Tage?
Nein, bleib Er, wie Er ist!

Schulmeister.
(Er ist zehn Meilen weit
Von da, wo ich ihn will.)

Pachter.
Wer so wie Er noch freit,
Bei dem fällt immer mir ein alt Geschichtchen ein:
Ein Reisender fand kalt die Suppe, warm den Wein,

[341]

Zu schöner Sommerzeit, in einer schlechten Schenke,
Er kostet das Gericht, er prüfet das Getränke,
Und goß sodann behend den Wein der Suppe zu,
Da rief sein Kamerad: Freund, was beginnest du?
Ich meine, sprach der Gast, auf diese Weis’ allein
Wird meine Suppe heiß, und kühlt sich ab mein Wein!
Doch beides, flau und lau, ist, wie zuvor geblieben!
In was soll sich bei Ihm ein schönes Kind verlieben?

Schulmeister.
In mein Ingenium, das leuchtet weit und breit!

Pachter.
Die Schulstub’ wird nicht hell davon! du liebe Zeit!
Ingenium! Ha ha!

Schulmeister.
Das leuchtet Ihm nicht ein?

Pachter.
Die Suppe wird nicht warm, und frisch wird nie der Wein!

Dritter Auftritt.

Landmädchen, Schnitter, Schnitterinnen, Röschen, Lieschen, Hans kommen vom Felde.

Lied, mit Chor.
Wann kühl die Abendlüfte wehn,
Nach schwülen Tages Drang,
Wir Schnitter paarweis heimwärts gehn
Mit Tanz und Sang und Klang!

[342]

Schön dunkle Abendzeit!
Feins Liebchen ist nicht weit.
Was liebt, Trallra!
Das liebt, Ja, ja!
Schön dunkle Abendzeit!

Die Garbe hoch zur Mittagsstund,
Schirmt uns vor Sonnenbrand,
Auf runder Garbe, Mund an Mund
Uns froh der Abend fand!
Schön weicher Sitz im Gras,
Wo Liebchen bei mir saß!
Was liebt, Trallra,
Das liebt, Ja, Ja!
Schön weichen Sitz im Gras!

Wie herrlich ist’s um uns bestellt,
Wenn sich die Sichel regt,
Was liebt, das küßt, was reif ist, fällt,
Beim Takt, den Amsel schlägt.
Schön goldne Aerndtezeit,
Wo sich die Liebe freut!
Was liebt, Trallra,
Das liebt, ja, ja!
Schön goldne Aerndtezeit!
(Tanz.)

Pachter.
Nun, Lieschen, so allein?

Lieschen.
Warum nicht?

[343]

Pachter.
Hast Du keinen,
Der Dich zum Tanze führt?

Lieschen.
O! Vetter, Zehn für Einen!

Pachter.
Und keiner steht Dir an?

Lieschen.
Das muß ich eingestehn,
Nicht Einer steht mir an; nein, Vetter, alle Zehn!

Pachter.
Soll ich der Eilfte sein?

Lieschen.
So nehm’ ich Einen
Für Zehn!

Pachter.
Und jetzt?

Lieschen.
Jetzt gelten Zehn für Keinen!

Pachter.
Ha! Lose, daß ich Dich beim Worte hielte –

Lieschen.
Ja? –
Kommt!

Pachter.
O, Du spottest mein!

Lieschen.
So bleibt nur immer da!
Viel Andre sind recht froh!

[344]

Pachter.
Die besser Dir behagen?

Lieschen.
Was ich einmal gesagt, darf ich nicht zweimal sagen!
(Ab mit einem Schnitter zum Tanz.)

Rose und Hans tanzend.

Rose.
Nun, Hans? noch stets nicht müd’?

Hans.
Ich müde? das sei ferne!
Noch um die Wette tanzt’ ich wohl mit jedem Sterne,
Der dort am Himmel steht, könnt es mit Röschen seyn,
Bis in das Paradies tanzt’ ich mit Dir hinein!

Rose. (spöttisch.)
Ey, wie galant!

Hans.
Vergieb! es war nur Scherz,
Ich meint’ es gar nicht so – (Ach! hätt’ ich doch nur Herz!)

Rose.
Ey, Hans! Du meinst wohl gar, mir sei an Dir gelegen?
Ich tanze nun nicht mehr! (O wär er doch verwegen!
Ich bring’ es nicht heraus, was er im Sinne trägt!)

Hans. (bei Seite)
Da habe ich’s nun! Wie das mich niederschlägt!
Wie sie’s auch meinen mag, selbst wenn sie mild gewesen,
Ich kann die Wahrheit nicht in ihren Augen lesen,
Es ist zu feine Schrift! und forsch’ ich, senkt im Nu,
Die Augenlieder sie, des Herzens Buch ist zu!

[345]

Rose.
Was sprichst Du vor dich hin?

Hans.
Ich mein’, es ist sehr kühl.

Rose.
Nicht doch, der Boden brennt!

Hans.
Ach ja, die Luft ist schwül,
So recht gewitterlich!

Rose.
Und doch hat Dich gefroren?

Hans.
(Ich Unglückseliger, o wär ich nie geboren!
Zum Tölpel werd’ ich schon, sieht sie mich einmal an!)

Rose.
Tanz doch mit Andern –

Hans. (wild)
Nein!

Rose.
Da ich nicht mag, nicht kann,
Was stehst Du Schildwacht hier?

Hans.
Ich wollte – gehn –

Rose. (schmollend)
So geh!

Hans. (indem er sich wegschleicht)
Wie süß kann Liebe seyn, ach, wie thut Liebe weh!

Lieschen. (kommt vom Tanze zurück)
Das heiß ich tanzen!

[346]

Pachter.
Ja? Du spieltest gutes Spiel,
Von Zehnen nahmst Du den, der einmal Dir gefiel!

Lieschen.
Franz ist ein braver Bursch!

Pachter.
Ist jung und wohlgestaltet!

Lieschen.
Mit fünf und zwanzig bin ich auch noch nicht veraltet!

Pachter.
Du liebst ihn? Nimmst ihn? Ja?

Lieschen.
Was habt nur Ihr zu fragen?
Herr Vetter, wenn es wär’, würd’ ich es Euch nicht sagen!
Ich lehr’ Euch etwas jetzt, horcht zu, es ist gar leicht,
(muthwillig) Glaubt einem Mädchen nichts(zärtlich) als was sie Euch verschweigt!
(Lieschen geht schnell zu Rose, der Pachter sieht ihr bedenklich nach und geht in die Meyerei.)

Schulmeister. (tritt unter die Tanzenden, die noch pausiren.)
Der Abend dunkelt tief, es lagern in die Runde
Sich Wolken, trüb und schwer, vertrauet meiner Kunde,
Ein Wetter zieht herauf! So geht zumahl nach Haus.

Einige Alte.
Kommt, Kinder, schnell!

[347]

Einige Schnitter.
Kommt der, so ist die Luft schon aus!

Ein Andrer.
Die dürre Scheuche!

Ein Mädchen.
Ja, das Fibelbild, das blasse!

Eine Andre.
Der Stöhre-Lust!

Schnitter.
Läg’ er, so lang, als ich ihn hasse,
Im Sumpf, der eitle Frosch, der nichts als Wasser schlürft!
(Alle murrend ab.)

Hans. (schleicht sich herbei.)
Bin ich ihr gleich verhaßt, ob sie mich gleich verwirft,
Ich bleib’ in ihrer Näh’, verhehlt von ihrem Grimme,
Wie wohl ist mir, hör’ ich von fern nur ihre Stimme!
Es senken dunkel sich die Abendwolken nieder,
Die schöne Laube dort, umkränzt von Ros’ und Flieder,
Entzieh’ mich ihrem Blick (er verbirgt sich in die Laube.)

Schulmeister.
Wohl! glücklich fortgetrieben
Hab’ ich das dumme Volk und Ros’ ist hier geblieben!
Doch fühl ich, es weht kühl, mir ist die Brust beklommen,
Mir ist die Abendluft noch niemals gut bekommen!
Dort unterm Vordach ist ein Plätzchen, wie bestellt,
Verhangen, überwind, wo es mir wohlgefällt,
Die Mädchen sind allein, wie, wenn ich sie belauschte!
Wie eifrig sprechen sie! (der Schulmeister verbirgt sich.)

[348]

Rose. (mit Lieschen auf das Proscenium gehend.)
Horch! ob nicht etwas rauschte?

Lieschen.
Nein, Alle sind sie fort!

Pachter. (am Fenster hinter Blumentöpfen.)
Ja! Alle, bis auf mich!

Hans.
Ich steck’ im Flieder.

Schulmeister.
Hier, Sub Rosa, lausche ich
Auf Rosam!

Lieschen.
Sage nur, was hast Du mir zu sagen?

Rose.
Ach, Lieschen, hör mich an! es kommt in diesen Tagen
Zum Wollmarkt Martin her, des reichen Amtmanns Sohn!

Lieschen.
In diesen Tagen erst? Der kommt ja morgen schon!

Rose.
Ach, und der Vater sagt – o –

Lieschen.
Nun, was wird es seyn?

Rose.
Er käm’ um Wolle nicht! er käm’ um mich zu frein!

Lieschen.
Du Arme!

Rose.
Ach! Du weißt, ich liebe!

[349]

Lieschen.
Ja, ich weiß!

Rose.
Seit zarter Kindheit schon!

Pachter.
Sehr mir den Naseweis!

Schulmeister.
Paß auf! sie spricht von mir!

Hans.
O! weh! sie liebt schon Einen.
Das dacht ich, nun ist’s aus!

Pachter.
Wen mag die Thörin meinen?

Lieschen.
Mein herzgeliebtes Kind, wie sehr bedaur’ ich Dich!
Gehorsam muß man seyn, und nicht erklärt hat sich
Der, den Du liebst – Bedenk

Rose.
Das wird noch lange währen,
Sein Stolz läßt es nicht zu, er wird sich nie erklären!

Schulmeister.
Ach! nein, ich bin nicht stolz!

Hans.
Mich, merk’ ich, meint sie nicht!

Rose.
Und dennoch liebt er mich, ach! daß er niemals spricht!
Er ist nicht reich, wohl wahr, doch aller Tugend reich!

Schulmeister.
Ja, keuscher Engel!

[350]

Rose.
Wer kommt an Verstand ihm gleich!
An Sittsamkeit?

Schulmeister.
Könnt’ ich im Bilde mich verkennen!

Rose.
An Güte?

Hans.
Möchte sie doch nur den Namen nennen!

Pachter.
Ich will nicht hoffen –

Rose.
Seit ich denken kann,
Gehört nur Ihm mein Herz, er sieht es mir nicht an!

Schulmeister.
Nein, nichts gemerkt hab’ ich –

Pachter.
Die kleine Hexe die,
So jung und so verliebt!

Hans.
Um Gott, wen meinet sie?

Lieschen.
Du kannst ja doch nicht ihm Dich werfen in die Arme?

Schulmeister.
Kämst Du an diese Brust!

Hans.
Ach! daß sich Gott erbarme,
Hätt’ ich nur das gewußt!

[351]

Rose.
Weißt Du nicht Hülfe mir,
Das Unglück ist ganz nah!

Lieschen.
Hör’ an, ich will auch Dir,
Mein Röschen, ganz vertraun –

Pachter.
Jetzt werd’ ich was erfahren.

Lieschen.
Dir und der stillen Nacht will ich es offenbaren,
Ich liebe!

Rose.
Du? Ey sieh! mein Lieschen, meiner Treu,
Das ist mir ja recht lieb, doch ist es mir ganz neu!
Wen liebst Du?

Lieschen.
Röschen, ach! wie darf ich Dir es sagen? –
Nicht nennen kann ich ihn, mein Mund würd’ es nicht wagen –
Beschreiben will ich ihn – reif ist sein Alter schon,
Sein blitzend Auge doch spricht manchem Jüngling Hohn,
Er ist so liebenswerth!

Schulmeister.
Das kann ich selbst nur seyn,
Triumph! mich lieben Zwei! Wie ist das Lieschen fein!

Pachter.
Am Ende meint sie mich! –

Rose.
Beinah nun seh’ ich klar!
Ihr seid wohl einig schon?

[352]

Lieschen.
Nein, Röschen, nein, fürwahr!

Rose.
Sprach er von Liebe dir, die Antwort ist mir wichtig,
Aufrichtig sag’ es mir!

Schulmeister.
Ho, ho, schon eifersüchtig!

Lieschen.
Auch das nicht!

Rose.
Wie’s auch sei, Du bist im Rosengarten,
Dich plagt kein Amtmannssohn, und ab kannst Du es warten –
Doch ich –!

Lieschen.
Ja, spotte nur der Waise, arm, verlassen!
Du hast die Wahl, bist reich!

Schulmeister.
Wie sie um mich sich hassen,
Weltlichtlein! das thut wohl!

Pachter.
Bald lös’ ich diesen Schmerz!
Reich ist sie, überreich, sie hat ein schönes Herz!

Rose.
Wie ungerecht Du bist, wie thust so weh Du mir!
Doch sprich, in meinem Harm, sprich, was beginnen wir?

Lieschen.
Hör an, mir fällt was ein – St. Annentag ist Morgen!

Rose.
Ja, und das ist der Tag, der herbste meiner Sorgen!

[353]

Lieschen.
Und ist Dir, Röschen, nicht die alte Sage kund?
Im Annen Quelle dort, im Buchenthaler Grund,
Wenn man in dieser Nacht stillschweigend blickt hinein,
Sieht man im Wasser – heut dazu wird Mondschein seyn,
Um zwölf geht auf der Mond –

Rose.
Was sieht man? –

Lieschen.
Mädchen sehn
Dort den zukünftgen Mann leibhaftig vor sich stehn!

Rose.
Mich grauset – Himmel!

Schulmeister.
Nun, mir kommt der Aberglauben
Just recht!

Liese.
Wir Zwei sind fromm, unschuldig wie die Tauben,
Mich küßte nie ein Mann!

Rose.
Mich auch nicht, sicherlich!

Hans.
Gottlob, das ist ein Trost!

Schulmeister.
Getrost, bald küß ich Dich!

Liese.
Gar nichts kann uns geschehn, wenn wir im Gehen schweigen
Und gar nicht um uns sehn, gewiß wird sich uns zeigen,
Der uns bestimmt – Du bist um Mitternacht doch wach?

[354]

Rose.
Soll ich?

Lieschen.
Bedenk! nur in der Nacht vor Annentag
Kann es geschehn!

Rose.
Wo ist’s?

Lieschen.
Dort, wo sich dicht mit Bäumen
Und Blumen schön der Rand des Beckens will umsäumen,
Das, wie ein Spiegelrahm, die klare Fluth faßt ein.

Rose.
Ich habe keinen Muth –

Lieschen.
Wie kannst Du zaghaft sein?
Grosmutter selbst war da, geliebtes Röschen, schau,
Grosmutter war gewiß doch eine fromme Frau,
Es ist kein Hexenwerk! Es ist St. Annens Gunst!

Schulmeister.
Wie macht das blöde Volk sich lauter blauen Dunst!
Wohl dem, der weise ist, gewitzigt, aufgeklärt!

Pachter.
Du kleine Schelmin Du, sollst sehn, den Du begehrt!

Schulmeister.
Das merk’ ich mir und geh! (Schleicht sich von hinten weg.)

Hans.
Den Weg darf ich nicht sparen! (Schleicht sich auf einer andern Seite fort.)

Rose.
Ach! wird uns Mädchen auch nichts Schlimmes widerfahren?

[355]

Lieschen.
Du wunderliches Kind, Du wirst mir doch vertraun?
Bin älter viel als Du!

Rose.
Wen wird mein Auge schaun?

Lieschen.
Jetzt komm zur Abendkost! dann sei es dreist begonnen.
Lieb Röschen, frisch gewagt, das ist schon halb gewonnen!
(Beide in die Meierey.)

Vierter Auftritt.

Verwandlung.

Ein Felsthal, mit hohen Bäumen überschattet, der vom Felsen fallende Quell sammelt sich in einem Becken unter einer hohen Linde. Tiefe Dunkelheit. Weltlichtlein mit einem Regenschirm, im Mantel, mit dicker Halsbinde, lächerlich vermummt und verpackt, die Pelzmütze auf dem Kopf, ein schwarzes Tuch um das Kinn.

Schulmeister.
Die Lieb’ ist gut und schön, wie süß ist selbst ihr Bangen!
Doch ist mit der Vernunft weit mehr noch anzufangen!
Wie mancher holte schon in schwüler Sommernacht
Den ärgsten Schnupfen sich, das hab’ ich wohl bedacht!
Allein ich mußte her! So gehe Hand in Hand
Die glühn’de Liebe dann mit leuchtendem Verstand,
Mich hüllt der Pelz gut ein, mich schützt die warme Binde!
Wo berg’ ich mich, daß ich den rechten Standpunkt finde,

[356]

Wo in der Quelle Fluth sich spiegelt mein Gesicht?
Vergeßlicher, kenn’ ich die alte Linde nicht?
Der grüne Rasensitz, der hier im halben Bogen
Um den bemoosten Stamm, dicht an dem Quell gezogen,
Beut mir den ersten Sproß zu meines Glückes Leiter!
Auf niederm Aste dort klimm ich gemächlich weiter,
Auf den belaubten Zweig, der über’n Quell hin reicht
Setz ich mich rittlings hin, von dorten kann ich leicht
Mein Antlitz wohlgemuth zur klaren Quelle neigen,
Dann wird der Schönsten mich die Fluth bei Mondlicht zeigen!
(Er geht nach der Linde.)
Wie zweifelt ich doch je an ihres Busens Triebe?
Wie könnt es seyn, daß sie die rohen Burschen liebe,
Die tölpisch, dumm und dreist nur in den Tag’ nein küssen,
Nicht zierlich Reden dreh’n, und nichts von Büchern wissen?
Sie ist ein feines Kind, blieb stets vom Trotz entfernt,
Und was sie weiß, hat sie von mir allein gelernt!
O, bin ich erst ihr Mann, wie will ich da mich pflegen!
Wie wird sie schön mir thun, und Sorgfalt für mich hegen,
Sie strickt mir meinen Strumpf mit Händchen voller Zier,
Sie bürstet meinen Rock, stutzt die Perücke mir,
Kraft-Süppchen kocht sie mir in feuchten Nebeltagen,
O, häuslich stilles Glück wie sollst du mir behagen!
Wir fragen nicht nach Tand, nach Ball, Concert und Moden,
Idyllen dicht’ ich nun, statt der verwünschten Oden,
Weltlichtleins ländlich Glück, beschrieben Tag für Tag,
Und eh man sichs versieht, wird es ein Almanach!
Denk’ ich der Zukunft erst, wie wird ums Herz mir da!
Die Kinder hör ich schon: Papachen, mein Papa!
Was willst du, kleiner Schelm? was soll es, arger Lecker?

[357]

Ich schelte, doch die Brut wird keck und immer kecker!
Was schadet das? ich war ein böser Bub’ und wild,
Und alle sind mein Bild! mein ganz leibhaftig Bild!
Wär es nur erst so weit! doch still, ich höre rauschen,
Geschwind an meinen Platz, wie achtsam will ich lauschen.
(Er klettert auf die Linde.)
O! Mädchen, edle Frucht reift dir auf diesen Zweigen!
Wie lächelnd will ich mich, Narziß am Quelle, neigen!
Gieng nur der Mond erst auf, damit sein Silberlicht
Kloppstockisch, schwärmerisch verklärt mein Angesicht!
(Er ist oben und setzt sich auf den Zweig.)
Erhaben thron’ ich hier, süßschmachtend, hoffnungsvoll!
Wüßt ich nur erst, wie ich schön Lieschen trösten soll?
Verzweifeln wird sie ganz, die arme Hoffnungslose!
Warum hat sie kein Geld? – Sie bleibt wohl bei der Rose,
Sieht sie mein Auge nur, das ihren Blick nicht meidet,
So fühlt sie, daß der Freund tief sympathetisch leidet,
Das ist erst eine Lust für dich, o Weltlichtlein,
Von Zweyen auf einmahl so heiß geliebt zu seyn!

Fünfter Auftritt.

Pachter.
Da bin ich, Mitternacht ist nah, der Mond
Am Rand des Horizonts schon auf den Bergen thront,
Hier sieht man ihn noch nicht in diesem tiefen Grunde!
S’ist hier recht angenehm zur sommernächt’gen Stunde!
Es geht ein frischer Wind durch diese dunkeln Schatten,
Der Glühwurm kreis’t umher und funkelt auf den Matten,

[358]

So heimlich ists mir jetzt, wie in der Jugendzeit;
Wie bange klopft mein Herz, gewiß ist sie nicht weit!
(Pause)
O, Mädchen! Trug und List übt ihr, noch kaum geboren!
Mein Röschen, meint’ ich, hätt’ noch Niemand sich erkoren,
Sie aber glüht und weint, trotz Einer in der Stadt!
Kaum sechszehn Jahr, verliebt! – Doch still, die Mutter hat
Mit sechszehn auch gefreit! Wie schön war sie und gut,
Wie glücklich waren wir, wie leid sie mir noch thut!
Es rauscht! wo berg’ ich mich, daß mich die Quelle spiegle?
Wo sonst, als oben dort? auf, Liebe, mich beflügle!
(Er klettert von hinten an der Linde hinauf und bleibt im Wipfel sitzen.)

Sechster Auftritt.

Hans. Vorige.

Hans.
Da bin ich nun am Quell, von dem aus grauen Tagen
So viele Wunder sich die alten Leute sagen,
O, wär die Nacht vorbei! Zwar glaub’ ich es nicht sehr,
Doch wovon käme wohl der alte Glaube her?
Wenn Rose nun beschaut die Fluth, die silberklare,
So blick auch ich hinein, damit ich doch erfahre
Ach! wer ihr Mann wird – wär die Stunde erst vorbey,
Bisweilen glaubt ich wohl, daß sie mir günstig sei,
Doch war es nichts – rein nichts! Und doch – wer es nur wüßte!
Wie dumm wars, daß ich nie beim Pfänderspiel sie küßte!

[359]

Da hätt’ ich doch gesehn, ob sie mich leiden kann!
O, Hans! wie blöd bist du, kaum blickest du sie an!
Hier in der stillen Nacht fühl’ ich mich wahrlich dreister,
Käm sie, so würd’ ich jetzt wohl meiner Zagheit Meister!
Ach! sie zu küssen wär ein übergroßes Glück –
Da denk’ ich gar nicht dran, wenn nur ihr sanfter Blick
Mir sagt’, ich bin dir gut – säh sie mich lächelnd an
Und reichte mir die Hand – ich glaub, ich stürbe dann!
Wie oft schon wurd’ ich krank vor Lust in süßen Träumen!
Doch, klimmt nicht hell der Mond empor ob diesen Bäumen!
Verberg ich eilig mich! – Wohin? – die alte Linde
Ist noch der einz’ge Platz, den ich recht heimlich finde,
Nicht spüren darf sie mich, ums Himmels Willen nicht,
Der Quell zeig Alles ihr, nur nicht mein Angesicht!
Versteckt, tief im Gezweig, der höchsten Angst ein Raub,
Blick’ in das Wasser ich verstohlen durch das Laub –
Da seh’ ich denn – o Schmerz – nicht werd’ ich’s überleben,
Und doch durchzuckt mein Herz ein heimlich, wonnig Beben,
Wie Hoffnung fast – ach nein! vergebens – nun, der Tod,
Der löset mich wohl bald von dieser Liebe Noth!
Ich gehe in den Krieg! und wär’s in die Türkei,
Ein tücht’ger Flintenschuß und alles ist vorbey!
Hört sie dann meinen Tod von unsern Nachbarn allen
So läßt ihr schönes Aug’ wohl eine Thräne fallen,
Sie seufzt: der arme Bursch, ich war ihm lieb und werth,
Dann ist ja Alles gut! dann bin ich hochgeehrt!
(Der Mond ist aufgegangen, Hans klettert auf die Linde und verbirgt sich, dann lauscht er durch das Laub, sieht in den Quell, und fährt zurück.)

[360]

Hu! welch’ ein gräßlich Bild sich meinen Augen zeigte,
Als ich verwegen mich jetzt hin zur Quelle neigte.
Was thu ich! bleib ich hier? – o! – du unselig Lieben,
Was läßt du in der Nacht mich solchen Muthwill’n üben?
Wär ich doch fern von hier – ich sah beim klaren Schein
Ein tückisch Angesicht, fast glich es Weltlichtlein,
Doch wars viel ärger noch, es lugt aus wirrem Graus
Ein Schuhu, gelber Nas’ und grimmen Blick’s heraus,
Seh ich noch einmal hin? ich bebte und mein Zagen,
Hat mich gewiß getäuscht, ja, ja, ich will es wagen!
(der Pachter hat sich vorgeneigt.)
Ha, was ist das? Da lacht ein freundlich Angesicht
Rund, wie der volle Mond heraus im Mondenlicht,
Das Ungethüm ist weg, und dies Gesicht zerflossen
Es war nur Gaukelei, die Furcht spielt mir den Possen –
Still nun, jetzt kommen sie, wie feyerlich herbey.
O Liebe steh mir bei, mach mich von Sorgen frei!

Siebenter Auftritt.

Rose, Lieschen. Vorige.

Stumme Scene.

Es schlägt zwölf Uhr. Die drei sind auf dem Baume seltsam gruppirt, Hans ist am wenigsten zu sehn, Rose ist scheu, will nicht an den Quell, Lieschen ermuntert sie, Rose giebt Lieschen zu verstehen, sie soll zuerst gehn; diese weigert sich, giebt nach, sie geht zögernd an den Quell, blickt hinein, der Schulmeister hat sich zurückgezogen, Hans [361] ist nicht zu sehn, der Pachter hält sich eine Minute ungefähr zurück, dann neigt er sich, Lieschen fährt bei seinem Anblicke freudig erschrocken auf, sie blickt dann wieder hin, sieht das Gesicht wieder, und bezeugt ihr Erstaunen und ihre Freude, der Pachter zieht sich wieder zurück, das Gesicht ist verschwunden. Lieschen geht zu Rosen und beredet sie durch Zeichen, daß sie nicht zögern soll; ihre Pantomine giebt kund, daß sie den Geliebten erblickt. Rose naht sich dem Quell, der Schulmeister macht einen langen Hals, bückt sich vor, der Ast bricht urplötzlich, Weltlichtlein liegt im Wasser. Die Mädchen schrein und entfliehn.)

Schulmeister.
Verwünschte Liebesgluth, hier lieg ich malerisch
Naß, wie ein Pudel da, und zappelnd, wie ein Fisch,
Barmherzigkeit! o helft! wo seid ihr hingekrochen,
Nicht Arm noch Bein mehr ganz, den Hals hab ich gebrochen!
Ein Schnupfenfieber löscht das arme Weltlichtlein;
O Lieschen, Röschen kommt, wollt ihr barmherzig seyn!

Rose.
Hör’, Lieschen! S’ist kein Spuk –

Lieschen.
Ich sagt es –

Pachter.
Ha! ha! ha!
Ich halte mich nicht mehr, Pedant, wie liegst Du da!

Beide Mädchen.
Mein Gott! was ist denn das? die Linde wird lebendig?
(Sie wollen fort.)

Hans (im Baum)
Ich sterbe noch vor Schreck!

[362]

Pachter.
Ihr Mädchen, seid verständig,
Bleibt hier, ich bin es, ich, – und dort sitzt Hans im Baum!

Lieschen.
So, deshalb sah ich euch? (traurig) O weh, mein schöner Traum!

Pachter. (Steigt vom Baume)
Mein Lieschen, höre mich, es hat nichts zu bedeuten,
St. Annens Quell hält Wort, mein bist Du vor den Leuten,
Gelt, Lieschen? Du bist mein?

Schulmeister.
Hier lieg ich, schon halb todt!

Hans. (Springt vom Baum und holt den Schulmeister.)
Kommt nur, Herr Weltlichtlein, ich helf’ Euch aus der Noth!
Schlimm war der Casus, gelt? durchdringend?

Schulmeister.
Naseweis!

Hans.
Vom Schnupfen rett’ ich Euch, und krieg Schimpf zum Preis?

Rose.
Ich schäme mich zu Tod!

Schulmeister.
Der Frost bringt mich von Sinnen.

Lieschen.
Wo kommt ihr all’ denn her?

Pachter.
Ich horcht’ am Fenster drinnen.

[363]

Schulmeister.
Ich unterm Vordach –

Hans.
So? wir lauschten, wie ich glaube,
Zugleich –

Pachter.
Wo stakst denn Du?

Hans.
Ach! in der Flieder-Laube.

Lieschen.
Da höre nun einmahl die Ränke, den Verrath?

Schulmeister.
Ach, mir bringt es den Tod –

Hans.
Mich reut, daß ich es that!
Im Wasser wollt ich seh’n, wer Rosen möcht gewinnen,
Statt einem schmucken Bild lag nur der Alte drinnen,
Klug bin ich, wie zuvor –

Pachter.
Was trieb Dich nach zu sehn?

Hans.
Die Liebe trieb mich her, ich will es nur gestehn!

Pachter.
Du, meine Rose?

Hans.
Ja!

Pachter.
Die hab ich einem Andern
Bestimmt –

[364]

Hans.
Ich wollt ihn ja nur sehn und weiter wandern,
Zum Grab’ hat keiner weit –

Rose.
Ach, Lieschen!

Lieschen.
Muthig! Sprich!

Rose.
Mein Vater – sagt ihm –

Pachter.
Nun?

Rose.
Ach nein! ich schäme mich!

Schulmeister.
Glaubt mir, sie liebt mich heiß –

Pachter.
Wen? Euch? –

Hans.
Nein, Herr, da seh’ Er
Sich nur im Quell recht an, sie liebt mich selbst noch eher!

Rose.
Ja, Hans! Du hasts gesagt, Dich lieb ich, Dich allein,
Und wirst nicht Du mein Mann, so will ich gar nicht frein!

Hans.
Sie höhn’t mich!

Lieschen.
Nein, o nein, hier am St. Annen Quell
Verbürg ich mich für sie.

Hans.
Mein Röschen!

[365]

Pachter.
Halt, Gesell,
Der Vater ist noch da!

Lieschen.
Nun ja, um ja zu sagen!
O Vetter, laßt nicht mehr die jungen Leutchen zagen,
Der Hans ist brav und gut, ein Bursch wie Milch und Blut,
Flink, rüstig, auch geschickt, sein schönes Bauergut
Ist ja doch auch was werth, er hat es schuldenfrei!

Pachter.
Ich wollte hoch hinaus, jedoch du willst’s, es sei!
Doch geb ich Hans mein Wort hier am St. Annen Quelle,
So giebst du, Lieschen, mir den Brautkuß auch zur Stelle?

Schulmeister.
Sie stirbt vor Lieb’ um mich, sie sagts vor Eurer Thür!

Pachter.
Was? Falsche!

Hans (führt den Schulmeister zum Quell.)
Seht Euch doch nur recht im Spiegel hier!

Lieschen.
O das verdient’ ich nicht, Herr Vetter!

Rose.
Vater, nein!
Heut Abend sagt’ sie mirs, sie denkt an Euch allein
Als Mutter küß ich heut, die mir Gespielin gestern,
Ob sie mir Mutter wird, wir bleiben treue Schwestern.
(Pachter umarmt Lieschen.)

Hans.
Mein Röschen?

[366]

Rose.
Nun? Was giebts?

Hans.
Hier am St. Annenquell
Ist –

Rose (verschämt)
Wie! was meinest Du?

Hans (will sie umarmen und bleibt blöde zurück.)
Der Mondschein prachtvoll hell.

Rose. (kehrt ihm den Rücken)
Das ist sehr fein bemerkt!

Pachter.
Hans! Dir was zugetraut:
Sieh nur, wie roth sie wird, komm her, und küß die Braut –

Hans.
Wenn ich es wagen darf –

Pachter.
Zum Kuckuck, wag’ drauf zu!

Hans.
Geliebtes Röschen, ach!
(er öffnet die Arme, Röschen reicht ihm die Wange und entwindet sich ihm schnell wieder.)

Rose.
Nun, Hans, was wolltest Du?

Hans.
Zu tausendmahlen noch Dich küssen, nun der Eine
Kuß übers Herz ist – o!

Pachter.
Gemacht! sie wird die Deine

[367]

Schulmeister.
Da paart sich alles nun!

Pachter.
Ihr kommt zum Hochzeitschmauß.

Schulmeister.
Seh’ trocknen Mundes zu, und komme naß nach Hauß;
Doch es geschieht dir Recht, bethörtes Weltlichtlein,
Wer Küß’ und Rosen will, muß jung und artig seyn!
Ihr Junggesellen, hört, nehmt Theil an meinem Falle,
Schaut in dies Wasser Euch, ein Spiegel ists für Alle!
Und, schöne Mädchen, Ihr, wollt Ihr den Harm verbannen,
Und wissen, wer Euch freit, so kommt zum Quell St. Annen,
Dem Hagestolzen feind, ist er der Liebe mild,
Und zeigt den Liebsten Euch statt des Geliebten Bild.
Gefiel Euch dieser Schwank, so zeigt Ihr es zur Stelle,
Und wallt wohl öfter noch her zu St. Annen Quelle.

Der Vorhang fällt.