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Der letzte Küssaberger

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Textdaten
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Autor: Josef Bader
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Titel: Der letzte Küssaberger
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 115–117
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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Der letzte Küssaberger.

Einer der schönsten Punkte des Klettgauischen Gebirges ist der Küssaberg, gegenüber von Zurzach, ohnweit des Rheingestades. Man beherrscht von dieser Höhe aus die ganze Umgegend, und gegen Süden dehnt sich die Fernsicht bis an die hohe Alpenwand aus. Gewährt aber der Küssaberg dem Freunde der Natur einen herrlichen Genuß, so ziehen die alten Burgtrümmer, welche ihn krönen, auch den Liebhaber der Geschichte und des Alterthums lebhaft an. Denn er ahnet wohl, daß eine so stattliche Veste, deren stolze Thürme einst weit über die Landschaft hin geboten, nicht die Heimath geringer Junker, sondern eines mächtigen Hauses war. Wer aber gibt ihm Kunde von dem ritterlichen Geschlecht, welches einst die Räume bewohnt hat, die er mit wachsenden Schauern einsam durchschreitet! Die Geschichte kennt nur trockene Namen, und die Sage? das Volk hat sie vergessen. Es weiß nichts mehr zu erzählen von Graf Heinrich und Kunegunden, deren Jugendglück und trauriger Ausgang vor Jahrhunderten von Mund zu Munde gegangen. Darum Dank der Feder des Chronisten, welche in wenigen Zügen das Geschick der beiden Gatten andeutet und ihre Leiden errathen läßt.

In den glorreichen Tagen, welche die hohenstaufischen Helden auf dem teutschen Throne sahen, wer war damals der stolzeste Ritterjüngling im Lande Klettgau? War es der Krenkinger etwa einer, deren Geschlecht, gleich der Eiche im Forst, allen Klettgauischen Adel überragte? Viele stattliche Söhne [116] hatte es schon aufgezählt, die unter den großen Kaisern, jenseits der Alpen, den Ruhm der Tapferkeit erworben. Aber diesmal war es kein Krenkinger, welcher die Augen des Landes auf sich zog – sondern der junge Ritter mit den drei Mondsicheln war es, Junker Heinrich, der Liebling seiner Heimath, die Hoffnung seines Hauses. Auf der hohen Küssaburg wartete er seines greisen Vaters, dessen letzter Wunsch eine würdige Braut war für den einzigen Erben des Namens und Gutes von Küssaberg.

Und siehe da, es ging in Erfüllung, was das Herz des Alten ersehnte: eine Tochter des aufstrebenden Hauses von Habsburg, Kunegund, die Schwester Graf Rudolphs, des nachmaligen Königs der Teutschen, reichte Heinrichen ihre Hand. So schien es denn bei den Sternen bestimmt, daß das Haus Küssaberg einer großen Zukunft entgegengehe. Das Schicksal behandelte den Grafen und seinen Schwager wie Lieblinge; es vergaß aber auch nicht zu strafen, wo Uebermuth und Vermessenheit seinen Zorn herausforderten. Der Besitz der schönen Kunegund, die Verwandtschaft mit dem Geblüte von Habsburg, verblendete den jungen Küssaberger: die drei Mondsicheln mußten den Schild theilen mit dem habsburgischen Löwen, und der freiherrliche Stand von Küssaberg sich überkleiden mit dem gräflichen Titel! Auch der alte Vater hing kindisch an dem erborgten Glanz: ein Grafengeschlecht sah er hervorblühen aus dem Stamme seiner Väter, und schloß nun die Augen, beglückt durch den schönen Traum.

Ja, das Glück eines Traumes war es auch nur! Heinrichs Uebermuth machte ihn mehr und mehr unerträglich. Alles begann ihn zu meiden – und Kunegund, das Bild der Schönheit und Sanftmuth, welkte hin an dem Wurme tiefsten Kummers. Sie ward nicht Mutter. Da ergriff auch den Gemahl der Gram, den er zu vergessen suchte in den Ausschweifungen der Sinne. Der kräftige, stolze, übermüthige Ritter fiel zusammen, zehrte ab und erlosch im schönsten Mannesalter. Man versenkte den Leichnam des letzten Küssabergers in der väterlichen Gruft – und mit ihm den Schild, welcher die Mondsicheln mit dem Löwen trug.

Kunegund nahm jetzt den Schleier und vergrub sich in eine Zelle zu Adelhausen bei Freiburg; über dem Grabe Heinrichs [117] aber erhob sich blutiger Streit wegen des Erbes von Küssaberg. Es wurde zerrissen und gerieth zum größten Theile in die todte Hand. So hat das Schicksal den Uebermuth seines Günstlings gerächt.

Dr. Joseph Bader.