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Der kluge Knecht (Wilhelm Busch)

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Textdaten
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Autor: Wilhelm Busch
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Titel: Der kluge Knecht
Untertitel:
aus: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. S. 63-67
Herausgeber: Otto Nöldeke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1910
Verlag: Lothar Joachim
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Erscheinungsort: München
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[63]
26. Der kluge Knecht.

Ein Bauer sprach zu seiner Frau: »Nun will ich zu Markte und mir einen neuen Knecht mieten; aber Hans muß er heißen, sonst nehm ich ihn nicht.« Und als er nun auf den Markt kam, so begegnete ihm gleich einer, der fragte, ob er keinen Knecht nötig hätte? »Ja,« sagte der Bauer; »aber wie heißt du denn?« »Ich heiße Kurt,« sprach der Bursche. »Dann kann ich dich nicht gebrauchen,« sagte der Bauer; »mein Knecht muß Hans heißen, sonst nehm ich ihn nicht.« Da ging der Bursche weg, zog sich andere Kleider an und trat dem Bauern zum zweiten Male in den Weg. »Habt Ihr nicht einen Knecht nöthig?« fragte er ihn. »O ja«, sagte der Bauer; »aber wie heißt du [64] denn?« »Ich heiße Hans!« sprach der Bursche. »Dann geh nur mit mir«, sagte der Bauer; »so einen habe ich grade gesucht« und nahm den Burschen, der kein Dummer war, mit sich nach Hause und in seinen Dienst.

Des Bauern Frau hielt es aber mit dem Pastor und gab ihm immer das beste Essen und Trinken, was sie nur im Hause hatte; und eines Abends, als der Bauer nicht zu Hause war, hörte der Knecht in der Küche was flüstern; da legte er sein Ohr an die Thür und horchte und hörte, daß der Pastor mit des Bauers Frau darinnen war. Sprach der Pastor: »Ihr habt da einen neuen Knecht gekriegt; wenn der nur nichts merkt.« »Ach, nein,« sagte die Frau, »der sieht mir nicht aus, als wenn er einer von den klügsten wäre. Darum, wenn mein Mann und der Knecht morgen früh zum Pflügen ins Feld ziehen, so kommt nur her; wenn es dann noth thut, so könnt Ihr Euch ja schnell da in die alte Lade verstecken.« Da hatte der Knecht genug gehört und schlich sich leise davon.

Den andern Morgen zog der Bauer mit seinem Knechte Hans zum Pflügen in das Feld hinaus; aber der Knecht hatte vorher heimlich den Pflug so verkeilt, daß nichts damit anzufangen war. Sprach der Bauer: »Ich weiß gar nicht, was das heute mit dem Pfluge ist; lauf doch mal schnell nach Hause, Hans, und hole mir die Barte, daß ich den Pflug wieder in Ordnung bringen kann.« Da lief der Knecht schnell fort, und als er vor das Haus kam, so war es fest zu. Er klopfte »Bum! Bum!« Da hörte er wie die alte Lade rappelte und die Bauersfrau rief von innen: »Wer ist da?« »Ich bins.« »Was willst du denn?« »Ich will die Barte holen.« »Die will ich dir schon herausreichen.« »Nein!« sprach der Knecht, »unser Herr hat gesagt, ich sollte erst die alte Lade verkaufen, die in der Küche steht.« Nun mußte die Frau wohl aufmachen; der Knecht aber setzte die Lade auf einen Schubkarren und fuhr damit vor dem Pastor sein Haus, da guckte die Frau Pastorin gerade zum Fenster heraus. » Wollt Ihr nicht eine Lade kaufen?« fragte der Knecht. »Was soll sie denn kosten?« »Fünfundzwanzig Thaler.« »Das ist zuviel, das geb ich nicht dafür.« » Gut,« sprach der Knecht; »so muß ich sehen, daß ich einen anderen Käufer finde.« Da rief der Pastor vor Angst in der Lade: »Frau, kauf sie nur, Frau, kauf sie nur!« und die Frau mußte nun dem Hans die fünfundzwanzig Thaler geben. Damit ging er fort, holte die Barte und kam wieder auf das Feld zu seinem Herrn. »Das hat ja lange gedauert«, sprach der Bauer. »Seid nur zufrieden, Herr!« sagte Hans; »ich habe erst Eure alte Lade verkauft, dafür habe ich fünfundzwanzig Thaler gekriegt. Hier sind sie.« »Junge,« rief der Bauer voller Freude; »dann sollst du auch fünf abhaben«, und gab ihm von dem Gelde fünf Thaler ab.

Den Abend ging der Bauer ins Wirthshaus. Da hörte der Knecht, daß in der Küche wieder ein Geflüster war, legte sein Ohr an die Thür und horchte, und es war wieder der Pastor, der heimlich zur Hinterthür hereingekommen [65] war und mit der Frau des Bauern eine Unterredung führte. Sprach der Pastor: »Das war ein schlimmer Spaß mit der Lade.« »Seid nur ohne Sorgen«, sagte die Frau, »mein Mann hat nichts gemerkt; morgen früh, wenn er im Felde ist, so kommt nur dreist wieder her; sollte es dann noth thun, so könnt ihr ja schnell in die Tonne kriechen, die da in der Ecke steht.« Hans, der alles mit angehört hatte, was die beiden zusammen sprachen, schlich sich leise fort und ließ sich nichts merken.

Am andern Morgen, da der Bauer mit seinem Knechte ins Feld kam, war wieder der Pflug verkeilt. »Ich weiß nicht, was das wieder mit dem Pfluge ist«, sagte der Bauer; »geh doch mal schnell hin, Hans, und hole mir die Barte, daß ich ihn wieder in Ordnung bringe.« Da lief der Knecht schnell fort, und als er vor das Haus kam, so war es fest zu. Er klopfte »Bum, Bum!« Da rief die Bauersfrau von innen: »Wer ist davor?« »Ich bins!« »Was willst du denn?« »Ich will die Barte holen, daß wir den Pflug stellen können.« »Die will ich dir wohl herausreichen.« »Nein!« sagte Hans; »unser Herr hat gesagt, ich sollte noch die alte Tonne verkaufen, die in der Küche in der Ecke steht.« Nun mußte die Frau wohl aufmachen; der Knecht legte die Tonne auf einen Schubkarren, fuhr damit vor dem Pastor sein Haus und ließ sich fünfzig Thaler dafür bezahlen. Nachdem so ging er hin, holte die Barte und kam wieder auf das Feld zu seinem Herrn. »Du bist ja lange ausgeblieben«, sagte der Bauer. »O Herr, seid nur zufrieden,« sprach Hans, »ich habe erst Eure alte Tonne verkauft, dafür habe ich fünfzig Thaler gekriegt. Hier sind sie.« »Das hast du gut gemacht, mein Junge,« rief der Bauer und war ganz vergnügt; »nun sollst du auch gleich fünf Thaler abhaben.«

Den Abend ging der Bauer ins Wirthshaus. Da hörte der Knecht, daß in der Küche wieder ein Geflüster war, legte sein Ohr an die Thür und horchte, und es war wieder der Pastor, der heimlich zu des Bauern Frau gekommen war. Sprach der Pastor: »Das ist mir heute Morgen aber wieder ein theurer Spaß geworden mit der Tonne; wenn nur Euer Mann nichts erfahren hat.« »Seid ohne Sorgen«, sagte die Frau; »mein Mann hat nichts gemerkt, morgen früh, wenn er im Felde ist, so kommt nur dreist wieder her; sollte es dann noth thun, so könnt ihr ja schnell in den Backofen kriechen, der kann nicht weggefahren und verkauft werden.« Hans, der alles mit angehört hatte, was die beiden zusammen sprachen, schlich sich leise fort und ließ sich nichts merken.

Am andern Morgen, da der Bauer mit seinem Knechte Hans ins Feld kam, war wieder der Pflug verkeilt. »Ich weiß nicht, was das wieder mit dem Pfluge ist,« sagte der Bauer, »geh doch mal schnell hin, Hans, und hole mir die Barte, daß ich ihn wieder in Ordnung bringe.« Da lief der Knecht schnell fort, und als er vor das Haus kam, so war es fest zu. Er klopfte »Bum bum!« Da rief die Bauersfrau von innen: »Wer ist davor?« »Ich bins!« »Was willst du denn?« »Die Barte holen.« »Die will ich dir wohl [66] herausreichen.« »Nein,« sagte Hans; »mein Herr hat gesagt, ich sollte noch den Backofen heizen, daß Brot gebacken würde.« Nun mußte die Frau wohl aufmachen; der Knecht aber nahm ein Bund Stroh, schob es in den Ofen und wollte es anzünden. Da schrie der Pastor, der in dem Ofen saß: »Laß mich doch erst heraus, laß mich doch erst heraus!« »Nicht anders,« sprach Hans, »als wenn du mir hundert Thaler geben willst.« »Ach ja, ach ja!« schrie der Pastor; »die will ich dir ja gerne geben, nur laß mich aus dem Ofen heraus.« Da ließ ihn Hans aus dem Ofen steigen und nahm die hundert Thaler in Empfang; dann ging er hin und brachte seinem Herrn die Barte. Von dem Gelde sagte er aber diesmal nichts, sondern behielt die hundert Thaler für sich allein.

Den Abend ging der Bauer wieder ins Wirthshaus. Hans blieb aber daheim und horchte an der Küchenthür, denn der Pastor war wieder zu des Bauern Frau gegangen. Sprach der Pastor: »Das ist mir aber heute morgen wieder ein verdammt theurer Spaß geworden.« »Ja,« sprach die Frau, »der Hans hat seine Nase überall; wir müssen es jetzt anders anfangen, denn hier im Hause ist es nicht mehr sicher; darum so geht morgen früh zu Eurem Acker vor dem Walde, wo Euer Knecht pflügt, dann will ich Euch eine gute Suppe und dem Knecht ein schönes Butterbrod mit Fleisch bringen; mein Mann geht auch zum Pflügen, aber weit davon, so daß er unmöglich etwas merken kann.« Hans, der wieder alles gehört hatte, was die beiden miteinander verabredeten, schlich sich leise fort und that, als wenn er von nichts was wüßte.

Als nun am folgenden Morgen der Hans mit seinem Herrn in das Feld zog, sprach er zu ihm: »Wißt ihr was, Herr; laßt uns heute nur den Acker pflügen, der vor dem Walde neben des Pastors Lande liegt.« Das war der Bauer zufrieden; und als sie hinkamen, so war der Pastor mit seinem Knechte auch da und ließ seinen Acker pflügen, der neben des Bauers Acker lag.

Zur Frühstückszeit kam dem Bauer seine Frau dahergegangen und wollte dem Pastor die schöne Suppe bringen. Da sprach der Knecht Hans zu seinem Herrn: »Seht, Herr, da kommt unsere Frau mit dem Morgenbrode,« und da konnte sie nicht anders, sie mußte die Suppe und das schöne Butterbrod ihrem Manne und dem Knechte Hans bringen. »Frau,« sagte der Bauer, »das ist doch recht schön von dir, daß du uns ein so gutes Morgenbrod auf das Feld bringst.« »Ja,« sprach sie da und that ganz freundlich; »ich dachte, ihr würdet hier draußen wohl frieren, und da habe ich gedacht, ich wollte euch mal recht was zu gute thun.« Währenddem, daß nun der Bauer seine Suppe aß, ging Hans zu dem Pastor, der aus der Ferne ganz verdrießlich zusah, und bei jedem Schritte ließ er von seinem Butterbrode ein Stück auf den Boden fallen. Nachdem er dem Pastor einen guten Morgen gewünscht hatte, ging er wieder zurück zu seinem Herrn, dem sagte er leise, daß es die Frau nicht hören konnte, ins Ohr: »Der Herr Pastor hat gesagt, Ihr solltet doch mal zu ihm hinkommen.« Der Bauer wischte sein Maul und wollte hingehen, und wie [67] er ging und die Stückchen von dem Butterbrode auf der Erde liegen sah, so dauerte es ihn, daß die schöne Gottesgabe umkommen sollte, darum bückte er sich jedesmal, wo er ein Stückchen liegen fand und hob es auf. Da meinte nun der Pastor nicht anders, als der Hans hätte alles verrathen, und der Bauer nähme nun Steine vom Boden auf und wollte ihm damit zu Leibe rücken, und da fing er an zu laufen und sprang davon, als wenn ihm der Kopf brannte. »Was mag nur unserm Herrn Pastor eingefallen sein«, dachte der Bauer, »daß der fortläuft wie närrisch, nun er mich kommen sieht.« Als sich der Bauer nun umdrehte, um zurückzugehen, da sprang seine Frau auch auf und lief fort, daß ihr die Röcke flogen, denn sie meinte auch wie der Pastor, ihr Mann wisse schon alles und wolle ihr jetzt zu Leibe rücken. Sprach der Bauer zu seinem Knechte Hans: »Was heißt denn das, Hans, daß meine Frau auf einmal so an zu laufen fängt?« »Ach, Herr,« sprach Hans, »sie hat gesagt, sie wollte mal sehen, wer am schnellsten laufen könnte, Ihr oder sie.« »Ei!« sagte der Bauer, »das müßte doch sonderbar zugehen, wenn ich mein Weib nicht einmal wieder kriegen könnte.« Und da fing der Bauer auch an zu rennen, immer hinter dem Weibe her, und die, da sie sah, daß der Mann hinter ihr her war, lief nun um so schneller; aber zuletzt holte sie der Mann doch ein und faßte sie und rief: »Jetzt hab ich dich.« Da schrie die Frau in ihrer Angst: »Ach lieber Mann, vergieb es mir doch! Ich will auch in meinem Leben nichts wieder mit dem Pastor zu thun haben.« So hatte sie sich selber verrathen, und der Bauer merkte nun wohl, was die Glocke geschlagen hatte, paßte auch nachher wohl auf, daß seine Frau ihr Versprechen halten mußte, sie mochte wollen der nicht.