Der klei’ Gaunshiat
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Der klei’ Gaunshiat.
Am Bächle leit a grüanar Roi’,
Und dea’ haunt älli Burger gmoi’,
S geit niamad Pfacht und niamad Zeins,
Dô hüatat s Büabli seini Gäuns.
Des ischt em grad koi’ häti[1] Buaß.
A mengas, wo wia des so klei’,
Muaß Hennahiat und Kindsmagd sei’.
Und s Hennahüata ischt a Schand,
Au s Kindumtraga, denk nu’ dra’,
Stôht so ma’ Buscht doch gwiß it a’,
Wo Hosa wia die Graußi trait
Und dea’ ma’n au schau’ schwöra hait[2]
Und hofreacht[3] bis uff hundert zällt.
[88] As ischt noh um a Jährli z thant,
Nôch nimmt as s Loitsoil au in d Hand
Und schüttlat hott[4] und zuicht gauh’[5] wischt[6]
Des Büable hüatat zwôr nu’ Gäuns,
Doch hôts a Stölzle schau’, a kleins,
S trait s Käpple uffam reachta’n Auhr
Und blôsat Ländler uffam Rauhr.
– Unds däaff, denn d Wealt ischt wieder nui,
Dô, s Thal mit seini Früahlingssträuß
Und s Dörfle dött vom Bluascht so weiß!
Du bischt noh glückle, Bua, und frei,
Was diar der Moanzi[7] eaba bring,
Des kümmrat di koin Pfifferling.
O Büable mit der Schweabalpfeif[8],
Du woischt noit, daß a gotzger[9] Reif
Blôs zua, blôs zua, fang vonna a’!
Worterklärungen (Wikisource)
- Gaunshiat: Gänsehirt
- grüanar Roi’: Wiese
- gmoi’: gemein (Allmende)
- schwöra hait: fluchen hört
- Goißal: Peitsche
- Loitsoil: Zügel
- Bluascht: Blust = Blüten
- der Moanzi: der morgige Tag