Der evangelische Bischof der Siebenbürger Sachsen
[859] Der evangelische Bischof der Siebenbürger Sachsen. (Mit Portrait S. 841.) Ein deutscher Gruß zu seinem siebzigsten Geburtstage! In der Reihe der Ritter des deutschen Kampfgeistes wird einst der evangelische Bischof der Siebenbürger Sachsen Georg Daniel Teutsch seinen Platz in der deutschen Geschichte einnehmen.
In dem schweren nationalen Vertheidigungskampf geht er den 263 Gemeinden seines Volkes als evangelischer Bischof seit zwanzig Jahren und als Forscher und Verkünder der Sachsengeschichte weit über ein Menschenalter mit nie gebeugtem Muthe voran.
Er ist der Sohn eines Seifensieders in Schäßburg, am 12. December 1817 geboren. Er besuchte die Schule und das treffliche Gymnasium seiner Vaterstadt und bezog 1837 die Universität Wien. Im Jahre 1842 nahm er die Stelle eines dritten Lektors am Gymnasium seiner Vaterstadt an. Alle amtsfreie Zeit widmete er seitdem der Erforschung und volksthümlichen Darstellung der Geschichte des Sachsenlandes; er ist der Johannes von Müller seines Volkes geworden.
Im Jahre 1848 wurde Teutsch in den Klausenburger Landtag gewählt, im Sommer 1858 zum Rektor seines Gymnasiums ernannt, das er in jeder Beziehung zu einer Musteranstalt zu erheben suchte; in der Oeffentlichkeit wahrte er die Interessen des Volks nach Möglichkeit, ließ sein Hauptwerk: „Geschichte der Siebenbürger Sachsen für das sächsische Volk“ (2. Aufl. Leipzig 1874, Hirzel) in die Welt gehen und setzte seine geschichtlichen Arbeiten so eifrig und tapfer fort, daß ihn sogar einmal der Staatsanwalt, jedoch vergeblich, zu fassen suchte.
Das österreichische Februarpatent von 1861 weckte die Nationalitäten wieder zum Wettkampf auf. Teutsch wurde zunächst als Abgeordneter [860] in die Nationsuniversität und 1863 in den Landtag nach Hermannstadt gewählt, betrat denselben als am 20. April gewählter Pfarrer von Agnethlen und als solcher 1864 bis 1865 den Reichstag in Wien. Hier stiegen die drohendsten Wolken für das Sachsenland abermals empor: die Zweitheilung des Reiches und die Einverleibung Siebenbürgens in Ungarn – und dazu die magyarische Staatsidee. Er kämpfte dagegen mit aller Entschiedenheit, bis der parlamentarische Sieg der Ungarn gelungen war und er selbst der Königskrönung in Ofen beigewohnt hatte. Es war nur eine Verlegung seiner patriotischen Thätigkeit auf ein weiteres Gebiet, als er am 19. September 1867 von der sächsischen Landeskirchenversammlung zum Superintendenten oder evangelischen Landesbischof Augsb. Bekenntn. gewählt und ihm als solchem am 12. November 1868 Hermannstadt als Amtssitz angewiesen wurde. Tapfer hat Bischof Teutsch im Verlaufe dieser zwanzig Amtsjahre für sein Herzenskleinod, die deutsche Schule, gekämpft.
Das Portrait, welches wir mitgeben, ist gut, aber es ist doch nur ein Holzschnitt, aus welchem kein Auge leuchtet. Denke man sich dieses Haupt auf eine hohe Gestalt, an deren fester und doch vornehmer Haltung die Jahre Nichts geändert haben, sehe man den ernsten und scharfen und doch so freundlichen Blick der Augen und höre den Vollklang der Stimme, der man anmerkt, daß sie von Herzen zu Herzen zu reden gewohnt ist: dann erst wird das wahre Bild des Mannes vor unserer Seele lebendig werden. Friedrich Hofmann.