Der deutsche Kronprinz auf unterirdischer Fahrt
Alle bedeutenden deutschen Zeitungen haben mehr oder minder ausführliche Berichte über die verschiedenen Festlichkeiten gebracht, welche Hamburg zu Ehren seiner hohen Gäste im Monat April dieses Jahres veranstaltete, ingleichen über die einzelnen Besuche, welche der Kronprinz und seine Gemahlin den sehenswerthesten öffentlichen Anlagen und Instituten Hamburgs abstatteten, als da sind das Festdiner in der Kunsthalle, die achthundert eingeladene Herren und Damen Hamburgs zählende Festsoireé Tags darauf, die Besichtigung des Kaiser-Quais, die Elbfahrt, der Besuch der Börse, die sogenanne Sielfahrt, die Festvorstellungen im Stadttheater etc. Die heutige Nummer der „Gartenlaube“ bringt nun nachträglich noch ein Bild, welches vorzugsweise ein bleibendes Interesse beanspruchen dürfte, einmal weil es eine unterirdische Fahrt des Kronprinzen darstellt, wie derselbe sie wohl noch nie gemacht hat, und sodann weil in dem dazu gehörigen Texte ein reichhaltiges, belehrendes Material zur Lösung wichtiger sanitätischer
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Fragen für andere große Städte, welchen Hamburg auch hierin als Muster gezeigt werden kann, sich vorfindet.
Der Kronprinz und die Kronprinzessin begleitet von dem Prinzen Wilhelm, hatten am 21. April nach Verlassen der Börse, etwa um zwei Uhr Mittags, einer Einladung des Hamburger Ruderclubs „Germania“ und des Ruderclubs „Loreley“ Folge gegeben, und wurden von denselben nach einer Ruderfahrt auf der Binnen- und Außen-Alster, welche, von zahllosen Clubböten, Dampfschiffen und Segelfahrzeugen begleitet, bei dem schönsten Sonnenwetter und unter dem Hurrahrufe der die Bassins umgebenden Menschenmenge von Statten ging, um zwei dreiviertel Uhr an der Lombardsbrücke ausgeschifft. Hier warteten der Ober-Ingenieur Andreas Meyer und andere Ingenieure seines Ressorts und wurden vom Senator Hertz, dem Präses der Baudeputation, den hohen Herrschaften vorgestellt. O.-I. Meyer führte dieselben, nachdem sie sich von den Ruderclubs in verbindlicher Weise verabschiedet hatten, durch einen gewölbten unterirdischen Gang in die etwa zehn Meter unter der Straßenoberfläche belegene Spülkammer des Sieles, an deren Wänden, durch Gasbeleuchtung erhellt, die hauptsächlichen Zeichnungen und Modelle des Sielsystems ausgehängt waren.
Diese Zeichnungen wurden von dem Kronprinzen und seiner Gemahlin mit Interesse besichtigt. Auf die Frage des Kronprinzen nach der eigentlichen Definition des Wortes „Siel“, welches im Allgemeinen in Deutschland nicht für derartige Anlagen gebraucht werde, führte O.-I. Meyer diesen Ausdruck auf die Entwässerungen der tiefbelegenen Marschen (der Unterelbe und Unterweser etc.) zurück, welche mittelst eines hölzernen oder gemauerten Tunnels durch die Deiche ihren Abfluß in die Ströme oder die See haben. Diese Abflußrohre heißen „Siele“, und da sie in der Umgegend von Hamburg eine große Rolle spielen, so mag sich der Ausdruck bei zunehmender städtischer Bebauung auf die unterirdischen Entwässerungsrohre ganzer Stadttheile übertragen haben, sodaß endlich das gesammte Schwemmsystem der hamburgischen Canalisation den Namen Sielsystem behalten hat.
Diese hamburgischen Siele dienen zur Aufnahme des gesammten Tages- und Verbrauchswassers einschließlich sämmtlicher häuslicher Abflüsse und Ausscheidungen. Zugleich erniedrigen sie den Stand des Grundwassers, was für die Trockenlegung der oftmals gegen die Elbe und die Alster schon niedrig belegenen Stadttheile sehr wichtig ist. Es sind besteigbare, eiförmig oder kreisrund gewölbte Canäle aus Backsteinen, in Portland-Cement-Mörtel gemauert, deren Zweige sich mitten unter den Fahrwegen durch alle Straßen erstrecken. Diese Zweigsiele, dem natürlichen Gefälle des Straßenterrains möglichst folgend, vereinigen sich zu immer größeren Canälen, welche zuletzt als Stammsiele mit dem durchschnittlichen Gefälle von 1:3000 ihre erheblichen Wassermengen mit der Geschwindigkeit von einhalb bis ein Meter pro Secunde der Elbe zuführen. Unter vielen in der Stadt befindlichen Schifffahrtscanälen (Fleethe, Alster etc.) sind die Siele mittelst sogenannter Düker[1] senkrückig durchgeführt. Im Allgemeinen halten sie sich durch ihre eigene Strömung rein. Um aber in dieser Beziehung nachhelfen zu können, werden, wo es nöthig ist, künstliche Durchspülungen durch die drei Meter hoch gestaute Wassermenge des Alsterbassins hervorgebracht, wodurch dann eine sehr schnelle Strömung erzielt wird.
Es haben sich nach und nach drei Sielsysteme ausgebildet, zuerst das alte städtische System, welches nach der Feuersbrunst von 1842 in den abgebrannten Stadttheilen angelegt wurde und jetzt die ganze innere Stadt umfaßt. Der Vortheil dieser ersten Anlage stellte sich evident heraus, als nach Erbauung der Stadtwasserkunst zu Ende der vierziger Jahre ein reichliches Wasserquantum in die Häuser befördert wurde, welches nach gemachtem Gebrauche, also verunreinigt, wieder zu entfernen war. Deshalb vereinigte man sich neu die Mitte der fünfziger Jahre mit der Nachbarstadt Altona zur Anlage eines zweiten Systems, des Hamburg-Altonaer Grenzsiels, welches die hamburgische Vorstadt St. Pauli mit einem Theile der Stadt Altona entwässert.
Als in den sechsziger Jahren die Bebauung Hamburgs sich mehr und mehr in das Land hinein alsteraufwärts ausdehnte, baute man für die gesammten Umgebungen Hamburgs, welche theils ihrer Ausdehnung, theils ihrer tiefern Lage wegen nicht mehr den alten Systemen eingefügt werden konnten, das größte und dritte System, das Geeststammsiel.
Auf diese Weise ist jetzt die Aufnahme des ganzen für den städtischen Anbau geeigneten hamburgischen Gebiets in einer Fläche von sechstausend Hectaren ober etwa einer Quadratmeile in das Schwemmsystem vorgesehen, und die jetzt mit einem Kostenaufwande von fünfzehn Millionen Mark ausgeführten Sielstämme und -Zweige haben bereits eine Länge von einhundertsechsundachtzig Kilometern oder fünfundzwanzig deutschen Meilen erreicht. Das aus zwanzig Wärtern bestehende Aufsichtspersonal verkehrt darin, indem es durch die in Abständen von einhundertundzwanzig bis einhundertundvierzig Metern von den Straßen hinabführenden Einsteigeschächte hinabsteigt und die kleineren Siele zu Fuß durchwandern, die größeren mit Böten durchfährt.
O.-I. Meyer machte nun noch an den Zeichnungen und Modellen auf einige Hauptprincipien der Hamburger Schwemmsiele aufmerksam, insbesondere darauf, daß überall für eine freie Circulation der Luft durch offene, in durchschnittlich fünfundvierzig Metern Entfernung von der Straße in die Siele hinabführende Luftschächte gesorgt ist, und daß auch die Rinnsteinläufe keine Wasserverschlüsse haben, sondern daß lediglich auf sorgfältige Wasserabschlüsse der häuslichen Einrichtungen Bedacht genommen wird, damit die Sielluft nicht in die Häuser eindringen kann. Nachdem Herr Meyer als besonders wichtig noch hervorgehoben hatte, daß ferner eine Wasserversorgung durch die Wasserwerke nur da gestattet sei, wo Siele liegen, und daß auch hinfüro die Kellerwohnungen ohne genügend tiefe Sielabwässerung verboten werden sollen, ging dann die Versammlung zur Besichtigung der Localität über, in welcher dieselbe sich eben befand.
Es war dies die Stelle in dem Geeststammsiel, an welcher die von dem linken Alsterufer zugeführten Sielwässer mittelst eines Dükers unter der Lombardsbrücke die Alster durchkreuzen, um sich an der andern Seite mit den Sielen des rechten Alsterufers zu vereinigen und mit ihnen gemeinsam in einem dreiundeinhalb Kilometer langen Transportsiel von drei Meter kreisförmigem Durchmesser der Elbe zugeführt zu werden. Die Einrichtung zur Spülung dieses Dükers erblickte man durch die eingefriedigte Boden-Oeffnung in der Mitte des Raumes. Zwei eiserne Stemmthore wurden nun plötzlich geöffnet und die dahinter aufgestaute Wasserfluth stürzte schäumend in den Düker hinein. Durch das Einsetzen starker Vorgelege wurden alsdann die Thore von zwei in den Seitennischen stehenden Sielwärtern gegen die Gewalt des Spülstroms wieder zugedreht.
Die Kronprinzessin befragte den O.-I. Meyer sehr eingehend nach der Construction und Kraftwirkung dieses Apparats und verabschiedete sich dann, da sie an der Sielfahrt nicht teilnehmen wollte, während sich der Kronprinz mit seinem Sohne und Gefolge nach der andern Seite der Lombardsbrücke begab, um hier an der untern Seite des Dükers in den kleinen Bootshafen zu treten, von welchem aus die Fahrt durch die vorhin erwähnte dreiundeinhalb Kilometer lange Mündungsstrecke des Geeststammsiels beginnen sollte.
Es waren hier zum Schutze gegen die Erdfeuchtigkeit, welche stellenweise durch die porösen Steingewölbe in das Siel hinabtröpfelte, leichte graue Mäntel bereit gehalten, als Kopfbedeckungen sogenannte Südwester und leinene Capuzen. Der Kronprinz wollte seine Mütze nicht ablegen und wählte deshalb eine Capuze, worauf die ganze Gesellschaft sich in dieser Weise verhüllte, was zu allerhand lustigen Bemerkungen Veranlassung gab. Nachdem O.-I. Meyer noch einmal die oberen Thore hatte öffnen lassen, um den Austritt der wildaufschäumenden Spülwelle aus dem Düker, vor dessen unterm Ende die Gesellschaft sich befand, vor Augen zu führen, wurde der Kronprinz ersucht, aller nautischen Etiquette zuwider, in diesen stygischen Gewässern zuerst das Boot zu besteigen, welches, durch Petroleumlampen erleuchtet, an dem Granitsteinperron lag, ein flachbodenes, sechs Meter langes Fahrzeug mit durchgehendem Mittelgang und einzelnen Sesseln an den Langseiten, auf deren vorderstem der Kronprinz Platz nahm. Vor ihm, auf einer Querbank hatte O.-I. Meyer seinen Steuermannsplatz, um mit einer Querstange das auf dem Sielstrome dahintreibende Boot vor dem Anstoßen an den Wänden zu verhindern. Ganz hinten im Boot war wieder eine Querbank, auf welcher der Bau-Inspector Gurlitt und ein Conducteur des Sielbaues
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Chef der Admiralität von Stosch; General der Infanterie von Treskow; Hofmarschall Graf Eulenburg; königl. preuß. Gesandter in Hamburg, Geheimer Legationsrath von Wentzel; Major und persönlicher Adjutant von Liebenau; Hauptmann und persönlicher Adjutant von Pfuhlstein.
Zuerst ging die Fahrt in der Dunkelheit langsam vorwärts, da man es hier noch nicht riskiren wollte und durfte, in dem kleineren Profile des Zweigsieles von 2,58 Meter Höhe und 2,15 Meter Breite (Sielclasse B) den Spülstrom in voller Kraft nachfolgen zu lassen. Als die Bootsgesellschaft aber alsbald unter der Esplanade in den großen, mit Lampions stattlich erleuchteten kreisförmigen Stammquerschnitt von drei Metern Durchmesser gelangte, wo sich die Sielzweige der beiden Alsterufer vereinigen, wurde durch einen Pfiff das Zeichen zur völligen Oeffnung der Thore gegeben und der stärkere Strom, der sich schon im Hintergrunde durch Rauschen angekündigt hatte, ereilte das Boot sehr bald, es plötzlich in einer Geschwindigkeit von drei Metern per Secunde mit sich fortführend. Die farbigen Lampions, bald in großen Kreisen den Sielquerdurchschnitt einfassend, bald in langen Reihen der Wasserlinie folgend, bald sternenartig hier und da aus dem Gemäuer tretend, gaben der unabsehbaren, bald gerade fortlaufenden, bald sich windenden Röhre einen durch die Spiegelung in der Sielfluth verstärkten magischen Glanz. Die Aufmerksamkeit richtete sich naturgemäß auf die Einzelnheiten dieser Sielstrecke, welche unter besonders schweren Umständen erbaut ist. Da man damit nicht durch die niedrig gelegene, bereits mit eigenen Sielen eng bebaute alte Stadt gehen konnte, so mußte der Bau unter einem hohen Geestrücken, unter den wasserreichen Stadtgräben, den zwanzig Meter über der Sielhöhe belegenen Wallanlagen des quellenreichen botanischen Gartens, des Heiligengeistfeldes und den ebenso hoch belegenen Gegenden St. Pauli’s, in stets wechselnden Strecken von Sand und tertiärem Thon durchgeführt, endlich am St. Pauli-Elbufer in großer Tiefe noch siebenzig Meter weit in die Elbe hinein verlängert werden, damit die Sielwässer nicht unmittelbar am Ufer austräten, sondern mitten im Elbstrome, etwa sechs Meter unter dem Wasserspiegel direct vom Strome erfaßt und vertheilt werden könnten. Es gehört deshalb diese in den Jahren 1872 bis 1875 ausgeführte Baustrecke unzweifelhaft zu den interessantesten bautechnischen Erinnerungen der leitenden und ausführenden Ingenieure. Gleich Herrn O.-I. Meyer konnte auch der Bau-Inspector Gurlitt, welchem ein Theil der Ausführung übertragen worden, manche kleine Bau-Episode unterwegs den benachbarten Zuhörern mittheilen.
Je weiter die Gesellschaft fuhr, desto höher wurden die über den Köpfen schornsteinartig in das Tageslicht aufsteigenden Luftschächte, über deren eisernen Straßenrosten zuweilen gerade ein Wagen mit donnerartig erschallendem Getöse wegfuhr. In den ab und an sich zeigenden Seitennischen, zu denen steinerne Wendeltreppen von nahezu hundert Stufen herabführen, waren Sielwärter mit Grubenlampen placirt, welche, wo sie im Vorübergleiten plötzlich von den Bootsinsassen erschaut wurden, in ihrem gelben Oelanzug wie Steinbilder erschienen, sodaß der Kronprinz im Scherz die Frage that, ob diese Bildsäulen immer dort ständen. Die vier Backsteinschichten oder ein halb Meter starke Mauerwölbung des Siels zeigte sich bald trocken, bald naß, je nachdem die Gesellschaft durch Thon- oder Sandadern hindurch fuhr. In letzterem Falle hingen oft lange Stalaktiten von der Wölbung herab, oder auch wohl weiße, wolkenartige Gebilde, während die Seitenwände meist braun und schmutzig aussahen.
Der Kronprinz wunderte sich wiederholt über die verhältnißmäßige Reinheit der Luft, welche die Nase kaum beleidigt; er rauchte, wie es bei Sielbesichtigungen üblich ist, nebst anderen Herren der Gesellschaft seine Cigarrette, obgleich bei dem zuweilen herrschenden Luftzuge das Anzünden oft schwer fiel, und erzählte von einer Besichtigung der Pariser Egouts (Cloaken), welche er 1867 ausgeführt hat.
So verging die Fahrt unter Fragen, Erklären derselben und Anschauen, Erweckung des Widerhalls in heiterer Weise, und der Kronprinz sprach herzliche und freundliche Worte des Dankes, als der Syndikus Merck in der Mitte der Fahrt die Gesellschaft aufforderte, auch hier in der unterirdischen Schiffsregion Hamburgs den oben mit Jubel aufgenommenen Gast durch ein Hoch zu begrüßen. Daß die Klangwirkung eines solchen Siel-Hurrahs eine ganz bedeutende ist, läßt sich leicht vermuthen. Ueberraschend aber war die Wirkung eines Männergesanges, welchen einige Freunde des O.-I. Meyer in einer unter dem Heiligen-Geist-Felde belegenen Seitennische ausführten. Der Klang dieses einfach besetzten Männer-Quartetts begleitete die Gesellschaft fast während der ganzen Fahrt, also fast eine viertel deutsche Meile nach jeder Richtung hin. In der Entfernung wie Aeolsharfe, in größerer Nähe orgelartig, manchmal wie ein Orchester wirkend, fesselte dieser Gesang immer wieder die Fahrenden, und der Kronprinz ermüdete nicht, seine Freude daran zu erkennen zu geben. Als das Boot unvermuthet bei den Sängern vorbeitrieb, welche in ihrer Nische, im Oelzeuge, mit Grubenlichtern, wie eine Kauzfamilie zusammenhockten, streckte er ihnen grüßend und dankend die Hände entgegen.
In dem niedrig belegenen Hafentheile von St. Pauli bekamen die Bootsinsassen auch noch zum Schluß der Fahrt eine Anschauung von den Sieleinmündungen einzelner Straßen und Häuser in das große Sammelsiel, da die Häuser der Hafenstraße unmittelbar an dasselbe angeschlossen sind, und endlich erreichte das Boot nach halbstündiger Fahrt (mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa zwei Metern pro Secunde) den Aussteigeperron nahe vor der durch große Schosse und Sturmthore gegen die Hochfluthen der Elbe gesicherten Mündung des Siels in den Elbstrom. Vor diesem Thore war als Transparent ein „Glück auf!“ angebracht.
Die bereitstehenden Sielwärter nahmen das langsam herangleitende Boot in Empfang, und die Ausschiffung verlief ohne Fährlichkeit. Die Gesellschaft entledigte sich ihrer Umhüllung, wobei der Kronprinz seine Verwunderung darüber zu erkennen gab, hier denselben Garderobier vorzufinden, der ihn an der Lombardsbrücke beim Einsteigen bedient hatte, und der nach einer stürmischen Droschkenfahrt (wie der Swinegel von Buxtehude) sagen konnte: „Ick bün all hier!“ Als ein werthvolles Andenken an diese unterirdische kronprinzliche Fahrt wird jedenfalls das Fremdenbuch des Geeststammsiels aufbewahrt werden, in welches der Kronprinz, ebenso wie sein Sohn und die übrigen Theilnehmer ihre Namen eingetragen haben.
Alsdann ließ der Kronprinz sich noch vom Ober-Ingenieur in die Kammer der obenerwähnten Verschlußeinrichtungen führen und besichtigte genau die große eiserne Schütze, welche mit einem sehr großen Windewerk aufgedreht wird, während eine darin befindliche kleinere Schütze durch einen Zahnstangentrieb bewegt wird. Er ließ sich auch die genaue Stelle der Einmündung des Siels in den Strom zeigen, und sprach sich über die ökonomische Ausnutzung der Abfallstoffe aus, die ja bei der Einführung in den Strom verloren gehe, und auch von O.-I. Meyer durch den Hinweis auf die durch die Ebbe und Fluth vermittelte Ablagerung des im Strome vertheilten Sielstoffes über die Marschen, wodurch deren Fruchtbarkeit erhöht werde, und auf die Veredelung der Fischzucht, dem hohen Gaste gegenüber nicht aufrecht erhalten werden konnte. Dagegen konnte der Ober-Ingenieur ihm in ernsthafterer Weise auf seine Fragen nach der Verschlechterung des Stromes durch solche Sieleinflüsse die beruhigendste Auskunft über die Mächtigkeit und den Wasserreichthum der Elbmündung geben, in welcher selbst dann noch, wenn sich Hamburgs Bevölkerung von ihrer jetzigen Ziffer von 350,000 auf 800,000 gehoben haben sollte, die Schmutzabflüsse der Siele sich bei Weitem unter dem Procentsatze befinden würden, welcher als zulässig betrachtet werden kann. Denn es würden dann erst zwei Cubikmeter Sielwasser per Secunde in die Elbe ablaufen, während die Wassermenge der Elbe oberhalb Hamburgs siebenhundertzweiunddreißig Cubikmeter per Secunde beträgt, und hierzu noch von unten die Meerfluth hinzutritt, welche, in verschiedenster Größe und Entwickelung auftretend, große, das Maß des oberen Flußzulaufs übersteigende Wassermassen anhäuft und vertheilt und wesentlich zur Ausgleichung und Spülung des ganzen Aestuariums beiträgt.
Nach diesen Gesprächen und einigen höchst freundlichen und
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- ↑ Wo ein Schifffahrtscanal den Lauf des Sieles durchkreuzt, muß das letztere, um den Canal nicht zu sperren, die unter den Boden desselben versenkt werden, und steigt an der andern Seite entsprechend wieder in die Höhe. Eine solche Durchbiegung des Sieles nach unten heißt „Düker“.