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Der betrogene Werber

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Textdaten
Autor: Walther Kabel
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Titel: Der betrogene Werber
Untertitel:
aus: Illustriertes Sonntagsblatt, Beilage zur Greifswalder Zeitung. Nr. 46, S. 367
Herausgeber: Greiner & Pfeiffer in Stuttgart
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1908
Verlag:
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Erscheinungsort: Greifswald
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Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
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[367]

Der betrogene Werber.

Ein englischer Matrosenwerber ging in einer kleinen Stadt in eine Schenke, um einige Erfrischungen zu sich zu nehmen. Während er trank, bemerkte er einen Menschen, in dem er einen tüchtigen Matrosen sah. Er näherte sich ihm und fragte ihn, woher er sei und was er für ein Gewerbe treibe.

„Ich habe zehn Jahre auf einem Kriegsschiffe gedient, bin aber jetzt verabschiedet.“

„Ei,“ meinte der Werbeoffizier, „ein so rüstiger Bursche wie Ihr sollte nicht so bald einem so ehrenvollen Dienst entsagen. Wenn Ihr mir folgen wollt, so kann ich Euch wieder dazu verhelfen.“

„Das will ich herzlich gern!“ versetzte der gewesene Matrose, „ich bin des müßigen Lebens satt. Wenn’s Ihr Ernst ist, so werden wir bald eines Handels werden. Ich habe hier zu Mittag gegessen; bezahlen Sie meine Zeche und lassen Sie mir noch etwas zu trinken geben, so ist die Sache abgemacht.“

„Es gilt!“ rief der Werber aus, ließ den Wirt die Rechnung machen, noch eine Flasche Wein für den Rekruten geben und bezahlte. Als die Flasche geleert war, forderte der Offizier den Neuangeworbenen auf, ihm zu folgen. Dieser erhob sich von seinem Sitz und der Werber sah zu seinem Schrecken, daß der Rekrut ein hölzernes Bein hatte.

„Was, Spitzbube!“ rief er aus, „du hast mich betrogen!“

„Ei, beileibe nicht!“ antwortete der Einbeinige. „Ich habe Ihnen versprochen, mit Ihnen zu gehen, und Sie sollen sehen, wie flink ich mich mit meinem hölzernen Beine von einem Orte zum andern bewegen kann. Ich werde nicht zurückbleiben, dafür stehe ich.“

„Was soll ich aber mit dir anfangen? Zum Matrosendienst bist du ja untauglich.“

„Nun, so setzen Sie meine Zeche auf die Werberechnung des Königs. Als ich zwei gesunde Beine hatte, gab er mir Brot; ich habe das eine in seinem Dienste verloren und er hat mich laufen lassen. Ein armseliges Mittagbrot entschädigt mich nicht für meinen Verlust, ich habe mehr aufs Spiel gesetzt als er, und ich habe noch immer viel bei ihm zugute.“

Der Offizier lachte und schenkte dem Matrosen noch einige Schillinge.

Walther Kabel.