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Der Zweikampf in Röthenbach aus dem Jahre 1705

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Der Zweikampf in Röthenbach aus dem Jahre 1705
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. S. 102–103
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Erscheinungsort: Dresden
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Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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Bild
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[102]
711) Der Zweikampf in Röthenbach aus dem Jahre 1705.
Bearbeitet von Julius Schanz.

Im Brambacher Schlosse läßt sich dann und wann ein altes Hausgespenst sehen, der alte Grünrock genannt, dessen Erscheinen immer etwas Böses verkündet.

Einst saßen die Gäste in diesem Schlosse die ganze Nacht hindurch beim Kartenspiel. Den Tag, der schon durch die Fenster lauschte, sahen sie nicht und ein Morgenwetter, das über die Berge dahinrollte, hörten sie nicht – so sehr waren sie vertieft in ihre Karten, als plötzlich der Wächter vor dem Schloß sein Morgenlied sang und abdankte. Er sang das Lied: „Wer weiß wie nahe mir mein Ende!“ – Als dies ein Herr von Schirnding hörte, einer der kecksten Spieler, da rief er laut: „Der meint unsre besten Goldfüchse! Wer weiß wie nahe deren Ende!“ – Ein grimmiges Lachen übertäubte diesen Witz. Da blies ein starker Windstoß aus dem Vorsaal die Lichter aus, die Thüren sprangen auf und der alte Grünrock trat, in der Tracht seiner Väter, in kurzen Ritterstiefeln, gelben Lederhosen und grünem Wammse, einen Eisenhut auf dem Kopfe und ein kurzes Jagdschwert um die Hüften zur Thüre herein. In der Hand aber trug er eine kleine Laterne, bei deren Scheine man zwei Schatten wie im Zweikampf an den Wänden ringen sah. Bald aber war der ganze Spuk verschwunden. Man schlug Licht, und wollte weiter spielen, aber o Wunder! die Karte war weg. Der Herr von Schirnding, darüber erbos’t, vergaß sich in allerhand Schimpfreden und schmähte auf den alten Grünrock, den er des Teufels Genossen nannte, als ein Herr von Rabe aufsprang, und den Spötter, der selbst für die Todten nur Spott hatte, zum Zweikampf forderte.

In Bärendorf kamen die beiden Kämpfer zusammen, die sich längst im Stillen gefaßt hatten. Nach einem langen hitzigen Kampfe, der zu keinem Ende zu führen schien, stellte sich der von Rabe, als sei er müde, und der von Schirnding [103] drang nur um so ungestümer auf ihn ein. Plötzlich aber schrieen die Sekundanten: halt! – Rabe hatte einen meisterhaften Stoß geführt und hoch sprang das Blut aus Schirndings Brust hervor, der, in eine nahe Köhlerhütte gebracht, allda sein Leben aushauchte. Ein Schäfer schnitt der Nachwelt zur Erinnerung an den blutigen Sühnakt ein großes Kreuz in einen Baum ein, auf einem Stein steht die Jahreszahl 1705 und der alte Stoßdegen des Herrn von Rabe hängt noch heute unter alten Waffen im Erlbacher Schlosse.