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Der Wassermann in der Lausitz

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Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Der Wassermann in der Lausitz
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. S. 197–198
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Erscheinungsort: Dresden
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[197]
803) Der Wassermann in der Lausitz.
Schmaler a. a. S. 267. E. Willkomm, Sagen und Mährchen aus der Oberlausitz. Hann. 1845. Bd. I. S. 24.

Der Wassermann, Nykus genannt, sowie seine Gemahlin verlocken an See und Flüssen die Vorübergehenden zum Baden und ertränken sie sodann. Er thut dies auch mit Jedem, der in seinen Bereich kommt, denn er muß alle Jahre seine gewisse Anzahl Opfer bekommen, es seien nun Menschen oder Thiere. Wenn seine Frau an dem Ufer der Gewässer Wäsche trocknet, so ist regnerische Witterung und großes Wasser zu erwarten. Er erscheint in einer von einem Menschen in nichts unterschiedener Gestalt, und ist er auf trockenem Lande, so ist er unkräftig und man kann ihn gefangen nehmen und zu einem Diener machen. Mit seiner Frau zeugt er auch Kinder und diese gehen mit den Kindern der Menschen um. Die Töchter kommen auch wohl zum Tanze und verlieben sich in die hübschen Burschen. So kamen z. B. die Töchter des Wassermannes, wenn in der Schenke zu Lohsa (in der N. L.)[1] Musik war, vor alten Zeiten auch immer dahin und tanzten ohne Scheu mit den jungen Burschen. Sie waren sehr schön und dabei hübsch geputzt und von den andern Mädchen nur dadurch zu unterscheiden und als Töchter des Wassermannes zu erkennen, daß ihr Rock stets einen nassen Saum hatte. Die eine verliebte sich in einen Burschen, welcher der schöne Georg hieß, ebenso er sich in sie, aber er scheute sich doch, in ihre Wohnung mitzugehen. Der Wassermann hatte aber damals seine Wohnung in dem an der Spree gelegenen und der Herrschaft gehörigen Teiche, welcher den Namen Ramusch führt und durch den jetzt der [198] Fluß geleitet ist. Er begleitete seine Geliebte öfters bis hierher und ging auch endlich mit ihr. Der schöne Georg erzählte hierauf, sie habe, als sie zu dem Teiche gekommen, eine neue Gerte genommen und damit ins Wasser geschlagen. Dieses habe sich nun getheilt und sie wären auf einem schönen grünberasten Wege zu der Wohnung des Wassermannes gekommen und in dieselbe hineingegangen. Dort wäre es sehr schön gewesen und man habe ihn außerordentlich gut aufgenommen etc.

Den Wassermann, sowie seine Frau erkennt man, wenn sie sich in Menschengesellschaft begeben, auch an ihren triefenden Gewändern, und Ersterer trägt außerdem ein rothes Käppchen auf dem Kopfe, Letztere dagegen rothe Strümpfe an den Füßen. In der Zittauer Gegend sitzt er im ersten und letzten Mondviertel an den Ufern der Flüsse und zwar an Stellen, wo sie langsam fließen, tief sind und nicht rauschen. Sein Aussehen ist häßlich, er ist sehr bleich von Gesicht, und hat schwarze, lange bis auf die Schultern herabhängende Haare. Gekleidet ist er vom Fuß bis zum Kopfe in braungelbes Leder, das aus lauter kleinen Fleckchen zusammengesetzt ist. Diese pflegt er beim Mondenschein laut zu zählen, wobei er sich mit den Händen klatschend auf die Beine schlägt. An diesem Tone erkennt man ihn. Neugierige und Vorwitzige, die von dem Tone gelockt sich ihm näherten, sahen ihn dicht am überhängenden Borde sitzen[2] und suchten ihn durch einfallendes Mitzählen und Klatschen zu unterbrechen. Er stürzte sich überschlagend ins murmelnde Wasser, ohne daß ihnen etwas geschah, dafür aber hatten sie das unangenehme Vergnügen, daß sie nunmehr alle Nächte das Klatschen und Zählen vor ihrer Wohnung mit anhören mußten, bis es sich traf, daß sie vor Aerger und Angst wieder einmal mitzählend einfielen, worauf sie ein lautes Gelächter vernahmen und fortan nicht weiter in ihrer Ruhe gestört wurden.


  1. Eine andere Sage von diesem Wassermann besingt ein Volkslied bei Schmaler I. S. 62 sq. S. a. oben Nr. 788.
  2. Auf dem schmalen Wege, der unter dem Schlosse Döben bei Grimma nach Golzern führt, sitzt auch oft am hellen Tage eine Nixfrau in alterthümlicher Tracht, die, wenn man sich ihr nähert, sich kopfüber in die Mulde stürzt.