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Der Würgengel unter der Erde

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Textdaten
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Autor: H.
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Titel: Der Würgengel unter der Erde
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 276–278
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Rolle des Grundwassers bei Seuchen wie Cholera, Wechselfieber, Typhus
Das Grundwasser – die Grundursache schwerer Krankheiten
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[278]
Der Würgengel unter der Erde.
Das Grundwasser – die Grundursache schwerer Krankheiten.


Ein auf- und abfluthender See von ungeheurem Umfange existirt nur wenige Fuß unter unsern Wohnstätten im Erdboden. Das Wasser dieses unterirdischen Sees erhielt den Namen „Grundwasser“. Gräbt man in erdigem oder sandigem Boden ein Loch, so stößt man, je nach der Ortlichkeit in verschiedener Tiefe, endlich auf dieses Wasser, das sich nicht verläuft und sich beim Ausschöpfen stets sofort wieder ansammelt. Bis vor kurzer Zeit hat das Grundwasser fast nur insofern Bedeutung für uns gehabt, als es die Schöpfbrunnen speist. Neuerlich ist aber durch Professor Pettenkofer in München nachgewiesen worden, daß dieses Wasser einen mächtigen Einfluß auf das Entstehen gewisser epidemischer Krankheiten und so auf den Gesundheitszustand ganzer Bevölkerungsmassen hat. Diesen Einfluß übt es aber insofern aus, als bei seinem Sinken in der verlassenen und durchfeuchteten Bodenschicht, zumal wenn sich in diese faulende Düngstoffe einziehen, Krankheitskeime sich entwickeln.

Das Grundwasser findet sich natürlich nur in lockerem, erdigem, sandigem und grobsteinigem, niemals in compact felsigem Boden. Es durchtränkt denselben bis hinab, wo der lockere Boden auf der für Wasser nur schwer durchdringbaren Sohle von Fels oder Thon aufliegt. Gewöhnlich wird es mehrere, bis etwa zwanzig, höchstens fünfzig Fuß, unter der Bodenoberfläche angetroffen, und hier bildet seine Oberfläche nicht etwa eine Ebene, wie der Spiegel der See, sondern es folgt meistens in ziemlich gleichem Abstande den Hebungen und Senkungen des Bodens, so daß es an einer Thallehne in ebenso großer Nähe unter dem Boden angetroffen werden kann, wie an der tiefsten Stelle des Thals. Jedoch ist dies nicht immer der Fall. Bisweilen ist auch der Grundwasserstand an hochgelegenen Orten ein hoher, während derselbe in tiefgelegenen benachbarten Oertlichkeiten ein tieferer ist. Findet dieses Umgekehrte statt, so rührt dies von einem langsamen Abflusse des Grundwassers von den höher gelegenen Stellen nach den tiefer liegenden her. Nur unter ganz ungünstigen örtlichen Verhältnissen fließt das Grundwasser zu Tage und bildet dann einen Sumpf.

[279] Alles Grundwasser stammt aus der Atmosphäre, d. h. die wässerigen atmosphärischen Niederschläge (Regen, Schnee) speisen dasselbe. Allein nur bei ganz außergewöhnlicher Menge derselben vermehrt sich das Grundwasser so, daß eine förmliche unterirdische Ueberschwemmung herbeiführt wird und selbst mit niederem Wasserstande versehene Brunnen überlaufen, „ersaufen“. Gewöhnlich entspricht die Regenmenge keineswegs dem Grundwasserstande; ja bei reichlichem Regenfall steht das Grundwasser oft tief, und umgekehrt. Noch lassen sich bei der Neuheit der Sache die eigenthümlichen auf den Grundwasserstand influirenden Bodenverhältnisse nicht genau angeben.

Das Grundwasser hält nun nicht immer, wie bereits bemerkt, denselben Stand ein, es fällt und steigt und ist in diesen Schwankungen fortwährend begriffen, so daß es unter gewöhnlichen Verhältnissen in den verhältnißmäßige kurzen Zeiträumen von vierzehn Tagen oder vier Wochen Aenderungen im Niveau von einem oder einigen Zollen bis zu etwa zwei Fuß wahrnehmen läßt. Merkwürdig ist dabei, daß das Grundwasser in seinen Schwankungen ziemlich regelmäßig große Perioden durchmacht: in der Mitte des Jahres, im Mai, Juni und Juli, steht es (in München) in der Regel am höchsten, fällt dann bis zum December und Januar, bleibt dann meist eine Zeit lang still stehen und beginnt darauf wieder zu steigen.

Der Gesundheitszustand hängt aber nicht sowohl von dem gleichmäßig tiefen oder hohen Stande des Grundwassers ab, sondern vielmehr von den mehr oder minder jähen Schwankungen, welche das Grundwasser durchmacht, in der Art, daß der Gesundheitszustand gefährdet ist, wenn auf einen verhältnißmäßig hohen Stand des Grundwassers ein schneller Abfall erfolgt, vorausgesetzt nämlich, daß die übrigen Bedingungen zum Ausbrechen einer Epidemie gegeben sind. Diejenigen epidemischen Krankheiten, für welche das Gesagte gilt, sind die Cholera, der Typhus und das Wechselfieber, denen sich wohl bei weitern Forschungen noch mehr werden anreihen lassen. Die übrigen Bedingungen für den Ausbruch der Epidemie sind dann noch: die Gegenwart des Keimes der Krankheit und die Durchtränkung des lockern, für Luft und Wasser durchgängigen Bodens mit Düngstoffen.

Der Keim der Krankheit muß also vorhanden sein, wenn eine Epidemie ausbrechen soll. Niemand hat zwar diesen vor Augen gehabt, aber alle Umstände zwingen zu der Annahme eines Stoffs, welcher der Träger der Krankheit ist und durch welchen sich die Krankheit verbreitet. Am deutlichsten zeigt sich dieses Verhältniß bei der Cholera. Die Cholera ist eine in Indien einheimische Seuche, und von hier aus nehmen die verheerenden Umzüge der Cholera ihren Ausgang. Niemals nun hat sich Cholera an einem Orte gezeigt, in den nicht vorher an Cholera oder an Choleradiarrhöe Leidende oder wenigstens mit den Ausleerungen Cholerakranker beschmutzte Gegenstände (Wäsche) gelangt waren. In den Ausleerungen der Cholerakranken muß also jener die Krankheit fortpflanzende Stoff enthalten sein. Andererseits weiß man, daß Leute, welche häufiger als andere mit den Kranken in Berührung kommen, wie Aerzte, Wärter, oder mit den Ausleerungen zu thun haben, wie Wäscherinnen, keineswegs häufiger erkranken; die Cholera kann daher nicht in der Weise auftreten, wie z. B. die Pocken, daß der Krankheitsstoff durch unmittelbare Uebertragung auf Gesunde die Cholera erzeugt; er muß vielmehr vorher gewisse Veränderungen durchmachen, entweder reifen, oder sich vermehren, oder gar erst eine andere Gestalt annehmen. Wohin soll man nun die Stätte verlegen, an welcher diese Verwandlung vor sich geht, welche den Keim der Cholera zur Erzeugung der neuen Erkrankung fähig macht? Es weist wieder Alles darauf hin, daß dieser Vorgang im Boden stattfindet. Dafür spricht zunächst und vor allen Dingen, daß die Cholera auf weite Entfernung niemals zu Schiffe verschleppt wurde, im Gegentheil hat sich gezeigt, daß die Cholera auf Schiffen erlischt, sich nur auf die am Lande bereits Angesteckten beschränkt und sich auf Andere nicht ausbreitet. Pettenkofer hat hierfür schlagende Beispiele gesammelt. So litt während des Krimkriegs die Mannschaft der Schiffe in den Häfen von Varna und Balaklawa nicht minder an der Cholera, wie die Bevölkerung der Hafenstädte; auf den Schiffen dagegen, die mit kranker Mannschaft auf die hohe See gingen, verlor sich die Krankheit binnen zwölf bis sechszehn Tagen. Auf dem stark bemannten Viceadmiralschiff Britannia erkrankten in der ersten Woche, nachdem es den Hafen von Varna verlassen hatte, soviel Matrosen und Soldaten, daß es selbst an der nöthigen Pflege fehlte. Der Viceadmiral rief darauf ein anderes, aus keinem inficirten Hafen kommendes, cholerareines Schiff an und griff in der Noth zu dem verzweifelten Mittel, kranke Mannschaft auf das gesunde Schiff zu versetzen und gesunde Mannschaft auf sein Schiff zu nehmen: weder von den versetzten gesunden Matrosen, noch von der gesunden Mannschaft des zum Lazareth gemachten Schiffes erkrankte auch nur Einer an der Cholera. Mit Leichtigkeit ließen sich die Beispiele vermehren, die unzweifelhaft beweisen, daß die Cholera zu ihrer weiteren Entwickelung und Ausbreitung nothwendig des Bodens bedarf.

Wenn sich der Cholerakeim nur im Boden zu seiner Reife entwickeln kann, so ist doch nicht jeder Boden dazu geeignet; Cholerakranke sind in viele Orte gekommen, ohne daß sich an diesen die Cholera weiter ausbreitete, es gehört dazu noch eine besondere Beschaffenheit des Bodens, wie wir sie bereits oben bezeichneten. Der Boden muß locker, porös sein, muß kurze Zeit vorher gründlich durchfeuchtet und mit Düngstoffen getränkt sein. Die gründlichsten Untersuchungen haben dargethan, daß sich der Cholerakeim nur da weiter entwickelt, wo die Durchfeuchtung des Bodens stattgefunden hat, und zwar entweder durch eine intensive oberirdische Bewässerung (durch lange Ueberschwemmung, durch starken Schneefall, wie kürzlich in den von der Cholera heimgesuchten Orten des sächsischen Erzgebirges) oder, was aus leicht begreiflichen Gründen der Beobachtung bisher entgangen war, durch eine unterirdische Ueberschwemmung. Ueberschwemmungen letzterer Art werden durch das Grundwasser bewirkt und hierin liegt die Bedeutung, welche das Grundwasser für den Gesundheitszustand hat: es ist eine Hülfsursache, eine verborgen, aber gewaltig wirkende. Um den Boden für die Entwickelung des Cholerakeims geschickt zu machen, ist es nicht unbedingt nöthig, daß das Grundwasser vor seinem Zurücksinken einen außerordentlich hohen Stand gehabt hat; es braucht blos ein gutes Stück zurückzugehen; aber wenn der Boden vorher bis nahe zur Oberfläche durchnäßt worden ist, erreicht der entwickelungsbedürftige Cholerakeim leichter die ihm zusagende Bodenschicht und wird solcher Boden zur Ausbildung des Keims mehr beitragen. Mit diesen Voraussetzungen stimmen eine große Zahl von Erfahrungen über die Ausbreitung der Cholera überein. Vorwiegend erreicht die Cholera im Spätsommer und im Herbst ihre höchste Ausbildung, zu einer Zeit also, wo das Grundwasser schon von seinem höchsten Jahresstand zurückgegangen ist; sie breitet sich den Wasserläufen, den Thalmulden entlang aus und folgt keineswegs vorzugsweise den Verkehrsstraßen des Landes; Thallehnen werden oft von der Cholera verschont, während ihre Thalmulden schwer unter ihr leiden; thalauf war sie oft nicht vorhanden, thalabwärts wüthete sie auf’s Heftigste; in Niederungen und weiten Ebenen hielt sie sich hartnäckiger, als in Gebirgsgegenden.

Endlich ist noch ein Umstand für die Ausbreitung der Cholera maßgebend: die Durchtränkung des Bodens mit Düngstoffen. Nicht die Aufhäufung des reinen Düngstoffs ist der Entwicklung des Cholerakeims günstig; er bildet sich in den Düngerstätten ebensowenig aus, wie das Samenkorn in purem Dünger wächst; die Vertheilung des Düngstoffes im Boden macht diesen erst für den Cholerakeim fruchtbar. Häuser mit Senk- oder Versieggruben, unter denen der Boden weit umher mit Düngstoffen imprägnirt ist, sind ganz besonders gefährdet, vorzugsweise aber solche, deren Düngerstätten oberhalb des Grundes liegen, so daß auch die oberflächlichsten Schichten von Düngstoff durchsetzt werden. Diese Verhältnisse haben allenthalben in der Ausbreitung der Cholera einen höchst verderblichen Einfluß gezeigt. Nicht minder nachtheilig erwies sich der Gebrauch unreinen, mit Jauche vermischten Wassers, wie es in der Nähe von Düngerstätten angelegte Brunnen oder Flüsse, in welche Cloaken münden, liefern; solches Wasser führt dem Boden den Düngstoff in der nöthigen Verdünnung zu und übt außerdem auf die, welche es genießen, einen noch besonders verderblichen Einfluß aus.

Die Cholera ist aber nicht die einzige Krankheit, deren Entwicklung vom Gang des Grundwassers abhängt, nicht die einzige Bodenkrankheit, wie man sie nennen kann. Ganz gleiche Verhältnisse sind von dem Wechselfieber und dem Unterleibstyphus nachgewiesen. Das Wechselfieber tritt nur in Sumpfgegenden auf, wo also das Grundwasser fast immer einen hohen Stand einnimmt; es zeigte sich in beschränkten Oertlichkeiten einer Stadt, die hohes Grundwasser hatten, während in den benachbarten [280] Theilen derselben Stadt mit tiefstehendem Grundwasser keine einzige Erkrankung an Wechselfieber vorkam. Gewiß höchst bedeutungsvoll ist der Umstand daß an Orten, wie z. B. München, die sonst von Wechselfieber frei bleiben oder nur wenig befallen sind, kurz vor dem Ausbruch von Choleraepidemien Wechselfieber in großer Ausbreitung herrschte.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Typhus. Es ist gefunden worden, daß, wenn das Grundwasser, namentlich nach vorherigem Hochstand, weit zurücktritt und so das durchfeuchtete Erdreich bloßlegt, sehr häufig die Zahl und die Schwere der Erkrankungen an Typhus zunimmt, dagegen abnimmt, wenn das steigende Grundwasser die feuchten Bodenschichten wieder überdeckt. Forschungen dieser Art sind, weil sie neu sind, ungemein schwer, für Krankheiten aber, deren Keim, wie beim Wechselfieber und dem Typhus, in unseren Gegenden niemals ausstirbt, noch mit ganz besonderen Schwierigkeiten verknüpft; man kann bis jetzt nicht wissen, ob bei günstigen örtlichen Verhältnissen, wie dies bei der Cholera der Fall ist, auch der Keim des Typhus und des Wechselfiebers vorhanden und zur gedeihlichen Entwicklung kräftig genug ist. Es giebt aber doch, außer den oben erwähnten Beobachtungen, Thatsachen, welche auch diese Verhältnisse in besonders helles Licht setzen. So herrschte in der Umgegend von Upsala der Typhus so lange unausgesetzt, bis die Sümpfe trocken gelegt und die stehenden Wasser abgeflossen waren. In dem königlich baierischen Gestüt Neuhof brach der Typhus unter den Pferden aus, ohne sich auf das nur zwei Stunden entfernte Gestüt Bergstetten, trotz des anfangs ungehinderten Verkehrs zwischen beiden Anstalten, auszubreiten; Lage, Bodenbeschaffenheit, Behandlung und Ernährung der Thiere waren in beiden Gestüten dieselben, nur stand das Grundwasser in Bergstetten fünf bis sechs Fuß unter dem Boden, während es in Neuhof nur zwei und einen halben Fuß von der Oberfläche entfernt war; durch Drainirung wurde nun das Grundwasser in Neuhof eben so tief gelegt wie in Bergstetten, und seitdem ist der Typhus daselbst erloschen. Zu Neuhof nahm der Typhus zu, wenn das Grundwasser gesunken war; seit die Schwankungen des Grundwassers in größerer Tiefe vor sich gehen, haben sie auch keinen Einfluß mehr auf die in der Nähe der Bodenoberfläche vor sich gehende Entwicklung des Krankheitskeims.

Aus diesen Erfahrungen lassen sich leicht Nutzanwendungen von hoher praktischer Bedeutung ziehen. Eine Krankheit läßt sich leichter vermeiden als mit ihren oft so schweren Folgen heilen; der Verständige wird sich also bei Zeiten vorsehen. Es ist jetzt klar, daß die Wahl des Wohnorts keine gleichgültige Sache mehr ist, seit man weiß, welche große Rolle das Grundwasser bei der Erzeugung gefährlicher Krankheiten spielt. Es ist daher nur zweckmäßig, wenn man bei der Anlage neuer Wohnungen Rücksicht nimmt auf die Grundwasserverhältnisse. Ergiebt sich dabei, daß das Grundwasser an dem gewählten Bauplatz einen hohen Stand einnimmt, so bringe man sich durch Drainirungen oder Aufschüttungen möglichst aus dem Bereich der verderblichen Grundwasserschwankungen und schütze sich nicht etwa blos durch wasserdichten Unterbau vor den Durchnässungen der Grundmauern. Steht in hügeligem Terrain die Wahl des Ortes frei, so baut man besser auf Anhöhen oder an Thallehnen, als in Thalmulden, vortheilhafter am obern Ende des Thals, als am untern. Niemals sollte man, wenn es irgend thunlich ist, Anhäufungen von Koth oder Düngstoffen in der Nähe von Wohnungen zu Stande kommen lassen, am allerwenigsten aber gar Versieggruben anlegen; selbst eine Schleußenanlage zur Entfernung des Unraths ist unzweckmäßig, wenn sie nicht starken Fall hat und nicht fortwährend ausgespült wird. Lassen sich Düngerstätten nicht vermeiden, so dürfen diese auf keinen Fall mit der Sohle des Hauses in gleicher Ebene, noch viel weniger höher liegen als diese; man würde dadurch den Boden in der verderblichsten Weise für die Entwicklung von Krankheitskeimen vorbereiten. Die Brunnen müssen nothwendig in weiter Entfernung von den Düngerstätten angelegt werden. Trägt man dazu noch Sorge für frische Luft, vermindert man die individuelle Empfänglichkeit für Krankheiten durch eine nüchterne, auf gute Ernährung zielende Lebensweise, so kann man um ein gut Theil Sorge leichter dem Herannahen von Epidemien entgegensehen und hat wenigstens, so weit es möglich, seine Schuldigkeit gethan.

Mit noch viel größerer Bestimmtheit aber wird man sich sagen können, ob bei dem Auftreten von Epidemien an dem einen Orte Gefahr droht im eignen Wohnorte, namentlich für die Cholera, wenn man sich durch fortgesetzte Beobachtung von dem Gang des Grundwassers überzeugt hat. Hat das Grundwasser schon Monate vorher einen niedrigen Stand eingehalten, ist es nicht zurückgegangen oder gar gestiegen, so kann man ruhig der Seuche entgegensehen, auch wenn sie in nächste Nähe herangeruckt ist. Die Messungen selbst lassen sich leicht, ohne große Arbeit und ohne große Kosten ausführen, und es gehört dazu nur einige Ausdauer; man hat Nichts weiter nöthig, als regelmäßig von Zeit zu Zeit zu bestimmen, wie weit der Spiegel eines Brunnens, der entweder wenig benutzt wird oder auch bei der Benutzung seinen Stand nicht ändert, von einem festen Punkte der Bodenoberfläche absteht, und dies erfährt man schon einfach durch Hinabsenken einer Stange oder einer am Ende beschwerten Schnur. Will man noch sorgfältiger verfahren, so braucht man nur an die Stange oder das Band eine Reihe von Näpfchen oder ähnlichen kleinen flachen Gefäßen in Abständen von etwa einem halben Zoll zu befestigen und man wüßte dann aus den Näpfchen, die beim Heraufziehen des Meßapparats Wasser halten, bis zu welcher Höhe das Grundwasser steht. Würden aber solche Bestimmungen an recht zahlreichen Orten ausgeführt, so würde nicht blos der Wissenschaft ein großer Dienst geleistet, sondern man würde auch die Oertlichkeiten auffinden, welche die größte Sicherheit gegen Seuchen wie die Cholera darbieten, Asyle für Choleraflüchtige. An einer recht thätigen Betheiligung an diesen Forschungen fehlt es zwar leider noch immer; aber hat diese Wissenschaft schon jetzt so Bedeutendes geleistet, so läßt sich ihr eine große, dem Heile der Menschheit dienende Zukunft voraussagen.
H.