Der Trompeter vom Invalidenhause
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Der Trompeter vom Invalidenhause.
Der Trompeter am Invalidenhaus
Tritt vor mit dem Glockenschlage;
Einst blies er zum Sturme beim Schlachtengebraus,
Heut klingt’s zur Retraite wie Klage. –
Ist lange vor ihm geschieden
Zur großen Armee – nun kommen daran
Die letzten der Invaliden.
„Da bin auch ich in ihrer Zahl
Bald blas’ ich Retraite zum letzten Mal,
Muß selbst mich stellen dort oben.
Und seh’ ich – o Freude! – Euch wieder da,
Ihr alten, liebwerthen Helden,
Getreu und redlich vermelden.
Denn Vieles hat sich verändert hier
Im Laufe von sechzig Jahren;
Die Alten werden sich wundern schier,
Das Kreuz von Eisen, so hochgeschätzt,
Es ging nicht mit uns zu Grabe;
Es tragen’s blutjunge Burschen jetzt –
Sie achten’s als theuerste Habe.
Bei Leipzig nicht viel mehr die Jungen –
Sie reden von Sedan und Saint Privat
Und wie sie Paris bezwungen.
Und Eines noch – Cameraden, kommt her! –
Gebt Achtung, präsentirt das Gewehr!
Jetzt kommt das Beste von allen:
Prinz Wilhelm, der Cam’rad von Bar sur Aube,
Hat den Kaiserthron jetzt bestiegen,
Sie können noch kämpfen und siegen.“
Der Trompeter stützt’ auf die Krücke sich,
Ließ seine Trompete hangen;
Er lauschte, wie ferne so feierlich
Drei Tage darauf an denselben Ort
Antreten die Alten wieder.
Es rief sie kein Horn, kein Commandowort –
Still ordnen sich Reihen und Glieder.
Bei gedämpftem Trommelschlagen:
Der Trompeter vom Invalidenhaus
Wird nach dem Friedhof getragen.