Der Spruch auf der Burg Windeck
Das Mauerwerk schon fertig stand;
Es rührt der Zimmermann die Hand,
Und aufgeschlagen steht der Bau;
Das Thurmdach ragt ins Himmelsblau,
Da steckt der Strauß, ein Spiel den Winden.
Die Bänder wehn von Tannenstrauß
So lustig lockend weit hinaus;
Den Burgweg strömt das Volk hinan,
Der Bauherr kommt von Lorsch geritten,
Abt Diemo in der Brüder Mitten.
Es ist ein Fest für Jung und Alt,
Und Alles nach Burg Windeck wallt;
Des Festes Lust mit anzuschau’n;
Und was der Hof vermag zu fassen,
Wird freundlich auch hereingelassen.
Der Knabe steigt zum Thurm hinaus;
Und als das Volk erwartend schweigt,
Er dreimal sich bescheiden neigt,
Beginnet laut und ohne Zagen
Den frommen Zimmerspruch zu sagen.
Den er auf’s Wohl des Bauherrn trinkt.
Man schenkt den Becher wieder voll:
„Dem Ritter, der hier wohnen soll,
„Dem Kloster sei er Schutz und Wehre,
Die Bänder flattern um den Strauß;
Der Wind reißt manches mit hinaus.
Der Knabe sieht’s und bei sich spricht:
„Nimm alle, nur das eine nicht,
„Ich lass’ es nur mit meinem Leben.“
„Zum dritten Male schenkt mir ein!
„Der Becher gilt der Liebsten mein!
„Und wenn sie mich nicht minnen will,
„Stehn auch zu hoch des Himmels Sterne,
„Labt doch ihr Blick in tiefer Ferne.“
Der Knabe spricht bewegt das Wort;
Da reißt der Sturm das Band ihm fort,
Er beugt sich vor, – er stürzt ihm nach,
Im Sturze will er’s noch erfassen –
Er kann es nur im Tode lassen.