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Der Schatz auf dem Oybin

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Textdaten
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Autor: Heinrich Gottlob Gräve
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Titel: Der Schatz auf dem Oybin
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aus: Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz, S. 33–36
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: F. A. Reichel
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Erscheinungsort: Bautzen
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Quelle: MDZ München, Commons
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[33]
III. Der Schatz auf dem Oybin.

Auf der Stelle des Oybin, wo der rüstige Jäger Owate bekanntlich jenen gräulichen Bär erlegte und wo auf dem Platze, wo es geschehen war, zur Erinnerung, Quahl Freiherr von Berka, ein hölzernes Jagdhaus im Jahr 1211 erbaute, legten die Herren vom Burgberge bei Zittau, fast zwanzig Jahre später – weil rauben leichter ist, als arbeiten – ein Raubschloß daselbst an, von welchem sie die vorbei reisenden Kaufleute plünderten, und die ganze Gegend beunruhigten, bis endlich Zittau’s Bürger, müde dieses Unwesens, vor Burgh zogen und dieses Raubschloß zerstörten, das jedoch 1312 von einem Herrn von Leippa wieder vester erbaut und das Handwerk noch fleißiger und ernstlicher betrieben wurde, wo es denn für ihre ritterliche Nahrung – mit richtigern Namen [34] Plackerei genannt – ein sicherer Zufluchtsort war. Als Obersten haußten daselbst von Naptitz und von Tannenwälder, fürchterlichen Andenkens.

Doch das Weitere Geschichtliche mitzutheilen ist hier weder Zeit noch Platz,[1] also nur so viel davon, daß Johann, König von Böhmen – mehr zur Güte, als Strenge geneigt – das Zittauer Weichbild nebst Zubehör, gegen andere Güther bei Krummenau in Mähren eintauschte, wodurch 1319 der Oybin zugleich ein Kammerpertinenzstück der Könige von Böhmen wurde und jene lästige Plackereien ihr Ende, jedoch nur auf kurze Zeit, fanden. Denn da der König von Böhmen seine Schwester Agnes dem Herzoge Heinrich von Jauer vermählte, und ihr diese Besitzungen als Heirathsguth gab, gelangten sie in dieses Fürsten Hände, der sie durch Voigte bewirthschaften ließ, die das alte Räuberhandwerk wiederum hervorsuchten, wo denn diese Burg am 8. Decbr. 1343 von dem wilden Michelsberg erobert und die Geschäfte so lebhaft fortgesetzt wurden, daß der Oybin bald unter die berüchtigsten Raubnester damaliger Zeit gehörte. Als Böhmens Krone Karl IV. zufiel, bedrohte er wegen der vielen Klagen, die bei ihm gegen die Burgherren einliefen, die Raubritter hart; allein diese verlachten seine Drohungen, bis er Ernst brauchte, mit Heeresmacht gegen Zittau zog, den Oybin belagerte und durch mühevolle Anstrengungen die Burg 1349 nach tapferer Gegenwehr eroberte, die Räuber, von denen nur [35] wenige des Schwertes Schärfe verschont hatte, überwältigte und das Felsennest zerstörte. Im Jahre 1369 wurde ein Cölestinerkloster daselbst errichtet, welches im Jahre 1568 wiederum einging.

Leicht läßt es sich denken, daß so viele Besitzer dieses Orts, welche vom Raube lebten, so wie angeblich auch die Klosterbrüder, nicht unbedeutende Schätze anhäuften, sie – um im Fall der Noth davon Gebrauch zu machen – in der Erde verbargen, wo sie, da ihre Besitzer entweder starben, oder nicht Gelegenheit hatten sie an’s Tageslicht zu bringen, noch bis heutigen Tages liegen und da es größtentheils unrechtmäßig erworbenes Guth ist, von bösen Geistern bewacht werden, also nicht anders, als durch kräftige Bannformeln ihren Klauen entrissen werden können; schon mehrere Versuche hat man, um sich ihrer zu bemächtigen, gewagt, allein Alles vergebens, indem noch nicht der Geweihte gekommen ist.

Die Bewohner dieser, so wie der Umgegend, erzählen wundervolle Geschichten von dem, was sie erlebt, erzählen gehört, oder selbst gesehen haben. Denn, da ertönt z. B. oft ein grauenvolles Heulen, Stöhnen und klägliches Gewinsel in der Luft, bald dröhnt es an den Ruinen des Burgthurms mit mächtigen Schlägen, Waffengeklirr wird vernehmbar und Geschrei, wie von Kämpfenden läßt sich mit gemischten Trompetenschall und wildem Pferdegewieher hören. Ein andermal erblickt man leuchtende Flämmchen, welche den ihnen Folgenden in Abgründe leiten, wo er beschädigt hinabstürzt, oder – wenn es glücklich geht – [36] in entferntere Gegenden, gleichsam auf Windesflügeln, von einem Wirbel geweht wird. Bald schwirren in dunkeln Nächten scheußliche Ungeheuer mit glühenden Augen, Flammen aus dem Rachen hauchend, durch die Lüfte und bald erscheinen im falben Lichte des Vollmonds riesige Gestalten in schwarzen Harnischen mit blutrothen Helmbüschen, abwechselnd mit Männern in Mönchskutten und Frauen in alter Kleidung, vollgestopfte Wetscher tragend, die mit grauserregenden Gesichtern, hohlen Augen und widrigen Gebehrden anglotzen und winken. Bald stürzen wunderbar gefiederte Vögel mit krummen Schnäbeln und drohenden Fängen unter knirschenden Geschrei aus den Wolken, kämpfen hartnäckig gegen einander und ziehen mit betäubenden Flügelschlage wiederum von dannen. Nie aber hat irgend Jemand von den Spukgestalten Geschenke erhalten, oder ist ihm durch sie ein Schätze bergender Fleck angezeigt worden, eben so wenig als – wie bereits gedacht – diejenigen, welche, kühn genug, daselbst nach Schätzen gruben, dadurch beglückt, sondern entweder verarmten oder mit lebenslänglichen Krankheiten heimgesucht wurden. Noch liegen also diese aus Kirchen, Klöstern von Priestern und Laien einige Jahrhunderte hindurch aufgehäuften Schätze im Schooße der Erde verborgen und harren der durch Zufall begünstigten Hand, oder den finstern Kenntnissen eines erfahrenen Geisterbeschwörers, der den Zauber löset, die Geister bannt und die Kostbarkeiten der Erde entreißt.


  1. S. Der Oybin bei Zittau. Raubschloß, Kloster und Naturwunder. Malerisch und historisch beschrieben v. Dr. Christ. Aug. Peschek. Zittau u. Leipzig 1792. 8.