Der Reisekoffer
[109] Der Reisekoffer
Bei Tafel saßen in bunter Reih’,
Damen und Herren; auch saß dabei
Ein junger Mann von blassem Gesicht,
In Haltung und Ausdruck ernst und schlicht,
Aber schweigsam verhältnismäßig.
Und wie ein Bach in der Sonne Blinken
Glitt das Gespräch zwischen Scherzen und Trinken.
Man sprach über dieses, man sprach über jenes,
Und kam über Unfälle und Verbrechen
Schließlich auf Reisekoffer zu sprechen.
Da waren nun, wie das so geht hienieden,
Urteil und Ansichten sehr verschieden;
Bequem zu packen und rasch zu leeren,
Ohne daß dabei die Toilette
Jemals Schaden genommen hätte.
Den Herren hingegen wollte es scheinen,
Die leichten, zusammengeklappten Dinger;
Man könne sie heben mit einem Finger –
[110] Unser Jüngling in guter Ruh’
Kaut seinen Bissen und schweigt dazu.
Glitt das Gespräch zwischen Scherzen und Lachen
Von Reisekoffern auf ferne Gefilde
Im schönen Italien, auf Kunstgebilde
Und dann auf das Glück, auf das Glücklicherscheinen,
Unser Jüngling kaut wacker fort,
Hört von dem allen kein Sterbenswort;
Seine Gedanken, begreiflicherweise
Dämmern so weiter im alten Gleise.
Löst sich ein Etwas in seinem Hirn,
Und klettert herab, und erreicht seine Zung’,
Und wird nun allmälig zur Äußerung.
Und er tut den Mund auf, er winkt mit der Hand –
Die Herren verstummen von Reminiscenzen
Aus schwülen Garderoben mit welkenden Kränzen;
Alles starrt in verhaltenem Grimme,
Und er flötet mit süß melodischer Stimme,
„Ich habe einen von Seehundsfell.“