Der Pirat
[87] Der Pirat.
Nach José de Espronceda.
Mit zehn Kanonen blank an Bord,
mit vollen Segeln vor dem Wind,
die flink wie Mövenflügel sind,
streicht eine Barke durch die Flut:
auf allen Meeren er gekannt
von einem bis zum andern Strand,
der „Hai“ getauft für seinen Mut.
Im dunkeln Wasser hüpft der Mond,
ein langer Silberstreifen rinnt
breit durch die blaubewegte Flut.
Und der Piratenkapitän
sitzt singend hoch an Steuers Rand,
und sitzt und singt und schwenkt den Hut:
„Fliege, mein Segler du, fliege,
unverzagt;
fliegst und segelst zum Siege!
[88] der Himmelstücken, der feindlichen Schiffe,
weil dein Herr sein Leben wagt!
Zwanzig Prisen
haben wir gemacht,
ausgelacht;
hundert Nationen
liegen und grüßen hier
mit ihren Flaggen
Denn meine Barke ist mein Reichtum,
denn mein Gesetz ist mein Begehr,
mein Gott der Wind und meine Freiheit,
mein einzig Vaterland das Meer.
in blinder Gier
um ein paar Aecker Rüben.
Sehet, ich lache! Meine Gefilde
reichen, soweit das weite wilde
Da ist kein Wimpel,
wie er auch glänze,
da keine Küste,
wo sie auch grenze,
meinem Geschlecht,
die nicht erkannten
mein Hoheitsrecht.
Denn meine Barke ist mein Reichtum,
mein Gott der Wind und meine Freiheit,
mein einzig Vaterland das Meer.
[89] „Kaum schrein vom Mars die Jungen:
Schiff in Sicht!
hoi alle Segel breit, Fersengeldsegel,
rennt es und rennt es; denn diese Flegel
lieben den König der Meere nicht.
Aber wie Brüder
meine Getreuen,
teilen die Beute wir.
Ein einzig Eigentum
nehm ich für mich
dich, Schönheit, dich!
Denn meine Barke ist mein Reichtum,
denn mein Gesetz ist mein Begehr,
mein Gott der Wind und meine Freiheit,
„Verdammt zum Höllenfeuer,
zum Tod am Strick,
sitz’ich und lache euer!
Hütet euch, Schufte: wen ich mir lange,
vielleicht von seiner eignen Brigg!
Und wenn ich falle:
was ist das Leben!
Hab es schon damals
als ich die Kette brach,
als ich, ein Held,
mir schuf mein eigen Recht,
mir meine Welt.
denn mein Gesetz ist mein Begehr,
mein Gott der Wind und meine Freiheit,
mein einzig Vaterland das Meer.
„Melodieen wie brausend
spielt mir im Nachtsturm, sausend,
meiner geschüttelten Taue Gestöhne,
meiner Kanonen Donnergedröhne
und des schwarzen Meeres Gebrüll.
Liedern umschnoben,
geh ich zur Ruhe,
wogenumwoben,
jubelnde Zungen
in Schlaf gesungen
vom Meer, vom Meer.
Denn meine Barke ist mein Reichtum,
denn mein Gesetz ist mein Begehr,
mein einzig Vaterland das Meer!“
Im dunkeln Wasser hüpft der Mond,
im Tauwerk seufzt und pfeift der Wind,
ein langer Silberstreifen rinnt
Und der Piratenkapitän
lehnt schweigend hoch an Steuers Rand,
links Asiens, rechts Europens Strand,
tief in die Stirn gedrückt den Hut.
mit vollen Segeln vor dem Wind,
die flink wie Mövenflügel sind,
streicht seine Barke durch die Flut:
die Barke des Piratenherrn,
vom einen bis zum andern Strand,
der „Hai“ getauft für seinen Mut.