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Der Phönix und die Turteltaube

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: William Shakespeare
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Titel: Der Phönix und die Turteltaube
Untertitel:
aus: William Shakspeare's sämmtliche Gedichte. Im Versmaße des Originals übersetzt von Emil Wagner. S. 151 - 154
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1601
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: J. H. Bon
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Erscheinungsort: Königsberg
Übersetzer: Emil Wagner, Pseudonym für: Ludwig Reinhold Walesrode
Originaltitel: The Phoenix and the Turtle
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[151]

XX.

Laß den Vogel hellster Lieder, –
Der in Arabien haus’t allein –
Schwermuthsvollen Herold sein,
Folg’ ihm dann, ein keusch Gefieder!

5
Doch der schreiende Verkünder

Jedes Unglücksfalls und Leidens,
Er, der Bote nahen Scheidens,
Keinen Platz im Zuge find’ er!

Dem Vereine fern soll stehn

10
Jene Vogelschaar, die raubt;

Nur des Adlers Königshaupt
Soll die Feier mitbegehn.

[152] Und der Schwan, als Priester, singe,
Weiß gekleidet, Trauerlieder

15
Auf das Todtenpaar hernieder,

Und das Requiem erklinge.

Bleibe dreifach alte Krähe, –
Der ein schwarz Geschlecht erzielt
Athem, den sie giebt und stiehlt, –

20
In des Trauerzuges Nähe.


Nun beginnt der Trauerchor:
Lieb’ und Treu’ ist ausgegangen,
Taub’ und Phönix, ach, sie schwangen
Sich in Flammengluth empor!

25
Beide fühlten gleiche Triebe,

Doch die Liebe war nur eine,
Zwei Gestalten, – Trennung keine,
Es verschwand die Zahl in Liebe.

In den Herzen, nicht erkennen

30
Ließ sich einer Trennung Spur,

Zwischen Taub’ und Phönix nur
Darf man das kein Wunder nennen!

So war ihre Liebe gleich,
Daß für Jedes alles Licht

35
Gab des Andern Angesicht,

[Jen]es war im Andern reich.

[153] Und das Eigenthum erblich,
Weil das Selbst sich nicht gehörte;
In des Andern Namen hörte

40
Taub’ und Phönix Jedes sich.


Der Verstand, in sich verwirrt,
Sah die Trennung sich vereinen,
Jedes nur das Andre scheinen,
In einander so verirrt,

45
Daß er ausrief: „Mir will scheinen,

"Daß sich Zwei in Eins hier banden!
"Lieb’ allein nur hat’s verstanden,
"So Getrenntes zu vereinen!“

Diese Trauermelodie

50
Für die beiden Liebessterne,

Taub’ und Phönix, die nun ferne,
Macht’ er drauf als Chor für sie:

Trauergesang.

Schönheit, Treue, Seltenheit,
Anmuth in Bescheidenheit,
Ist’s, was diese Asche beut.

Todt ist nun des Phönix Lust,

5
Und der Taube treue Brust,

Sterben hat auch sie gemußt!

[154] Kinder thun ihr Lob nicht kund,
Doch nicht Schwäche war der Grund,
Nein, der Ehe Keuschheitsbund.

10
Treue scheint, kann nicht mehr sein;

Schönheit prahlt, es ist nur Schein,
Treu’ und Schönheit im Verein

Ruhen hier! Hieher laßt gehn
Sie, die treu sind oder schön,

15
Und für diese Todten flehn! –