Der Phönix (von Arnswaldt)
Phönix, Liebling aller Götter,
Dem Apoll mit eigner Hand
Kränze heil’ger Lorbeerblätter
Um die würd’ge Stirne wand,
Allen Wilden Bildung bringend,
In der Künste Vaterland.
Wie der Aar dem Horst entschwebet,
Brach sein mächtig Lied hervor;
Stieg es wirbelnd hoch empor.
Wogend senkt es sich dann nieder,
Und in sanften Tönen wieder
Rührt es das erstaunte Ohr.
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Kannten alle Völker ihn –
Durft’ er uns entrissen werden?
Mußt’ er uns auf ewig fliehn?
Wird er uns nie wieder singen?
Solches Feuer auch verglühn?
Horch! wie alle weinend klagen!
Weh! Des Schicksals hartes Wort
Hat auf ewig ihn getragen
Aber matter Trostes-Schimmer
Malt in ihrem Blick sich immer:
Seine Lieder leben fort!
Ha! sie können ihn nicht sehen,
Und zu der Vollendung Höhen,
Seinem großen Ziele, strebt;
Wie er freudig und entschlossen,
Von Ambrosia-Duft umflossen,
Phönix, Phönix sollte sterben,
Stürzen in des Orkus Nacht?
Er, der Göttliche, verderben
Durch der Parzen finstre Macht? –
Und die Musen ihm nur leben,
Und Apollo für ihn wacht?
Schon umleuchten ihn die Sterne –
Da ertönt dem Göttersohn
Vom erhab’nen Albion.
Und er folgt dem hohen Rufe,
Und betritt die letzte Stufe
Zu des ew’gen Ruhmes Thron.
Sucht’, und hier nun endlich fand,
Und worin das Glück des Lebens
Großer Seelen stets bestand:
Freiheit ist’s, – um die zu retten,
Duldet alles dieses Land.[1]
Freiheit heilt ihm alle Wunden;
Freiheit nur ist seine Welt.
Sie, mit Tugend fest verbunden,
Freiheit ist sein einz’ges Sehnen;
Freiheit, Freiheit wird es krönen,
Bis der Bau des Himmels fällt!
Dahin senkt sich Phönix nieder –
Horch! ihn ruft Apollo wieder,
Regt die Urkraft in ihm auf –
Schon hat, da er tätig waltet,
Schon ein Holzstoß ihm gestaltet,
Und er stürzt sich in das Feuer;
Wonnig schwelgt sein Geist darin;
Schön ist seines Todes Feier,
Freudig, fessellos sein Sinn.
Sinkt er in den kurzen Schlummer,
Schwindet er in Asche hin.
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Aber noch ein Funken glühet
Durch der Asche düstern Flor;
Aus des Todes Nacht hervor.
Alles Sterbliche vermodert;
Aus der schwachen Hülle lodert
Heil’ge Flamme hoch empor!
Auf zum freien Himmelszelt.
Wie die Kraft, die in ihm lebet,
Ihm den Mut der Seele schwellt!
Kühnes, freudiges Entzücken
Und sein Geist umfaßt die Welt.
Ha! jetzt singet er begeistert –
Wie in ihm ein Gott sich regt!
Wie der Neid nur an ihm meistert!
Wie ihn kühner, fesselfreier
Als den Vater, mächt’ges Feuer
Auf zum hohen Himmel trägt.
Siehst du wohl den Wandrer dorten,
Fremd ist der an diesen Orten,
Der nicht weiß, wie jener heißt.
Wird er forschend nach ihm fragen,
Kannst du ihm mit Freude sagen:
- ↑ Man vergesse nicht, daß man damals 1818 schrieb!