Der Minneberg (Schnezler)
Wem wirds nicht sehnlich zu Sinne,
Hört er vom Minneberg?
Wer denkt nicht, daß sich darinne
Verschwiegene Minne berg’?
Der Ritter Tanhuser ruht,
Mit Frau Venus Mund an Munde,
Verschmolzen in süßer Gluth?
Komm, setz’ Dich im Abendlichte
Und höre nun die Geschichte,
Die man erzählt von hier:
Tief in dem Berge hausen
Zwölf schöne Jungfräulein;
Doch stets nur Eine allein.
Die setzte sich an die Quelle
Dort an dem schattigen Hang,
Sich labend am Kühl der Welle
Vom nachbarlichen Schloße
Kam einstens ein Edelknab’,
Verirret vom Jägertrosse,
Hier an den Quell herab;
Das reizendste Mägdlein sitzt
Im blüthenweißen Gewande,
Vom Gürtel ein Demant blitzt.
Ein himmlisches Lächeln spielet
Aus dessen Bogen zielet
Der Gott, der Alles macht wund.
Sie grüßet, wie hold erschrocken,
Den jungen Jägersmann –
Sie halten ihn bald im Bann,
In heißer Liebesumschlingung –
Doch sprach das Jungfräulein:
„Nur unter Einer Bedingung
„Gelobe mir, nie zu spähen
Wo ich zu Hause bin,
Mir niemals nachzugehen
Zur verschwiegenen Wohnung hin!
In mein geheimes Haus,
So kommst Du in ewigen Tagen
Nie wieder an’s Licht heraus!“
Er schwört’s; mit glühenden Küßen
Geweiht zu Himmelsgenüssen
Der trauliche Schattengrund. –
So floßen am kühlen Bronnen,
Bei kosigem Minnespiel,
Der Frühlingsabende viel.
Doch ließ die Neugier, die schlimme,
Dem Jüngling keine Ruh;
Stets rief ihm eine Stimme
„Geh ihr nach, geh’ ihr nach, wenn die Lose
Deinem Arm sich wieder entzieht,
Und in des Gebirges Schoose
Nach der heimlichen Wohnung flieht.
Das Räthsel so wunderbar,
Und drohte auch unabwendlich
Dir ewigen Banns Gefahr!“
Er kann nicht widerstehen,
Vom Liebchen ungesehen,
Schleicht er ihr Abends nach;
Entlang des Berges Seiten
Folgt er ihr ohne Halt, –
In einen Felsenspalt.
Er kann nicht widerstehen,
Es drängt ihn mächtig hinein –
Kein Mensch hat ihn mehr gesehen,