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Der Landbriefträger im Spreewalde

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Textdaten
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Autor: N.
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Titel: Der Landbriefträger im Spreewalde
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 164
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Zur Postzustellung im Winter siehe auch Winterleben im Spreewald, Jg. 1893
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[161]

Landbriefträger im Spreewald.
Nach einer Originalzeichnung von W. Zehme.

[164] Der Landbriefträger im Spreewalde. (Zu dem Bilde S. 161.) Statt der Chausseen und Fußwege lauter Kanäle und Rinnsale – das ist es vor allem, was den Verkehr im wendischen Spreewalde so gar eigenartig macht. Auf dem Wasser, im geschmückten Boote, fährt man den kleinen Spreewaldbürger nach Lübbenau oder Burg zur Taufe, im Boot begiebt sich der Abcschütz nach der Schule, und auf den grünen, freundlichen Spreewellen läßt man sich zur Arbeit wie zur Freude tragen. Eines Tages hallen Trompetenstöße oder die weichen Töne des Dudelsackes über die stillen Wasserflächen; dem mit Musikern besetzten Kahne folgt ein blumenbehängtes, üppig aufgeputztes Fahrzeug, darin ein liebend junges Menschenpaar in die Kirche zur Trauung gleitet, und hinterher schaukeln die „Spreewaldkutschen“ der Hochzeitsgäste, Boot bei Boot. Weiter kommt ein Tag, wo Grabgesang über Wald und Wiese forttönt; in Kähnen geht es zum Gottesacker … Auf dem Wasser blickt der Spreewäldler zum erstenmal in die lachende Gotteswelt hinein, auf dem Wasser fährt er zur ewigen Ruhe.

Das schlanke Mädchen, dem der schalkhafte Postbote mit dem dicken Briefe eine so herzliche Morgenfreude bereitet, denkt mit keinem Gedanken daran, daß die leis bewegte Straße da unten sich auch zum Friedhofe wendet; sie sieht heute in ihr nur den Triumphweg, der geradeaus zum Altare führt, wo die Frage des Pfarrers ihr das freudige Ja entlocken wird. Annuschka hat wochenlang darauf gewartet, daß der Liebste, den sie zur Garde genommen haben, ihr von der großen Stadt Berlin und seinen Erlebnissen darin umständlichen Bericht geben würde. Nach langem Harren hat endlich die Schwarzäugige ihr Billetdoux vom unvergeßlichen Pionier, sie hält es sicher, sie hält es warm, und heute werden die Lustigkeit und das Singen im Blockhause nimmer aufhören. – Des in unserm Falle mit einigem Unrecht „Land“-Briefträger genannten Stephansjüngers Fahrt geht weiter die breite „Dorfstraße“ hinab: hier und da Abstecher in ein Sackgäßlein, dann, wenn jedem das Seine geworden ist, aus dem Klein-Venedig hinaus in den Erlenwald, dessen sonnendurchstrahltes Laub bis an die Erde hinunterklettert, hinaus in die Wiesenkanäle, zu den einsam gelegenen „Kaupen“, den Einzelansiedelungen, oft auch ins Herrenschloß. Unser Spreewaldbriefträger ist, selbst wenn Regen und Sturm ihm den Dienst erschweren, keineswegs schlimmer dran als seine Kollegen, die alleweil festen Erdboden unter sich haben; mit der Spreewaldstake rudert sich’s leicht – im Winter hilft, noch angenehmer, der Schlittschuh vorwärts! – und der wendische Bauer ist gastfrei, läßt den Boten zwar immer gute, doch nie böse Nachrichten entgelten. N.