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Der Lampertswald

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Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Der Lampertswald
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 41–44
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB Dresden und Wikimedia Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch: Radeberg
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14. Der Lampertswald.

Östlich von Augustusbad, nur durch die Landstraße getrennt, welche Radeberg mit Wachau und Seifersdorf verbindet, breitet sich ein umfangreiches Waldgebiet aus. Dasselbe erstreckt sich östlich bis an die Pulsnitzer Straße, nördlich bis Leppersdorf und südlich fast bis an das Vorwerk Friedrichsthal. –

Der Lampertswald steigt von Westen sanft nach Osten an und findet im Spitzberge, der 300 Meter über dem Spiegel der Ostsee liegt, seine höchste Erhebung. Von dort aus schweift das Auge über ein landschaftlich reizendes Bild. Am südlichen Fuße des Spitzberges breitet sich das idyllisch gelegene Vorwerk Friedrichsthal aus. Nach Süden hin überblickt man in seiner ganzen Ausdehnung die gewerbfleißige Stadt Radeberg. Nach dieser Richtung zu schweift das Auge bis an die Höhen bei Pillnitz. Man überblickt die Hochebene von Schönfeld, die ihren Abschluß im Porsberge bei Pillnitz findet. Aus dem Hintergrunde dieser Hochebene grüßen die Höhen des östlichen Erzgebirges herüber. Nach Westen zu schweift das Auge über die Langebrücker Heide, nach Norden hin wird die Aussicht durch den aufragenden Wald gehemmt. Doch überblickt man nach Nordosten und Osten hin einen großen Teil der westlichen

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Lausitz Sachsens. Da grüßen aus der Ferne der turmgekrönte Schwedenstein bei Obersteina-Pulsnitz, der sagenumwobene Sibyllenstein bei Elstra, der Valtenberg bei Niederneukirch-Bischofswerda. Das Auge überschaut das weitausgedehnte Waldmeer der Masseney. Von Südosten herüber grüßt die althistorische Bergfestung Stolpen. Wer ein Freund von Gottes schöner Natur ist, der wird immer und immer wieder seine Schritte nach dem Spitzberge lenken, zu dem von Augustusbad aus verschiedene Wege um und durch den herrlichen Lampertswald führen. Zu jeder Zeit des Jahres ist eine Wanderung durch diesen Wald höchst anziehend, sei es im Winter, wenn alles tief verschneit ist und die ernsten Bäume im schönsten Winterschmucke prangen, sei es im Frühlinge, wenn das Leben im Walde von neuem erwacht, oder sei es im Hochsommer, wenn der Wanderer gern des Waldes Kühle aufsucht. An einem Wege, der nach dem Spitzberge führt, findet man fast mitten im Lampertswalde ein einfaches Denkmal, das folgende Inschrift trägt:

„Dem treuen Hüter dieses Waldes.
Johann Traugott Görner.
† 1885“

Der Lampertswald ist auch ein Heimgarten der Frau Saga. Hier lauscht und flüstert sie seit Jahrhunderten und weiß zu berichten, daß einst hier im stillen Waldesgrün ein stattliches Dörflein stand. Dasselbe soll den Namen Lampertswalde getragen haben. Längst aber ist es im Kampf und Streit untergegangen. Seine Trümmer haben Moos und Heidekraut verhüllend umschlungen. Nicht unmöglich ist es, daß man beim Nachgraben auf Mauerreste stoßen könnte. Lampertswalde ist jedenfalls im Hussitenkriege verwüstet worden, wie noch so mancher Ort in seiner Nähe, z. B. Diensdorf bei Seifersdorf, Rudigersdorf in der Masseney, Reinhardtswalde oder Ludwigsdorf im Karswalde bei Arnsdorf, Rottwerndorf bei Großerkmannsdorf. Die Bewohner fanden sicherlich den Tod im Kampfe um den heimischen Herd, oder sie flüchteten in die umliegenden Wälder. Man baute den verwüsteten Ort nicht wieder auf, und bald hatte der Wald sich da ausgebreitet, wo einstmals glückliche Menschen wohnten.

Wer die Sprache des Waldes versteht, der wird in seinem Rauschen so manches vernehmen. Da erheben sich im Vollmondschein zur Mitternacht kleine, strohbedeckte Hütten um einen freien Platz. In der Mitte desselben plätschert der Dorfbrunnen. Hierher kommen am Abende die Mädchen, um Wasser zu schöpfen und – um zu plaudern. Unter einer alten Linde, die weitaus ihre Äste breitet, sitzen die Männer und halten wichtige Beratungen ab, oder sie lauschen den Erzählungen eines Greises. In einiger Entfernung tummeln sich die Kinder in fröhlichem Spiele. Vor den Türen der Hütten stehen die Frauen und schauen dem lustigen Treiben ihrer Kinder zu.

Das Rinnsal, welches einst mitten durch den Lampertswald floß und den [43] romantischen Tannengrund, in dem das liebliche Augustusbad ruht, als munteres Bächlein durcheilt, um sich bei Liegau der Röder in die Arme zu werfen, haben wir uns als den ehemaligen Dorfbach von Lampertswalde zu denken, dessen Quelle wahrscheinlich der Dorfbrunnen war.[1]

Auch noch eine andere wüste Mark enthält der Lampertswald. Einen Teil desselben bezeichnet der Volksmund als die Hilgerswiesen. Hier soll in früheren Jahrhunderten ebenfalls ein Dorf gestanden haben, das den Namen „Hilgersdorf“ getragen habe.

Den Lampertswald nennt man gewöhnlich auch „die Landwehr“. Jedenfalls ist der letztere Name die Verstümmelung, die aus dem Worte Lampertswald entstanden ist. In dem Worte Lampertswald finden wir versteckt den Namen Lampert oder Lamprecht, also einen Personennamen. Am östlichen [44] Rande des Lampertswaldes liegt das freundliche Kirchdorf Leppersdorf. Man vermutet, daß in dem Worte Leppersdorf der Name Lampert leis hindurchklinge, ob freilich diese Ansicht berechtigt ist, das bleibe dahingestellt. –

Vielleicht ist Lampert oder Lamprecht der Gründer des sagenhaften Dorfes Lampertswalde gewesen. Als frommer Einsiedler mag er hier sein Hüttlein im grünen Walde unfern des Spitzberges aufgeschlagen haben, von wo sein Auge weit in das umliegende Land schweifen konnte. Zu „Lampert im Walde“ werden andere Ansiedler gekommen sein, die ebenfalls ihre Hütten hier aufschlugen. Mit der Zeit entstand ein Dörflein. Der neuen Ansiedelung gab man zur Erinnerung an den ersten Bewohner derselben den Namen Lampertswalde. Dieser Name ist trotz des Wechsels der Zeiten bis auf den heutigen Tag in der Bezeichnung jener Waldfläche, die sich zwischen Augustusbad und Leppersdorf ausbreitet, erhalten geblieben.


  1. Professor Dr. Sophus Ruge: „Geschichte des Augustusbades bei Radeberg“. 1880. Seite 1.