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Der Kopf an der Nicolaipforte zu Budissin

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Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Der Kopf an der Nicolaipforte zu Budissin
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. S. 119–120
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Erscheinungsort: Dresden
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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Bild
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Bearbeitungsstand
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734) Der Kopf an der Nicolaipforte zu Budissin.
Wilke a. a. O. S. 71 sq. Böhland S. 92 sq.

Im Jahr 1429 wütheten die Hussiten in der Lausitz und erschienen am 12. Octbr. auch vor der Stadt Budissin. Ihr Anführer Molesko (oder Mieslaske) forderte die Stadt sogleich zur Uebergabe auf, allein der tapfere Bruno von Colditz, der daselbst befehligte, wies dieses Ansinnen muthig zurück. Die Hussiten stürmten nun an drei verschiedenen Orten, am Schüler- und Reichengraben und in der Nähe der jetzigen Michaeliskirche; allein sie wurden überall mit großem Verluste zurückgeschlagen. Da fand es sich auf einmal, daß der Pulvervorrath durch ruchlose Hand angefeuchtet worden war, und ziemlich gleichzeitig stiegen auch aus einem Hause auf [120] der Reichengasse die Flammen gen Himmel, allein der tapfere Commandant wußte die Feuersbrunst zu löschen und den Mangel an Pulver durch andere Vertheidigungsmittel zu ersetzen. So gelang es ihm, die Hussiten, nachdem deren Anführer gefallen war, abzuschlagen. Kaum waren die Hussiten fort, so wurde von Seiten des Raths eine öffentliche Procession angeordnet, welche alle Jahr bis auf die Zeit der Reformation abgehalten ward, und beschlossen, an der Stelle der kleinen Kapelle die jetzige Michaeliskirche zu erbauen, weil man sagte, der Erzengel Michael habe während des Sturmes über der Stadt geschwebt. Nun hatte aber während des Sturmes der Ritter Bruno einen Pfeil mit einem Papierstreifen aus den Reihen der Vertheidiger nach dem Heere der Hussiten zu fliegen sehen. Bald kam ein ähnlicher in derselben Richtung zurückgeflogen; man ergriff den Bürger, der jenen abgeschossen hatte, und fand, daß es der Stadtschreiber Prischwitz gewesen war. Derselbe gestand auf der Folter, daß er für 100 Schock das Feuer angelegt, die Fenster seines Hauses am Markte, damit es verschont bleibe, mit neuen Ziegelsteinen ausgesetzt habe, und ihm für das Gelingen des ganzen Anschlags von den Hussiten jährlich noch 10 Schock versprochen worden seien. Er wurde am 6. Decbr. auf einer Kuhhaut vom Markte aus durch alle Gassen geschleift, ihm der Leib aufgeschnitten, das Herz herausgerissen und ins Gesicht geworfen, sein Körper in vier Theile getheilt und an jedem Thore ein Stück aufgehangen. Die Ringe, die man noch vor einiger Zeit an jedem Thore bemerkte, und der Kopf, der an der Nicolaipforte eingemauert ist, sollen aus jener Zeit herrühren.