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Der Keuler

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Textdaten
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Autor: Heinrich Gottlob Gräve
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Titel: Der Keuler
Untertitel:
aus: Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz, S. 190–191
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: F. A. Reichel
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Erscheinungsort: Bautzen
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Quelle: MDZ München, Commons
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XC. Der Keuler.

Einem Herrn von Nostitz auf Kreckwitz, träumte einst, daß er von einem großen Eber, welcher zu jener Zeit die Umgegend in Furcht und Schrecken setzte und den Nachstellungen rüstiger Weidmänner Hohn sprach, getödtet würde. So ein eifriger Priester Diana’s er auch immer war, so nahm er sich doch diesen Traum sehr zu Herzen, und hörte mit Unlust der Hörner Ton und der Rüden Gebelle, sonst Sphärenmusik seinem Ohr. Umsonst versuchten seine [191] Jagdgenossen ihm andere Gedanken beizubringen und vergebens war der Scherz eines seiner Vertrauten, der ihm, das „Träume sind Schäume!“ in’s Ohr raunte; er blieb auf seinem Zimmer und wagte es nicht einen Fuß über dessen Schwelle, geschweige denn in den Forst zu setzen. Einige Tage nachher erschallten im jauchzenden Jubelton die Hifthörner, den glücklichen Sieg über ein gefälltes Wild verkündend. Der Jagdzug – die Hüte mit grünen Reißern geschmückt – langte auf dem Schloßhofe an, die Neugierde lockte ihn an’s Fenster und – wer schildert seine Freude? – als er seinen ihm angekündigten Mörder erlegt vor sich liegend erblickte, fiel ihm der lastende Berg vom Herzen. Er befahl sogleich Küch’ und Keller zu öffnen und reichlich die wackern Weidmänner mit Speis’ und Trank ihre Anstrengungen vergessen zu machen. Freudig eilte er in den Schloßhof, trat hohnlachend vor den erlegten Feind, den ihm der Traum gezeigt hatte, und rief: – indem er seine Hand auf dessen Gepräge legte – „Nun wirst du mir doch nichts thun!“ Unversehends schlitzte er sich am Gewehr des Wildes, welches ihm Entzündung verursachte, woran er – da die Verletzung vernachlässigt und nicht bei Zeiten zweckmäßige Mittel angewendet wurden – am dritten Tage elendiglich am Brand starb.

Von dieser Zeit an läßt sich nun der Keuler – welches wahrscheinlich kein guter Geist war – feuerfauchend am Abende des St. Hubertustages sehen, und wehe dem, der ihm begegnet, indem er gewiß seine Gewehre schmerzlich empfinden würde.