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Der Kaiser von China spricht

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Hugo von Hofmannsthal
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Titel: Der Kaiser von China spricht
Untertitel:
aus: Gedichte, S.47–48
Herausgeber:
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Entstehungsdatum: 1897
Erscheinungsdatum: 1922
Verlag: Insel Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld und Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck in: Wiener Allgemeine Zeitung (Wien), Osterbeilage 1898
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[47]
DER KAISER VON CHINA SPRICHT:


In der Mitte aller Dinge
Wohne Ich, der Sohn des Himmels.
Meine Frauen, meine Bäume,
Meine Tiere, meine Teiche

5
Schließt die erste Mauer ein.

Drunten liegen meine Ahnen:
Aufgebahrt mit ihren Waffen,
Ihre Kronen auf den Häuptern,
Wie es einem jeden ziemt,

10
Wohnen sie in den Gewölben.

Bis ins Herz der Welt hinunter
Dröhnt das Schreiten meiner Hoheit.
Stumm von meinen Rasenbänken,
Grünen Schemeln meiner Füße,

15
Gehen gleichgeteilte Ströme

Osten-, west- und süd- und nordwärts,
Meinen Garten zu bewässern,
Der die weite Erde ist.
Spiegeln hier die dunkeln Augen,

20
Bunten Schwingen meiner Tiere,

Spiegeln draußen bunte Städte,
Dunkle Mauern, dichte Wälder
Und Gesichter vieler Völker.
Meine Edlen, wie die Sterne,

25
Wohnen rings um mich, sie haben

Namen, die ich ihnen gab,
Namen nach der einen Stunde,
Da mir einer näher kam,
Frauen, die ich ihnen schenkte,

30
Und den Scharen ihrer Kinder,
[48]
Allen Edlen dieser Erde

Schuf ich Augen, Wuchs und Lippen,
Wie der Gärtner an den Blumen.
Aber zwischen äußern Mauern

35
Wohnen Völker meine Krieger,

Völker meine Ackerbauer.
Neue Mauern und dann wieder
Jene unterworfnen Völker,
Völker immer dumpfern Blutes,

40
Bis ans Meer, die letzte Mauer,

Die mein Reich und mich umgibt.