Zum Inhalt springen

Der Königin-Marien-Schacht

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Heinrich Morich
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der Königin-Marien-Schacht
Untertitel:
aus: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender 1940
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum:
Verlag:
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[47]
Der Königin-Marien-Schacht.
(Gedenkblatt zu seiner Einweihung vor 83 Jahren.)
Von H. Morich.


     Der Königin Marienschacht war der Hauptschacht im oberen Burgstätter Revier und wurde deshalb abgeteuft, weil die anderen (tonnlägigen) Schächte in diesem Revier, Dorothee, Karoline, Bergmannstrost und Benedikte, nicht mehr genügten und zuviel Unterhaltungskosten beanspruchten. Der neue Richtschacht wurde saiger (senkrecht) abgeteuft und steht auf der 36. Bergmannstroster Strecke 100 Meter im Liegenden des Hauptganges in der Mitte des Erzfeldes. Er hatte hier eine Teufe von 720 Meter erreicht, war aber im Ganzen zuletzt 770 Meter tief.

     Der Schacht wurde eingeweiht am 2. Oktober 1856 in Gegenwart der Königlichen Familie Georg Ⅴ. von Hannover. Die Königin Marie hatte die Taufe des Schachtes übernommen, der von ihr den Namen „Königin Marienschacht“ erhielt. Unter Glockengeläut der Clausthaler Marktkirche begaben sich am frühen Morgen die Allerhöchsten Herrschaften zur Weihe nach dem Burgstätter Zuge, wo die Bergleute Aufstellung genommen hatten.

     Vor dem Schachte erfolgten Ansprachen seitens bes General-Superintendenten Dr. Fraatz, und bes Bergrats Koch, die den Dank der Harzer für die Übernahme der Patenstelle durch die Königin ausdrückten. Darauf fiel die Hülle, das Schild „Königin Marienschacht“ wurde sichtbar, und die Teilnehmer traten nun in den mit Blumen und Girlanden geschmüdten Gaipel. Aus dem Innern des Schachtes, der weit illuminiert war, ertönte als originelle Überraschung für die Königsfamilie die Musik des Clausthaler Bergmusikkorps herauf. Nach der Weihe kehrte die Königliche Familie unter dem Geläute der Glocken nach Clausthal zurück.

     Das Abteufen des Marienschachtes geschah stückweise und dauerte mehrere Jahre. Wie erzählt wird, fand für den Angriff am Tage eine kleine Feierlichkeit statt, wobei unter Musikbegleitung ein Choral gesungen wurde und ein Geistlicher eine kurze Ansprache hielt. Auf dem Platze, wo der Schacht niedergehen sollte, hatte man das erste Schachtgeviert bereits gelegt. Der Berghauptmann von dem Knesebeck, mit dem sich das Bergamt versammelt hatte, ergriff einen fein gearbeiteten Spitzhammer, trat in das Schachtgeviert und fing an, den Wiesenboden aufzuhauen, wobei er schöne Erzstufen bloßlegte, die des Scherzes wegen von den Bergleuten unter dem Rasen eingegraben waren.

     Der Querschnitt des Marienschachtes (die Schachtscheibe) ist ein längliches Viereck von 8 Meter langer und 2,5 Meter kurzer Seite. Der Ausbau besteht aus Fichtenholz. Je nach der Festigkeit des Gesteins sind verschieden weit voneinander Schachtgevierte gelegt. Das Geviert des Schachtes besteht aus den beiden Jochern am Liegenden und Hangenden und den beiden zwischen dieselben getriebenen kurzen Pfändungen.

     Der Schacht ist senkrecht in zwei Haupttrümmer geteilt: Fahrschacht und Treibschacht. [48] Er diente zur Förderung, Fahrung, Wasserhaltung und Wetterführung (einziehend). Zum Ausziehen der Wetter bestand im Ostfelde der Karoliner Wetterschacht. Im Fahrschacht sind die hölzernen Fahrten, die Fahrkunst und die Rohrleitungen für die Aufschlagwasser der Drillings-Wassersäulen-Maschine. Im Treibschacht sind nur die Trümmer für die Förderung. Die sehr bequeme eiserne Fahrkunst im Marienschacht, vom Bergrat A. Jordan konstruiert, welche von einer Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurde, hatte große Ktunsttritte, die an den drei Außenseiten mit einem schützenden Geländer versehen waren. Man konnte auf ihnen aneinander vorüberfahren, ohne daß einer abtreten mußte. Doch war letzteres als Regel vorgeschrieben.

     Auf der Sohle des Schachtes, etwa 630 Meter unter Tage, standen zwei große Drillings-Wassersäulenmaschinen zur Wältigung der Wasser der Burgstätter und Zellerfelder Gruben. Die Maschinenräume für diese unterirdischen Wassersäulenmaschinen waren 20 Meter lang, 10 Meter breit und ca. 7 Meter hoch. Der Ausbau derselben bestand aus starker schwedischer Türstockzimmerung mit gebrochenen Beinen. Außerdem befand sich etwa 400 Meter unter Tage eine Luft-Kompressoranlage, bestehend aus zwei Turbinen mit je einem Kompressor.

     Die Förderung im Marienschacht betrug jährlich 20.000 Raummeter oder 30.000 Tonnen Roherz. Die Erze wurden auf der Sohle des Ernst-August-Stollens gehoben und auf der schiffbaren Wasserstrecke weiter befördert. Später legte man die Förderung der Erze auf eine 230 Meter tiefere Sohle, auf der sie seit 1905 elektrisch betrieben wurde. Einen Teil der Erze schaffte man auch im Marienschacht zu Tage für die Dorotheer Erzwäsche, damit sie noch bestehen bleiben konnte, nachdem die Dorothee eingestellt war.

     Stillgelegt wurde der Marienschacht im Jahre 1911/12, weil die Erze aus diesen Revier alle zum Kaiser-Wilhelm-Schachte transportiert wurden, der 1892 eingeweiht war. Hier geschah auch das Einfahren der Bergleute, so daß der Marienschacht überflüssig war. Er wurde nun zum Wetterīchacht (ausziehend) eingerichtet und zu diesem Zwede mit Beton ausgestampft und mit einem Pelzer Ventilator versehen. Der Karoliner Wetterschacht wurde dagegen abgeworfen. Der Gaipel des Marienschachtes ist erst nach der Stillegung des Glausthaler Bergbaues im Jahre 1930 abgebrochen. Die Radstube des Marienschachtes lag zuerst dicht neben dem Gaipel und erhielt ihr Aufschlagwasser aus dem „Johann Friedrich“ und den Nassewieser Teichen. Am 23. März 1878 stürzte sie ein, wobei 3 Bergleute zu Tode kamen und 5 andere schwer beschädigt wurden. Man legte sie nun weit hinunter an den Abhang und konnte wegen der tieferen Lage Wasser aus den nächsten Teichen, Hirschler- und Pfauenteichen, mit heranziehen. Im Sommer 1932 wurde sie abgebrochen.

     Beim Marienschachte bestand ein besonderes Bethaus, wo sich die Bergleute mit ihren Vorgesetzten am Montagmorgen vor dem Einfahren zur Andacht versammelten. Während des Krieges diente es als Wachtlokal für das Offizier-Gefangenenlager „Pfauenteiche“, und nach dem Kriege wurde es wie die übrigen Gebäude zu Wohnungen umgebaut.