Der Hexenhammer (1923)/Zweiter Teil, Erste Frage, Kapitel 14
Es folgt über die Art, wie die Hexen den Haustieren verschiedenen Schaden antun.
Kapitel 14.
Da der Apostel sagt: „Kümmert sich denn Gott auch um die Ochsen?“, womit er andeuten will, daß, wenn auch alles der göttlichen Vorsehung unterliegt, so Menschen wie Tiere, indem er beide nach seinem Maße bewahrt, wie der Psalmist sagt, doch die Söhne der Menschen unter dem Schutz und Schirm der Flügel mehr gelenkt werden; und wenn ich sage, die Menschen werden mit göttlicher Zulassung durch die Hexer betrübt, Unschuldige, Gerechte und Sünder, die Eltern schließlich an den Söhnen, die diesen gehörende Besitzstücke sind; und da auch Haustiere und Feldfrüchte in ähnlicher Weise als Besitzstücke der Menschen gelten: so soll a fortiori niemand zu zweifeln wagen, daß mit Beihilfe der göttlichen Zulassung auch ihnen durchaus von den Hexen mancherlei Schädigungen angetan werden können. So verlor ja Job, vom Teufel geschlagen, alle Haustiere; so findet man ja schließlich nicht das kleinste Dörfchen, wo die Weiber nicht unaufhörlich gegenseitig die Kühe behexen, sie der Milch(absonderung) berauben und sie sehr oft umbringen. Um von der kleinsten Schädigung aber anzufangen; was von der Beraubung der Milch gehalten werden kann, wenn nach der Weise gefragt wird, in der sie das zu bewirken vermögen, so kann geantwortet werden, daß, weil nach Albertus, de animalibus III, die Milch bei jedem beliebigen Tiere von der Natur des Menstrualblutes ist, sowie auch der andere Fluß bei der Frau, wenn ein solcher Fluß nicht infolge irgendeiner Krankheit, entweder aus einer natürlichen Bedingung oder infolge einer akzidentiellen Krankheit gehemmt wird, dann bisweilen durch hexenhaftes Werk gehemmt oder aufgehoben wird. Infolge natürlicher Bedingung aber wird die Milch gehemmt, nachdem eine Leibesfrucht empfangen ist; infolge einer akzidentiellen Krankheit, wie z. B. sehr oft infolge Genusses eines Krautes, welches von Natur die Milch hemmen und die Kuh alterieren kann. Infolge von Behexung besorgen sie derlei auf verschiedene Arten. Manche nämlich versammeln sich zur Nachtzeit, und zwar auf Betreiben des Teufels zur größeren Schmach der göttlichen Majestät durchaus an den recht heiligen Tagen in einem beliebigen Winkel ihres Hauses, mit dem Melkeimer zwischen den Beinen; und indem sie ein Messer oder (sonst) ein Instrument in die Wand oder in eine Säule stecken und die Hände (wie) zum Melken anlegen, dann rufen sie ihren Teufel an, der ihnen immer bei allem hilft, und (die Betreffende) stellt ihm vor, daß sie von der und der Kuh in dem und dem Hause, die besonders gesund ist und mehr Ueberfluß an Milch hat, zu melken wünscht. Dann nimmt der Teufel plötzlich aus den Zitzen jener Kuh die Milch und bringt sie an den Ort, wo die Hexe sitzt, so daß sie gleichsam von jenem Instrumente fließt.
Wenn man dies dem Volke predigt, wird wahrlich dadurch niemand unter ihnen (im Milchhexen) unterwiesen. Denn wie sehr er auch den Dämonen anriefe und meinte, durch die bloße Anrufung dies ausführen zu können, würde er sich selbst täuschen, da er der Grundlage jener Perfidie entbehrt: weil er nämlich keine Huldigung geleistet und den Glauben nicht verleugnet hat. Das habe ich deshalb hergesetzt, da mehrere glauben, dies und anderes, was hergesetzt ist, dürfe dem Volke wegen der Gefahr der Unterweisung nicht vorgelegt werden. Aber aus dem berührten Grunde kann ja unmöglich jemand durch einen Prediger (im Hexen) unterwiesen werden. Vielmehr dient es zur Verdammung des so großen Verbrechens, und ist zu predigen, daß die Richter zur Ahndung eines so großen Verbrechens, d. h. der Ableugnung des Glaubens, mehr entbrennen. Freilich nicht immer: auch bewerten die Weltkinder derartige zeitliche Schädigungen höher, da sie mehr in irdische Neigungen verwickelt sind als in geistige; daher sie auch mehr wüten, wenn sie versichert werden, daß ihnen solches zu ihrer eigenen Bestrafung geschehen könne. Aber wer kann doch die Schlauheit des Teufels darlegen!
Ich kenne jene, die in einer Gesellschaft beisammen waren und zur Maienzeit Maibutter zu essen wünschten, während sie, auf der Reise befindlich, auf einer Wiese am Bache saßen. Einer von ihnen sagte auf Grund des vorher, sei es schweigend, sei es ausdrücklich, mit dem Dämon eingegangenen Paktes: „Ich werde die beste Maibutter besorgen!“ Und sogleich legte er die Kleider ab, trat in den Bach und kehrte den Rücken nicht stehend, sondern sitzend, gegen die Strömung des Wassers; und während er vor den Augen der übrigen gewisse Worte vorbrachte und das Wasser hinter sich bewegte, brachte er kurz darauf Butter nach der Art geformt, wie die Bauern sie zur Maienzeit auf dem Markte zu verkaufen pflegen, in großer Menge herbei. Als die anderen kosteten, versicherten sie, daß sie sehr gut gewesen sei. Hieraus wird entnommen, erstens, daß dieser seiner Praktik sicher war, entweder weil er rein ein Hexer auf Grund eines ausdrücklichen, mit dem Dämon eingegangenen Paktes war, oder weil er auf Grund eines schweigenden Paktes wußte, daß der Teufel auf seinen Wunsch dasein werde. Wenn das erste, dann bedarf es keiner Erörterung, daß er ein wahrer Hexer war; wenn aber das zweite, dann bediente er sich der Hilfe des Teufels, weil er ihm von der Mutter oder Hebamme dargebracht und geweiht war. Wenn jemand einwendete, daß vielleicht der Teufel die Butter ohne irgendeinen schweigenden oder ausdrücklichen Pakt und auch ohne irgendeine Darbringung wie vorausgeschickt herbeigebracht habe, so wird geantwortet, daß niemals jemand der Hilfe des Teufels sich in ähnlichen Werken ohne seine Anrufung bedient, weil er mit der Tat selbst, wenn er die Hilfe des Dämons sucht, als Apostat gegen den Glauben handelt; nach der Entscheidung des Doktors, Sentent. II, di. 8 über die Schwierigkeit, ob der Hilfe der Dämonen sich bedienen Abfall vom Glauben sei. Denn mag auch Albertus Magnus mit den anderen Gelehrten übereinstimmen, so sagt er doch, mit mehr Nachdruck, daß in solchen Dingen immer Abfall mit Worten oder mit der Tat vorliegt. Wenn nämlich Anrufungen, Beschwörungen, Räucherungen und Anbetungen geschehen, dann wird ein offener Pakt mit dem Dämon eingegangen, d. h. ohne daß man ihm Körper und Seele unter gänzlicher oder teilweiser Ableugnung des Glaubens übergibt; weil man dadurch, daß man ihn anruft, schon einen offenen Abfall in Worten begeht. Wenn aber keine Anrufung mit Worten geschieht, sondern bloß mit der einfachen Handlung, weil er nämlich ein solches Werk tut, weil er außer mit Hilfe der Dämonen keinen Erfolg erringen kann, mag er es tun, indem er im Namen des Teufels beginnt, oder mit anderen, unbekannten Worten, oder ohne jedes Wort, doch in jener Absicht, wie berührt worden ist, dann ist es, wie Albertus angibt, ein Abfall mit der Tat, weil jene Tat vom Dämon erwartet wird; vom Dämon aber etwas erwarten oder durch ihn annehmen ist immer eine Schmach für den Glauben und daher Abfall. Daher wird auch geschlossen, daß auf welche Weise auch immer der vorerwähnte Zauberer jene (Butter) besorgt hat, er sie auf Grund eines stillschweigenden oder ausdrücklichen Paktes besorgt hat. Und wenn ohne ausdrücklichen Pakt, dann hat er wahrscheinlich derartiges, wie es die Hexer zu tun pflegen, durch einen stillschweigenden oder verborgenen entweder aus sich heraus eingegangenen oder den von der Mutter oder Hebamme geschlossenen Pakt bewirkt. Und ich sage, aus sich heraus, weil er nur die Tat vollbrachte, indem er die Wirkung vom Teufel erwartete.
Das zweite, was aus einer solchen oder ähnlichen Praktik entnommen wird, ist, daß, weil der Teufel neue Gestaltungen der Dinge nicht schaffen kann, deshalb dort, wo plötzlich natürliche Butter aus dem Wasser hervorkam, dies durch die Kraft der Dämonen geschah. Nicht als ob er das Wasser in Milch verwandelt hätte; sondern entweder nahm er die anderswo aufbewahrte Butter von ihrem Platz weg und gab sie jenem in die Hand; oder er nahm von natürlicher Milch von einer natürlichen Kuh und brachte sie plötzlich, so daß sie nach Art der Butter gerann, jenem entgegen; denn während die Kunst der Frauen erst nach einem gewissen Zeitraum Butter formen kann, versteht er dies in kürzester Zeit zu bewirken.
Auf dieselbe Art wird es zurückgeführt, wenn manche Abergläubische, des Weines oder anderer nötiger Dinge entbehrend, zur Nachtzeit nur eine Flasche oder ein anderes kleines Gefäß nehmen und während sie durch irgendeinen Flecken gehen, das Gefäß plötzlich mit Wein gefüllt zurücktragen. Dann hat nämlich der Teufel natürlichen Wein aus irgendeinem Geschäfte entnommen und ihn in die Flasche gefüllt.
Ueber die Art aber, wie die Hexer Tiere und Haustiere umbringen, muß man sagen, daß sie wie die Menschen, so auch die Haustiere entweder durch Berührung und Blick behexen oder nur durch den Blick, oder indem sie unter die Schwelle der Stalltür selbst oder dort, wohin die Tiere zur Tränke zu gehen pflegen, irgendein Hexenwerk oder Werkzeug der Behexung niederlegen. So hatten nämlich jene in Ravensburg Eingeäscherten, über die weiter unten die Rede sein wird, immer auf Betreiben der Dämonen zu behexen, wo bessere Pferde oder fettere Haustiere waren; und als sie gefragt worden waren, auf welche Art sie derlei bewirkten, antwortete eine mit Namen Agnes, daß sie unter der Schwelle der Stalltür selbst gewisse Dinge versteckten. Auf die Frage, was für Dinge, antwortete sie: „Knochen verschiedener Arten von Tieren“; und weiter gefragt, in wessen Namen sie das täten, antwortete sie: „Im Namen des Teufels und aller anderen Dämonen.“ – Eine andere aber, mit Namen Anna, hatte einem von den Bürgern nach und nach dreiundzwanzig Pferde behext – er war nämlich ein Fuhrmann –, und als er sich schließlich das vierundzwanzigste Pferd gekauft hatte und schon in die äußerste Armut geraten war, sagte er, in seiner Stalltür stehend, zu der Hexe, die auch in der Tür ihres Hauses stand: „Siehe, jetzt habe ich ein Pferd gekauft; ich verspreche Gott und seiner Mutter, wenn dieses Pferd stirbt, werde ich dich mit meinen eigenen Händen töten.“ Darüber erschrocken, ließ ihm die Hexe das Pferd unberührt. Als sie nun verhaftet und befragt worden war, auf welche Weise sie solches bewirkt hätte, antwortete sie, sie habe nur eine Grube gemacht; wenn die gemacht worden sei, habe der Teufel gewisse, ihr unbekannte Dinge hineingelegt. Daraus entnimmt man, daß sie nur die Hand oder den Blick anzulegen haben, und zwar, damit die Hexe auf jeden Fall mitwirke, denn sonst würde dem Teufel nicht die Möglichkeit, gegen die Kreaturen zu wüten, erlaubt werden, wenn nicht die Hexe mitwirkte, wie oben berührt worden ist. Und dies geschieht nur der größeren Beleidigung der göttlichen Majestät willen.
Sehr häufig haben auch die Hirten gesehen, daß gewisse Tiere auf den Feldern drei oder vier Sprünge in die Luft machten, dann plötzlich auf die Erde stürzten und verendeten; und zwar durchgehends auf Betreiben der Dämonen durch die Kraft der Hexen.
In der Diözese Straßburg, zwischen der Stadt Fiessen und dem Berge Ferrerius (?) versicherte ein sehr reicher Mann, daß ihm und anderen über vierzig Haustiere an Ochsen und Kühen in den Alpen behext worden seien, und zwar innerhalb von Jahresfrist, ohne daß Pest oder andere Krankheit voranging; und als Merkmal gab er an, daß, wenn sie an der Pest oder einer anderen zufälligen Krankheit sterben, sie nicht plötzlich, sondern allmählich und nach und nach eingehen; jene Behexung aber nahm ihnen plötzlich alle Frische, so daß alle urteilten, sie seien durch Behexungen umgebracht worden. Freilich habe ich jene Zahl so verzeichnet; ich glaube jedoch, er hat eine größere ausgedrückt. Das aber ist durchaus wahr, daß in den Landen und besonders in den Alpen sehr viel berichtet wird, daß die Haustiere behext werden. Diese Art der Behexung ist auch bekanntlich allenthalben verbreitet.
Andere ähnliche (Behexungen) werden unten in dem Kapitel von den gegen die Behexungen der Haustiere anzuwendenden Heilmitteln erörtert werden.