Zum Inhalt springen

Der Hexenhammer (1923)/Zweiter Teil, Erste Frage, Kapitel 1

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
<<< Zweiter Teil, Erste Frage, Kapitel 1 >>>
{{{UNTERTITEL}}}
aus: Der Hexenhammer (1923)
Seite: {{{SEITE}}}
von: [[{{{AUTOR}}}]]
Zusammenfassung: {{{ZUSAMMENFASSUNG}}}
Anmerkung: {{{ANMERKUNG}}}
Bild
[[w:{{{WIKIPEDIA}}}|Artikel in der Wikipedia]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[[Index:{{{INDEX}}}|Wikisource-Indexseite]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe

Ueber die verschiedenen Weisen, wie die Dämonen durch die Hexen die Unschuldigen zur Vermehrung jener Ruchlosigkeit an sich ziehen und verlocken.

Kapitel 1.

Es sind aber vor allem drei Arten, auf welche die Dämonen durch die Hexen die Unschuldigen zu Falle bringen, und durch welche beständig jene Ruchlosigkeit vermehrt wird: Die erste ist, durch den Verdruß über lästige zeitliche Schädigungen; wie denn S. Gregorius sagt: „Der Teufel versucht häufig, daß endlich der Verdruß obsiege.“ Doch verstehe, innerhalb der Kräfte des Versuchten; und bezüglich der göttlichen Zulassung erkläre, daß Gott zuläßt, daß die Menschen nicht in Feigheit erstarren. In diesem Sinne heißt es Richter II: „Diese Völker hat Gott nicht vernichtet, daß er Israel in ihnen belehre“, und es wird dabei von den benachbarten Kananäern, Jebusiten usw. gesprochen. Ebenso läßt er zu, daß die Hussiten und andere Ketzer nicht vernichtet werden können: Daher treffen auch die Dämonen durch die Hexen die Nachbarn und Unschuldigen mit solchen zeitlichen Schädigungen, daß sie gleichsam gezwungen werden, zuerst die Hexen um Rat zu fragen und sich schließlich ihren Plänen zu unterwerfen, wie die Erfahrung uns oft gezeigt hat. Wir kennen in der Diözese Augsburg einen Wirt, dem innerhalb eines Jahres vierundzwanzig Pferde nacheinander verhext wurden. Voll Verdruß befragte seine Frau die Hexen und nach deren Rate, der keineswegs heilbringend war, bewahrte sie die später gekauften Pferde (jener war nämlich Fuhrmann) vor Behexung.

Wie viele Weiber endlich haben uns bei der Waltung des Amtes der Inquisition nicht geklagt, daß, wenn sie wegen Schädigungen der Kühe durch Hinderung des Milchens, und anderer Tiere verdächtige Hexen gefragt, auch die angebotenen Mittel genommen hätten, wenn sie nur etwas dem einen Geist hätten versprechen wollen; und wenn jene fragten, was denn zu versprechen sei, antworteten sie, das sei nur wenig, wenn sie nur den Lehren jenes Meisters zustimmten betreffs gewisser Beobachtungen zur Zeit des Gottesdienstes in der Kirche oder bei dem Beichten vor den Priestern etwas verschwiegen. Hier ist anzumerken, wie auch oben gesagt ist, daß jener Tausendkünstler mit Kleinem und Wenigem anfängt, daß sie z. B. im Augenblick der Erhebung des Leibes Christi auf die Erde spucken oder die Augen schließen, oder auch einige unnütze Worte sagen müssen, wie wir dann von einer Hexe, die noch lebt, da sie vom weltlichen Arme verteidigt wird, wissen, daß, wenn der Priester während des Meßopfers die Gemeinde mit den Worten: „Der Herr sei mit Euch“ grüßt, sie immer dabei mit einem gemeinen Ausdruck sagt: „Kehr mir die Zung im Arß umb;“ oder sie müssen bei der Beichte nach geschehener Absolution derlei vorbringen, niemals aufrichtig beichten, besonders nicht die Todsünden, und werden so allmählich zur vollständigsten Ableugnung des Glaubens und gotteslästerlicher Beichte gebracht.

Diese Art, wie auch noch manche ähnliche, wird von den Hexen gegenüber ehrbaren Matronen beobachtet, die weniger den Fleischeslüsten ergeben, sondern mehr auf geistlichen Vorteil erpicht sind. Gegen Jungfrauen, die mehr der Eitelkeit und der Lust des Leibes ergeben sind, gebrauchen sie ein anderes Mittel, nämlich fleischliches Verlangen und heimliche Triebe.

Hier ist anzumerken, daß, wie das Streben und die Neigung des Teufels nach Versuchung der Guten größer ist als nach der der Bösen –, mag er auch bezüglich der Versuchten in Wahrheit mehr Böse als Gute versuchen, weil sich nämlich in den Bösen mehr Geschicklichkeit findet, die Versuchung des Dämons aufzunehmen, als es bei den Guten der Fall ist – daß also der Teufel auch mehr die heiligen Jungfrauen und Mädchen zu verführen sucht, wofür es Gründe und Beispiele aus der Erfahrung gibt. Denn da er die Bösen schon besitzt, nicht so aber die Guten, so versucht er mehr die Gerechten in seine Gewalt zu bringen, die er (noch) nicht hat, als die Bösen, die er besitzt, so wie auch ein weltlicher Fürst eher gegen den sich erhebt, der ihm mehr von seinem Rechte nimmt, als gegen jeden anderen Mann, der ihm nicht widersteht.

Erfahrungsbeispiele: In der Stadt Ravensburg erzählte von zwei (nachher) Eingeäscherten (wie auch weiter unten berührt wird, wo über die Art gehandelt wird, wie sie Stürme erregen), die eine, eine Bademutter, unter anderen Geständnissen auch, daß sie vom Teufel viel Drangsal ausgestanden hätte, weil sie eine fromme Jungfrau, die Tochter eines sehr reichen Mannes (den zu nennen nicht nötig ist, da sie selbst durch Gottes Gnade schon erlöst ist, auf daß die Bosheit ihr Herz nicht vergiften möchte), verführen sollte, dergestalt, daß sie sie an einem Festtage einlüde, wo dann der Teufel in der Gestalt eines Jünglings mit ihr seine Unterredungen haben könnte. Jene fügte hinzu, obgleich sie das sehr oft versucht hätte, so hätte doch die Jungfrau, so oft sie von ihr angeredet worden, sich mit dem Zeichen des Kreuzes geschützt; und dies geschah sicherlich, wie niemand bezweifelt, auf Antrieb eines heiligen Engels, um die Werke des Teufels zu vernichten.

Eine andere Jungfrau, die in der Diözese Straßburg lebt, beichtete einem von uns und sagte, daß an einem Sonntage, während sie im Hause ihres Vaters ihre gewöhnliche Arbeit beschickte, eine alte Vettel aus jener Stadt sie zu besuchen kam und nach manchem törichten Geschwätz endlich meinte, wenn es ihr gefiele, wolle sie sie an einen Ort bringen, wo Jünglinge wären, die kein Mensch in der Stadt kennte. „Und als ich,“ sagte die Jungfrau, „zugestimmt und ihr nachfolgend an das Haus gekommen war, meinte die Vettel: ‚Siehe, hier die Treppe wollen wir hinaufgehen nach der Kammer oben, wo die Jünglinge sind: aber hüte dich und schütze dich nicht mit dem Zeichen des Kreuzes.‘[WS 1] Und als ich das versprochen hatte und sie voranging, schützte ich mich doch heimlich mit dem Zeichen des Kreuzes, während ich ihr die Treppe hinauf folgte. Daher kam es, daß, als wir zusammen oben auf der obersten Stufe[WS 2] und vor der Kammer standen, die Vettel mit furchtbaren Blicken und voll wütenden Zornes sich umkehrend und mich anblickend sagte: ‚Ha, verflucht sollst du sein! Warum hast du dich mit dem Zeichen des Kreuzes geschützt? Weg von hier, im Namen des Teufels!‘ und so kam ich ungeschädigt wieder nach meiner Wohnung.“

Daraus kann man entnehmen, mit welcher Schlauheit jener alte Feind sich auf die Versuchung der Seelen stürzt. Die erwähnte, nachher eingeäscherte Bademutter sagte aus, auf diese Weise sei sie selbst von einer anderen Vettel verführt worden, ihre Genossin jedoch auf eine andere Art: Diese hätte nämlich unterwegs den Dämon in menschlicher Gestalt getroffen, da sie selbst die Absicht gehabt, ihren Geliebten zu besuchen, um mit ihm zu buhlen; und als sie von dem Incubus erkannt und gefragt worden war, ob sie ihn erkenne, und sie antwortete, sie kenne ihn durchaus nicht, da erwiderte jener: „Ich bin der Teufel, und wenn du willst, werde ich nach deinem Willen immer bereit sein und werde dich in keiner Not verlassen.“ Als sie dazu ja gesagt, sann sie achtzehn Jahre lang, bis an ihr Lebensende, auf solche teuflische Unflätereien, und zwar mit gänzlicher Ableugnung des Glaubens. –

Die dritte Art des Verlockens und Verführens geschieht durch das Mittel der Traurigkeit und der Armut. Denn gefallene Jungfrauen, die von ihren Liebhabern verlassen sind, denen sie unter dem Eheversprechen sich preisgegeben, wenden sich, da sie alles Vertrauen verloren und überall nur Schmach und Schande sehen, an den Schutz des Teufels, entweder in der Absicht, sich zu rächen, indem sie ihren (ehemaligen) Liebhaber oder die, mit der er sich verbunden hat, behexen, oder um sonst mit allen Unflätereien sich zu befassen und zu hexen. Und wie die Zahl solcher Jungfrauen, wie leider die Erfahrung lehrt, Unzahl ist, so auch die der Hexen, die aus ihnen hervorgehen. Nur weniges aus vielem wollen wir berichten.

Es ist ein Ort in der Diözese Brixen, wo ein junger Mann über sein Weib, das ihm behext war, einen solchen Fall aussagte: „Ich liebte in der Jugend“, so sagte er, „ein Mädchen und sie bestand fest darauf, daß ich sie ehelichte; ich aber verschmähte sie und heiratete eine andere, aus einer anderen Herrschaft; ich wollte ihr jedoch aus Freundschaft gefällig sein und lud sie zur Hochzeit. Sie kam, und während die anderen ehrbaren Frauen alle ihre Gaben und Geschenke darbrachten, erhob sie, die geladen war, die Hand und sagte, so daß die umstehenden Frauen es hören konnten, zu meinem Weibe: ‚Du wirst nach diesem Tage nur noch wenige gesunde Stunden haben.‘ Und als meine Frau, die jene nicht kannte, weil sie, wie gesagt, aus einer anderen Herrschaft geheiratet war, erschrocken die Anwesenden fragte, wer sie denn sei, die ihr derartige Drohungen entgegengeworfen hätte, sagten die anderen, sie sei eine Herumstreicherin und ein verwahrlostes Frauenzimmer. Nichtsdestoweniger aber erfolgte das, was sie vorausgesagt und in dieser Ordnung. Denn einige Tage darauf war meine Frau so behext und an allen Gliedern so geschwächt, daß sich auch heute noch, nach mehr als zehn Jahren, an ihrem Leibe die Behexung zeigt.“

Wenn das, was nur in der einen Stadt jener Diözese an Hexerei gefunden ward, vorzubringen wäre, würde man ein ganzes Buch schreiben müssen: Es ist aber gesammelt und aufgezeichnet von dem Bischof von Brixen, ganz erstaunliche und unerhörte Geschichten, wie derselbe es bezeugen kann.

Nicht mit Stillschweigen zu übergehen ist, wie wir glauben, folgende ganz erstaunliche und unerhörte Geschichte. Ein erlauchter Graf von Westerich, in der Nachbarschaft der Diözese Straßburg, heiratete eine Jungfrau aus gleich hohem Geschlecht, die er jedoch nach der Hochzeitsfeier bis ins dritte Jahr fleischlich nicht erkennen konnte, da er durch Hexenwerk gehindert ward, wie das Ende der Geschichte bewies. Er war voller Angst, wußte nicht, was er tun sollte und rief inbrünstig die Heiligen Gottes an. Da traf es sich, daß er nach der Stadt Metz zur Ausführung einiger Geschäfte kam, und als er dort durch die Gassen und Straßen, von Dienern und Familie umgeben, einherschritt, kam ihm eine Frau entgegen, die vor jenen (drei) Jahren seine Beischläferin gewesen war. Als er sie sah und gar nicht an die ihm angetane Hexerei dachte, redete er sie von ungefähr freundlich aus alter Freundschaft an, und fragte sie, wie es ihr ginge, und ob sie gesund sei. Als sie des Grafen Liebenswürdigkeit sah, forschte sie ebenso eifrig nach des Grafen Gesundheit und Wohlergehen, und als er antwortete, es ginge ihm gut und er habe mit allen Dingen Glück, da schwieg sie bestürzt eine Weile. Der Graf, der sie bestürzt sah, sprach weiter mit ihr mit freundlichen Worten und wollte sie zu einer Unterredung bringen. Jene forschte nach dem Befinden seines Weibes und bekam eine ähnliche Antwort: Es stände in allem gut mit ihr. Darauf fragte sie, ob sie Kinder geboren habe? worauf der Graf antwortete: „Drei Knaben sind mir geboren worden, jedes Jahr einer.“ Da ward jene noch bestürzter und schwieg eine Weile. Dann fragte der Graf: „Sage mir doch, Liebste, warum du so eifrig danach forschest; ich zweifle nicht, daß du mir zu meinem Glücke gratulierst.“ Und jene: „Ja, ich gratuliere; aber verflucht sei die Vettel, die sich erbot, Euren Leib behexen zu wollen, daß Ihr des Beischlafs mit Eurer Frau nimmermehr pflegen könntet. Zum Zeichen dessen enthält der Brunnen, der inmitten Eures Hofes steht, auf dem Grunde einen Topf mit gewissen Hexenmitteln, der deshalb dorthin gelegt wurde, daß, solange er dort läge, Ihr impotent sein solltet; aber siehe, alles ist vergebens, worüber ich mich freue usw.“ Ohne Verzug ließ der Graf, sobald er nach Hause gekommen war, den Brunnen ausschöpfen und fand den Topf; und nachdem alles verbrannt war, gewann er plötzlich die verlorene Kraft wieder. Daher lud die Gräfin von neuem jedwede adligen Frauen zur neuen Hochzeit ein und sagte, jetzt sei sie in Wahrheit die Herrin des Schlosses und der Herrschaft, während sie so lange Jungfrau geblieben sei.

Das Schloß und die Herrschaft namentlich zu nennen frommt nicht, wegen der hohen Stellung des Grafen. Das rät schon die rechte Weise; es soll auch nur das Wesen der Tat gezeigt werden, um solche Schändlichkeit zu brandmarken. –

Daraus ergeben sich die verschiedenen Arten, die von den Hexen zur Mehrung ihres Unglaubens versucht werden. Denn das erwähnte Weib hatte, weil von der Gattin des Grafen verstoßen, diese Hexerei dem Grafen angetan, nach der Unterweisung einer anderen Hexe: So folgen aus solchem Grunde unzählige Hexentaten.




Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Kreuzes.
  2. Vorlage: Stube