Zum Inhalt springen

Der Gewinneberg bei Taucha

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Georg Theodor Grässe
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der Gewinneberg bei Taucha
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 398–400
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[398]
460) Der Gewinneberg bei Taucha.
Poetisch beh. v. Ziehnert Bd. I. S. 165 sq.

In der Nähe des Städtchens Taucha bei Leipzig bei dem Dorfe Dewitz befindet sich ein ziemlich niedriger, mit Birken bepflanzter Berg, den man den Gewinneberg nennt und der wahrscheinlich seinen Namen von dem früher auf ihm stehenden, aber von den Hussiten (1430) zerstörten Schlosse Wyn führen mag. Allerdings erzählt man, derselbe sei von einem Ritter von Plößigk so genannt worden, der mit seinem Bruder in Feindschaft gelebt und denselben auf diesem Berge besiegt habe, allein dies ist ebenso wenig wahrscheinlich, als daß derselbe seinen Namen seit dem bekannten Kriege der beiden sächsischen Fürstenbrüder Friedrich und Wilhelm führe, wo jene Begebenheit, daß ein geübter Büchsenschütz den Letztern habe treffen wollen, von Friedrich aber abgehalten worden sei mit den Worten, „schieß wen Du willst, nur meinen Bruder nicht,“ sich hier zugetragen habe. Wie dem auch sein mag, das Volk erzählt sich, daß auf diesem Berge ein großer Schatz verborgen liege, der nur alle 100 Jahre zu heben sei und an dem bestimmten Tage sich durch ein hellloderndes Feuer, welches von dem Platze, wo er ruhe, weithin wahrgenommen werden könne, kund thue, bei demselben wache aber ein Geist, der auf folgende Art an ihn gebannt sey. Es hat einmal zu Taucha ein armer [399] Tagelöhner gelebt, der zwar nur wenig verdienen konnte, allein mit dem, was ihm Gott beschieden, zufrieden war. Zu diesem ist eines Nachts ein Gespenst an’s Lager getreten und hat ihn aufgefordert ihm zu folgen, er wolle ihn zu großem Reichthum verhelfen. Er ist also aufgestanden und hinter dem Geiste durch die menschenleeren Gassen der Stadt hergewandelt, bis sie auf dem Gipfel des Gewinneberges ankamen. Dort hat ihm der Geist ein helles Feuer gezeigt, welches aus einer Grube aufschlug und gesagt, er solle nur keck darauf losgehen, das Feuer werde ihm nichts anhaben, und solle den Kessel mit dem Schatze aus der Erde herausheben und getrost nach Hause tragen, sich aber hüten etwas daraus zu verschütten, weil sonst der Kessel zerspringen und sein ganzer Inhalt verloren sein werde. Außerdem gab er ihm auch noch eine kleine Schelle, die er ihn aufforderte um den Hals zu hängen, und sagte ihm, dieselbe werde jedesmal läuten, wenn er irgend etwas Gutes thun oder einen bösen Gedanken aufgeben solle, er selbst habe freilich denselben Schatz nicht gut angewendet, den er vor nun 100 Jahren gehoben, und habe nun bis diesen Augenblick dafür ruhelos umher wandeln müssen, er solle also ja auf den Warnungston hören, damit er nicht zur gleichen Strafe verdammt werde. Bei diesen Worten verschwand er und der arme Tagelöhner schleppte seinen schweren Kessel mit vieler Mühe, aber glücklich nach Hause. Als er nun das viele Geld sah, wußte er vor Freude nicht wo aus noch ein, faßte die besten Vorsätze und nahm sich vor, so zu leben, daß es ihm nicht gehe, wie seinem unglücklichen Vorgänger. Vor Allem beschloß er von seinem Reichthum eine Kirche zu bauen, und machte sich flugs an’s Werk, und weil er gut zahlte, arbeitete Alles mit Lust, und wo er sich nur sehen ließ, oder wo man sein Kommen am Ton jener Schelle hörte, kamen ihm alle Armen und Bedrängten entgegen, denn sie waren sicher, daß er ihnen Unterstützung brachte. Als aber mit der nahenden Vollendung des Baues auch der Schatz abnahm, da fing an der Geiz in das Gemüth des so schnell Reichgewordenen einzuziehen, [400] er überlegte sich, daß er mit den Summen, die er auf das Gotteshaus und die Armen wendete, sich gute Tage machen könne, und so ward er bald ein Verschwender, und so freigebig er bisher gewesen, so geizig und hartherzig wurde er nun. Deshalb quälte er auch die Bauleute bis auf’s Blut, und wenn sie die Schelle hörten, da wußten sie auch, daß ihr Peiniger nahe. Siehe da geschah es, daß einst, als er mitten unter seinen Genossen bei reichbesetzter Tafel saß, ein furchtbares Gewitter heranzog und während er am wenigsten daran dachte, da fuhr ein furchtbarer Blitz herab, tödtete ihn und zerstörte zugleich auch den noch nicht beendeten Bau, was ihm aber noch von jenem Schatz geblieben, das trugen die Geister wieder dahin zurück, wo er es gefunden hatte, und sein ruheloser Geist, der nun die Stelle des früheren Wächters eingenommen hat, geht klagend und seine Gegenwart durch Schellen verkündigend, jede Mitternacht auf dem Gewinneberg auf und ab und hofft auf Erlösung durch einen andern Unglücklichen, dem jener Schatz beschieden ist.