Der Gang zum Friedhofe
Er kam zurück und fand sein Weib nicht mehr;
Gebroch’nen Herzens ist auch er erlegen,
Die Waisen stehen schluchzend um ihn her
Und harren auf des Vaters letzten Segen.
Drei Mal verjüngt schaut er die Mutter dort –
Er segnet sie mit schon verklärten Mienen,
Doch eine Klage blieb sein letztes Wort:
Drei Kinder und kein Rächer unter ihnen!
Nun ruht er aus; der treue Wanderstab
Führt’ in die Heimath ihn zurück zum Sterben,
In deutscher Erde grub man ihm sein Grab,
Um höhern Lohn blieb ihm versagt zu werben;
Dem wilden Flüchtling, der am fernen Strand
Des Hasses Lied sang zu des Weltmeers Schäumen,
Wehrt Keiner mehr, im eig’nen Vaterland
Den süßen Traum der Freiheit still zu träumen.
Zum ersten Male schlingt um seinen Traum
Der nahe Lenz die früh erschloß’nen Blüthen,
Da nahen sie, die jenen engen Raum
Wie ihres Lebens Heiligthum behüten,
Und freundlich durch das finstre Gitter blinkt
Des Vaters Grab, vom Sonnenstrahl beschienen,
Da eilen sie, als ob er selber winkt,
Drei Kinder und kein Rächer unter ihnen.
Der holden Schwestern jüngstes Paar voraus,
Wie sie dem Vater einst zuerst entgegen
Gejubelt, wollen sie den ersten Strauß
Auf seines Hügels frischen Rasen legen;
Ihr ahnungsloses Kinderherz beschwert
Noch nicht des Todes schreckensvolles Bangen,
Der Vater, den so lang schon sie entbehrt,
Sie wähnen, er sei wieder fortgegangen.
Die Jungfrau folgt mit ihrem Schmerz allein.
Wie wird’s ihr schwer, den leichten Kranz zu tragen,
Sie will dem Vater ihn zum Opfer weih’n
In tiefer Trauer, schmerzlichem Entsagen – –
Sie liebt ihn noch und wies ihn dennoch fort,
Der nicht verschmäht, der Freiheit Feind zu dienen,
Es brach ihr Herz des Vaters letztes Wort:
Drei Kinder und kein Rächer unter ihnen!