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Der Dom zu Merseburg

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Textdaten
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Titel: Der Dom zu Merseburg
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 913, 920
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[913]

Ansicht von Merseburg mit einem Blick auf den Dom.
Nach einer photographischen Aufnahme.

[920] Der Dom zu Merseburg. (Mit Illustration S. 913.) In seiner alten ehrwürdigen Schönheit ist der Dom zu Merseburg, eines der Baudenkmäler aus Sachsens Vorzeit, neuerdings restaurirt und in Gegenwart des deutschen Kronprinzen am 7. November eingeweiht worden. Große geschichtliche Erinnerungen knüpfen sich an den alten Dom. Das Bisthum Merseburg wurde von Otto dem Großen in Folge eines Gelöbnisses gegründet, das er 955 bei einem Ritt in die Hunnenschlacht auf dem Lechfelde gethan. Im Jahre 1015, wo Kaiser Heinrich II. in Merseburg seinen ersten Reichstag hielt, beschloß er das neue Gotteshaus an Stelle des alten Kirchleins zu gründen, und im Jahre 1021 wurde der neue Dom eingeweiht[WS 1]. Als der Gegenkönig Heinrich’s IV., Rudolf von Schwaben, 1080 vor den Thoren von Merseburg geschlagen worden und an seinen Wunden gestorben war, wurde er im Chore der Stiftskirche beigesetzt, und die noch heute erhaltene Erzplatte, womit die Höhlung bedeckt ist, hat ein hohes kunstgeschichtliches Interesse. Das Langhaus des Doms wurde im Jahre 1517 gebaut. Drei Jahre darauf las Dr. Eck von der Kanzel des Doms die Bannbulle gegen Dr. Luther, und dreimal hat dieser selbst im Dom gepredigt.

Das Streben, alte Baudenkmäler, denen die Zeit manche ehrwürdige Schönheit, manche charakteristische Eigenheit abgestreift hat, in ihrer ursprünglichen Gestalt zu restauriren, geht aus der geläuterten Kunstbildung der Gegenwart hervor. Um die Restauration des Merseburger Doms, dessen stilvolle Gruft mit ihren blanken, allegorisch reich verzierten Metallsärgen der Ungunst der Zeiten getrotzt, hat sich in erster Linie Kultusminister von Goßler verdient gemacht. Die rühmenswerthen Restaurationsarbeiten wurden von Oberbaurath Adler und Regierungsbaumeister Weber geleitet und in vier Jahren vollendet. Der Dom besitzt eine Riesenorgel, nächst der von Ulm die größte in Deutschland: sie hat 81 Register und 5607 klingende Stimmen.

Der Kronprinz begab sich vom Bahnhofe sofort nach dem Dom; ihm voraus zog die Fleischerinnung, vermöge eines alten Privilegs. Die Geistlichkeit erwartete den Kronprinzen mit Büchern und Kirchengeräthen vor dem Dom und schritt ihm voraus, als er vom Schlosse kam, begleitet von den Spitzen der Behörden der Provinz Sachsen. Der Generalsuperintendent derselben, Dr. Möller, hielt die Weihrede, die erste Predigt Konsistorialrath Leuscher. Dann besichtigte der Kronprinz das Innere der Kirche und nahm draußen die Kirchenparade über das in Merseburg garnisonirende Husarenregiment ab.

So ist das alterthümliche Gebäude, von Künstlerhand restaurirt, dem Gottesdienst der Gegenwart zurückgegeben worden. †      

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: eiugeweiht