De Jungens von de dytsche Seemannsschool
Als ich nach manchen Jahren die Perle deutscher Städte, das vielfach als alte Hansestadt bezeichnete Hamburg wieder sah, da fiel mir zunächst die verjüngte Schönheit, die imponirende Pracht der Neubauten, der raffinirte Comfort außen und innen der neuen Paläste, und die brillante Kaufläden-Tournure als imponirende Contraste gegen früher, nebst der mindestens verdoppelten Lebendigkeit der Gassen gegen damals in’s Auge, als ich diese deutsche Handels-Metropole zum letzten Male sah. – Aber ich wußte diesen imponirenden Steinmassen keine poetische Seite abzugewinnen. Der Fremde sucht nicht die Stadt, auch nicht die Hanse-Stadt. sondern die „An-See-Stadt“ wie die Alten das Ding naiv beim rechten Namen nannten, und daher ist es der Hafen vor allem, der uns Binnenländer magnetisch anzieht, und wo Einem dann das Herz aufquillt in Lust und Wonne, und alte Geschichten und alte Gefühle von Fernweh wieder auftauchen, wie sie einst aus Campe’s Robinson, Cook’s Reisen um die Welt u. s. w. in dem muthigen Knaben aufloderten.
Mit welcher Wonne stürzte ich mich daher in das Getümmel der Theerjacken, indem ich mich von einem alten grauen „Jollenführer“ zwischen den schnaubenden und ächzenden Schiffskolossen, die da in Reihe und Glied lagen, und deren Flaggen und Wimpel lustig im Winde flatterten, umherschaukeln ließ!
[492] An der Außenseite des Hafens angekommen, schoß plötzlich unfern von uns ein hochbordiger Ruderkutter, von mindestens zwölf strammen, aber unbärtigen Blaujacken besetzt, nach dem jenseitigen Ufer, in den sogenannten Reiherstieg hinein. Die nobele Erscheinung des Ganzen, unten und oben, das exacte Rudertempo, das schlagfertige Folgegeben des Commandos vom Steuer her, das Alles erinnerte an die wohlexercirte Mannschaft eines Kriegsschiffs; was Wunder, daß ich neugiertg war, von meinem graubärtigen Führer zu erfahren, welchem Schiffe die dralle Mannschaft angehöre.
„O, Herr, dat sind de Jungens von de dytsche Seemannsschool up Steenwarder!“ explicirte der Alte, und nun tauchte plötzlich die Erinnerung von Explicationen deutscher Journale über diese
neueste Errungenschaft Hamburgs in mir auf, und daß ich bei Durchsicht derselben nur immer die äußern gemeinen Umrisse beschrieben gefunden, und die genauere Darstellung der inneren Specialitäten, den eigentlichen Kern also, vermißt hatte.
So ließ ich denn – obgleich mir mein Führer nicht sagen konnte, ob mir der Zutritt frei stehen werde – dennoch den Schnabel meiner Jolle nach Steinwärder richten, vertrauend auf das Privilegium anständiger und wißbegieriger Fremden, überall offene Thore und offene Herzen im deutschen Vaterlande zu finden. Wenige Minuten, und ich trat in demselben Augenblick an einem überaus bequemen schwimmenden Stege an’s Land, als ein kleiner, stark besetzter Passagier-Fähr-Dampfer nach dem rechten Elbufer hinüberschoß. – Auf diese Wahrnehmung hin lohnte ich meinen Jollenführer ab, nachdem er mir noch die schwarz-roth-goldene Flagge gezeigt, nach der ich zuzusteuern habe, stieg nun eine ziemlich hohe Treppe hinauf und stand somit nun auf dem Eiland Steinwärder.
Nachdem ich mich an dem imponirenden Panorama auf meinem Wege nach der Seemannsschule gemächlich geweidet, war ich allmählich bis zur verschlossenen Pforte der Anstalt angelangt, die aber auf einen kühnen Griff an die Klingelschnur schnell geöffnet wurde, wonach dann einer der jungen zukünftigen deutschen Admiräle, mit freundlicher Höflichkeit die Mütze ziehend, mich nach der Thür der Directorenwohnung zeigte. – Bevor ich so weit avancirte, besah ich mir im Fluge den weiten Vorhof, in dessen Mitte ungefähr man beschäftigt war, das Gerippe eines Schulschiffes auf einem gemauerten Untergrunde auszuzimmern. – Damit ich auf dieses erste und nothwendigste Stück einer praktischen Seemannsschule (nicht zu verwechseln mit einer Navigationsschule) nicht wieder zurückzukommen brauche, will ich hier gleich vorweg bemerken, daß dieses fast auf dem Lande erbaute Schiff der Classe nach eine kleine Fregatte bildet, an welchem außer dem unteren Schiffsgefäß alles dasjenige vorhanden ist, was eine schwimmende Fregatte zum Segeln bedarf, also namentlich auch die Masten und Takelage, an deren Segeln, Wanten, Tauen u. s. w. die Seemannsschüler praktisch alle jene Handgriffe sich anzueignen und einzuüben haben werden, deren sie in ihrem zukünftigen Berufe bedürfen. Im Uebrigen fand ich den erwähnten Hofraum zu Gemüse-Anbau benutzt, der wohl geeignet sein dürfte, einen schätzbaren Beitrag zu den sehr beliebten Tafelfreuden jugendlicher Esser zu liefern.
Von der gesunden Eßlust der jungen Mannschaft sollte mir bald genug der Augenschein einen überzeugenden Beweis liefern, denn der Zufall wollte, daß ich just zur Mittagsmahlzeit in den Speisesaal trat. – Ich muß gestehen, die Sauberkeit und Nettigkeit, die derbe und gedrungene Einfachheit der [493] ganzen Einrichtung frappirte mich eben so sehr durch ihre Neuheit als durch das Gefühl der Zweckmäßigkeit für diesen Stand. Bei den 22 anwesenden und sehr tapfer zulangenden rothbäckigen Zöglingen machten augenblicklich die Honneurs der Bootsmann und der zweite Unteroffizier, wie denn solche abwechselnd Tag und Nacht, bei irgend größerer Anzahl Versammelter, von einem oder mehreren dieser unmittelbar Vorgesetzten überwacht, geleitet und in seemännisch-geschäftlichen Handgriffen (z. B. Splissen, Knotenmachen, Malen u. dgl. m.) unterrichtet werden. Die sämmtliche Nahrung der jungen Leute besteht schon jetzt in einfacher Seemannskost, schiffsmäßig zugerichtet und, wie ich zu bemerken glaubte, gern genossen.
Vom Speisesaal begaben wir uns in die verschiedenen Magazine, Kabelgatt (ein Raum zur Aufbewahrung von Tauwerk, Segeltuch u. s. w.), Waschlocal, und von da nach oben in den Schlafsaal. – Wer je im Innern eines großen Kriegsschiffes gewesen, dem wird dieser weitgedehnte Raum mit seinen die Balken tragenden Stützen voll Hängematten ganz den Eindruck des Zwischendecks eines mäßigen Linienschiffs machen, nur daß der vorliegende zum Vortheil der Benutzer etwas höher und luftiger ist. Mehrere Reihen sogenannter Schiffskisten, die bekanntlich in seltener Compendiosität den Kleiderschrank, die Wäsch-Kommode, Schreib-Secretair, Geldschatulle, ja nicht selten sogar den Speiseschrank in sich vereinigen, waren so geordnet und gestellt, daß jede als Stufe zu dem schwebenden Nachtlager dienen konnte, in das hinein zu gelangen übrigens nicht so leicht ist, als es sich Mancher etwa denken mag. Der Neuling oder Unvorsichtige geht oft eben so schnell wieder jenseits hinaus, als er diesseits hineingekommen.
Nicht minder interessant erschien mir der große Takelboden, wo eben in der Zeit meines Besuchs die Vorbereitungen zur Instandbringung der Takelage für das erwähnte Schulschiff unter unmittelbarer Leitung des Bootsmanns und abwechselnd der Unterofficiere getroffen wurde. Zu andern Zeiten wird daselbst vorzugsweise Tauwerk bearbeitet oder, wie die Seemannssprache es nennt, „geschiemannt“. Von hier bestiegen wir das auf dem Giebel des Hauses errichtete niedliche Observatorium, dessen ostensibler Zweck (abgesehen von der prachtvollen bis über Harburg hinausreichenden Fernsicht) den nothwendigen Unterricht im Gebrauch nautischer Instrumente in sich befaßt; denn der Unterricht in dieser umsichtig geordneten und trefflich geleiteten Anstalt umfaßt das ganze Gebiet der Navigation, Praxis und Theorie, vom Schiffsjungen bis zum Capitain hinauf.
Von den überall durchschrittenen Räumen erwähne ich nur noch das geräumige, helle und freundliche Schullocal für Sprachunterricht, so wie namentlich das Navigationsschullocal, wo in Mathematik und Nautik von einem fest angestellten Lehrer unterrichtet wird, und das ich mit den gewöhnlichen Schulbänken und Tischen höherer Lehranstalten, nebst einem kleinen Katheder und Wandkarten für mathematische Geographie u. s. w. zweckmäßig eingerichtet fand.
Der Geist, der in dieser neubegründeten Anstalt herrscht, ist, wie ich mich belehren ließ und nach der flüchtigen Uebersicht glaublich fand, der Natur des Seemannsstandes nach, ein zwar disciplinirt ernster und strenger, jedoch durch Humanität gemilderter, der auch ohne Kopfhängerei der Religiosität ihren bescheidenen Antheil nicht versagt. Es kommen gewaltig ernste Momente im Leben des Seemanns vor, wo er Gelegenheit und dringenden Anlaß findet, den Blick hoch über die brausende Woge und die Wolken hinaus in eine unbekannte Ferne zu senden.
Später begaben wir uns auf das eigentliche Element der munteren Burschen, auf den Strom, wo wir den eleganten [494] Uebungsschooner „Thusnelda“ bestiegen. Dieses schlanke und festgebaute eiserne Fahrzeug ist zugleich Schraubendampfer und Segelschiff und wurde von einem patriotischen Mitgliede des Verwaltungsraths, Herrn W. Droege, ursprünglich zu einem Lustfahrzeug gebaut, den technischen Directoren der Seemannsschule zur freiesten Verfügung gestellt, soweit die Lehrzwecke des Instituts es als wünschenswerth erscheinen ließen. Mit diesem Schooner sind bereits kurze Uebungsfahrten elbabwärts unternommen, die im Laufe des Sommers bis in die Nordsee ausgedehnt wurden, um die kecken Jungen einmal bezüglich der famosen Seekrankheit ernstlich auf den Zahn zu fühlen.
In der Reihe abwärts folgt diesem Dampf-Segel-Schooner der Clipper-Segel-Kutter „Albatroß“, ebenfalls ein schmuckes Fahrzeug, das, ausschließlich für Segelübungen auf der Elbe bestimmt, vor einigen Wochen von einem der bedeutendsten Hamburger Rheder, Herrn A. J. Hertz, dem Institut als freies Geschenk zuging. Diesem Segelkutter schließt sich dann der etwas kleinere zwölfruderige Ruderkutter an, dessen ich Eingangs erwähnte, um der exacten Schlagfertigkeit der jungen Ruderer eine verdiente Eloge zu machen, und der eben für das Exercitium dieser anmuthigen Fertigkeit aus den Mitteln der Anstalt eigens gebaut wurde. – Daß es ferner auch an kleinen Ruderjollen zum etwaigen Uebersetzen nach und von dem anderen Ufer nicht fehlt, versteht sich von selbst. – Für körperliche Bewegung am Lande sorgen die freilich noch bescheidenen Anfänge einer Turnanstalt, und bis zur guten Jahreszeit wird auch eine im Plan bereits fertig vorliegende Schwimmanstalt die Zöglinge zu einer Uebung einladen, die auf dem erwählten gefahrvollen Berufswege dereinst von nicht geringer Bedeutung sein wird.
Von den Urhebern, Begründern und Leitern des Instituts ist allgemein bekannt, daß die Herren Gerard Schuirman und Georg Thaulow vormals Officiere der deutschen Bundesflotte und später Capitaine von großen Kauffahrteischiffen waren, mit denen sie die entferntesten Häfen der Erde, China, Japan etc. besuchten, auf welchen Reisen sie Gelegenheit fanden und benutzten, unterstützt von gründlichen Navigationskenntnissen, mannigfaltige und lehrreiche Erfahrungen zu sammeln. – Der werthvolle Kern ihrer seemännischen Tüchtigkeit hat sich indeß hier nicht mit jener rauhen und knorrigen Schale umgeben, die vielleicht ausgepichten Theerjacken gegenüber zeitweise völlig am Orte, in einer Lehranstalt aber schwerlich von vortheilhaftem Erfolge sein würde. Mir schien ihre Vertrauen erregende Bonhomie so eben die gute rechte Mitte zwischen seemännischer Derbheit und weltmännischem Schliff zu halten, und die umsichtige Organisation ihres Instituts zeugt schon an und für sich – abgesehen von den noch zu erwartenden Erfolgen – für die Befähigung zu dem erwählten Berufe.
Die innere Organisation des Instituts ist sehr einfach für uns Binnenländer, aber jedenfalls von großem Interesse. Morgens 5½ Uhr wird die Mannschaft mittelst der Bootsmannspfeife „ausgepurrt“ das ist geweckt. Alle Hängematten kommen rasch in schwingende Bewegung; flink, wie Alles in diesen Räumen, ist auch das Ankleiden vollbracht, und vereint marschirt man nach dem Waschlocal, wo Jeder sich den ganzen Oberkörper, aus einer ihm eigens angehörigen metallenen Waschkumme in kaltem Wasser wäscht und das Haar kämmt. Von hier ab wird sogleich vorab zu Ruderübungen im Kutter geschritten, die bis gegen 7 Uhr währen, da dann die Anstalt gekehrt und hiernach das erste Frühstück, bestehend aus Kaffee und Butterbrod, eingenommen wird. – Um 9 Uhr beginnt der Schulunterricht. Derselbe besteht für zwei Classen abwechselnd in Mathematik, Navigation, Geographie und neueren Sprachen, während eine Classe (die Schüler sind in drei Classen und 2 Wachen – Steuerbords- und Backbordswache – eingetheilt) mit praktischen Arbeiten, wie z. B. Splissen (Taue künstlich zusammenfügen), Zimmern, Malen u. dgl. beschäftigt wird. – Um 12 Uhr ertönt das Signal zum Mittagsessen. Bevor wir jedoch der Mahlzeit beiwohnen, möge noch bemerkt werden, daß der Reihe nach 2 Zöglinge als „Backsjungen“ fungiren. – „Back“ ist nämlich auf Kriegsschiffen die technische Bezeichnung für einen an der Schiffswand befestigten Klapptisch, hier natürlich durch einen gewöhnlichen Tisch ersetzt, der als Speisetisch gilt und den die Backsjungen „auf- und abzubacken“ haben. – So auch hier, und sobald aufgebackt ist, pfeift der Bootsmann zum „Schaffen“ – was wir „Landratten“ „Essen“ zu nennen pflegen. – Von dem gesunden Appetit der jungen Mannschaft habe ich bereits geredet, und bemerke nur noch, daß die Speise mehrentheils aus Fleisch, Hülsenfrüchten, Reis und Kartoffeln besteht. Freitags giebt es regelmäßig Fische, und Sonntags Braten, Gemüse und Pudding; – in der Woche auch dann und wann dickgekochten Reis mit trockenem Obst gemischt. Erbsen, Bohnen, Graupen und Grütze spielen eine bedeutende Rolle bei den Genüssen des Seemanns.
Die Zeit von 12½ bis 2 Uhr ist der Erholung auf dem Tummelplatz draußen gewidmet, oder vielmehr jeder geht seinen Launen und Neigungen nach. – Von 2 bis 4 Uhr Unterricht wie Morgens. Um 4 Uhr schlägt die Vesperzeit; da aber auf Schiffen von Uhrschlagen keine Rede ist, so verrichten dieses allemal Menschenhände, und das nennt man dann „Glasenschlagen“. Das Vesperbrod besteht aus Butterbrod und einem Glase Bier. Bis 5 Uhr allgemeine Erholung wie vorher, Turnen etc. Von 5 bis 7 Uhr hat eine Classe Navigationsunterricht und zwei Classen haben Aufgaben zu machen. Um 7½ Uhr wird zu Abend gegessen, nämlich Thee und Butterbrod. – Nach dem Abendessen mag sich Jeder beliebig beschäftigen, lesen, schreiben, musiciren, singen, was Geist und Sinn vermag; lange kann es aber nicht währen, denn schon um 8¾ Uhr pfeift der Bootsmann unerbittlich zu „Kojes“, und müde oder munter voltigirt Jeder in seine Hängematte.
Das sind nun so ungefähr die Grundzüge der Tagesbeschäftigung, von denen nur Sonn- und Festtage eine Hauptausnahme zulassen. Kleinere Abweichungen bringt aber unter anderem auch der Mitwoch Vormittag, wo von den Zöglingen großer Wäsch- und Flicktag abgehalten wird, denn Jeder wäscht hier seine Leinwand und flickt sein Zeug selber. Sonnabends aber tritt die Generalreinigung der ganzen Anstalt ein, wo jeder Betheiligte dann seinen festen Arbeitsplatz hat. Daß dem Seemann nicht, wie unser Einem, die Nacht zur unbedingten Ruhe gewährt ist, ist wohl jeder Landratte bekannt. So ergeht es auch den angehenden Seeleuten in der Seemannsschule. Zwei derselben müssen, überwacht von einem Unterofficier, abwechselnd Wache halten, die Anstalt in Intervallen durchpatrouilliren. Am Tage hat nur ein Zögling die Wache, der dann das Thor den Ein- und Auspassirenden zu öffnen und „Glasen“ zu schlagen, d. i. alle halbe Stunden an der großen Glocke anzuschlagen hat. Zu dieser planmäßigen Beschäftigung der jungen Leute werden nun später, nach Vollendung des Schulschiffes, noch die Uebungen mit Tauen und Segeln, Klettern etc. als wesentliches Erforderniß eines tüchtigen Matrosen kommen, und es wird somit dann der ganze Complex der seemännischen Praktik vereinigt sein. Der Hauptinstructeur in den manuellen Fertigkeiten ist der Bootsmann (ein früheres Mitglied der preußischen Marine, der unter anderem auch die bekannte ostasiatische Expedition des preußischen Geschwaders mitgemacht hat, und mit schätzenswerthen Kenntnissen auch eine treffliche Begabung für seinen jetzigen Beruf vereinigt). Ferner gehört zu dem Personale 1 Zimmermann, 1 Quartiermeister, 1 Maschinenmeister für die „Thusnelda“, und für theoretische Kenntnisse 2 Sprachlehrer und 1 Lehrer der Mathematik und Navigation.
Der Leser wird eingestehen, daß für die Anfänge dieses Instituts als Privatunternehmen das irgend Mögliche geschehen und die Hoffnung begründet ist, es werde die für die deutsche Marine in jeder Hinsicht hochwichtige Anstalt durch reiche Frequenz zu einer Blüthe emporgehoben werden, von der dessen Existenz abhängig ist. – Nicht wenig wird die Hinneigung von Eltern und Pflegern seemannslustiger deutscher Söhne zur Benutzung der deutschen Seemannsschule in Hamburg durch die Zusage der ersten Rheder und Kaufleute daselbst gehoben werden, daß dieselben vacante Plätze als Decksjungen und Leichtmatrosen auf ihren resp. Schiffen vorzugsweise nur durch Zöglinge der Seemannsschule besetzen wollen. – Es ist indeß von Wichtigkeit den betheiligten Eltern wohlmeinend zu rathen, ihre Söhne nicht später als im vierzehnten Lebensjahre zur Vorbildung in die Seemannsschule zu schicken, da es sich schon jetzt durch Erfahrung herausgestellt hat, daß junge Leute, die das für die Aufnahme vorschriftsmäßige Alter von 15½ Jahren bereits überschritten haben, sich nur schwer in die ihnen neuen und von der gewohnten Lebensweise eigenthümlich abweichenden Verhältnisse fügen, und dadurch leicht Conflicte entstehen, die später bei der ersten Seereise in noch ungleich verstärkem Maße hervortreten.
[495] Ich verließ die Anstalt mit großer Freude. Wenn auch die Aussichten auf eine deutsche Flotte augenblicklich nicht die besten sind, so muß und wird doch endlich das von Millionen angestrebte Ziel erreicht werden. Dann wird die Hamburger Seemannsschule eine doppelt wichtige Bedeutung erhalten und der deutschen Kriegsmarine zur Vertheidigung der vaterländischen Küsten eben so wackere Seeleute liefern, wie sie jetzt der Handelsflotille Deutschlands tüchtige Steuermänner und Capitains bildet.