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David und Salomo/15. Vortrag

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« 14. Vortrag Wilhelm Löhe
David und Salomo
16. Vortrag »
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XV.
1. Chron. 22, 16–17; 18–21; 22–Cap. 23, 1.


1.
 Ungläubige Gelehrte haben daran Anstoß genommen, daß nach der Chronik der Engel des HErrn zwischen Himmel und Erde stehend erscheint mit einem ausgereckten Schwert in seiner Hand. Die Erzählung erscheint ihnen desto weniger glaubwürdig, sie reden von „Wundersucht“ des Chronisten. Allein wer wird darauf irgend etwas geben? Das Schwert des Engels war gewiß keine blos vorübergehende Erscheinung, sondern ein wirkliches Schwert, wenn auch kein von einem Messerschmied gemachtes. Wenn es heißt, daß Gott einen Bau im Himmel habe, der nicht von Menschenhänden gemacht ist, warum soll dann jene Welt nicht all das in realer, wenn auch weniger materieller Weise besitzen, was die irdische Welt aus rohem Stoff verfertigt? Mir erscheint die Erzählung der Chronik gegenüber dem Bericht in 2. Sam. 24 wie| lauter Vollkommenheit. Es kann ja nicht anders gewesen sein als wie es hier geschrieben steht. Der Engel wird ja nicht von David allein, sondern auch von den Ältesten gesehen, die mit Säcken angethan klagen und weinen. Aber nicht nur David mit seinen Leuten, sondern auch der Heide, der Jebusiter Arnan, mit seinen 4 Söhnen sieht ihn und versteckt sich, um sich der Erscheinung zu entziehen. Von allen Seiten sieht man ihn, wie er zwischen Himmel und Erde steht und mit ausgereckter Hand sein Schwert hält, ja mit demselben einhaut. Es ist etwas Außerordentliches; es gibt aber auch Außerordentliches zu schaffen. Zu ganz besondrer Zeit und besonderem Zweck steht der furchtbare Engel in seiner Schönheit und Majestät da unter dem Geheul der Menge. Wenn man nun ihm gegenüber David sieht, wie er Buße thut, wie er fürbittend eintritt für sein Volk und die ganze Last auf sich und seines Vaters Haus laden will, auf dem doch der Segen ruhte – und wenn man sich dann an jenen Tag erinnert, da David nach Empfang der großen Verheißung 2. Sam. 7 in die Hütte ging und aus vollem Herzen dankte und lobte, so gibt das einen Vergleich, der das Herz zu tiefstem Mitleid mit David bewegt. Der König David weint, er ist bereit alle Verheißungen hinzugeben, er will lieber seines Vaters Haus mit allem möglichen Jammer belastet wissen, wenn nur das Volk von der Plage befreit wird. Wie die Zeiten sich wenden! Wer den David gesehen hat an jenem schweren Tag, der hat schwerlich jenen König David in ihm wieder erkannt, der einst mit aller Pracht und Herrlichkeit in Jerusalem einzog und sich auf seinen Thron setzte. Das waren Tage der Heimsuchung, wie der HErr sie oft über die Alten kommen läßt, um sie vollends zu läutern, damit sie eingehen können in die ewige Ruhe. Der Abend von Davids Leben erscheint heute blutig roth, voll Gericht| und Strafe, während doch der Segen des HErrn auf ihm ruht und er selbst bereitet wird für einen andern Segen, der all das in sich faßt ja noch übertrifft, was 2. Cor. 7 von der Frucht der göttlichen Traurigkeit zu lesen ist.


2.

 Man könnte geneigt sein zu meinen, daß der HErr das Anerbieten Davids, an seines Volkes Statt in die Strafe einzutreten und die Schuld auf sich und seines Vaters Haus zu nehmen, angenommen habe. Man könnte das Leiden JEsu, der ja aus Davids Haus und Geschlecht war, als Beweis dafür anführen. Aber der Text sagt davon nichts. Der HErr sagt nicht zu David: Ich lege auf dich und deines Vaters Haus die Schuld; die Sühne besteht nicht darin, daß David ein Leiden auferlegt wird, sondern daß er einen Sühnaltar baut an dem Ort, wo der Engel stand. Der Altar weist nicht blos auf Buße, sondern auch auf Sühne und auf einen Gott, der sich versöhnen läßt. Gott sagt damit dem David: deine Vertretung gilt Mir nicht, deine Sühne nehme Ich nicht an; dein Haus bleibt dennoch gesegnet; Ich hab Mir vorbehalten in ferner Zukunft die rechte Sühne zu veranstalten und einen Versöhner zu geben, der alle Missethat tilgen wird. Das ist die Antwort des lebendigen Gottes. Eine schönere Antwort hätte dem David nimmermehr gegeben werden können. Wenn der König mit den Ältesten seines Volks sich demüthigt und sich erbietet jede Erdenstrafe zu leiden, so antwortet der HErr: einen Sühnaltar sollst du Mir bauen; eine Hindeutung, wenn nicht auf das Gotteslamm selbst, so doch auf den Altar des Kreuzes, an dem es geschlachtet werden sollte. Damit ist ein Trost gegeben für die Gegenwart und ein Blick eröffnet voll noch höheren Trostes für die Zukunft.


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3.
 Man sieht, was für einen Eindruck der Anblick des Pestengels auf David gemacht hat. David ist nicht blos innerlich ergriffen, sondern erschrocken durch und durch. Obgleich Gibeon nicht fern ist von Jerusalem, so ist sein Gebein doch zu sehr erschrocken, als daß er dort hingehen könnte zu opfern. Er geht deshalb trotz seines Schreckens geradehin an den Ort, wo der Engel stand. Man könnte meinen, David habe so oft mit Gott verhandelt und Gott so oft mit ihm geredet, daß ihm die Erscheinung des Engels keine ungewohnte Sache hätte sein sollen. Allein wenn Gott sonst Sich dem David offenbarte, so neigte ER Sich in Gnaden zu ihm und that es in einer Weise, die David ertragen konnte; jetzt aber zeigt ER Sich ihm, um ihn zu erschrecken. David geht nun von seiner Burg zu Zion gen Osten, nach Morija, wo der Engel stand; Gott selbst hatte ihn durch den Schauer Gad dazu angewiesen. Ergeht dem Engel entgegen und beweist damit Seelengröße, denn die wahre Größe des Mannes wird mehr im Unglück als im Glück erkannt; er fängt an mit Arnan zu verhandeln und kauft die Tenne, eben den Berg Morija, zum bleibenden Besitz, denn von dem Jebusiter, der nicht unter dem Gesetz des Hall- und Jobeljahres stand, kann er Land zu immerwährendem Besitz erwerben. Dort baut er den Altar und dabei sagt er: hier soll das Haus Gottes, des HErrn, sein und dies der Altar zum Brandopfer Israels (Cap. 23, 1). Er hat also nun den Ort für Tempel und Altar gefunden, den Ort, den der HErr selbst von Ewigkeit ersehen hatte und da ER von nun an angebetet werden wollte. Es war ja längst Davids Absicht dem HErrn einen Tempel zu bauen, aber der heilige Gedankengang seiner Seele bekommt nun Licht, Richtung und Ziel. Da sieht man, daß in dieser ganzen| Geschichte nicht blos die strafende Gerechtigkeit, sondern auch die Gnade waltet, trotzdem der HErr sich nun anschickt von David auszuziehen, und der Ort bereits vorbereitet wird, da die Lade Gottes (die bis jetzt noch in Davids Palast sich befand) ihre bleibende Ruhe finden sollte; denn mit dem Bau des Altars ist der Tempelbau selbst bereits begonnen. Die Kirche hat bei ihren liturgischen Anordnungen wohl Acht gehabt auf das was im alten Testament geschehen ist. Zuerst ist der Altar geboren, an ihn, als den Mittelpunkt, schließt sich der ganze Bau an. Der Altar ist die Hauptsache: das versteht nun auch David aus der jüngsten, schwersten Erfahrung seines Lebens heraus. Gottesdienstliche Dinge wollen von einer himmlischen Seele erfaßt sein; wer da den rechten Ton treffen will, der muß in der Erfahrung der Buße und der Gnade stehen. Der König David, der nach unserm heutigen Text hinsinkt in Buße, ist größer und innerlich reicher als an dem Tag seines Einzugs in Jerusalem; der, der dem zürnenden Gott den Brandopferaltar baut – das Vorbild des Berges Golgatha –, steht höher, als der, der in Fried und Freud die Verheißung eines ewigen Königthums annimmt (2. Sam. 7). Denn wer die Verheißung hat, kann doch in Anfechtung kommen, weil die Erinnerung an begangene Sünde an dem Glauben an die Verheißung rüttelt; wer aber von Versöhnung weiß, der hat den Trost wider die Sünde und alle Anfechtung der Sünde. Und so sehen wir heute David auf einer Lebenshöhe wie nie zuvor; den Mann, der ein Sünder ist wie keiner, aber auch ein Bußfertiger und Gläubiger, der im Glauben alles überwindet und Gottesdienste herstellt, die Vorbilder sind und bleiben der ewigen Gottesdienste im Himmel.
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