4. Grundzüge einer Theorie des Galoisschen Zahlkörpers[1].
[Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1894. S. 224—236.]
Da ein jeder beliebige Zahlkörper als ein Körper aufgefaßt werden kann, welcher in einem Galoisschen Körper als niederer Körper enthalten ist, so bedeutet es keine wesentliche Einschränkung, wenn wir bei der Erforschung der Theorie der algebraischen Zahlen von vornherein die Annahme machen, daß der zugrunde liegende Zahlkörper ein Galoisscher Körper ist. Insbesondere erweist sich der systematische Ausbau der allgemeinen Theorie der Ideale eines Galoisschen Körpers als notwendig, wenn wir den in Kummers Abhandlungen über die höheren Reziprozitätsgesetze enthaltenen Anregungen mit Erfolg nachgehen und über die in denselben gewonnenen Resultate zur vollen Herrschaft gelangen wollen. Die vorliegende Note enthält in Kürze die Grundzüge einer solchen Theorie des Galoisschen Körpers.
Der Galoissche Körper
vom
-ten Grade werde durch die Zahl
bestimmt, welche einer irreduziblen ganzzahligen Gleichung
-ten Grades genügt. Die Wurzeln derselben seien
, wo die Substitutionen
eine Gruppe
vom
-ten Grade bilden.
sei ein Primideal
-ten Grades in
;
die durch
teilbare rationale Primzahl und
sei eine Primitivzahl für das Primideal
, d. h.
sei von der Beschaffenheit, daß jede ganze Zahl des Körpers
einer Potenz von
nach dem Primideal
kongruent wird.
Die Primitivzahl
genügt nach dem Primideal
einer Kongruenz von der Gestalt
|
|
wo
eine ganze Funktion
-ten Grades in
mit ganzen rationalen Koeffizienten bedeutet, welche im Sinne der Kongruenz nach der rationalen Primzahl
irreduzibel ist. Es gilt ferner der Hilfssatz:
Wenn
irgendeine ganze Zahl in
ist, so gibt es unter den Substitutionen
stets wenigstens eine Substitution
von der Art, daß nach dem Primideal
die Kongruenz
|
|
besteht. Zum Beweise dieses Hilfssatzes bilden wir die ganze ganzzahlige Funktion
|
|
und erhalten dann wegen
|
|
die Kongruenz
|
|
welche die Richtigkeit des Hilfssatzes erkennen läßt.
Nun seien
diejenigen sämtlichen
Substitutionen der Gruppe
, welche das Primideal
ungeändert lassen; dieselben bilden eine Gruppe vom
-ten Grade, welche die Zerlegungsgruppe des Primideals
genannt und mit
bezeichnet werden soll.
Nehmen wir
‚ wo
eine nicht durch
, wohl aber durch alle zu
konjugierten und von
verschiedenen Primideale teilbare ganze Zahl ist, so zeigt die Anwendung des Hilfssatzes die Existenz einer Substitution
von der Art, daß die Kongruenz
|
|
oder
|
|
gilt. Hieraus folgt
nach
und
nach
. Die erste Inkongruenz lehrt, daß
nicht durch
teilbar ist; folglich wird
oder
d. h. die Substitution
gehört der Zerlegungsgruppe
an. Wir setzen
und haben dann die Kongruenz
|
.
|
Die wiederholte Anwendung der Substitution
liefert die Kongruenzen
|
|
Infolge der letzten Kongruenz ist
eine Substitution von der Beschaffenheit, daß für jede beliebige ganze Zahl
des Körpers
die Kongruenz
|
|
erfüllt ist. Es seien
diejenigen sämtlichen
Substitutionen der Gruppe
, denen ebenfalls die genannte Eigenschaft zukommt; dann wird leicht gezeigt, daß diese
Substitutionen eine Gruppe
-ten Grades bilden. Diese Gruppe werde die Trägheitsgruppe des Primideals
genannt und mit
bezeichnet. Da, wie ebenfalls leicht ersichtlich ist, das Primideal
bei der Anwendung einer jeden der Substitutionen
ungeändert bleibt, so ist die Trägheitsgruppe
eine Untergruppe der Zerlegungsgruppe
; es ergibt sich ferner leicht der Satz:
Die Trägheitsgruppe
eines Primideals ist eine invariante (d. h. ausgezeichnete) Untergruppe der Zerlegungsgruppe
.
Ist
eine beliebige Substitution der Zerlegungsgruppe, so folgt aus der Kongruenz
nach
notwendig
nach
und da die Kongruenz
nach
nur die
Kongruenzwurzeln
,
,
, …,
besitzt, so folgt
nach
‚ wo
einen der
Werte
,
, …,
hat. Da andrerseits
ist, so wird
nach
und mithin ist
eine Substitution
der Trägheitsgruppe, d. h.
. In dieser letzteren Gestalt sind also sämtliche Substitutionen
,
,
, … der Zerlegungsgruppe darstellbar und da auch umgekehrt
für
,
, …,
lauter voneinander verschiedene Substitutionen darstellt, so ist
. Wir fassen diese Resultate in folgendem Satze zusammen:
Der Grad der Zerlegungsgruppe
eines Primideals
ist gleich dem Produkte des Grades
von
in den Grad der Trägheitsgruppe
. Man erhält die Substitutionen der Zerlegungsgruppe, wenn man die Substitutionen der Trägheitsgruppe mit
,
,
, …,
multipliziert, wo
eine geeignet gewählte Substitution der Zerlegungsgruppe ist.
gehört der Trägheitsgruppe an.
Es erweist sich jetzt die Einführung der folgenden allgemeinen Begriffe als notwendig. Bilden die
Substitutionen
,
, …,
von
eine Untergruppe
vom
-ten Grade, so bestimmt die Gesamtheit aller Zahlen des Körpers
, welche bei Anwendung einer jeden Substitution von
ungeändert bleiben, einen in
enthaltenen Unterkörper
vom Grade
.
Ist
eine beliebige Zahl,
ein beliebiges Ideal in
, so heißt das Produkt
|
|
die Partialnorm von
in bezug auf die Gruppe
oder den Unterkörper
; des gleichen heißt
|
|
die Partialnorm des Ideals
in bezug auf den Körper
.
Die Partialnorm
einer Zahl
ist offenbar stets eine Zahl in
. Wir sagen nun, ein Ideal
des Körpers
liege im Körper
oder sei ein Ideal des Körpers
, wenn dasselbe als größter gemeinsamer Teiler von Zahlen des Körpers
dargestellt werden kann. Die Partialnorm
eines Ideals
ist stets ein Ideal, welches im Körper
liegt.
Der zur Zerlegungsgruppe
gehörige Körper
werde Zerlegungskörper genannt; derselbe ist vom Grade
.
Der zur Trägheitsgruppe
gehörige Körper
werde Trägheitskörper genannt; derselbe ist vom Grade
und enthält den Zerlegungskörper als Unterkörper.
Das algebraische Verhältnis zwischen Zerlegungskörper und Trägheitskörper wird durch den folgenden Satz klargelegt:
Ist
eine den Trägheitskörper bestimmende Zahl, so genügt
einer Gleichung
-ten Grades von der Gestalt
|
,
|
deren Koeffizienten Zahlen des Körpers
sind, und welche im Rationalitätsbereiche
eine Galoissche Gleichung mit der zyklischen Gruppe
-ten Grades ist.
Die Partialnormen des Primideals
in bezug auf die Körper
und
sind
|
und .
|
Um nun die niedrigste in
liegende Potenz des Primideals
zu ermitteln, denken wir uns den größten gemeinsamen Teiler aller derjenigen ganzen
Zahlen des Körpers
bestimmt, welche durch
teilbar sind. Dieser Teiler ist notwendig im Körper
ein Primideal
und da
in
liegt, so ist
jedenfalls eine Potenz von
; wir setzen
. Zur Bestimmung des Exponenten
dient die folgende Betrachtung. Soll eine durch
nicht teilbare Zahl
des Körpers
der Kongruenz
nach
genügen und ist etwa
nach
, so muß notwendig
nach
und folglich
eine durch
teilbare Zahl sein, d. h. es gibt nur
untereinander nach
inkongruente Zahlen von der gewünschten Beschaffenheit, und es wird daher
nach
‚ wo
eine ganze rationale Zahl bedeutet. Aus dieser Betrachtung folgt insbesondere, daß jede Zahl
des Körpers
einer rationalen Zahl
nach
und mithin auch nach
kongruent ist, d. h.
ist im Körper
ein Primideal ersten Grades und die Norm
im Körper
ist folglich gleich
. Andrerseits ist die Norm von
im Körper
durch die Formel
gegeben, und wegen
und
folgt somit
d. h.
. Daraus folgt der Satz:
Das Ideal
liegt im Zerlegungskörper
und ist in diesem ein Primideal ersten Grades: es wird also jede ganze Zahl des Körpers
einer rationalen Zahl kongruent nach
.
Da notwendig die bezüglich
zu
konjugierten
Ideale zu
prim sind und mit
multipliziert das Produkt
ergeben, so ist der Zerlegungskörper zugleich der Körper niedrigsten Grades, in welchem die Zerlegung der rationalen Primzahl
soweit bewirkt wird, daß dabei eine Trennung der Faktoren
von den übrigen stattfindet.
Um den Bau der Trägheitsgruppe näher zu erforschen, bezeichnen wir mit
eine durch
, aber nicht durch
teilbare Zahl des Körpers
und bilden für alle Substitutionen
,
,
, …, der Trägheitsgruppe die Kongruenzen
|
|
wo

,

,

, … Zahlen aus der Reihe

,

,

, …,

bedeuten. Diejenigen unter den Substitutionen

,

,

, …, für welche die betreffenden Exponenten

,

,

, … den Wert

haben, mögen mit

,

,

… bezeichnet werden; ihre Zahl sei

; sie bilden, wie leicht ersichtlich, eine invariante Untergruppe der Trägheitsgruppe. Diese Untergruppe

-ten Grades werde die
Verzweigungsgruppe des Primideals

genannt und mit

bezeichnet. Der zu

gehörige Körper heiße der
Verzweigungskörper des Primideals

.
Es sei
eine so hohe Potenz von
, daß für jede von
verschiedene Substitution
der Verzweigungsgruppe die Inkongruenz
nach
gilt. Setzen wir nun
nach
, wo
eine ganze Zahl in
bedeutet, so folgt leicht
nach
und hieraus in gleicher Weise
nach
und endlich
nach
. Demnach ist
, d. h. der Grad
der Verzweigungsgruppe ist gleich einer Potenz von
; wir setzen
.
Es sei nun
der kleinste von
verschiedene unter den Exponenten
,
,
… und es gebe im ganzen
voneinander verschiedene solcher Exponenten. Dann sind diese Exponenten notwendig Vielfache von
und stimmen mit den Zahlen
,
,
, …,
überein; es ist ferner
. Zugleich erkennen wir, daß alle Substitutionen der Trägheitsgruppe in die Gestalt
gebracht werden können, wo
die Werte
,
, …,
annimmt und
alle Substitutionen der Verzweigungsgruppe
durchläuft. Es ist folglich
. Wir fassen wiederum die erhaltenen Sätze zusammen:
Die Verzweigungsgruppe
ist eine invariante Untergruppe der Trägheitsgruppe, der Grad
derselben ist eine Potenz von
. Der Grad der Trägheitsgruppe ist gleich dem
-fachen Grade der Verzweigungsgruppe, wo
einen Teiler von
bedeutet und daher nicht den Faktor
enthält. Man erhält die Substitutionen der Trägheitsgruppe, indem man die Substitutionen der Verzweigungsgruppe mit
,
,
, …,
multipliziert, wo
eine geeignet gewählte Substitution der Trägheitsgruppe ist.
ist eine Substitution der Verzweigungsgruppe.
Das algebraische Verhältnis zwischen Trägheitskörper und Verzweigungskörper wird durch den folgenden Satz klargelegt:
Ist
eine den Verzweigungskörper bestimmende Zahl, so genügt
einer Gleichung
-ten Grades von der Gestalt
|
,
|
deren Koeffizienten Zahlen des Körpers
sind und welche im Rationalitätsbereiche
eine Galoissche Gleichung mit der zyklischen Gruppe
-ten Grades ist.
Um nun vor allem Aufschluß über das Verhalten des Ideals
im Körper
zu gewinnen, setzen wir
|
|
Die Zahl

liegt im Körper

und

im Körper

; beide Zahlen sind nach dem Primideal

der Primitivzahl

kongruent. Da es folglich im Körper

genau

nach

inkongruente Zahlen gibt, so ist notwendigerweise

im Körper

unzerlegbar und wird in demselben ein Primideal

-ten Grades.
Die aus der eben angestellten Betrachtung folgenden Eigenschaften des Trägheitskörpers sprechen wir wie folgt aus:
Jede Zahl des Körpers
ist nach
einer Zahl des Trägheitskörpers kongruent. Der Trägheitskörper bewirkt keine Zerlegung des Ideals
, sondern nur eine Graderhöhung desselben, insofern
beim Übergang vom Körper
in den höheren Körper
aus einem Primideal ersten Grades sich in ein Primideal
-ten Grades gewandelt.
Es sei die beliebige Zahl
in
der Zahl
des Trägheitskörpers nach
kongruent und dementsprechend werde
nach
gesetzt, wo
die obige Bedeutung hat und
eine geeignete ganze Zahl in
ist. Durch die Anwendung einer Substitution
des Verzweigungskörpers ergibt sich
‚ d. h.
nach
und wir erhalten so den Satz:
Die Substitutionen
der Verzweigungsgruppe
haben die charakteristische Eigenschaft, daß für sämtliche Zahlen
des Körpers
die Kongruenz
|
,
|
besteht.
Zugleich erkennen wir leicht die folgenden weiteren Sätze über den Verzweigungskörper.
Das Ideal
liegt im Verzweigungskörper
und ist in demselben ein Primideal
-ten Grades: es findet somit im Verzweigungskörper die Spaltung des Ideals
in
gleiche Primfaktoren statt.
Unsere nächste Aufgabe besteht darin, die Spaltung des Ideals
zu verfolgen. Zu dem Zwecke nehmen wir an, es sei
der höchste Exponent von der Art, daß für eine jede Substitution
der Verzweigungsgruppe die sämtlichen ganzen Zahlen des Körpers
der Kongruenz
|
,
|
genügen und bestimmen dann alle diejenigen Substitutionen
der Verzweigungsgruppe, für welche
|
,
|
wird; dieselben bilden eine invariante Untergruppe
der Verzweigungsgruppe, die wir die einmal überstrichene Verzweigungsgruppe nennen wollen. Der Grad derselben sei
. Die Eigenschaften dieser Untergruppe
lassen sich wiederum ohne besondere Schwierigkeit feststellen und führen, wenn der Kürze wegen der zu
gehörige Körper
der einmal überstrichene Verzweigungekörper genannt und
gesetzt wird, zu den Sätzen:
Ist
eine den einmal überstrichenen Verzweigungskörper
bestimmende Zahl, so genügt
einer Abelschen Gleichung
-ten Grades von der Gestalt
|
,
|
deren Koeffizienten Zahlen des Körpers
sind und deren Gruppe lediglich Substitutionen
-ten Grades enthält. Es wird
, wo
Primideal des Körpers
ist. Der Exponent
überschreitet keinenfalls die Zahl
.
Nunmehr ist ersichtlich, in welcher Weise das eingeschlagene Verfahren fortzusetzen ist. Bedeutet
den höchsten Exponenten von der Art, daß für jede Substitution
die sämtlichen Zahlen des Körpers
der Kongruenz
|
|
genügen, so bestimmen wir alle diejenigen Substitutionen
, für Welche
|
|
wird. Dieselben bilden eine invariante Untergruppe
der Gruppe
, die zweimal überstrichene Verzweigungsgruppe; ihr Grad sei
; wir setzen
. Es gelten die Sätze:
Ist
eine den zweimal überstrichenen Verzweigungskörper
bestimmende Zahl, so genügt
einer Abelschen Gleichung
-ten Grades von der Gestalt
|
|
deren Koeffizienten Zahlen des Körpers
sind und deren Gruppe lediglich Substitutionen
-ten Grades enthält. Es wird
, wo
Primideal des Körpers
ist. Der Exponent
überschreitet keinenfalls die Zahl
.
So fortfahrend gelangen wir zu einer dreimal überstrichenen Verzweigungsgruppe
usw. Ist etwa die
mal überstrichene Verzweigungsgruppe diejenige, welche lediglich aus der Substitution
besteht, so ist der Körper
selbst der
mal überstrichene Verzweigungskörper und die Struktur der Verzweigungsgruppe
ist dann vollständig bekannt.
Durch die vorstehende Entwicklung erlangen wir einen vollständigen Einblick in die bei der Zerlegung einer rationalen Primzahl
sich abspielenden
Vorgänge:
Die rationale Primzahl
wird zunächst im Zerlegungskörper in der Form
zerlegt, wo
ein Primideal ersten Grades und
ein durch
nicht teilbares Ideal des Zerlegungskörpers ist. Der Zerlegungskörper ist als Unterkörper in dem Trägheitskörper enthalten, welcher seinerseits keine weitere Zerlegung von
bewirkt, sondern lediglich dieses Ideal
zu einem Primideal
-ten Grades erhebt. Ist der Körper
selbst der Zerlegungskörper oder der Trägheitskörper, so ist nach diesem ersten Schritte die Zerlegung bereits abgeschlossen. Im anderen Falle läßt sich
in gleiche Faktoren spalten, und zwar wird
zunächst im Verzweigungskörper die Potenz eines Primideals
, deren Exponent in
aufgeht und folglich nicht durch
teilbar ist. Die Spaltung von
ist mit diesem zweiten Schritte notwendig dann und nur dann abgeschlossen, wenn
im Grade der Trägheitsgruppe nicht aufgeht und mithin der Körper
selbst der Verzweigungskörper ist. In den nun folgenden überstrichenen Verzweigungskörpern schreitet die Spaltung ohne Aussetzen fort, und zwar sind die bezüglichen Potenzexponenten Zahlen von der Gestalt
,
, …, wo
,
, … die Zahl
nicht überschreiten. Der Tragheitskörper und der Verzweigungskörper sind durch zyklische Gleichungen, die überstrichenen Verzweigungskörper durch solche Abelsche Gleichungen bestimmt, deren Gruppen nur Substitutionen vom Primzahlgrade
enthalten. Die Spaltung in gleiche Faktoren geschieht also stets mittels einer Kette Abelscher Gleichungen. Dieses Resultat drückt eine neue überraschende Eigenschaft des Zerlegungskörpers aus:
Der Zerlegungskörper bestimmt einen Rationalitätsbereich, in welchem die Zahlen des ursprünglichen Galoisschen Körpers
lediglich durch Wurzelausdrücke darstellbar sind.
Der gefundene Satz rückt zugleich die Bedeutung der Theorie der durch Wurzelziehen lösbaren Gleichungen in grelles Licht, insofern derselbe zeigt, daß innerhalb der durch solche Gleichungen bestimmten Zahlkörper gerade die hauptsächlichsten Schwierigkeiten ihre Lösung finden, welche die Aufstellung der Primideale bietet.
Die Übersicht über die aufgezählten Resultate wird durch die folgende Tabelle erleichtert, in deren Zeilen der Reihe nach die Grade der Gruppen, die Grade der Körper, die Grade der den Körper bestimmenden Abelschen Gleichungen, dann die Primideale der Körper und ihre Zerlegung, bezüglich Spaltung sich angegeben finden. Der Körper
ist dabei als ein dreimal überstrichener Verzweigungskörper angenommen.
Von den mannigfachen Folgerungen und Anwendungen, welche die vorstehend entwickelte Theorie zuläßt, seien hier nur einige erwähnt, welche die Erforschung der Diskriminanten der betrachteten Zahlkörper bezwecken.
Es sei
ein beliebiger Zahlkörper vom Grade
;
,
, …,
mögen eine Basis der ganzen Zahlen des Körpers
bilden und die zu der Zahl
konjugierten
Zahlen bezeichnen wir allgemein mit
, …,
. Das Produkt der
Ideale[2]
|
|
ist ein Ideal des Körpers
und stimmt mit demjenigen überein, welches R. Dedekind das Grundideal dieses Körpers nennt. R. Dedekind hat bewiesen, daß die Norm des Grundideals die Diskriminante des Körpers liefert[3].
Es seien
,
, …,
die
Substitutionen einer Untergruppe
der Gruppe
und
sei der zu
gehörige Körper. Sind dann
,
, …,
eine Basis der ganzen Zahlen des Körpers
und bildet man alle
-reihigen Determinanten
,
, … der Matrix
|
|
so wird das Quadrat des größten gemeinsamen Idealteilers der Zahlen
,
, … die Partialdiskriminante[4] des Körpers
in bezug auf den Körper
genannt. Bei Benutzung der von mir angewandten Bezeichnungsweise ist diese also
|
|
Die Partialdiskriminante
ist ein Ideal, welches im Körper
liegt.
Auch der Dedekindsche Begriff des Grundideals bedarf einer Verallgemeinerung: wir verstehen unter dem Partialgrundideal
des Körpers
in bezug auf
das Produkt der folgenden
Ideale
|
|
Es gelten die drei allgemeinen Theoreme:
|
|
hierin bedeuten
,
,
, bezüglich die Diskriminanten der Körper
,
und die Partialdiskriminante des Körpers
in bezug auf
, ferner
,
,
bezüglich die Grundideale von
,
und das Partialgrundideal des Körpers
in bezug auf
; endlich bedeutet
die Partialnorm von
und
die Norm von
für den Körper
. Diese Theoreme geben einen klaren Einblick in den Bau der Diskriminanten. Das Theorem I ist die Erweiterung des Dedekindschen Satzes für den Begriff des Partialgrundideals. Nach Theorem II ist das Verhalten der Grundideale beim Übergange von dem niederen in den höheren Körper von merkwürdiger Einfachheit: man bekommt das Grundideal des höheren Körpers, indem man das Grundideal des niederen Körpers mit dem betreffenden Partialgrundideal multipliziert. Das Theorem III entsteht, wenn man von der Gleichung II die Norm bildet. Daß die Diskriminante eines Körpers durch die Diskriminante eines jeden Unterkörpers teilbar ist, hat bereits Kronecker[5] bewiesen. Das Theorem III gibt die Potenz der letzteren an, welche in der Diskriminante des höheren Körpers aufgeht und deckt auch zugleich die einfache Bedeutung des übrigbleibenden Faktors der Diskriminante des höheren Körpers auf.
Nunmehr folgen mit Hilfe der oben entwickelten Theorie die Sätze:
Das Grundideal des zum Primideal
gehörigen Trägheitskörpers ist nicht durch
teilbar. Der Trägheitskörper umfaßt sämtliche in
enthaltenen Unterkörper, deren Grundideale nicht durch
teilbar sind.
Das Partialgrundideal des Verzweigungskörpers in bezug auf den Trägheitskörper ist durch
|
|
und durch keine höhere Potenz von
teilbar.
Das Partialgrundideal des einmal überstrichenen Verzweigungskörpers in bezug auf den Verzweigungskörper enthält genau die Potenz
|
|
Das Partialgrundideal des zweimal überstrichenen Verzweigungskörpers in bezug auf den einmal überstrichenen Verzweigungskörper enthält genau die Potenz
|
|
usw.
Das Grundideal
des Körpers
enthält das Primideal
genau in der
|
|
ten Potenz.
Da nun
ein Galoisscher Körper ist und mithin das Grundideal
mit seinen konjugierten übereinstimmt, so ist die Diskriminante
von
die
-te Potenz von
;
enthält folglich das Primideal
genau
mal so oft. Hieraus ergibt sich unmittelbar der Satz:
Der Exponent der Potenz, zu welcher die rationale Primzahl
in der Diskriminante
des Körpers
als Faktor vorkommt, ist
|
|
Im Falle, daß keine überstrichenen Verzweigungskörper vorhanden sind, wird
,
, … und es folgt dann das von R. Dedekind und K. Hensel bewiesene Resultat, demzufolge der Exponent der in
aufgehenden Potenz von
den Wert
besitzt.
Da man für die Exponenten
,
, … ohne Schwierigkeit eine obere Grenze findet, so kann hiernach auch der eben bestimmte Exponent der in der Diskriminante
aufgehenden Potenz von
eine gewisse nur vom Grade
des Körpers
abhängige Grenze nicht überschreiten. Dieser Satz ist besonders deshalb von Wichtigkeit, weil er die Möglichkeiten, die sich hinsichtlich der in
aufgehenden Primzahlen
bieten, von vornherein auf eine endliche Anzahl einschränkt. Rechnen wir demnach alle diejenigen Körper vom Grade
, welche hinsichtlich der in
aufgehenden Primzahlen das nämliche Verhalten zeigen, zu einem Typus, so folgt, daß es für einen gegebenen Grad
nur eine endliche Anzahl von möglichen Körpertypen gibt.
- Königsberg i. Pr., den 25. Juni 1894.