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David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 4

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3. Über die Zerlegung der Ideale eines Zahlkörpers in Primideale. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
4. Grundzüge einer Theorie des Galoisschen Zahlkörpers.
5. Über den Dirichletschen biquadratischen Zahlkörper.
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4. Grundzüge einer Theorie des Galoisschen Zahlkörpers[1].
[Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1894. S. 224—236.]

Da ein jeder beliebige Zahlkörper als ein Körper aufgefaßt werden kann, welcher in einem Galoisschen Körper als niederer Körper enthalten ist, so bedeutet es keine wesentliche Einschränkung, wenn wir bei der Erforschung der Theorie der algebraischen Zahlen von vornherein die Annahme machen, daß der zugrunde liegende Zahlkörper ein Galoisscher Körper ist. Insbesondere erweist sich der systematische Ausbau der allgemeinen Theorie der Ideale eines Galoisschen Körpers als notwendig, wenn wir den in Kummers Abhandlungen über die höheren Reziprozitätsgesetze enthaltenen Anregungen mit Erfolg nachgehen und über die in denselben gewonnenen Resultate zur vollen Herrschaft gelangen wollen. Die vorliegende Note enthält in Kürze die Grundzüge einer solchen Theorie des Galoisschen Körpers.

Der Galoissche Körper vom -ten Grade werde durch die Zahl bestimmt, welche einer irreduziblen ganzzahligen Gleichung -ten Grades genügt. Die Wurzeln derselben seien , wo die Substitutionen eine Gruppe vom -ten Grade bilden. sei ein Primideal -ten Grades in ; die durch teilbare rationale Primzahl und sei eine Primitivzahl für das Primideal , d. h. sei von der Beschaffenheit, daß jede ganze Zahl des Körpers einer Potenz von nach dem Primideal kongruent wird.

Die Primitivzahl genügt nach dem Primideal einer Kongruenz von der Gestalt

wo eine ganze Funktion -ten Grades in mit ganzen rationalen Koeffizienten bedeutet, welche im Sinne der Kongruenz nach der rationalen Primzahl irreduzibel ist. Es gilt ferner der Hilfssatz:

Wenn irgendeine ganze Zahl in ist, so gibt es unter den Substitutionen stets wenigstens eine Substitution von der Art, daß nach dem Primideal die Kongruenz

besteht. Zum Beweise dieses Hilfssatzes bilden wir die ganze ganzzahlige Funktion

und erhalten dann wegen

die Kongruenz

welche die Richtigkeit des Hilfssatzes erkennen läßt.

Nun seien diejenigen sämtlichen Substitutionen der Gruppe , welche das Primideal ungeändert lassen; dieselben bilden eine Gruppe vom -ten Grade, welche die Zerlegungsgruppe des Primideals genannt und mit bezeichnet werden soll.

Nehmen wir ‚ wo eine nicht durch , wohl aber durch alle zu konjugierten und von verschiedenen Primideale teilbare ganze Zahl ist, so zeigt die Anwendung des Hilfssatzes die Existenz einer Substitution von der Art, daß die Kongruenz

oder

gilt. Hieraus folgt nach und nach . Die erste Inkongruenz lehrt, daß nicht durch teilbar ist; folglich wird oder d. h. die Substitution gehört der Zerlegungsgruppe an. Wir setzen und haben dann die Kongruenz

.

Die wiederholte Anwendung der Substitution liefert die Kongruenzen

Infolge der letzten Kongruenz ist eine Substitution von der Beschaffenheit, daß für jede beliebige ganze Zahl des Körpers die Kongruenz

erfüllt ist. Es seien diejenigen sämtlichen Substitutionen der Gruppe , denen ebenfalls die genannte Eigenschaft zukommt; dann wird leicht gezeigt, daß diese Substitutionen eine Gruppe -ten Grades bilden. Diese Gruppe werde die Trägheitsgruppe des Primideals genannt und mit bezeichnet. Da, wie ebenfalls leicht ersichtlich ist, das Primideal bei der Anwendung einer jeden der Substitutionen ungeändert bleibt, so ist die Trägheitsgruppe eine Untergruppe der Zerlegungsgruppe ; es ergibt sich ferner leicht der Satz:

Die Trägheitsgruppe eines Primideals ist eine invariante (d. h. ausgezeichnete) Untergruppe der Zerlegungsgruppe .

Ist eine beliebige Substitution der Zerlegungsgruppe, so folgt aus der Kongruenz nach notwendig nach und da die Kongruenz nach nur die Kongruenzwurzeln , , , …, besitzt, so folgt nach ‚ wo einen der Werte , , …, hat. Da andrerseits ist, so wird nach und mithin ist eine Substitution der Trägheitsgruppe, d. h. . In dieser letzteren Gestalt sind also sämtliche Substitutionen , , , … der Zerlegungsgruppe darstellbar und da auch umgekehrt für , , …, lauter voneinander verschiedene Substitutionen darstellt, so ist . Wir fassen diese Resultate in folgendem Satze zusammen:

Der Grad der Zerlegungsgruppe eines Primideals ist gleich dem Produkte des Grades von in den Grad der Trägheitsgruppe . Man erhält die Substitutionen der Zerlegungsgruppe, wenn man die Substitutionen der Trägheitsgruppe mit , , , …, multipliziert, wo eine geeignet gewählte Substitution der Zerlegungsgruppe ist. gehört der Trägheitsgruppe an.

Es erweist sich jetzt die Einführung der folgenden allgemeinen Begriffe als notwendig. Bilden die Substitutionen , , …, von eine Untergruppe vom -ten Grade, so bestimmt die Gesamtheit aller Zahlen des Körpers , welche bei Anwendung einer jeden Substitution von ungeändert bleiben, einen in enthaltenen Unterkörper vom Grade .

Ist eine beliebige Zahl, ein beliebiges Ideal in , so heißt das Produkt

die Partialnorm von in bezug auf die Gruppe oder den Unterkörper ; des gleichen heißt

die Partialnorm des Ideals in bezug auf den Körper .

Die Partialnorm einer Zahl ist offenbar stets eine Zahl in . Wir sagen nun, ein Ideal des Körpers liege im Körper oder sei ein Ideal des Körpers , wenn dasselbe als größter gemeinsamer Teiler von Zahlen des Körpers dargestellt werden kann. Die Partialnorm eines Ideals ist stets ein Ideal, welches im Körper liegt.

Der zur Zerlegungsgruppe gehörige Körper werde Zerlegungskörper genannt; derselbe ist vom Grade .

Der zur Trägheitsgruppe gehörige Körper werde Trägheitskörper genannt; derselbe ist vom Grade und enthält den Zerlegungskörper als Unterkörper.

Das algebraische Verhältnis zwischen Zerlegungskörper und Trägheitskörper wird durch den folgenden Satz klargelegt:

Ist eine den Trägheitskörper bestimmende Zahl, so genügt einer Gleichung -ten Grades von der Gestalt

,

deren Koeffizienten Zahlen des Körpers sind, und welche im Rationalitätsbereiche eine Galoissche Gleichung mit der zyklischen Gruppe -ten Grades ist.

Die Partialnormen des Primideals in bezug auf die Körper und sind

und .

Um nun die niedrigste in liegende Potenz des Primideals zu ermitteln, denken wir uns den größten gemeinsamen Teiler aller derjenigen ganzen Zahlen des Körpers bestimmt, welche durch teilbar sind. Dieser Teiler ist notwendig im Körper ein Primideal und da in liegt, so ist jedenfalls eine Potenz von ; wir setzen . Zur Bestimmung des Exponenten dient die folgende Betrachtung. Soll eine durch nicht teilbare Zahl des Körpers der Kongruenz nach genügen und ist etwa nach , so muß notwendig nach und folglich eine durch teilbare Zahl sein, d. h. es gibt nur untereinander nach inkongruente Zahlen von der gewünschten Beschaffenheit, und es wird daher nach ‚ wo eine ganze rationale Zahl bedeutet. Aus dieser Betrachtung folgt insbesondere, daß jede Zahl des Körpers einer rationalen Zahl nach und mithin auch nach kongruent ist, d. h. ist im Körper ein Primideal ersten Grades und die Norm im Körper ist folglich gleich . Andrerseits ist die Norm von im Körper durch die Formel gegeben, und wegen und folgt somit d. h. . Daraus folgt der Satz:

Das Ideal liegt im Zerlegungskörper und ist in diesem ein Primideal ersten Grades: es wird also jede ganze Zahl des Körpers einer rationalen Zahl kongruent nach .

Da notwendig die bezüglich zu konjugierten Ideale zu prim sind und mit multipliziert das Produkt ergeben, so ist der Zerlegungskörper zugleich der Körper niedrigsten Grades, in welchem die Zerlegung der rationalen Primzahl soweit bewirkt wird, daß dabei eine Trennung der Faktoren von den übrigen stattfindet.

Um den Bau der Trägheitsgruppe näher zu erforschen, bezeichnen wir mit eine durch , aber nicht durch teilbare Zahl des Körpers und bilden für alle Substitutionen , , , …, der Trägheitsgruppe die Kongruenzen

wo , , , … Zahlen aus der Reihe , , , …, bedeuten. Diejenigen unter den Substitutionen , , , …, für welche die betreffenden Exponenten , , , … den Wert haben, mögen mit , , … bezeichnet werden; ihre Zahl sei ; sie bilden, wie leicht ersichtlich, eine invariante Untergruppe der Trägheitsgruppe. Diese Untergruppe -ten Grades werde die Verzweigungsgruppe des Primideals genannt und mit bezeichnet. Der zu gehörige Körper heiße der Verzweigungskörper des Primideals .

Es sei eine so hohe Potenz von , daß für jede von verschiedene Substitution der Verzweigungsgruppe die Inkongruenz nach gilt. Setzen wir nun nach , wo eine ganze Zahl in bedeutet, so folgt leicht nach und hieraus in gleicher Weise nach und endlich nach . Demnach ist , d. h. der Grad der Verzweigungsgruppe ist gleich einer Potenz von ; wir setzen .

Es sei nun der kleinste von verschiedene unter den Exponenten , , … und es gebe im ganzen voneinander verschiedene solcher Exponenten. Dann sind diese Exponenten notwendig Vielfache von und stimmen mit den Zahlen , , , …, überein; es ist ferner . Zugleich erkennen wir, daß alle Substitutionen der Trägheitsgruppe in die Gestalt gebracht werden können, wo die Werte , , …, annimmt und alle Substitutionen der Verzweigungsgruppe durchläuft. Es ist folglich . Wir fassen wiederum die erhaltenen Sätze zusammen:

Die Verzweigungsgruppe ist eine invariante Untergruppe der Trägheitsgruppe, der Grad derselben ist eine Potenz von . Der Grad der Trägheitsgruppe ist gleich dem -fachen Grade der Verzweigungsgruppe, wo einen Teiler von bedeutet und daher nicht den Faktor enthält. Man erhält die Substitutionen der Trägheitsgruppe, indem man die Substitutionen der Verzweigungsgruppe mit , , , …, multipliziert, wo eine geeignet gewählte Substitution der Trägheitsgruppe ist. ist eine Substitution der Verzweigungsgruppe.

Das algebraische Verhältnis zwischen Trägheitskörper und Verzweigungskörper wird durch den folgenden Satz klargelegt:

Ist eine den Verzweigungskörper bestimmende Zahl, so genügt einer Gleichung -ten Grades von der Gestalt

,

deren Koeffizienten Zahlen des Körpers sind und welche im Rationalitätsbereiche eine Galoissche Gleichung mit der zyklischen Gruppe -ten Grades ist.

Um nun vor allem Aufschluß über das Verhalten des Ideals im Körper zu gewinnen, setzen wir

Die Zahl liegt im Körper und im Körper ; beide Zahlen sind nach dem Primideal der Primitivzahl kongruent. Da es folglich im Körper genau nach inkongruente Zahlen gibt, so ist notwendigerweise im Körper unzerlegbar und wird in demselben ein Primideal -ten Grades.

Die aus der eben angestellten Betrachtung folgenden Eigenschaften des Trägheitskörpers sprechen wir wie folgt aus:

Jede Zahl des Körpers ist nach einer Zahl des Trägheitskörpers kongruent. Der Trägheitskörper bewirkt keine Zerlegung des Ideals , sondern nur eine Graderhöhung desselben, insofern beim Übergang vom Körper in den höheren Körper aus einem Primideal ersten Grades sich in ein Primideal -ten Grades gewandelt.

Es sei die beliebige Zahl in der Zahl des Trägheitskörpers nach kongruent und dementsprechend werde nach gesetzt, wo die obige Bedeutung hat und eine geeignete ganze Zahl in ist. Durch die Anwendung einer Substitution des Verzweigungskörpers ergibt sich ‚ d. h. nach und wir erhalten so den Satz:

Die Substitutionen der Verzweigungsgruppe haben die charakteristische Eigenschaft, daß für sämtliche Zahlen des Körpers die Kongruenz

,     

besteht.

Zugleich erkennen wir leicht die folgenden weiteren Sätze über den Verzweigungskörper.

Das Ideal liegt im Verzweigungskörper und ist in demselben ein Primideal -ten Grades: es findet somit im Verzweigungskörper die Spaltung des Ideals in gleiche Primfaktoren statt.

Unsere nächste Aufgabe besteht darin, die Spaltung des Ideals zu verfolgen. Zu dem Zwecke nehmen wir an, es sei der höchste Exponent von der Art, daß für eine jede Substitution der Verzweigungsgruppe die sämtlichen ganzen Zahlen des Körpers der Kongruenz

,     

genügen und bestimmen dann alle diejenigen Substitutionen der Verzweigungsgruppe, für welche

,     

wird; dieselben bilden eine invariante Untergruppe der Verzweigungsgruppe, die wir die einmal überstrichene Verzweigungsgruppe nennen wollen. Der Grad derselben sei . Die Eigenschaften dieser Untergruppe lassen sich wiederum ohne besondere Schwierigkeit feststellen und führen, wenn der Kürze wegen der zu gehörige Körper der einmal überstrichene Verzweigungekörper genannt und gesetzt wird, zu den Sätzen:

Ist eine den einmal überstrichenen Verzweigungskörper bestimmende Zahl, so genügt einer Abelschen Gleichung -ten Grades von der Gestalt

,

deren Koeffizienten Zahlen des Körpers sind und deren Gruppe lediglich Substitutionen -ten Grades enthält. Es wird , wo Primideal des Körpers ist. Der Exponent überschreitet keinenfalls die Zahl .

Nunmehr ist ersichtlich, in welcher Weise das eingeschlagene Verfahren fortzusetzen ist. Bedeutet den höchsten Exponenten von der Art, daß für jede Substitution die sämtlichen Zahlen des Körpers der Kongruenz

genügen, so bestimmen wir alle diejenigen Substitutionen , für Welche

wird. Dieselben bilden eine invariante Untergruppe der Gruppe , die zweimal überstrichene Verzweigungsgruppe; ihr Grad sei ; wir setzen . Es gelten die Sätze:

Ist eine den zweimal überstrichenen Verzweigungskörper bestimmende Zahl, so genügt einer Abelschen Gleichung -ten Grades von der Gestalt

deren Koeffizienten Zahlen des Körpers sind und deren Gruppe lediglich Substitutionen -ten Grades enthält. Es wird , wo Primideal des Körpers ist. Der Exponent überschreitet keinenfalls die Zahl .

So fortfahrend gelangen wir zu einer dreimal überstrichenen Verzweigungsgruppe usw. Ist etwa die mal überstrichene Verzweigungsgruppe diejenige, welche lediglich aus der Substitution besteht, so ist der Körper selbst der mal überstrichene Verzweigungskörper und die Struktur der Verzweigungsgruppe ist dann vollständig bekannt.

Durch die vorstehende Entwicklung erlangen wir einen vollständigen Einblick in die bei der Zerlegung einer rationalen Primzahl sich abspielenden Vorgänge:

Die rationale Primzahl wird zunächst im Zerlegungskörper in der Form zerlegt, wo ein Primideal ersten Grades und ein durch nicht teilbares Ideal des Zerlegungskörpers ist. Der Zerlegungskörper ist als Unterkörper in dem Trägheitskörper enthalten, welcher seinerseits keine weitere Zerlegung von bewirkt, sondern lediglich dieses Ideal zu einem Primideal -ten Grades erhebt. Ist der Körper selbst der Zerlegungskörper oder der Trägheitskörper, so ist nach diesem ersten Schritte die Zerlegung bereits abgeschlossen. Im anderen Falle läßt sich in gleiche Faktoren spalten, und zwar wird zunächst im Verzweigungskörper die Potenz eines Primideals , deren Exponent in aufgeht und folglich nicht durch teilbar ist. Die Spaltung von ist mit diesem zweiten Schritte notwendig dann und nur dann abgeschlossen, wenn im Grade der Trägheitsgruppe nicht aufgeht und mithin der Körper selbst der Verzweigungskörper ist. In den nun folgenden überstrichenen Verzweigungskörpern schreitet die Spaltung ohne Aussetzen fort, und zwar sind die bezüglichen Potenzexponenten Zahlen von der Gestalt , , …, wo , , … die Zahl nicht überschreiten. Der Tragheitskörper und der Verzweigungskörper sind durch zyklische Gleichungen, die überstrichenen Verzweigungskörper durch solche Abelsche Gleichungen bestimmt, deren Gruppen nur Substitutionen vom Primzahlgrade enthalten. Die Spaltung in gleiche Faktoren geschieht also stets mittels einer Kette Abelscher Gleichungen. Dieses Resultat drückt eine neue überraschende Eigenschaft des Zerlegungskörpers aus:

Der Zerlegungskörper bestimmt einen Rationalitätsbereich, in welchem die Zahlen des ursprünglichen Galoisschen Körpers lediglich durch Wurzelausdrücke darstellbar sind.

Der gefundene Satz rückt zugleich die Bedeutung der Theorie der durch Wurzelziehen lösbaren Gleichungen in grelles Licht, insofern derselbe zeigt, daß innerhalb der durch solche Gleichungen bestimmten Zahlkörper gerade die hauptsächlichsten Schwierigkeiten ihre Lösung finden, welche die Aufstellung der Primideale bietet.

Die Übersicht über die aufgezählten Resultate wird durch die folgende Tabelle erleichtert, in deren Zeilen der Reihe nach die Grade der Gruppen, die Grade der Körper, die Grade der den Körper bestimmenden Abelschen Gleichungen, dann die Primideale der Körper und ihre Zerlegung, bezüglich Spaltung sich angegeben finden. Der Körper ist dabei als ein dreimal überstrichener Verzweigungskörper angenommen.


Von den mannigfachen Folgerungen und Anwendungen, welche die vorstehend entwickelte Theorie zuläßt, seien hier nur einige erwähnt, welche die Erforschung der Diskriminanten der betrachteten Zahlkörper bezwecken.

Es sei ein beliebiger Zahlkörper vom Grade ; , , …, mögen eine Basis der ganzen Zahlen des Körpers bilden und die zu der Zahl konjugierten Zahlen bezeichnen wir allgemein mit , …, . Das Produkt der Ideale[2]

ist ein Ideal des Körpers und stimmt mit demjenigen überein, welches R. Dedekind das Grundideal dieses Körpers nennt. R. Dedekind hat bewiesen, daß die Norm des Grundideals die Diskriminante des Körpers liefert[3].

Es seien , , …, die Substitutionen einer Untergruppe der Gruppe und sei der zu gehörige Körper. Sind dann , , …, eine Basis der ganzen Zahlen des Körpers und bildet man alle -reihigen Determinanten , , … der Matrix

so wird das Quadrat des größten gemeinsamen Idealteilers der Zahlen , , … die Partialdiskriminante[4] des Körpers in bezug auf den Körper genannt. Bei Benutzung der von mir angewandten Bezeichnungsweise ist diese also

Die Partialdiskriminante ist ein Ideal, welches im Körper liegt.

Auch der Dedekindsche Begriff des Grundideals bedarf einer Verallgemeinerung: wir verstehen unter dem Partialgrundideal des Körpers in bezug auf das Produkt der folgenden Ideale

Es gelten die drei allgemeinen Theoreme:

hierin bedeuten , , , bezüglich die Diskriminanten der Körper , und die Partialdiskriminante des Körpers in bezug auf , ferner , , bezüglich die Grundideale von , und das Partialgrundideal des Körpers in bezug auf ; endlich bedeutet die Partialnorm von und die Norm von für den Körper . Diese Theoreme geben einen klaren Einblick in den Bau der Diskriminanten. Das Theorem I ist die Erweiterung des Dedekindschen Satzes für den Begriff des Partialgrundideals. Nach Theorem II ist das Verhalten der Grundideale beim Übergange von dem niederen in den höheren Körper von merkwürdiger Einfachheit: man bekommt das Grundideal des höheren Körpers, indem man das Grundideal des niederen Körpers mit dem betreffenden Partialgrundideal multipliziert. Das Theorem III entsteht, wenn man von der Gleichung II die Norm bildet. Daß die Diskriminante eines Körpers durch die Diskriminante eines jeden Unterkörpers teilbar ist, hat bereits Kronecker[5] bewiesen. Das Theorem III gibt die Potenz der letzteren an, welche in der Diskriminante des höheren Körpers aufgeht und deckt auch zugleich die einfache Bedeutung des übrigbleibenden Faktors der Diskriminante des höheren Körpers auf.

Nunmehr folgen mit Hilfe der oben entwickelten Theorie die Sätze:

Das Grundideal des zum Primideal gehörigen Trägheitskörpers ist nicht durch teilbar. Der Trägheitskörper umfaßt sämtliche in enthaltenen Unterkörper, deren Grundideale nicht durch teilbar sind.

Das Partialgrundideal des Verzweigungskörpers in bezug auf den Trägheitskörper ist durch

und durch keine höhere Potenz von teilbar.

Das Partialgrundideal des einmal überstrichenen Verzweigungskörpers in bezug auf den Verzweigungskörper enthält genau die Potenz

Das Partialgrundideal des zweimal überstrichenen Verzweigungskörpers in bezug auf den einmal überstrichenen Verzweigungskörper enthält genau die Potenz

usw.

Das Grundideal des Körpers enthält das Primideal genau in der

ten Potenz.

Da nun ein Galoisscher Körper ist und mithin das Grundideal mit seinen konjugierten übereinstimmt, so ist die Diskriminante von die -te Potenz von ; enthält folglich das Primideal genau mal so oft. Hieraus ergibt sich unmittelbar der Satz:

Der Exponent der Potenz, zu welcher die rationale Primzahl in der Diskriminante des Körpers als Faktor vorkommt, ist

Im Falle, daß keine überstrichenen Verzweigungskörper vorhanden sind, wird , , … und es folgt dann das von R. Dedekind und K. Hensel bewiesene Resultat, demzufolge der Exponent der in aufgehenden Potenz von den Wert besitzt.

Da man für die Exponenten , , … ohne Schwierigkeit eine obere Grenze findet, so kann hiernach auch der eben bestimmte Exponent der in der Diskriminante aufgehenden Potenz von eine gewisse nur vom Grade des Körpers abhängige Grenze nicht überschreiten. Dieser Satz ist besonders deshalb von Wichtigkeit, weil er die Möglichkeiten, die sich hinsichtlich der in aufgehenden Primzahlen bieten, von vornherein auf eine endliche Anzahl einschränkt. Rechnen wir demnach alle diejenigen Körper vom Grade , welche hinsichtlich der in aufgehenden Primzahlen das nämliche Verhalten zeigen, zu einem Typus, so folgt, daß es für einen gegebenen Grad nur eine endliche Anzahl von möglichen Körpertypen gibt.

Königsberg i. Pr., den 25. Juni 1894.

  1. Man sehe hierzu auch die Ausführungen im „Bericht über die Theorie der algebraischen Zahlkörper“, dieser Band, Abb. 7, S. 129–146.
  2. Wegen dieser schon mehrmals von mir angewandten Bezeichnungsweise der Ideale vgl. Über die Zerlegung der Ideale eines Zahlkörpers in Primideale. Math. Ann. 44. (Dieser Band Abh. 3, S. 6.)
  3. Der nämliche Satz folgt auch auf Grund der schönen Untersuchungen, durch welche neuerdings K. Hensel die Kroneckersche Theorie der algebraischen Zahlen in einem wesentlichen Punkte vervollständigt hat. Vgl. J. Math. 113 (1894).
  4. Dieser Begriff der Partialdiskriminante stimmt im wesentlichen mit dem von Kronecker aufgestellten allgemeinen Diskriminantenbegriffe überein, vgl. Grundzüge einer arithmetischen Theorie der algebraischen Größen § 8. J. Math. 92 (1882).
  5. Vgl. Grundzüge einer arithmetischen Theorie der algebraischen Größen § 9. J. Math. 92 (1882).


3. Über die Zerlegung der Ideale eines Zahlkörpers in Primideale. Nach oben 5. Über den Dirichletschen biquadratischen Zahlkörper.
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