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Das weiße Reh

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Textdaten
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Autor: Friedrich Gottschalck
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Titel: Das weiße Reh
Untertitel:
aus: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen, S. 155–156
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1814
Verlag: Hemmerde und Schwetschke
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Erscheinungsort: Halle
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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Das weiße Reh.

Bei Baden im Badenschen heißt eine Höhe „der Hasensprung.“ An dieser rieselt in dem etwas verwilderten Steinwäldchen unter einer Eiche aus altem Gemäuer eine Quelle hervor, heimlich und frisch, wie der Quell Melusinens. Stärker läuft sie beim Vollmond, weniger stark beim abnehmenden Lichte.

Von diesem Brünnlein geht folgende Sage:

Ein Jüngling kam einst beim ersten Morgenroth in diesen Hain, und sah auf einer blumenreichen Wiese ein milchweißes Reh weiden. Das seltsame Thier gefiel ihm sehr.

„Das muß ich haben!“ rief er aus, schlich leise darauf zu, streckte schon, zitternd vor Begierde, die Hand darnach aus, aber – dort lief es hin und zum Brunnen, auf dessen Einfassung eine Jungfrau von wunderbarer Schönheit saß. In ihren Schooß legte es seinen Kopf.

Der Jüngling blieb unbeweglich stehen, und staunte die liebliche Erscheinung an. Er wußte nicht, was er beginnen sollte. Die Furcht trieb ihn zu fliehen, aber die Schönheit der Jungfrau hielt ihn gefesselt.

„Was thu’ ich?“ fragte er sich eben leise; da winkte ihm die Jungfrau, rückwärts zu schauen. Er that’s, sah aber nichts. Jetzt drehte er sich wieder um, und – fort war das milchweiße Reh, fort die schöne Jungfrau. Nie sah sie der Jüngling wieder, so oft er auch mit anbrechendem Tage die Wiese betrat, die rieselnde Quelle begrüßte.

*     *     *

Schreiber, Beschreibung von Baden, Heidelb. 1811. S. 188.