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Das unterseeische Kabel im Bunde mit der unterseeischen Schifffahrt

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Textdaten
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Autor: Friedrich Hofmann
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Titel: Das unterseeische Kabel im Bunde mit der unterseeischen Schifffahrt
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 42, S. 667–670
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1865
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[667]
Das unterseeische Kabel im Bunde mit der unterseeischen Schifffahrt.
Nach schriftlichen Mittheilungen Wilhelm Bauer’s.

Das Kabel ist verloren!“ Als in der zweiten Woche des August diese Nachricht durch Europa blitzte, war es wohl der Ausspruch eines Einzelnen, aber der Gedanke vieler Tausende: „Der Untergang einer Silberflotte wäre ein Scherz gegen diesen Verlust!“

Nicht die materiellen Vortheile allein sind es, die dem transatlantischen Kabel so unschätzbaren Werth verleihen; wie fühlbaren Einfluß in unsern Tagen die großen Schicksale von Handel und Verkehr auch auf die Existenz jedes Einzelnen im Volke üben, so würde dennoch der niederschlagende Eindruck des abermaligen Mißlingens des größten Unternehmens der Gegenwart sich nicht weiter, als bis auf die Handelswelt der Küsten und die großen Fabrikherren des Festlandes, überhaupt auf die am Verkehr mit Amerika zunächst Betheiligten erstreckt haben. Wie ganz anders war aber diese Theilnahme! Im kleinsten Städtchen des Binnenlandes, ja auf dem höchsten Gebirgsdorfe, soweit nur denkende Menschen den Lauf der Welt beachten, verfolgte man mit Tag um Tag steigendem Interesse die Riesenarbeit des Riesenschiffs, die Kabellegung des Great-Eastern. Und als die Nachrichten stockten, als sie ganz aufhörten und endlich die Kunde erscholl: „Das Kabel ist verloren!“ – so ward sie wie eine Trauerbotschaft von der ganzen gebildeten Welt empfangen. Solche Theilnahme wird nimmermehr dem Verlust blos materieller Vortheile gezollt; sie gehört dem geistigen Band an, das die Völker, die nach Humanität und Freiheit streben, auf das Engste umschlingen, das eine Gemeinschaft ihres Fühlens und Denkens und Strebens herbeiführen, das den Sieg der Wahrheit und des Rechts, die für alle Nationen die gleichen sind, endlich erringen helfen soll und erringen wird.

Wenn unsere Leser sich mit uns auf diesen Standpunkt der Betrachtung der unterseeischen Telegraphie stellen, so sind sie auch mit uns einverstanden, daß zur Erreichung eines solchen Endzwecks weder materielle Opfer, noch die Wagnisse des Menschen gespart werden dürfen, und dann werden sie auch nicht vor der Kühnheit des Planes zurückschrecken, welchen Wilhelm Bauer, der deutsche Submarine-Ingenieur, für die Regung, Bewachung und großartigste Ausbeutung eines europäisch-amerikanischen Kabels entworfen hat.

Wir würden Anstand nehmen, eine neue Idee des erfindungsreichen Mannes vor unser Publicum zu bringen, nachdem derselbe seit fast zwei Jahren vergeblich nach der Möglichkeit ringt, in und für Deutschland die unterseeische Schifffahrt in’s Leben zu rufen, denn weder die Industrie noch der Staat, weder die Speculation noch der Patriotismus haben ihm die helfende Hand geboten, und schon wird das alles große Neue so gern benagende Mißtrauen rege, das so spottwohlfeil die Schuld auf den rastlosen Ringer statt auf Diejenigen wirft, welche, mit den reichsten Mitteln gesegnet, den seltenen Geist verkümmern lassen; wir würden Anstand nehmen, den Lesern der Gartenlaube abermals einen Artikel über eine Erfindung Wilhelm Bauer’s vorzulegen, wenn wir uns nicht durch eine äußere Veranlassung dazu aufgemuntert und wegen der Wichtigkeit der Sache dazu verpflichtet fühlten.

Das Kabel ist verloren! Von den sechshundert deutschen Meilen seiner Länge liegen über zwei Fünftel im Meere; mit dem Rest kehrte der Great-Eastern nach England zurück. Aber aufgegeben ist das Unternehmen nicht; abermals fließen Tausende von Pfunden zusammen, um „das große Ostschiff“ für das nächste Jahr zur neuen Kabel-Fahrt auszurüsten. Da nun sich die ungewöhnliche Erscheinung zeigt, daß das zweimalige Mißlingen eines so außerordentlich kostspieligen Unternehmens dasselbe nicht vor Concurrenz sichert, indem nicht nur eine französische Compagnie sich bildete, welche den Draht von Paris über Lissabon zum Cap Vincent zu Lande und von da über die canarischen Inseln auf das Festland von Marocco und bis zum Cap Vert (grünen Vorgebirg) leiten und von hier unterseeisch das Cap Roque (Rochus) an der brasilianischen Küste gewinnen will, von wo dann über Cayenne und New-Orleans die Verbindung mit Nordamerika hergestellt werden soll; – sondern auch eine zweite englische Gesellschaft, die sich „Allan’s Ocean-Telegraph-Company“ nennt, ein neues, von dem Ingenieur Allan hergestelltes Kabel von Falmouth (in Cornwall) aus über Oporto nach Halifax zu legen beabsichtigt: – so muß die alte erste Gesellschaft jetzt Alles aufbieten, um nicht durch ein drittes Mißlingen die Opfer ihrer Actionäre in’s Unerträgliche zu steigern. Ihre Direction forderte deshalb die Fachmänner zur Einsendung ihrer Verbesserungsvorschläge für Construction und Legung des Kabels auf, und dieser Aufruf ist’s, der uns zur Veröffentlichung des Bauer’schen Kabellegungsplans veranlaßt hat.[1]

Wer verbessern will, muß vor Allem die Ursachen des Mißlingens kennen. Darüber sind nun die Meinungen sehr getheilt. Das Geheimnißvolle der Meerestiefe, die Geheimnißkrämerei, mit welcher die Compagnie selbst zu Werke ging, indem sie jede Vertretung der Presse, der englischen wie der amerikanischen, vom Great-Eastern zurückwies, und die Sucht des Menschen, das in der That Ungeheuere des Unternehmens auch mit Ungeheuerlichem zu umgeben, dies Alles verführte zu den verschiedenartigsten Vermuthungen und Schlüssen. Bald wollte man schon in den ersten Unfällen Kabelattentate erkannt und sollte nun ein Kabelmord dem englischen Werk den Todesstoß gegeben haben, angeblich zu Gunsten des russischen Telegraphenzugs, der durch Sibirien und von Kamtschatka über die Aleuten nach Nordamerika gehen soll; bald erklärten Männer der Wissenschaft (wie z. B. der bekannte und verdiente Chemiker Dr. Mohr) die Haltbarkeit des Kabels auf dem tiefsten Grunde des Meers überhaupt für eine Unmöglichkeit, weil das Seewasser bei einem Wasserdrucke von circa vierhundert Atmosphären (also circa 64 Centner Druck auf einen Quadratzoll bei ungefähr 12,000 Fuß Tiefe) in die „Poren“ der den Leitungsdraht umhüllenden Gutta-Percha eindringe und die Isolation desselben aufhebe, d. h. den elektrischen Strahl in das Wasser ableite; noch Andere behaupteten sogar, das Wasser werde in so bedeutenden Tiefen durch seine eigene Schwere so heftig comprimirt, daß es das Kabel nicht mehr sinken lasse, so daß es demnach in einem fürchterlichen Durcheinander von allerlei in dieser Höhe schwimmenden todten Masten und lebenden Thieren treibe und vernichtet werde. Allen diesen Behauptungen stellte endlich Dr. Werner Siemens in Berlin, der auf dem Felde der Telegraphie längst als Autorität anerkannt ist, die einfache Erklärung entgegen, daß das Mißlingen des transatlantischen Kabels rein mechanische Ursachen habe, die in der unzweckmäßigen Construction des Kabels begründet seien. „Bekanntlich,“ sagt er, „ist der mit Gutta-Percha bekleidete Leiter mit einer Spirale von Eisendrähten umgeben, von denen jeder mit Hanf umsponnen ist. Die Drähte müssen zusammengeschweißt werden, da sie continuirlich fortlaufen müssen. Solche Schweißstellen brechen bekanntlich leicht, und es ist sehr erklärlich, daß von den nach Hunderttausenden zählenden Schweißstellen vielleicht mehrere Hunderte beim Passiren der Rollen des Abwickelungs-Apparates brachen und daß drei von diesen Bruch Enden gerade so unglücklich gebrochen waren, daß sie bei dem großen Zuge, dem das Kabel beim Verlassen der letzten Rolle ausgesetzt ist, durch die mit Hanf gefüllten Zwischenräume zwischen den Eisendrähten hindurch und in die Gutta-Percha hineingedrückt wurden. Alles spricht dafür, daß diese Ursache die plötzliche Aufhebung der Isolation herbeigeführt hat … Beim nächsten Versuche, ein transatlantisches Kabel herzustellen, wird man gewiß auch diese Schwierigkeit überwinden, da es nicht an Mitteln dazu fehlt. Dadurch wird das Unternehmen selbst freilich noch immer nicht gesichert sein. Die Legung eines langen Tiefsee-Kabels wird stets mit großen Gefahren für das Gelingen verbunden bleiben, und selbst wenn sie vollständig gelungen ist, können unbekannte Bodenverhältnisse des Meeres, wie z. B. unterseeische Bergketten und Meeresströmungen, das Kabel kurze Zeit nach der Legung wieder vernichten!“ –

[668] Vertheidigt nun auch Dr. Siemens gegen Dr. Mohr die Isolationsfähigkeit der Gutta-Percha unter hohem Druck, belehrt er uns, daß schon seit mehreren Jahren die zu Tiefsee-Kabeln bestimmten isolirten weiter vor ihrer Einfügung in das Kabel unter einem hydraulischen Drucke von mindestens zweihundert Atmosphären geprüft werden, und beweist er aus der Erfahrung, daß der Leitungswiderstand der Gutta-Percha (von der er gegen Dr. Mohr behauptet, daß sie ein elastischer und nicht poröser Körper sei) sich mit zunehmendem Drucke sogar wesentlich vergrößert, daß also das Kabel, wenn es, gesund auf dem wenn auch noch so tiefen Meeresgrunde angekommen, dort ruhig und sicher läge, auch seinen Dienst verrichten müßte: – so giebt doch selbst diese Autorität in der unterseeischen Telegrapbie Zweierlei zu: 1) die Gefahr, welcher die Haltbarkeit des Kabels durch den großen Zug beim Verlassen der letzten Rolle, der natürlich mit der Tiefe zunimmt, ausgesetzt ist, und 2) die Gefahr, welche die unbekannten Bodenverhältnisse für das Kabel herbeiführen können.

I. Bauer’s Kabelstation im Durchschnitt und an der Oberfläche der See.

Diese beiden Gefahren, von denen, wenn auch die erste durch die Mittel der Technik gemildert würde, die zweite, nach Werner Siemens’ entschiedenem Ausspruch, das Kabel kurze Zeit nach der Legung wieder vernichten kann, sie waren der Anziehungspunkt für Wilhelm Bauer zur Telegraphie, sie regten ihn an, sich mit allen Theilen der großen Erfindung gründlich bekannt zu machen und unter den Mitteln seiner unterseeischen Schifffahrt und Schiffhebung die zur möglichsten Sicherung des Kabels vor beiden Gefahren geeigneten für dieselbe verwendbar zu machen.

Wilhelm Bauer entwirft ein sehr lebhaftes Bild von dem großen, die Continente trennenden Feind des Kabels mit seinem Wogen und Branden, seinem tief verborgenen Schatz von Feuerbergen, seinen vulcanischen Eruptionen, elektrischen Zuckungen, wandelnden Geröllen und Sandwüsten, seinen Pflanzen von edelster bis zu phantastischer Gestalt, seinen Thieren von unüberwindlicher Kraft bis zu den unbehülflichsten Polypen. Und zwischen diesem Allen liegt in oft ungemessener Tiefe das Kabel. Welchen Gefahren ist es preisgegeben! Es kann von Sand verdeckt, tief darin begraben, es kann von Felsrutschungen überschüttet, an Stellen zerquetscht, von heißen Quellen des isolirenden Gutta-Perchas beraubt werden, aber noch verderblicher können lebende Wesen und Pflanzen für dasselbe sein. Man kennt Seekrebse und Seespinnen von oft zwei bis drei Fuß Größe, die mit ihren Scheeren nicht blos den Saft aus den Pflanzen pressen, sondern auch mächtige Barrikaden, die der Richtung ihres Laufs entgegenstehen, durchschneiden und denen es nicht schwer fallen kann, ihre Preß-, Saug-, Schneid-, Aetz- und anderen Instrumente auch an einem Kabelstrang zu üben. Aus 16,000 Fuß Tiefe ist bei Lothungen unweit Island ein lebender Seestern gezogen worden; und sollte wirklich der Riesenpolyp des Capitän Roß ein Verwandter der verlachten Seeschlange sein? Noch heute ist die Schilderung von Schiller’s Taucher von den Ungeheuern des Meeres nicht widerlegt, und der Mensch soll sein wichtigstes Werk für Förderung des Verkehrs, des Völkerwohlstands, der Humanität und Freiheit nicht in Tiefen versenken, wohin er nicht selbst vordringen, wo er es nicht überwachen und beschützen kann.

Von Wilhelm Bauer’s Erfindungen würden für das Seekabel zunächst drei in Anwendung kommen: seine Taucherkammer, seine Ballons und sein selbstschreibendes Loth. Das Kabel soll nicht tiefer als etwa zweihundert Fuß versenkt werden. In dieser Tiefe wird es getragen von einer Reihe Metallballons, die alle Vorrichtungen der Gutta-Percha und Segelleinwand-Ballons haben, mit welchen Bauer das baierische Postdampfschiff Ludwig aus dem Bodensee hob. Bei jener Schiffhebung wurden, nachdem das Schiff aus der Verschlammung des Bodens losgerissen war, während der Weiterhebung jeden Abend die Ballons, welche die siebentausend Centnerschwere desselben trugen, durch Entlassen von Luft so tief versenkt, als Bauer für nöthig hielt, um Ballons und Schiff gegen den Wogenschlag etwaiger Stürme der Nacht zu schützen: am Morgen wurden die Ballons mittelst der Luftpumpe wieder gefüllt und hoben sich dadurch wieder auf ihre vorige Stellung. Die Sicherheit in der Behandlung solcher Ballons ist also erwiesen. Das Legen des Kabels würde allerdings zeitraubender sein, als das bisherige Hinabrollenlassen in die unbekannten Tiefen und – Schicksale; da in Tiefen von zweihundert Fuß kein Helmtaucher mehr anzuwenden ist, weil keine Menschenlunge den Druck einer solchen Wassersäule erträgt, so würde der Taucherkammer [669] oder noch besser einem rascher als diese fahrenden unterseeischen Schiffe (denn die Taucherkammer ist, weil hauptsächlich zu Arbeiten an einer Stelle, nicht für rasche Bewegung bestimmt, als aufrechtstehender Cylinder construirt) die doppelte Aufgabe zufallen, die Ballons an ihren Standort zu bringen, nach geordneter Füllung derselben mit dem entsprechenden Quantum Luft die Luftschläuche von den Schrauben des Ballons zu befreien und dann das herabsinkende Kabel zu empfangen und in der geeignetsten Weise mit den Ballons in eine Verbindung zu bringen, die auch bei einem etwaigen Drehen des Ballons dem Kabel mit keiner Verschlingung droht, sondern seinen Lauf in der bestimmten Richtung ungestört erhielte. Dafür sind alle Mittel vorhanden.

II.0 Bauer’s Kabelstation vor dem Sturm in die Tiefe versenkt.

Für diese Kabellegung würde dem Kabel, welches zwar in den Schließen der Ballons, die wir auch die großen Kabelträger nennen können, ruht, aber doch von Ballon zu Ballon schwebt und darum einem Ziehen durch seine Last ausgesetzt sein würde, eine besondere Beihülfe gegen das Dehnen zu geben sein und zwar hauptsächlich dadurch, daß man es mit einem längslaufenden Draht oder Drahtseil verbindet und zwischen den großen kleine Kabelträger angebracht würden, in welchen das Kabel ruht und wodurch die Ausgleichung der Schwere desselben zum Wasser hergestellt wird. Unterseeische Strömungen möchten sich dieser Kabellegung kaum als so gefährlich erweisen, als man befürchtet, da ein solcher Strom das Meer nicht bis auf seinen Boden in Bewegung setzt, sondern nur gewisse Höhen oder Tiefen einnimmt und so dem Kabellauf, wenn auch in größerer Tiefe als von zweihundert Fuß, eine stromfreie Bahn darbietet; außerdem muß hier die Verankerung auch bei großen Tiefen versucht werden. Bauer will an den Ankergestängen, damit ihre Last nicht die Tragkraft der großen Kabelträger beeinträchtigt oder gar übersteigt, wiederum Ballons als Gestängträger einsetzen, wodurch allerdings eine bedeutende Ankertiefe erreicht werden könnte.

Sehen wir von den kleinen Kabelträgern das Kabel getragen und von den großen verankerten in seiner Richtung erhalten, so kommen wir nun zu einer dritten Vorrichtung, welche bestimmt ist, den Schiffen den Lauf des Kabels anzuzeigen, damit dasselbe nicht durch etwaiges Ankerwerfen beschädigt werde, ihnen zum Empfang oder zur Abgabe von Depeschen mitten auf dem Meere zu dienen, für die Sicherheit des Kabels zu wachen, etwaige Beschädigungen desselben sofort anzuzeigen und die Ausbesserung zu bewirken, den Ausbruch und die Richtung von Stürmen telegraphisch zu berichten und selbst Schiffbrüchigen eine Rettungsstätte zu bieten. Dies sind die Kabelstationen, die wir in zwei Ansichten bildlich mitgetheilt haben.

Nehmen wir die Entfernung von der Insel Valentia an der irischen Küste, wo das englische Kabel des Great-Eastern seinen Ausgang genommen, bis zur Küste von Newfoundland zu vierhundert deutschen Meilen an, so würden auf diese Strecke acht bis zehn solcher Stationen, also durchschnittlich alle dreißig bis vierzig deutsche Meilen eine, zu setzen sein. Da für sie eine feste Verankerung unumgänglich ist, so werden für sie Höhenstellen des Meeresbodens, d. h. Stellen von einer Tiefe, welche eine sichere Verankerung möglich machen, zu wählen zu sein. Um diese nicht durch das zeitraubende Lothen nach bisheriger Weise aufsuchen zu müssen, sondern bei raschester Fahrt zu finden, dazu dient Bauer’s selbstschreibendes Loth. Auf eine spätere, illustrirte Beschreibung desselben verweisend, erwähnen wir hier nur, daß dieses Loth aus einem hohlen, birnförmigen Metallkörper besteht, der mit Luft gefüllt ist, auf welche eine in einen Schlauch eingehüllte Wassersäule drückt. Dieses Loth schwimmt am Schlauch in der Tiefe, und der Schlauch muß wenigstens so lang sein, als die Tiefe, welche man erlothen will. Die Wassersäule des Schlauchs mündet in ein Gefäß mit Wasser im Schiff (einerlei ob es ein ober- oder unterseeisches ist); das Gefäß ist mit einer genau berechneten Gradeintheilung versehen, welche dem zu erlothenden Meerestiefenmaß entspricht. Sobald das Loth Boden findet und auf diesem steigt, so wird die im Loth comprimirte Luft mit jedem Grad Steigung sich ausdehnen und den Wasserstand im Gefäß des Schiffes heben, während beim Sinken des Lothes aus dem Meeresboden auch der Wasserstand im Gefäß wieder sinkt. Der auf dem Niveau des Wassers im Gefäß angebrachte Schreibapparat zeichnet auf eine von einem Uhrwerk getriebene Rolle Papiers genau die Linie, welche das Loth auf dem Meeresboden hinzieht.

[670] Die Schwimmkörper der Kabelstationen sind nach dem Princip von Bauer’s Taucherkammer, Küstenbrander, Brandtaucher, also überhaupt nach dem seiner unterseeischen Apparate construirt. Der eiserne Körper ist luftdicht verschlossen und auch das auf demselben angebrachte Thürmchen zum luftdichten Verschluss eingerichtet. In Nummer I. sehen wir den Durchschnitt der ganzen Station, wie sie bei ruhigem Meer an der Oberfläche schwimmt. Das Telegraphenkabel mündet zu beiden Seiten in dieselbe (wie auf Nr. II. deutlicher zu sehen), der Telegraphist sitzt an der Arbeit. Die Schraube zur Linken am Schwimmkörper ist eine Steuerschraube. Neben derselben schwimmt an der Oberfläche eine Boye, die bei Nacht ein elektrisches Licht über die Wogen hinwirft und dem Schiffer auf hohem Meer die Lage der Station und des Kabels anzeigt. Auch ist auf dem Lugthürmchen noch eine Vorrichtung für ein Wechsellicht von Weiß, Blau und Roth angebracht. Am untersten Theil des Körpers läuft von der Ankerwinde die Kette in die Tiefe. Neben derselben sind Behältnisse für Ballast. Zwischen dem Fuß des Thürmchens und dem Boden des runden Eisenkörpers sehen wir durch Schraffirung ein Bassin angedeutet, das uns zu unserm zweiten Bilde führt. Tritt nämlich ein Sturm ein, dessen Wogenschlag dem Stationsfahrzeng gefährlich werden könnte, so wird dieses Bassin so weit mit Wasser gefüllt, bis dessen Schwere den ganzen Apparat bis zu einer Tiefe von fünfzig bis sechszig Fuß sinken macht, d. h. also tief genug, um ihn aus dem Bereich der Sturmwellenbewegung zu entfernen. Nur die Boye mit dem elektrischen Licht bleibt am Niveau, um den Stationsort und Kabellauf anzuzeigen. Es versteht sich von selbst, daß eine solche Station gut verproviantirt sein muß; die Luft im Innern kann jederzeit durch eine sehr einfache Vorrichtung erneut werden. Ist der Sturm vorüber, so wird das Wasser mittels Pumpen wieder in’s Meer getrieben, der Apparat steigt wieder an das Licht der Sonne und nur für besondere Fälle (z. B. Unfall an den Pumpen) ist auch der Abwerfballast vom Stationskörper loszulösen, um die Erhebung des letztern zu beschleunigen.

Endlich kommen wir noch zu einem ganz besonderen Vorzug des Bauer’schen Kabellegesystems vor dem bisherigen durch die Verbindung desselben mit der unterseeischen Schifffahrt. Bei einer Kabelballonbahn von zweihundert Fuß durchschnittlicher Tiefe ist es nämlich möglich, daß ein Bauer’sches unterseeisches Schiff, wie er es aus seinem Brandtaucher und Küstenbrander für den friedlichen Gebrauch als Reise- und Naturforscherboot construirt hat, zu bestimmten Zeiten eine Inspectionsfahrt das ganze Kabel entlang vollbringen kann. Wie ein Eisenbahninspector seine Linie begeht, so kann von Station zu Station das Kabelwachtschiff seine Tour machen, um den Zustand der gesammten Apparate zu prüfen und vielleicht manchem kostspieligen Schaden zuvorzukommen. Wird aber eine Verletzung des Kabels wahrgenommen, so geschieht diese Wahrnehmung auf zwei Stationen zugleich, zwischen welchen vom Kabelwachtschiff die Verletzungsstelle zu suchen ist. Es braucht dann nicht das Kabel, wie jetzt, in vielleicht Tausenden von Fußen Tiefe mühsam gesucht und viele Meilen weit an die Oberfläche gerissen und gezerrt zu werden, um gerädert und gedehnt und gebrochen oben anzukommen, jeder Reparatur unfähig, sondern die Taucherkammer setzt sich in Verbindung mit dem Kabelwachtschiff, das sich auf die Oberfläche des Meeres begiebt; es muß Luftpumpen und Schläuche stets bei sich führen; die Taucherkammer übernimmt die Ballonsschrauben mit den an sie befestigten Schläuchen, fährt damit zu den Kabeltrageballons und befestigt sie an diese, worauf eine Reihe von Ballons zu beiden Seiten der beschädigten Kabelstelle vollständig mit Luft gefüllt werden; sie steigen nun ruhig mit dem Kabel an die Oberfläche, wo die Reparatur zu bewerkstelligen ist, worauf aus den Ballons wieder so viel Luft entlassen wird, bis sie ihre alte Stelle in der Tiefe einnehmen.

Bei weiterer Ausbildung dieses Systems wird man sicherlich einst jeder Kabelstation ein Kabelwachtschiff beigeben, das, außer seinem Dienst für die Sicherheit des Kabels auch der Mannschaft in Nothfällen zur Rettung dienen, vor Allem aber manchem Schiffbrüchigen zu Hülfe kommen kann.

Das ist das Bauer’sche unterseeische Kabel[2] im Bunde mit der unterseeischen Schifffahrt. – Es wird, nach der Verwunderung über die Kühnheit der Idee, viel Kopfschüttelns erregen; man wird fragen: wo sollen die Menschen herkommen, die sich zu solchen Dienstleistungen auf Kabelstationen und unterseeischen Schiffen hergeben? man wird sagen: die Kosten einer solchen Einrichtung sind unerschwinglich! – Was das Erstere betrifft, so hat es Bauer bei seinen gleichen Unternehmungen weder in Kiel, noch in Rußland, noch am Bodensee an muthigen Männern gefehlt; es meldeten sich stets mehr, als er verwenden konnte. Und die Kosten? Man berechne die Summen, welche die verlorenen Kabel verschlangen und – nach der Prophezeiung der Kabelautorität Siemens – bei den unergründlichen Gefahren des Meeresbodens noch fort und fort verschlingen werden; man berechne, daß Taucherkammer und unterseeische Fahrtenschiffe zugleich anderweit zu sehr einträglichen industriellen und nutzreichen wissenschaftlichen Unternehmungen (Perlen- und Korallenfischerei, Fischfang im großartigsten Styl, unterseeische Bauten, Naturforschung etc.) zu verwenden sind; man berechne die Einnahme der Stationsdepeschen und die Billigkeit der Kabelreparaturen; man berechne die gesteigerte Einnahme durch die Raschheit und Sicherheit des telegraphischen Verkehrs zwischen der alten und der neuen Welt, – und man wird vor den Millionen, welche die erste Ausführung des großen Gedankens in Anspruch nimmt, nicht mehr zurückschrecken. Wenn Europa und Amerika sich die Hand reichen wollen und wenn dieser Weg als der sicherste, ja vielleicht einzig mögliche dazu erkannt wird, so werden auch die Millionen nicht fehlen, weil sie Nichts wiegen gegen das große Ziel, das die Menschheit durch diese innigste Verbindung der Geister zweier Welttheile erreichen soll.

Friedrich Hofmann.



  1. Da der Gedanke, das Kabel in ähnlicher Weise, wie Wilhelm Bauer vorschlägt, über den Ocean zu führen, neuerdings auch in Frankreich angeregt, ja als im Haupte des Kaisers Napoleon III. selbst entsprungen verkündet wurde, so bemerken wir, um Bauer’s Proritätsrecht zu wahren, hiermit, daß sein Kabellegungsproject mit den dazu gehörigen, die Ausführung desselben allein ermöglichenden Erfindungen schon im Jahre 1860 in England patentirt ist.
  2. Ueber Construction und bisherige Legungsart unterseeischer Kabel geben wir, wenn erwünscht, einen besondern instructiven Artikel.