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Das größte Geschäftshaus Preußens

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Das größte Geschäftshaus Preußens
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 800–802
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Zentralnotenbank Preußens
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Das größte Geschäftshaus Preußens.


In der belebten Jägerstraße zu Berlin steht ein stattliches, aber nur einstöckiges Gebäude, mit stark vergitterten Parterrefenstern, das sich sonst weder durch architektonischen Schmuck, noch durch seinen monumentalen Charakter vor den übrigen Häusern auszeichnet. An der Vorderfront macht sich eine Erztafel bemerkbar, dem Andenken eines Grenadiers gewidmet, der hier als das erste Opfer der März-Revolution auf seinem Posten gefallen ist. Treten wir in das Innere, so finden wir auch hier eine überraschende Einfachheit, die keineswegs die hohe Bedeutung des Hauses ahnen läßt, und doch birgt es in seinen Mauern einen reichen Schatz, Millionen in geprägtem Silber und Gold, Schränke voll mit Werthpapieren, hinreichend, um Tausende, wenn auch nicht glücklich, doch wenigstens reich zu machen, kostbare Pfänder, Documente und Wechsel, welche allein im Laufe eines Jahres ein Capital von dreihundert Millionen repräsentiren.

Wir stehen in der That in dem Zauberkreise des Plutus, in dem wunderbaren Feenpalast, wo ein Blatt Papier sich in einen Haufen Gold und umgekehrt ein Haufen Gold in ein Blatt Papier verwandelt, ein Federstrich Millionen schafft, wo das Wort „Credit“ wie einst „Sesam“ den Berg öffnet, dessen Inneres von Gold und Silber strahlt; wir stehen an der goldenen Pforte des allbegehrten Reichthums, an dem großen Reservoir des Nationalvermögens, worein die tausend und tausend Tropfen, Quellen, Bäche und Ströme des Erwerbes fließen und aus dem Handel und Industrie ihr Gedeihen schöpfen, in dem Mittelpunkt der materiellen Güter, kurz wir befinden uns in der – preußischen Bank, deren nachstehende Schilderung indeß selbstverständlich nicht für den gewiegten Kauf- und Finanzmann, sondern für das mit den mercantilischen Dingen und dem großen Geldverkehr minder bekannte Laienpublicum bestimmt ist.

Ein gewölbter Gang führt uns zunächst in die verschiedenen Abtheilungen des großen Instituts, an dem allein, mit Inbegriff seiner hundertunddreißig Comptoire und Filial-Anstalten, über vierhundert Beamte beschäftigt sind. An der Spitze derselben steht der jedesmalige Bankpräsident, gegenwärtig Herr von Dechend, unter ihm die vier Bankdirectoren, ein Justitiar, die Buchhalter, Cassirer und Vorsteher der verschiedenen Comptoire, Controleure, Registratoren, Canzlisten und Bankdiener, ein kleines Heer von wirklichen Elitetruppen. Da nach dem Ausspruche einer bekannten Finanzgröße in Geldsachen die Gemüthlichkeit aufhört, so kommt es in keinem Zweige der Verwaltung so sehr auf die Zuverlässigkeit der Beamten an, als gerade bei der Bank. Bedenkt man, daß hier einem Menschen oft ein bedeutendes Vermögen anvertraut wird, daß trotz der größten Vorsicht Unterschleife und Betrügereien noch immer, wenn auch selten, vorkommen, daß es dazu nicht an täglicher Versuchung fehlt, so wird man die Schwierigkeiten auf diesem Gebiete leicht bemessen können. In der That gehört die richtige Wahl der Beamten zu den schwersten Aufgaben des Bankpräsidenten und erfordert eine genaue Personalkenntniß, die sorgsamste Prüfung und Gewissenhaftigkeit, da die geringste Nachlässigkeit hier schon einen unübersehbaren Schaden anstiften kann. Die Anstellung erfolgt daher meist erst nach langer Beobachtung und dann tritt auch nur in ganz außerordentlichen Fällen ein Wechsel ein. Daher kommt es, daß die Bank die ältesten Beamten aufzuweisen hat, von deren Zuverlässigkeit man sich ungefähr einen Begriff machen kann, wenn man erfährt, daß einer der Bureau-Vorsteher bei einer zweiundfünfzigjährigen Dienstzeit im Ganzen nur fünf und zwanzig Tage Urlaub genommen und an seinem Pult gefehlt hat.

Dieselbe Vorsicht und Wachsamkeit wird bei allen Operationen der Bank und besonders bei der Zählung der Gelder und Aufbewahrung des „Tresors“ beobachtet. In einem besondern Zimmer, zu dem kein Unberufener den Zutritt hat, wird die Durchzählung der eingelaufenen Summen vorgenommen, wobei ein Beamter den andern beständig controllirt, so daß so leicht kein Irrthum vorkommen kann. Fehlerhafte oder falsche Geldstücke werden zunächst ausgeschieden, dann nochmals sorgfältig geprüft, registrirt und wo möglich bis zu ihrer Ausgabequelle verfolgt. Dasselbe geschieht mit den Banknoten, Cassenanweisungen und anderen Werthpapieren. Die Prüfung der verdächtigen Stücke erfordert einen großen Scharfblick, eine staunenswerthe Sachkenntniß, ein seltenes Gedächtniß, da hier ein kaum sichtbares Pünktchen, ein kaum merkbares Häkchen von der größten Bedeutung sind.

Sobald die Beutel, welche gewöhnlich fünfhundert Thaler enthalten, eingezählt sind, werden sie, mit dem Namen des betreffenden Beamten versehen, in den Tresor der Bank abgeliefert. Dieser befindet sich in besondern, feuerfesten Räumen des Gebäudes unter vierfach sicherem Verschlusse. Die Beutel werden in solcher Ordnung aufgestellt, daß sie sofort übersehen und bei einer stattfindenden Revision leicht gezählt werden können. Aehnlich verhält es sich mit Gold und den Silberbarren, welche in gleicher Weise gezählt, geordnet und aufgeschichtet werden. Neuerer Zeit werden dieselben in leichten transportablen Kisten aufbewahrt. Der Baarvorrath an edlen Metallen, welcher je nach der größeren oder geringeren Lebhaftigkeit des Handels fortwährend schwankt, beläuft sich in der Hauptbank und ihren verschiedenen Comptoiren gegenwärtig auf ungefähr siebzig Millionen Thaler. Nur die vier mit diesem Amte betrauten höheren Beamten haben vereint den Zutritt zu diesen wohlverwahrten Schätzen, welche vor jeder Gefahr durch undurchdringliche Mauern, vierfach eiserne Thüren und Schlösser geschützt sind. Ein Blick in diese Räume dürfte jedoch keineswegs dem Bilde unserer geschäftigen Phantasie entsprechen. Statt der geträumten Wunderhöhle mit Wänden voll Gold und schimmerndem Silber, beleuchtet von der Zauberlampe Aladdin’s, sehen wir nur ein gewöhnlich, weiß getünchtes Gewölbe, durch dessen schwarze Eisengitter das Licht des Tages sparsam eindringt, angefüllt mit höchst prosaischen, grauen Geldsäcken und mit Silberbarren, welche man eben so gut für Bleiklumpen halten kann. Dennoch hat der Gedanke an die hier aufgestapelten Millionen etwas Berauschendes und Verlockendes.

Um den eigentlichen Geschäftsgang der Bank kennen zu lernen, begeben wir uns zunächst in die sogenannte „Discontocasse“, wo wir bereits am frühen Morgen ein zahlreiches Publicum versammelt finden. Hier werden die verschiedenen auf Berlin oder andere bekannte Handelsplätze gezogenen Wechsel discontirt, d. h. vor Verfall von der Bank gegen den von ihr bestimmten Zinsfuß bei genügender Personalsicherheit und mit guter Unterschrift von zwei gekannten Firmen oder Personen in baarem Gelde ausgezahlt. Von der Größe der hier täglich umgesetzten Summen kann man sich ungefähr einen Begriff machen, wenn man weiß, daß jährlich gegen viermalhunderttausend Wechsel in einem Werth von dreihundert Millionen und darüber discontirt werden.

Alle Anwesende ohne Unterschied des Standes und der Religion suchen und finden hier Geld bei der Bank, welche mit seltener Liberalität ihre Hauptaufgabe, Belebung und Unterstützung der heimischen Industrie und des Handels, erfüllt, wodurch sie sich von den meisten großen Geldinstituten und selbst von der englischen und französischen Bank vortheilhaft unterscheidet, indem sie die größten wie die kleinsten Wechsel discontirt und auch dem minder bedeutenden Fabrikanten und Kaufmann, besonders in kritischen Zeiten, ihre Hülfe bietet. Dadurch, daß sie auch dem Gutsbesitzer ihren Credit eröffnet, gewährt sie dem wichtigen Landbau eben so ihren Schutz wie dem Handelsstand. Während aber die meisten anderen Banken mindestens drei gute Unterschriften für einen Wechsel fordern, begnügt sie sich mit zwei und in besondern Fällen selbst mit einer einzigen Unterschrift. Wenn trotzdem ihre Verluste im Ganzen nur höchst unbedeutend sind, so verdankt sie dieses günstige Resultat hauptsächlich ihrer ausgezeichneten Leitung, ganz besonders aber dem Geh. Oberfinanzrath Schmidt, und den von ihr befolgten Grundsätzen. Indem die preußische Bank, wie wir bald sehen, die Personal-Sicherheit der Real-Sicherheit vorzieht und vor Allem die Wechselverbindlichkeit bei ihren Geschäften voranstellt, muß sie von ihren Beamten und besonders den Vorstehern der Comptoire eine genaue sorgfältige Personalkenntniß der mit ihr in Verbindung stehenden Häuser und Firmen fordern. Dieselbe beruht vorzüglich auf der strengsten Discretion, welche die Bank bei allen ihren nothwendigen Erkundigungen und Mittheilungen beobachtet. In allen Fällen bewahrt sie das strengste Geheimniß und deshalb genießt sie ein unbedingtes Vertrauen, das sogar so weit geht, daß in Berlin viele große Geschäftsinhaber keinen Anstand nehmen, ihre Jahres-Bilanz der Bank mitzutheilen. Außerdem erforscht und kennt sie [801] durch die geeigneten Agenten nicht nur den Vermögensstand, sondern auch den Charakter und die leitenden Grundsätze der Männer, mit denen sie es vorzugsweise zu thun hat. Dabei entwickelt sie einen überraschenden Scharfblick, eine wunderbare Kenntniß der Verhältnisse, verbunden mit dem feinsten Tact und einer merkwürdigen Divinationsgabe.

Oft ehe noch das Publicum und selbst der Betheiligte eine Ahnung haben, weiß oder ahnt sie, daß diese oder jene Firma dem Bankrott entgegengeht, und bricht deshalb unerwartet ihre Verbindungen fast immer zur rechten Zeit ab. Dies Wunder erklärt sich, zum Theil wenigstens, durch die in ihre Hände kommenden Papiere und die damit ermöglichte Einsicht in die Manipulationen der verschiedenen Firmen, sowie durch die Aufmerksamkeit, welche die Bank den wöchentlichen Berichten der verschiedenen Comptoire schenkt. Diese werden sorgfältig geprüft, durch besondere Referenten beurtheilt und mit einander verglichen, so daß die Bank stets genau von der Höhe der auf ein Haus laufenden Wechsel unterrichtet ist und darnach ihren Credit bemessen kann. Findet sich, daß dieser bereits sein Maximum erreicht und das meist genau bekannte Vermögen des Betreffenden übersteigt, so wird diesem in schonender Weise die entsprechende Mittheilung gemacht. In einzelnen Fällen werden vorher noch genauere Erkundigungen eingezogen, ein besonderer Vortrag gehalten und dann ein collegialischer Beschluß gefaßt. Bedenkt man, daß oft an einem einzigen Ort, wie z. B. in Köln, viertausend größere und kleinere Firmen zu beobachten sind, so kann man sich ungefähr einen Begriff von der Schwierigkeit einer solchen Aufgabe machen. Da aber das gesammte industrielle und handeltreibende Publicum mehr oder minder an dem Gedeihen der Bank betheiligt ist, so fehlt es ihr nicht an zuverlässigen Correspondenten, Vertrauensmännern und freiwilligen Mitarbeitern, deren Urtheile und Mittheilungen jedoch mit dem objectiven Thatbestand und den eigenen Erfahrungen verglichen werden, bevor man ihnen Folge giebt. Die geheimen Acten der Bank dürften vielleicht die wunderbarsten Aufschlüsse über die Geschichte des Vermögens und der Wechselfälle im Handelsstande liefern. In allen einigermaßen bedeutenden Industrie- und Handelsplätzen Preußens hat die Bank ihre Commanditen oder Filiale, die in ihrem Geschäftsbetrieb ganz dasselbe System verfolgen wie die Mutteranstalt in Berlin, in allen zweifelhaften Fällen aber sich hier erst Rath erholen müssen. Die Controle der von der Bank ausgegebenen Noten (k. preuß. Banknoten) wird durch die sogenannte Immediatcommission bewirkt. Die Anfertigung der Noten selbst geschieht in der königl. Staatsdruckerei, wo die nöthige Aufsicht darüber in der nämlichen Weise geregelt ist wie bei den Cassenscheinen. Dieselbe controlirende Behörde ist auch mit der Vernichtung der in die Bank zurückströmenden Noten betraut. Nachdem dieselben auf den betreffenden Büchern postenweise gelöscht sind, werden sie als „Werthlos“ bestempelt, mit einem Eisen durchlocht und dann in einem eigens dazu construirten Ofen, der in einem abgesonderten Locale des Bankgebäudes steht, unter Aufsicht der genannten Behörde verbrannt.

Ihre Hauptthätigkeit entwickelt die Bank in Zeiten einer drohenden Krisis, wie z. B. in diesem Jahre, wo vorzugsweise ihre Leistungsfähigkeit in Anspruch genommen wurde. Durch die Umsicht und wahrhaft liberale Gesinnung des gegenwärtigen Bankpräsidenten von Dechend wurde während des Krieges Handel und Industrie vor schweren Verlusten bewahrt, indem die Bank mit größter Bereitwilligkeit den Anforderungen auf baares Geld, so weit sie den inneren Handel betrafen, entgegenkam und durch zweckmäßige Manöver die hochgeschraubten Course der auf auswärtige Plätze lautenden Wechsel durch Hinausgabe großer Posten ihres Vorraths davon plötzlich herabdrückte und dadurch dem Abflusse des Silbers nach auswärts, namentlich Frankfurt a. M., Einhalt that. Es war daher hauptsächlich das Verdienst der preußischen Bank, daß eine so bedeutende Katastrophe ohne tiefere Erschütterung vorüberzog, indem sie selbst den kleinsten Firmen durch die sogenannten Darlehenscassenscheine, welche sich bereits 1848 trefflich bewährt hatten, die Mittel gewährte, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Minder wichtig und groß als das ausgedehnte Discontogeschäft ist der Lombard-Verkehr der Bank, d. h. die Beleihung von Unterpfändern, von Gold, Silbergeräth und dem Verderben nicht ausgesetzten Waaren. Im Allgemeinen hält die Bank an ihrem Grundsatz fest und zieht die Personal-Sicherheit, die Wechselverbindlichkeit jeder Real-Sicherheit vor. Auch will sie nur solche Geschäfte unterstützen, welche auf einem wirklich reell abgeschlossenen Handel, oder auf einer sicheren industriellen Unternehmung basiren, um der bloßen Speculation nicht die Hand zu bieten. Ebenso ist der Giro-Verkehr, wenn wir ihn mit dem anderer Geldinstitute und selbst Privatbanken, wie z. B. die hiesige Disconto-Gesellschaft, vergleichen, nur gering zu nennen. Außerdem verwahrt und verzinst die preußische Bank alle Gelder, welche. öffentliche Behörden und Privatpersonen ihr anvertrauen; auch ist sie befugt, Gold, Silber, Pretiosen und Documente aller Art in der vorgeschriebenen Form und ohne Kenntnißnahme des Inhalts gegen Ausstellung von Depositalscheinen und eine dafür zu entrichtende Gebühr in Empfang zu nehmen. Die zu diesem Zweck bestimmte Schatzkammer enthält manches kostbare Werthstück. Da jedoch die Bank von dem Inhalt keine Kenntniß hat und die Vorzeigung des Empfangscheins genügt, um sich als Eigenthümer zu legitimiren, so fehlt es hier nicht an interessanten Zwischenfällen. So machte eine Dame die unangenehme Entdeckung, daß ihr kostbarer Schmuck, den ihr Mann selbst auf die Bank gebracht, statt der echten falsche Demanten enthielt. Bei genauerer Nachforschung ergab sich, daß diese Umtauschung der eigene Mann bewerkstelligt hatte, um seine Spielschulden zu bezahlen. In einem anderen bekannten Fall wurde eine reiche Wittwe aus den höheren Ständen fast um ihr ganzes Vermögen durch die Sorglosigkeit gebracht, mit der sie einem jungen Verwandten die Besorgung werthvoller Documente anvertraute. Der Leichtsinnige hatte auf dem Wege nach der Bank Zeit und Gelegenheit gefunden, den Kasten auszuleeren und die Werthstücke mit Papierschnitzeln zu vertauschen.

Die Verwaltung der Bank entspricht ihrer dualistischen Natur, da sie ein gemischtes Institut ist und zum Theil ihr Betriebscapital vom Staat, zum Theil von Privaten erhält. Ihr Chef ist der jedesmalige Handelsminister, dem ein Bank-Curatorium von fünf höchsten Staatsbeamten zur Seite steht, die sich vierteljährlich versammeln. Die Eigenthümer der Bankantheile haben dagegen jährlich eine Generalversammlung, wo sie den Rechenschaftsbericht entgegennehmen, die Wahl des Central-Ausschusses vollziehen und über solche Abänderungen der Bankordnung entscheiden, welche ihrer Zustimmung bedürfen. Der Central-Ausschuß wählt aus seiner Mitte eine Anzahl Deputirte, welche die Controle über alle wichtige Bankoperationen ausüben. Das Betriebscapital besteht aus dem Einschuß des Staates mit ungefähr zwei Millionen, aus dem Beitrag der Actionäre, der neuerdings auf zwanzig Millionen erhöht worden ist, aus dem Depositen-Capital im Werth von dreiundzwanzig Millionen und aus dem Reservefond von ungefähr vier Millionen, im Ganzen gegen fünfzig Millionen. Dagegen waren jetzt an Banknoten in Umlauf 136,148,000 Thaler, denen ein Baarvorrath von siebenzig Millionen in geprägtem Gelde gegenüber stand. Der ganze Umsatz der Bank betrug im Jahre 1865 die bedeutende Summe von 2,273,608,200 Thaler, und der Gewinn, welcher zur Hälfte zwischen dem Staat und den Bank-Eignern getheilt wird, belief sich, nach Abzug sämmtlicher Kosten, Zinsen und eines Sechstels für den Reservefond, auf zwei Millionen. Allwöchentlich erscheint in den öffentlichen Blättern eine Bilanz der in der Hauptbank nebst ihren Comptoiren in den letzten sechs Tagen gemachten Geschäfte, der Status. Alle vier Wochen aber bleibt die Hauptcasse während eines Theiles der Vormittagsstunden der erforderlichen Revision wegen geschlossen, was vorher dem Publicum bekannt gemacht wird.

Die glänzenden Resultate des Instituts sind jedoch nicht ohne schwere Kämpfe und erst im Laufe der letzten Jahre errungen worden. Wohl selten hat ein Institut bei seinem Entstehen so große Hindernisse zu überwinden, so furchtbare Krisen zu bestehen gehabt. Weit später, als in andern Ländern, wurde die preußische Bank durch Friedrich den Großen in’s Leben gerufen, und zwar haben, wie Mirabeau berichtet, wahrscheinlich der Major Quintus Icilius und ein Hamburger Kaufmann Wurmb den Plan nach dem Muster des Hamburger Bankreglements ausgearbeitet. Durch die königl. Edicte vom 17. Juli 1765 und 29. October 1766 wurde indeß die 1753 gegründete Giro- und Wechselbank wieder aufgehoben und dafür die königl. Haupt-Bank gestiftet.

Acht Millionen Grundcapital hatte der König für die Bank bestimmt, von denen sie jedoch keinen Heller erhielt, da das Geld für andere Zwecke, besonders zur Unterstützung der durch den Krieg [802] verwüsteten Provinzen verwendet wurde. Nur einen Fond von viermalhunderttausend Thalern erhielt sie in Wirklichkeit, von denen jedoch auch ein Theil sofort eine anderweitige Verwendung fand und nicht wieder in den Besitz der Bank gelangte. Aber selbst diese unbedeutende Summe wurde ihr nur als Vorschuß anvertraut. Dazu verlor sie gleich im ersten Jahre durch fehlerhafte Leitung ein ansehnliches Capital. Später jedoch flossen ihr aus den königlichen Cassen bedeutende Depositen zu, aber trotz aller Ueberschüsse belief sich bis zum Jahre 1806 das eigene Vermögen nicht höher, als siebenmalhunderttausend Thaler. Nach der unglücklichen Schlacht bei Jena brach das Mißgeschick mit furchtbarer Gewalt herein. Selbst die Umsicht und Energie des berühmten Freiherrn von Stein vermochte nicht die Bank vor Ruin zu bewahren. Ein Theil der Cassen wurde von dem Feinde geplündert, dazu gesellten sich Verluste über Verluste, herbeigeführt durch die ungeheuren Schwankungen aller Course und die frühere Festlegung ihrer Capitalien. Die Vorschüsse von zehn Millionen Thalern, die sie den eroberten Provinzen geleistet, wurden ihr zwar von Napoleon garantirt, allein mit frecher Verhöhnung aller feierlichen Versicherungen geraubt.

Erst im Jahre 1819 erfolgte die nothwendige Reorganisation der Bank, sie hatte eine Passivmasse von sechsundzwanzig Millionen, während ihre Activa nur zwölf Millionen betrugen. Von den in ihren Büchern verzeichneten Forderungen mußte sie gegen acht Millionen als unrealisirbar streichen. Aber mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit überwand sie diese gefährliche Krisis. Während im Anfange des Jahres 1818 die Baarvorräthe der Bank ungefähr eine Million betrugen, beliefen sich dieselben bereits 1845 auf zwölf und eine halbe Million. In demselben Verhältniß war der Geschäftsumsatz in dieser Periode von vierundvierzig Millionen auf dreihundert vierundsiebenzig, also auf das Achtundeinhalbfache, gestiegen. Trotz dieser überraschenden Resultate stellte sich immer mehr die Nothwendigkeit einer gänzlichen Umgestaltung der Bank heraus, da sie dem Fortschritt und ungeheuren Aufschwung des Handels und der Industrie nicht länger genügen konnte. Es handelte sich in erster Linie darum, die Bank von ihrer engen Verbindung mit dem Staate zu befreien und mehr für das gesteigerte Bedürfniß der Privaten und vorzugsweise zur Hebung des Nationalwohlstandes zu benutzen, wozu jedoch eine entsprechende Vermehrung des Betriebscapitals unumgänglich nothwendig war. Durch die königl. Cabinetsordres vom 11. April und 18. Juni 1846 wurde daher die Liquidation der bisherigen königlichen Bank angeordnet und eine Bankordnung für das neue Institut erlassen, bei welcher sich auch Private betheiligen konnten.

Nach der jetzigen Bankordnung ist die Bank in ihrer gegenwärtigen Einrichtung hauptsächlich dazu bestimmt: den Geldumlauf des Landes zu befördern, Capitalien nutzbar zu machen, vor Allem Handel und Gewerbe zu unterstützen und einer übermäßigen Steigerung des Zinsfußes vorzubeugen. Wie sie diese Aufgabe zu erfüllen suchte, bezeugt der wachsende Wohlstand Berlins und des preußischen Staates, der hohe Aufschwung des Handels und der Industrie, woran ihr gewiß ein großer Antheil gebührt.