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Das Zeitgedicht

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Stefan George
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Titel: Das Zeitgedicht
Untertitel:
aus: Der siebente Ring
S. 6–7
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1907
Verlag: Blätter für die Kunst
Drucker: Otto von Holten
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
fertig
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[6]

DAS ZEITGEDICHT

Ihr meiner zeit genossen kanntet schon
Bemasset schon und schaltet mich – ihr fehltet.
Als ihr in lärm und wüster gier des lebens
Mit plumpem tritt und rohem finger ranntet:

5
Da galt ich für den salbentrunknen prinzen

Der sanft geschaukelt seine takte zählte
In schlanker anmut oder kühler würde ·
In blasser erdenferner festlichkeit.
 
Von einer ganzen jugend rauhen werken

10
Ihr rietet nichts von qualen durch den sturm

Nach höchstem first · von fährlich blutigen träumen.
›Im bund noch diesen freund!‹ und nicht nur lechzend
Nach tat war der empörer eingedrungen
Mit dolch und fackel in des feindes haus ..

15
Ihr kundige las’t kein schauern · las’t kein lächeln ·

Wart blind für was in dünnem schleier schlief.

[7]

Der pfeifer zog euch dann zum wunderberge
Mit schmeichelnden verliebten tönen · wies euch
So fremde schätze dass euch allgemach

20
Die welt verdross die unlängst man noch pries.

Nun da schon einige arkadisch säuseln
Und schmächtig prunken: greift er die fanfare ·
Verlezt das morsche fleisch mit seinen sporen
Und schmetternd führt er wieder ins gedräng.
 

25
Da greise dies als mannheit schielend loben

Erseufzt ihr: solche hoheit stieg herab!
Gesang verklärter wolken ward zum schrei! ..
Ihr sehet wechsel · doch ich tat das gleiche.
Und der heut eifernde posaune bläst

30
Und flüssig feuer schleudert weiss dass morgen

Leicht alle schönheit kraft und grösse steigt
Aus eines knaben stillem flötenlied.