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Das Stiefmütterchen

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Textdaten
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Titel: Das Stiefmütterchen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 435
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Riesenstiefmütterchen. 0 Natürliche Größe.

Das Stiefmütterchen. Eine der dankbarsten Florblumen, welche im Sommer unsere Gärten schmücken, ist unstreitig das Stiefmütterchen (Viola tricolor maxima), Gedenkemein, Sammetveilchen, Tag- und Nachtblume oder Pensée nach französischer Benennung bezeichnet.

Zeitig im Frühjahr, sobald die Natur zu neuem Leben erwacht, erscheinen die ersten Blumen, und ihr Flor währt bei richtiger Behandlung ununterbrochen fort, bis im Herbste Nachtfröste denselben zerstören. Durch Auszeichnen sowie gegenseitiges Befruchten der größten und schönsten Blumen ist es nach vieler Mühe gelungen, dieses anfangs unscheinbare Blümchen zu einer nie geahnten Vollkommenheit zu bringen, und immer noch arbeiten hieran zahlreiche Züchter. Unter diesen verdient wohl in erster Linie die Kunst- und Handelsgärtnerei von Friedrich Roemer in Quedlinburg erwähnt zu werden. Die einzelnen Blumen der von ihr gezüchteten riesenblumigen fünffleckigen Stiefmütterchen erreichen eine enorme Größe, bis 10 Centimeter Durchmesser; sie sind zirkelrund, von fester Haltung und zeigen die reichsten und brillantesten Schattirungen. Die Eigenart dieser Species tritt besonders dadurch hervor, daß jedes einzelne Blumenblatt mit einem großen massiven Fleck gezeichnet ist, welcher oft fast den ganzen Raum desselben einnimmt und nur mit einem schmalen helleren Rande umsäumt ist.

Im Anschluß hieran mag uns gestattet sein, in Kürze einiges über die Kultur der Stiefmütterchen hinzuzufügen. Die günstigste Zeit zur Aussaat für Stiefmütterchen ist die Zeit von Ende Juni bis Ende August. Man säe den Samen in kalte Mistbeete, kleine Holzkästen oder Töpfe, je nachdem man damit versehen ist, welche sowohl bei heißem Wetter wie auch bei starkem Regen eine Ueberdeckung der Sämlinge gestatten. Im Nothfalle benutze man einen halb schattigen Platz im Garten.

In diese Beete oder Kasten berge man nahrhafte, mit Sand vermischte Erde, säe den Samen möglichst dünn aus, drücke denselben leicht an und begieße mit einer feinen Brause. Hierauf bedecke man den Samen höchstens einen halben Centimeter hoch mit feingesiebter Erde. – Bis znm Auflaufen des Samens ist vor allen Dingen für gute Beschattung bei Sonnenschein zu sorgen, da die schwache Erdschicht leicht austrocknet und hierdurch das Auflaufen des Samens erschwert, oft ganz verhindert wird.

Bis zum Erscheinen der jungen Pflanzen, was in der Regel nach 14 bis 20 Tagen geschieht, ist die Erde regelmäßig feucht zu halten. Anfang bis Ende September, je nach der Aussaat, sind die Pflanzen so weit herangewachsen, daß sie an ihrem Bestimmungsorte ausgepflanzt werden können und zwar in Abständen von 20 Centimeter auf gut gedüngtes Land. Als Dünger ist Kuhmist vorzuziehen; scharfe Düngerarten und Salze begünstigen das vorzeitige Absterben der Pflanzen. Eben so sollten dieselben, falls man sie zu Teppichbeeten verwenden will, auch gleich im Herbste an Ort und Stelle in Verbindnng mit Bellis perennis, Myosotis alpestris, Silene pendula etc., in diesem Falle aber nur 10 Centimeter weit gepflanzt werden. Nur auf diese Weise ist ein langdauernder schöner Flor gesichert, während, wenn dieselben im Frühjahre wieder umgepflanzt werden, der Flor nur von kurzer Dauer und lange nicht von solcher Schönheit ist. Deßhalb muß auch zu gleicher Zeit auf Anschaffung der oben genannten Frühlingsblumen Bedacht genommen werden. Besonders bemerkt sei noch, daß die Stiefmütterchen, wenn zur richtigen Zeit verpflanzt, also im September, unsere strengsten Winter ohne jede Bedeckung aushalten.