Das Prager Lied
O allerschönstes Jesulein,
Du Pragerisches, lieb und klein,
Klein an Gestalt, gross in der Macht,
Wie in Erfahrnuss schon gebracht.
Mit deiner Hülf nicht von uns weich,
Weil du zu uns ankommen bist,
Demüthig sey von uns gegrüsst.
Du kommst zu uns aus Böhmen Land,
Wir fallen dir zu Füssen all,
Dein Gnad uns zeige überall.
O allerschönstes Jesulein,
Wie konnt es denn doch möglich sein,
So lang dich in Vergessung bracht?
Sieben Jahr dauerte dein Elend,
Zerbrochen wurden dir deine Hand,
Bis endlich deiner Gnaden Strahlen
Der ohngefähr zu Prag ankam,
Und dein Abwesenheit wahrnahm;
Cirillus ware er genannt,
Dem deine Gnaden schon bekannt.
Durchgehet alle Ort und Plaz,
Verworfen durch der Juden List,
Findt er dich unter Staub und Mist.
Mit Jubel und auch Herzens Freud
Grüsste dich mit Herz und Mund,
Nicht gnug dich bedauern kunt.
Nach Möglichkeit thät er dich ehren,
Er musste auch von dir anhören:
So geb ich euch den Segen mein.“
Dies muss die ganze Prager Stadt
Bekennen, die’s erfahren hat,
Wie du vom Schweden sie erlösst,
Auch zu der grossen Pesten Zeit
Hast du sie von der Pest befreit,
O Jesulein streck aus deine Hand,
Beschüz das liebe Vaterland.[1]
- ↑ Aus des Knaben Wunderhorn 2, 187 bis 186, wo die Aufschrift lautet: „Das Prager Lied. 1636“.