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Das Leuchtmoos als Zimmerpflanze

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Textdaten
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Autor: Dr. Kellermann
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Titel: Das Leuchtmoos als Zimmerpflanze
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 676a–676b
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Beilage Zwanglose Blätter, Nr. 8
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Das Leuchtmoos als Zimmerpflanze.

Zu den hervorragenden Merkwürdigkeiten des an Naturschönheiten so reichen, sagenumwobenen Fichtelgebirges gehört unstreitig das Leuchtmoos (Schistotega osmundacea Web. et Mohr), welches namentlich die Grotten der Louisenburg mit magischem, grüngoldigem Glanze erfüllt, aber auch sonst im Gebirge vorkommt. Das winzige, nur wenige Millimeter hohe Pflänzchen besitzt zweizeilig gestellte Blätter; es überzieht die Steine, den Sand und allenfalls vorhandene Humuspartikelchen als ein bald mehr, bald weniger dichter Rasen.

In der Tiefe der Grotten macht dem Leuchtmoose kaum eine andere Pflanze den Platz streitig; während die in Beziehung auf Licht ebenfalls sehr genügsamen Farne und einige andere Moose nur die am besten beleuchteten Theile der Grotten zu bewohnen vermögen, dringt das Leuchtmoos tief in die Klüfte und Spalten ein und entwickelt sich hier gerade besonders schön. Es ist begreiflich, daß in einer wundergläubigen, für eine natürliche Erklärung der Dinge wenig befähigten Zeit der zauberhafte Glanz, welcher beim Herausnehmen der leuchtenden Erdtheilchen verschwindet, dem Treiben schadenfroher, den goldgierigen Sterblichen irreführender Bergkobolde zugeschrieben wurde.

Uebrigens ist das Leuchtmoos nicht der einzige leuchtende Bewohner der Grotten; es theilt die Eigenschaft des Leuchtens mit einer winzigen, einzelligen Alge, welche da, wo eine Wasserfläche sich gebildet hat, bei günstiger Beleuchtung als ein rein golden glänzender Ueberzug erscheint. Diese Alge, deren Zellen in einem gewissen Stadium der Entwicklung die Fähigkeit besitzen, sich mit Hülfe zweier Schwingfäden ziemlich rasch zu bewegen, verläßt ebenso wenig wie das Leuchtmoos das schützende Halbdunkel der Grotten, so zwar, daß Wasseransammlungen, welche ganz [676b] in der Nähe der Grotten gelegen und durch ein Rinnsal mit dem leuchtenden Grottenwasser verbunden sind, doch der Leuchtalge entbehren.

Die Leuchtalge ist bis jetzt noch wenig beachtet und in der Regel wohl mit dem Leuchtmoose verwechselt worden. Mit der Ermittelung der Lebensgeschichte dieses zweiten leuchtenden Organismus ist der Verfasser dieser Zeilen eben beschäftigt.

Da die Erscheinung des Leuchtens bei zwei so verschiedenen, aber unter ähnlichen äußeren Bedingungen existirenden Formen auftritt, so dürfte die Frage nach der Zweckmäßigkeit keine müßige sein. Vielleicht dient diese Einrichtung der Verbreitung der beiden Pflanzen von Grotte zu Grotte durch die Vermittelung kleiner Thiere.

Das Leuchtvermögen kommt nicht dem vollständig entwickelten Leuchtmoose zu, sondern nur dem mikroskopischen Vorkeim, welcher bei ungünstigen Beleuchtungsverhältnissen einen für das bloße Auge kaum sichtbaren, mattgrünlichen Ueberzug bildet. Es ist bemerkenswerth, daß in den helleren Partien der Grotten, also näher am Eingange, die ausgebildete Pflanze, in den dunkleren Partien dagegen der Vorkeim sich vorzugsweise entwickelt. Untersucht man den letzteren mikroskopisch, so findet man, daß er aus rosenkranzförmig an einander gereihten, kugeligen, wasserklaren, wenige große Chlorophyllkörner einschließenden Zellen besteht, welche ein intensives Lichtbrechungsvermögen besitzen. Die kleinen Zellen leuchten also nicht im Dunkeln, sie verhalten sich vielmehr wie Spiegel, die parallel zu einander gegen das einfallende Licht so orientirt sind, daß sie dasselbe nur in einer ganz bestimmten Richtung zurückstrahlen.

Das Licht übt einen merkwürdigen Einfluß auf das Wachsthum der Vorkeimzellreihen insofern aus, als sich aus denselben coulissenartig hinter einander aufsteigende, auf der Richtung des einfallenden Lichtes senkrecht stehende Wände bilden.

Bei zweckmäßig angebrachter künstlicher Beleuchtung ist die Erscheinung ebenso schön sichtbar wie bei Tageslicht. Der Beobachter muß ungefähr in der Richtung des einfallenden Lichtes in die Grotten hinein sehen; wechselt er seinen Standort durch Seitwärtstreten oder dreht er einen der vor ihm liegenden, leuchtenden Steine aus seiner Lage, so hört die Erscheinung sofort auf, ist aber in dem letzteren Falle wieder bemerklich, sobald der Stein in seine ursprüngliche Lage zurückgebracht ist.

Warum das so ist, ergiebt sich leicht aus dem oben Gesagten.

Was nun die Entwickelungsbedingungen des Leuchtmooses und insbesondere des Vorkeimes anlangt, so bestehen dieselben hauptsächlich in gleichmäßiger Feuchtigkeit des Bodens und in mäßigem, einfallendem Lichte.

Will man das Leuchtmoos cultiviren, so ist das gar nicht so schwer, wenn man nur die eben angeführten, im Zimmer leicht herzustellenden Bedingungen einhält. Man fülle eine flache Schale, einen Teller oder dergleichen mit dem in den Leuchtgrotten zusammengescharrten Granitgrus und den ebenda mitgenommenen Steinen, welche man zu einer kleinen Grotte ordnen kann, an und achte darauf, daß die grün angeflogene Seite der Steine nach oben kommt und dem einfallenden Lichte zugewendet ist. Dann durchtränke man den Boden gleichmäßig mit Wasser und sorge durch Ueberdecken mit einer Glasglocke dafür, daß ein oberflächliches Abtrocknen nicht möglich ist. Da das Leuchtmoos eine kalkfeindliche Pflanze ist, so dürfte es gerathen sein, die Verwendung von hartem Wasser auszuschließen. Das Ganze stellt man etwas entfernt vom Fenster so auf, daß directes Sonnenlicht nicht allzu lange einwirken kann. Andauernd helle Beleuchtung bringt den Uebelstand mit sich, daß aus dem Vorkeim sich dichte Rasen des vollkommenen Mooses bilden, welchem ein Leuchtvermögen nicht beiwohnt. Uebrigens braucht man dasselbe nur auszujäten und mit dem Gruse zu vermischen, um eine neue üppige Vorkeimentwickelung hervorzurufen.

Eine weitere Bedingung ist endlich die, daß man die Lage, welche man der Cultur einmal gegeben hat, beibehält. Man wird zunächst nur geringe Spuren des Leuchtens wahrnehmen, nach und nach aber wird die Erscheinung immer prächtiger. Im frostfreien Zimmer bleibt sie jahraus jahrein erhalten; mit dem Eintreten des Frostes hört sie auf, kehrt aber nach dem Aufthauen wieder.

Will man das Leuchten beobachten, so nehme man die Glocke ab und trete so vor die Cultur hin, daß man dem einfallenden Lichte den Rücken zukehrt, man wird dann bald die Stelle, von welcher aus das Leuchten am schönsten sichtbar ist, auffinden. Zweckmäßig, wenn auch nicht nothwendig, dürfte es sein, die Rückwand der Glocke durch einen Lacküberzug zu verdunkeln.

Ich zweifle nicht daran, daß das Leuchtmoos auch im Freien in künstlichen Grotten, deren Boden durch herabträufelndes Wasser feucht erhalten wird, gezogen werden kann.

Jedenfalls eignet sich das Leuchtmoos seiner eigenthümlichen Schönheit, sowie seiner leichten Culturfähigkeit wegen – die einmal fertig gestellte Cultur bedarf kaum mehr der Beaufsichtigung – in hohem Grade zu einem vorzüglichen Zimmerschmuck, denn das, was den meisten anderen Bilanzen im Zimmer nachtheilig ist oder doch ihre Schönheit beeinträchtigt, wenig intensives, einseitig einfallendes Licht, ist für das Leuchtmoos geradezu nothwendig.

Durch einige Selaginella- und Oralispflanzen lassen sich die Felsen des Leuchtmoosterrariums beleben, während sich Farne nach einiger Zeit von selbst einstellen; man hat nur dafür Sorge zu tragen, daß sie nicht allzu sehr überhandnehmen. Dr. Kellermann.