Das Geisterroß
[206]
Das Geisterroß.
Durch den dreigetheilten Bogen,
Des Triumphes prangend Thor,
Durch die lauten Menschenwogen
Dort zum Capitol empor
Cäsar’s lässige Geberde.
Hinter des Triumphes Wagen
Duldend oder grollend gehn
Ueberwundne. Ketten tragen
„Dieser!“ höhnt es im Gedränge,
„Dieser Trotz’ge!“ zischt die Menge.
Unberührt vom Hohn der Stunde,
Starren, traumgefüllten Blicks,
Ruhig Vercingetorix –
Fremde Weise, fremde Worte,
Mit dem Geist an fremdem Orte:
„Cäsar, blendend weiße Rosse
Ellid, edler Ahnen Sprosse,
Dunkel ist er wie die Nacht –
Deine Schimmel, deine viere,
Tauscht’ ich nicht mit meinem Thiere …
Stark von Wuchs und fest im Bug,
Welcher mich ins Römerlager
Mit gewalt’gen Sprüngen trug …
Der zum Opfer ich gegeben
Dreimal flog ich um im Kreise,
In der Faust des Schwertes Blitz,
Noch im Lauf, nach Gallier Weise,
Sprang ich ab vor Cäsar’s Sitz …
Mir voran als meinen Boten!
Wie er mir ins Antlitz schnaubte,
Stieß ich, Blick versenkt in Blick,
Hinter seinem mächt’gen Haupte
Daß mir eines Rosses Ehre
Mangle nicht im Geisterheere.
Ellid sprengt seit langen Jahren
Mitten in der bleichen Jagd,
Durch die Wälder, bis es tagt …
Sehn sie meinen led’gen Renner,
Wundern sich die stillen Männer …
[208] Lange Jahre lag gebunden
Kettenschwere, dumpfe Stunden –
Endlich wieder Tag und Luft –
Ellid, schwarzer Ellid, spute
Dich! Du witterst, wo ich blute!
Wann der Kahle schwelgt am Mahl,
Würgt er seine Siegesbeute
Mit dem letzten müden Strahl …
Wann die Sonne niedergleitet,
Henker, nimm das Beil zu Händen!
Nicht das Beil? … So nimm den Strang!
Droßle mich! Nur enden, enden!
Letzte Schmach! Sie währt nicht lang …
Hör’ ich nahn im Todeskampfe!
Sterbend pack’ ich Ellid’s Haare,
Ein Befreiter spring’ ich auf,
Fahre, schwarzer Ellid, fahre!
Wogen tosen! Rhodan’s Stimme!
In den Strom, mein Thier, und schwimme!“
[209] Cäsar’s Schimmel blähn die Nüstern.
„Ave Triumphator!“ schallt.
„In der Heimath bin ich bald!
Ellid mit gestrecktem Jagen
Wird mich nach der Heimath tragen!“