Das Exil
a. d. E.
Leb wohl mein Spanien, süßes Vaterland,
Nie werd ich deine Fluren wiedersehen,
Es ahnt wir trübe, fern von dir verbannt,
Wird Carlos in der Sehnsucht Schmerz vergehen.
Das leichte Schiff und scheinet gern zu weilen;
O weile noch, mein Schiff, zu bald erhebt
Der Sturm sich wild und spornet dich zu eilen.
Noch seh’ ich sie! noch dringt die Küste vor
Ein Lüftchen weht in das entzückte Ohr
Von jenem Berg des Mutterlandes Töne.
Horch! schallet dort nicht eines Fischers Sang?
Er singt und legt die feuchten Netze trocken.
Mir Thränen sonst auf heiße Wangen locken.
Ein besser Loos ist, Guter, dir bescheert!
Wenn tiefer sich der Sonne Strahlen senken
Eilst du mit Lust zum väterlichen Heerd,
Die Freunde drückst du an die treue Brust,
Und kennst die Marter nicht, dich leer zu sehnen;
Nie trübt das „Morgen“ dir des Tages Lust,
Nie brennen dir im wunden Auge Thränen.
Dich seligen, wie muß ich dich beneiden!
Von Spanien fern vertreibt mich mein Geschick,
Und was ich liebe, muß ich ewig meiden.
Kein Zephyr wird mir her den Nachhall wehn
Kein Zephyr mir des Hirten zärtlich Flehn
Und jene Seufzerhauche der Schallmeien.
Nie schlingt um mich des Vaters Arm sich mehr,
Dir, häuslich Glück, dir muß ich ganz entsagen!
Da fern und ferner mich die Wellen tragen.
Da, wo der Tiger heult, die Schlange zischt,
Wo Indiens Sonne giftge Seuchen brütet,
Kein Arzt dem Fieberdurste Labung mischt,
Da wird die Angst, in der das Herz verzagt,
Wenn mit dem Tod umsonst die Jugend ringet,
Da wird das Fieber, das am Innern nagt,
Wenn Raserei hin bis zur Seele dringet –
Der mich in diesem Augenblick erdrücket.
Auf ewig, Spanien, schlägt für dich mein Herz,
Auf ewig, Spanien, wirst du ihm entrücket.
Wie werden oft die mächtgen Zauberein
Wie fürchterlich wird das Erwachen seyn,
Ja! das Erwachen zu der Sehnsucht Quaalen!
Der Myrthenhain, von Melodien durchhallt.
Der Schattenquell und die beblümten Felder,
Und Murciens duftende Orangenwälder.
Ihr süßen Traumgebilde, ach! wie schnell
Entflieht ihr dann mit dem verscheuchten Schlummer!
Die Brust, von euren Strahlen erst so hell!
Schon färbt den Horizont des Abends Schmelz,
Bald wird der Himmel sich um uns verdunkeln,
Bald wird mir nicht mehr jener weiße Fels,
Des Vaterlandes lezte Gränze, funkeln.
Du, Schiffchen, ruh hier auf der stillen Fläche,
Daß morgen noch mein freudiges Gesicht
Den lezten Blick an Spaniens Küste breche.
Umsonst die lezte Bitte wird verschmäht,
So wehet denn, grausame Winde, weht,
Und reißt mich weiter, ihr erzürnten Wellen!