Zum Inhalt springen

Das Exil

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Friedrich von Örtel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das Exil
Untertitel: Aus der noch ungedruckten Uebersetzung des Mönchs a. d. E.
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1797, S. 94–99
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1797
Verlag: J. G. Cotta
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung: Die Chiffre N. wird Friedrich von Örtel zugeschrieben.
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[94]
Das Exil.
Aus der noch ungedruckten Uebersetzung des Mönchs
a. d. E.

Leb wohl mein Spanien, süßes Vaterland,
Nie werd ich deine Fluren wiedersehen,
Es ahnt wir trübe, fern von dir verbannt,
Wird Carlos in der Sehnsucht Schmerz vergehen.

5
Die Winde schweigen, auf den Fluten schwebt

Das leichte Schiff und scheinet gern zu weilen;
O weile noch, mein Schiff, zu bald erhebt
Der Sturm sich wild und spornet dich zu eilen.

[95]

Noch seh’ ich sie! noch dringt die Küste vor

10
Und hebt gen Himmel sich in stolzer Schöne;

Ein Lüftchen weht in das entzückte Ohr
Von jenem Berg des Mutterlandes Töne.

Horch! schallet dort nicht eines Fischers Sang?
Er singt und legt die feuchten Netze trocken.

15
Oft mochte der Ballade Trauerklang

Mir Thränen sonst auf heiße Wangen locken.

Ein besser Loos ist, Guter, dir bescheert!
Wenn tiefer sich der Sonne Strahlen senken
Eilst du mit Lust zum väterlichen Heerd,

20
Wo dir ein Mahl die eignen Fluren schenken.


Die Freunde drückst du an die treue Brust,
Und kennst die Marter nicht, dich leer zu sehnen;
Nie trübt das „Morgen“ dir des Tages Lust,
Nie brennen dir im wunden Auge Thränen.

[96]
25
Ich fühl’ es tief, mich flieht ein solches Glück,

Dich seligen, wie muß ich dich beneiden!
Von Spanien fern vertreibt mich mein Geschick,
Und was ich liebe, muß ich ewig meiden.

Kein Zephyr wird mir her den Nachhall wehn

30
Des Liedchens muntrer Hirtinnen im Mayen,

Kein Zephyr mir des Hirten zärtlich Flehn
Und jene Seufzerhauche der Schallmeien.

Nie schlingt um mich des Vaters Arm sich mehr,
Dir, häuslich Glück, dir muß ich ganz entsagen!

35
Zu dieser Wonne keine Wiederkehr,

Da fern und ferner mich die Wellen tragen.

Da, wo der Tiger heult, die Schlange zischt,
Wo Indiens Sonne giftge Seuchen brütet,

[97]

Kein Arzt dem Fieberdurste Labung mischt,

40
Wo der Orkan auf schwarzen Schwingen wüthet,


Da wird die Angst, in der das Herz verzagt,
Wenn mit dem Tod umsonst die Jugend ringet,
Da wird das Fieber, das am Innern nagt,
Wenn Raserei hin bis zur Seele dringet –

45
Sie werden ihm nicht gleichen, diesem Schmerz,

Der mich in diesem Augenblick erdrücket.
Auf ewig, Spanien, schlägt für dich mein Herz,
Auf ewig, Spanien, wirst du ihm entrücket.

Wie werden oft die mächtgen Zauberein

50
Der Fantasie mir deine Fluren mahlen!

Wie fürchterlich wird das Erwachen seyn,
Ja! das Erwachen zu der Sehnsucht Quaalen!

[98]

Der Myrthenhain, von Melodien durchhallt.
Der Schattenquell und die beblümten Felder,

55
Der alten Burg ehrwürdige Gestalt

Und Murciens duftende Orangenwälder.

Ihr süßen Traumgebilde, ach! wie schnell
Entflieht ihr dann mit dem verscheuchten Schlummer!
Die Brust, von euren Strahlen erst so hell!

60
Wie schnell umwölkt sie neu erwacht der Kummer!


Schon färbt den Horizont des Abends Schmelz,
Bald wird der Himmel sich um uns verdunkeln,
Bald wird mir nicht mehr jener weiße Fels,
Des Vaterlandes lezte Gränze, funkeln.

65
Gemach, ihr Winde, bläht die Seegel nicht!

Du, Schiffchen, ruh hier auf der stillen Fläche,
Daß morgen noch mein freudiges Gesicht
Den lezten Blick an Spaniens Küste breche.

[99]

Umsonst die lezte Bitte wird verschmäht,

70
Frisch weht der Wind, und alle Seegel schwellen;

So wehet denn, grausame Winde, weht,
Und reißt mich weiter, ihr erzürnten Wellen!

N.