Critik der reinen Vernunft (1781)/Erster Paralogism der Substantialität.
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Dasienige, dessen Vorstellung das absolute Subiect unserer Urtheile ist und daher nicht als Bestimmung eines andern Dinges gebraucht werden kan, ist Substanz.
Ich, als ein denkend Wesen, bin das absolute Subiect aller meiner möglichen Urtheile, und diese Vorstellung von Mir selbst kan nicht zum Prädicat irgend eines andern Dinges gebraucht werden.
Also bin ich, als denkend Wesen (Seele), Substanz.
Was soll ich aber nun von diesem Begriffe einer Substanz vor einen Gebrauch machen. Daß ich, als ein denkend Wesen, vor mich selbst fortdaure, natürlicher Weise weder entstehe noch vergehe, das kan ich daraus keinesweges schliessen und dazu allein kan mir doch der Begriff der Substantialität meines denkenden Subiects nutzen, ohne welches ich ihn gar wol entbehren könte.
Es fehlt so viel, daß man diese Eigenschaften aus der blossen reinen Categorie einer Substanz schließen könte, daß wir vielmehr die Beharrlichkeit eines gegebenen Gegenstandes aus der Erfahrung zum Grunde legen müssen, wenn wir auf ihn den empirischbrauchbaren Begriff von einer Substanz anwenden wollen. Nun haben wir aber bey unserem Satze keine Erfahrung zum Grunde gelegt, sondern lediglich aus dem Begriffe der Beziehung, den| alles Denken, auf das Ich, als das gemeinschaftliche Subiect, hat, dem es inhärirt, geschlossen. Wir würden auch, wenn wir es gleich darauf anlegten, durch keine sichere Beobachtung eine solche Beharrlichkeit darthun können. Denn das Ich ist zwar in allen Gedanken; es ist aber mit dieser Vorstellung nicht die mindeste Anschauung verbunden, die es von anderen Gegenständen der Anschauung unterschiede. Man kan also zwar wahrnehmen, daß diese Vorstellung bey allem Denken immer wiederum vorkömt, nicht aber, daß es eine stehende und bleibende Anschauung sey, worin die Gedanken (als wandelbar) wechselten.
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