Confessio (Tucholsky)
Confessio
Wir Männer aus Berlin und Neukölln,
wir wissen leider nicht, was wir wölln.
Mal …
Mal konzentrieren wir uns auf die eine,
legen uns fest, ohne Bedenken,
wollen auch einem Söhnlein das Leben schenken,
verlegen den Sitz der Seele, als Gatte,
oberhalb des Tisches Platte –
Wie das so kam …
Da lockten die andern. Ihrer sind viele.
Sie lockten zu kindlichem Zimmerspiele
– Bewegung lächerlich, Preis bedeutend –
Immer an eine Frau gebunden?
So sollen uns alle Lebensstunden
verrinnen? Ohne boshafte Feste?
Liegt nicht draußen das Allerbeste?
Gesagt, getan.
Mal …
Mal trudeln wir durch bläuliche Stunden,
tun scheinbar an fröhlichem Wechsel gesunden;
welch feine Damen bei uns arbeiten lassen.
Und jede Seele, die eine hatte,
liegt unterhalb des Tisches Platte.
Und sind überhaupt sehr polygam.
So herumwirtschaften? Lebenslänglich?
Plötzlich werden wir recht bedenklich.
Sehnen uns beinah fiebrig zurück
nach Einsamkeit und Familienglück.
die Geschichte wieder von vorne an.
Wir Männer aus Berlin und Neukölln,
wir wissen leider nicht, was wir wölln.
Wir pisacken uns und unsre Fraun;
Bileams Esel, ich und du.
Gott schenke uns allen die ewige Ruh.
Amen.