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Christliche Symbolik/St. Thomas

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[483]
St. Thomas,

der Apostel, scheint etwas Peripherisches, ein Grenzverhältniss, eine Fernwirkung bis zum zweifelhaften Zwielicht im Verhältniss zum christlichen Centrum auszudrücken. Er unter allen Aposteln allein ist der Schwergläubige, der immer noch zweifelt. So will er nicht an des Lazarus Erweckung glauben. Auch nicht an die Auferstehung des Herrn, in dessen Wunde er erst die Finger legen muss, um sich zu überzeugen. Nach der Legende zweifelte er auch an der Himmelfahrt Mariä, bis sie ihm aus der Höhe ihren Gürtel herunterwarf. Didron, man. p. 287. Wie unter den Planeten Saturn am weitesten von der Sonne entfernt ist, so sieht Thomas die geistige Sonne nur wie blinzelnd aus der Ferne. Darum beherrscht er auch im christlichen Kalender wie Saturn die Wintermitte. Der 21. Dezember, der kürzeste Tag im ganzen Jahre, ist der Thomastag. Man hat dieses kurze Tageslicht auf die Kleingläubigkeit des Apostels und auf den Spruch Christi bezogen: „Selig, die da glauben und nicht sehen.“ Strauss, Kirchenjahr S. 98. Man muss indess die Zeitferne, den Jahresschluss in Verbindung bringen mit der Raumferne, den räumlichen Grenzen der christlichen Welt. Thomas ist vorzugsweise Bekehrer der entlegensten Heidenländer, des östlichen wie des westlichen Indiens. Die Legende lässt ihn unter allen Aposteln in die weitesten Fernen wandern.

In der apokryphischen Apostelgeschichte des Abdias [484] heisst es: als die Apostel in alle Welt ausgingen, die Heiden zu bekehren, sey Thomas nach Indien gewandert. Daselbst fand er einen König, der ihn zwang, seine Tochter und ihren Bräutigam einzusegnen, obgleich sie Heiden und nicht Christen waren. Thomas flehte den Segen des Heilands auf sie herab und siehe, als die Brautleute in ihre Kammer gingen, sass Christus auf ihrem Bette und sagte, wenn der über sie ergossene Segen in Erfüllung gehen solle, so müssten sie keusch leben und alles Zeitliche hinter sich lassen. So thaten sie auch. Der König gab dem Apostel Geld, einen herrlichen Pallast zu bauen, aber er gab das Geld den Armen und sagte, dadurch werde ihm der schönste Pallast im Himmel erbaut. In Persien bekehrte er die edle Frau Mygdonia, was man ihm aber sehr übel nahm, und nachdem er die goldne Bildsäule des Sonnengottes auf ihrem von zwei Rossen gezogenen Wagen durch blosses Gebet zerschmolzen hatte, wurde er von den Kriegern umringt und mit Lanzen erstochen, 21. Dezember. An seinem Grabe soll sich eine Lampe befinden, die ohne Oel brennt und von keinem Sturm gelöscht werden kann. Paullini, Luststunden S. 329. Als die Portugiesen nach Indien kamen, fanden sie sogenannte Thomaschristen vor, die vom Apostel bekehrt worden seyn sollen, ohne seitdem je mit andern Christen in Verbindung zu kommen. Vom Abendlande selbst aus meldet zuerst Gregor von Nazianz orat. 25, dass Thomas wirklich nach Indien gekommen sey. Vgl. darüber Ritter, Erdkunde V. 601 ff. In Ribadineiras Legendensammlung heisst es, der Apostel habe einmal in Indien beim König Sagamus einen ungeheuern Holzblock, den Niemand von der Stelle bringen konnte, mit seinem Gürtel leicht weggezogen. Darauf habe er ein Kreuz aufgerichtet und gesagt, wenn das Meer bis dahin steigen werde, würden Männer aus dem Westen kommen und das von ihm begonnene Werk der Christianisirung weiter führen. Als nun die Portugiesen das erstemal in’s Land gekommen, sey das Meer wirklich so hoch gestiegen. Vgl. Baldäus, Beschreibung von Malabar S. 125. und Mandelslo, Reise [485] S. 195. Der fabelreiche Reisende Montevilla erzählt (113.), eine Statue des Heiligen in Indien diene als Orakel, man reiche ihr gerichtliche Denkschriften und wenn der Darreichende unschuldig sey, behalte sie die Zuschrift in der Hand, wenn nicht, lasse sie sie fallen. Nach Marco Polo (Bürk S. 544.) können die Nachkommen seiner Mörder nicht in seine Kirche gelangen, die Luft stösst sie zurück.

Thomas soll auch die heiligen drei Könige im Christenthum unterwiesen und den Aethiopier unter ihnen weiss gewaschen haben. Die heiligen drei Könige bedeuten die drei Welttheile. Thomas soll die weitesten Reisen unter allen Aposteln gemacht haben und sogar in Amerika gewesen seyn. Man glaubte nämlich, ehe und noch als Columbus Amerika entdeckte, die neue Welt hinge mit der alten zusammen, weshalb man auch Amerika Indien nannte. Man glaubte in dem mexikanischen Götzen Quetzalcoatl den heiligen Thomas wiederzuerkennen. Prescott, Eroberung Mexiko's I. 49. Auch in Brasilien fand man seine Spuren. Nieremberg, hist. nat. 334.